Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 31. Januar 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/609 19. Wahlperiode 02.02.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Beatrix von Storch, Stephan Brandner, Jochen Haug, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/431 – Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge während der Asyl- und Flüchtlingskrise V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ist mit der Durchführung der Asylverfahren und Entscheidungen über Asylanträge betraut. Nach Angaben der genannten Behörde stieg die Zahl der Asylanträge von 127 023 im Jahr 2013 auf 476 649 im Jahr 2015 an (vgl. https://de.statista.com/statistik/ daten/studie/76095/umfrage/asylantraege-insgesamt-in-deutschland-seit-1995/). In der Zahl der anhängigen Verfahren, die in diesem Zeitraum von 86 694 auf 364 664 anstieg, wird die Überforderung des BAMF deutlich (vgl. www. bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/Statistik/Asyl/201612- statistik-anlage-asyl-geschaeftsbericht.pdf?__blob=publicationFile). Die daraufhin eilig durchgeführte Personalaufstockung im BAMF führte zu dem Vorwurf, dass eine große Zahl der neu eingestellten Mitarbeiter des BAMF für Asyl und Flüchtlinge nicht die notwendige Qualifizierung aufwiesen . Die Presse berichtete unter Berufung auf einen internen Bericht der Behörde , dass 454 sogenannte Entscheider keine relevante Qualifizierungsmaßnahme und viele der neu eingestellten Entscheider kein erforderliches Studium absolviert hätten (vgl. www.welt.de/politik/deutschland/article165215610/ Hunderte-Asyl-Entscheider-offenbar-nicht-qualifiziert.html). Die daraus resultierenden Mängel wurden durch Fehlentscheidungen, die der Öffentlichkeit bekannt wurden, offenbar. Bekannt wurde etwa der Fall des Berufssoldaten Franco A., der fälschlicherweise als syrischer Flüchtling anerkannt worden war. Von Seiten des BAMF wurde eingeräumt, dass in allen Verfahrensschritten gravierende Fehler vorgekommen sind. Das legte den Schluss nahe, dass solche Fehleinschätzungen auch in einer großen Zahl von weiteren Fällen erfolgt sind (vgl. www.tagesschau.de/inland/bamf-fehler-francoa-101. html). Ungeklärte Fragen über die Rolle des BAMF entstanden auch durch die Kommunikationspolitik der Behörde. Ein Tweet des BAMF vom 25. August 2015 auf dem Nachrichtendienst „Twitter“ erklärte, dass Dublin-Verfahren syrischer Staatsangehöriger zum gegenwärtigen Zeitpunkt vom BAMF „weitestgehend faktisch nicht weiter verfolgt“ würden (siehe https://twitter.com/bamf_dialog/ Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/609 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode status/636138495468285952?lang=de). Dieser Tweet wurde von zahlreichen Kommentatoren als wichtiger Anreiz für eine große Zahl von Asylbewerbern eingeschätzt, die Dublin-Vorgaben zu ignorieren und entgegen den Vorgaben in die Bundesrepublik Deutschland einzureisen (vgl. www.bild.de/politik/inland/ twitter/kurznachricht-die-deutschland-zum-zufluchtsort-machte-42642974.bild. html). Die Rolle des BAMF im Zuge der sogenannten Flüchtlingskrise bedarf also im Hinblick auf die Personal- und Kommunikationspolitik der Behörde einer dringenden Aufarbeitung. 1. Wie hat sich der Personalbestand des BAMF seit 2010 entwickelt (bitte nach Funktion und Quartal aufschlüsseln)? Der Personalbestand des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zeigte seit 2010 eine ansteigende Entwicklungstendenz. Während im ersten Quartal 2010 noch 1 943,4 Vollzeitäquivalente (VZÄ) beim BAMF beschäftigt waren, betrug der Personalstand im vierten Quartal 2015 3 078,0 VZÄ. Angesichts der akuten Asyl- und Flüchtlingssituation erreichte der Personalstand im vierten Quartal 2016 den Höchststand von 9 872 VZÄ (Durchschnittswert), der höchste Monatswert war im Oktober 2016 mit rund 10 100 VZÄ. Nähere Zahlen ergeben sich aus den unten stehenden Tabellen: Personalbestand des BAMF(Dauerkräfte/befristet beschäftigte Kräfte, ab zweiten Quartal 2016 incl. Unterstützungskräfte und Abordnungen); alle Angaben in VZÄ; die Angaben der Quartalszahlen sind Durchschnittswerte. 1. Quartal 2. Quartal 3. Quartal 4. Quartal 2010 1.943,4 1.959,5 1.992,7 2.022,7 2011 2.018,3 2.003,6 2.010,9 2.020,7 2012 2.009,5 1.996,7 1.988,7 2.020,4 2013 2.035,1 2.040,3 2.050,3 2.127,9 2014 2.136,1 2.143,3 2.178,6 2.349,3 2015 2.481,8 2.597,1 2.754,9 3.078,0 2016 3.738,8 6.455,9 8.165,2 9.872,2 2017 8.718,9 7.863,0 7.691,2 7.523,4 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/609 1. Quartal 2. Quartal 3. Quartal 4. Quartal 2010 1.943,4 1.959,5 1.992,7 2.022,7 Leitung/RL/Ref 215,6 216,7 219,7 221,8 SB 746,4 745,5 751,1 767,3 BSB/Arb 981,4 997,3 1.021,9 1.033,6 2011 2.018,3 2.003,6 2.010,9 2.020,7 Leitung/RL/Ref 221,6 219,5 219,8 217,9 SB 765,2 772,4 771,0 783,4 BSB/Arb 1.031,5 1.011,7 1.020,1 1.019,4 2012 2.009,5 1.996,7 1.988,7 2.020,4 Leitung/RL/Ref 222,1 222,8 223,2 224,8 SB 784,6 789,2 783,9 791,7 BSB/Arb 1.002,8 984,7 981,5 1.003,8 2013 2.035,1 2.040,3 2.050,3 2.127,9 Leitung/RL/Ref 226,1 226,6 227,0 226,5 SB 793,3 796,7 809,1 819,6 BSB/Arb 1.015,7 1.017,0 1.014,2 1.081,8 2014 2.136,1 2.143,3 2.178,6 2.349,3 Leitung/RL/Ref 223,7 221,7 222,1 221,7 SB 817,5 828,0 831,2 881,7 BSB/Arb 1.094,9 1.093,6 1.125,3 1.245,7 2015 2.481,8 2.597,1 2.754,9 3.078,0 Leitung/RL/Ref 221,5 228,1 241,5 247,6 1. Quartal 2. Quartal 3. Quartal 4. Quartal SB 913,4 943,8 997,2 1.100,6 BSB/Arb 1.346,9 1.425,1 1.516,1 1.729,8 2016 3.738,8 6.455,9 8.165,2 9.872,2 Leitung/RL/Ref 254,2 274,5 324,9 373,1 SB 1.335,0 1.696,7 2.041,3 2.296,0 BSB/Arb 2.149,7 2.854,7 3.330,5 3.739,1 2017 8.718,9 7.863,0 7.691,2 7.523,4 Leitung/RL/Ref 423,7 418,5 404,7 407,6 SB 3.595,3 3.182,7 3.056,1 3.044,5 BSB/Arb 4.699,9 4.261,8 4.230,4 4.071,2 Personalbestand des BAMF nach Quartal und Funktionen (Durchschnittswerte); RL = Referatsleiter; Ref = Referenten; SB = Sachbearbeiter; BSB = Bürosachbearbeiter; Arb = Arbeiter Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/609 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2. Wurde der Personalbestand des BAMF auf die der Bundesregierung vorliegenden Schätzungen über den Zuzug von Migranten und/oder Flüchtlingen nach Deutschland abgestimmt? Die Bedarfsanmeldungen von Geschäftsbereichsbehörden in den jeweiligen Haushaltsjahren basieren grundsätzlich auf angemessenen Methoden der Personalbedarfsermittlung und berücksichtigen die Einschätzungen der Fachbereiche der Ministerien. Die tatsächlichen Stellen- und Mittelzuweisungen an das BAMF erfolgten im Rahmen der durch das Parlament verabschiedeten Haushaltsgesetze. 3. Wie hat das BAMF die Informationen der Bundesregierung über Migrationsbewegungen bei der Erstellung des Personalstellenplans berücksichtigt? Die Informationen der Bundesregierung wurden dadurch berücksichtigt, dass festgestellte Mehrbedarfe an Stellen des BAMF im Rahmen des jeweiligen Haushaltsaufstellungsverfahrens angemeldet wurden. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 4. Ist die Bundesregierung der Meinung, dass der Personalbestand des BAMF zu dessen Aufgabenerfüllung in den jeweiligen Zeitabschnitten mindestens befriedigend war? Falls nein, in welchen Zeiträumen war der Personalbestand unbefriedigend, und aus welchen Gründen? Auf die Antwort zu den Fragen 1, 6 und 7 wird verwiesen. 5. Hat die Bundesregierung den Personalbestand des BAMF bei ihren Entscheidungen hinsichtlich der Themenkomplexe Asyl, Dublin, Grenzkontrollen berücksichtigt? Falls ja, inwiefern? Das BAMF hat bei seinen Personalanmeldungen stets Mehrbedarfe für die Bereiche Asyl und Dublin beantragt. Die tatsächlichen Stellenzuweisungen an das BAMF erfolgten im Rahmen der durch das Parlament verabschiedeten Haushaltsgesetze . Der Themenkomplex der Grenzkontrollen gehört nicht zum Aufgabenbereich des BAMF. 6. Ist der Bundesregierung bewusst gewesen, dass manche ihrer Entscheidungen , vor allem im Jahr 2015, zu einer Überforderung des BAMF führen konnten? Das BAMF war und ist trotz der hohen Arbeitsbelastung jederzeit in der Lage, die ihm zufallenden Aufgaben zu erledigen. 7. Wie viel Zeit verging jeweils zwischen einer solchen die Überforderung auslösenden Entscheidung und den Entscheidungen, mit denen der Überforderung Abhilfe geschafft werden sollte? Auf die Antwort zu Frage 6 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/609 8. Ist das BAMF nach Rechtsauffassung der Bundesregierung dazu berechtigt gewesen, den Tweet vom 25. August 2015 zum „Dublin-Verfahren syrischer Staatsangehöriger“ abzusetzen, durch den behauptet wurde, diese würden „zum gegenwärtigen Zeitpunkt von uns weitestgehend faktisch nicht weiter verfolgt“? Ja. Der Bundesregierung ist keine Rechtsnorm bekannt, die das Absetzen von Tweets untersagen würde. Missverständliche und interpretationsfähige Äußerungen durch Behörden sind jedoch zu vermeiden. 9. Für den Fall, dass der BAMF-Mitarbeiter, der den Twitter-Kanal bespielt hat, den Tweet seinen Vorgesetzten zur Genehmigung vorgelegt hat, welcher Entscheidungsebene wurde der Tweet vor dem Absetzen vorgelegt? Es lässt sich nicht mehr nachvollziehen, welche Entscheidungsebenen in den Vorgang einbezogen waren. 10. Kann die Bundesregierung einen statistischen Zusammenhang zwischen diesem Tweet und den ihm nachfolgenden Migrationsbewegungen nach Deutschland erkennen? Falls ja, wann hat die Bundesregierung diesen Zusammenhang erkannt? Nein. 11. Ist der Bundesregierung bekannt, ob der Tweet in andere Sprachen übersetzt und dann auf „Twitter“ weiterverbreitet worden ist? Falls ja, in welchen Sprachen, und wie stark wurde er jeweils verbreitet? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. 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