Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 23. November 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/6097 19. Wahlperiode 28.11.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Karsten Hilse, Steffen Kotré, Dr. Rainer Kraft, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/5692 – Die vergangenen, aktuellen und zukünftigen Kosten des Erneuerbare-Energien- Gesetzes für die Verbraucher V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wurde aus Gründen des Klima- und Umweltschutzes beschlossen. Mit dem EEG wird die Umsetzung der Energiewende im Strombereich organisiert. Es gilt seit dem Jahr 2000 und wurde seitdem einige Male novelliert. Seit der Einführung des EEG im Jahr 2000 stieg der Anteil von Strom aus „erneuerbaren“ Quellen an der Bruttostromerzeugung (lt. Auswertungstabellen der AG Energiebilanzen e. V. von 1990 bis 2017, Seite 11) von 38 TWh auf 218 TWh im Jahr 2017, das waren 33,3 Prozent bzw. 36,2 Prozent, wenn man den Bruttostromverbrauch zugrunde legt. Die Netzbetreiber sind zwingend verpflichtet, den so erzeugten Strom vorrangig abzunehmen . Ihnen ist jedoch erlaubt, diesen „erneuerbaren“ und vom Verbraucher zwangssubventionierten Strom an geeignete Abnehmer z. B. mittels der Strombörse zu verkaufen. Den Erzeugern wurde ein am Anfang festgelegter Preis pro erzeugter kWh für 20 Jahre garantiert. Diese 20-jährige Laufzeit wurde in den letzten Novellierungen ab 2012 zwar beibehalten, die Preisgarantie jedoch auf verschiedene Weise dahingehend leicht gelockert, dass z. B. für eine begrenzte Zeit (5 bzw. 8 Jahre) die hohe Anfangsvergütung garantiert wird, die dann im Laufe der Folgejahre bis zum Erreichen des 20 Jahres leicht degressiv abgesenkt wird. Trotzdem stieg die gesamte Einspeisevergütung welche die Netzbetreiber an die Erzeuger zu zahlen hatten – auch nach der Novellierung – sehr stark an. So erreichte sie im Jahr 2000 883 Mio. Euro, im Jahr 2012 schon 21 008 Mio. Euro und wird voraussichtlich 32 022 Mio. Euro im laufenden Jahr (alle Zahlen aus EEG in Zahlen vom Oktober 2017 vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, www.erneuerbare-energien.de/EE/Redaktion/DE/Downloads/eeg-inzahlen -pdf.pdf%3F__blob%3DpublicationFile) erreichen. Kumuliert sind das bisher rd. 261 Mrd. Euro. Der Erlös durch den Verkauf dieses Stroms, der zufällig und vom Bedarf abgekoppelt , d. h. ohne Bedarfsprüfung und ohne Rücksichtnahme auf den planbaren Kraftwerksstrom erzeugt wird, erbringt an der Börse nur einen Bruchteil seiner Gestehungs- bzw. Herstellungskosten. Dieser Erlös beträgt mit fallender Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6097 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Tendenz bisher knapp 25 Prozent im Jahr 2000 und knapp 13,4 Prozent im Jahr 2018 (Marktwert der Strommengen nach § 20 EEG (Marktprämie) und § 21 EEG (Einspeisevergütung)). Die Differenz zwischen gezahlter Einspeisevergütung und Erlös wird von den Verbrauchern bezahlt. Bisher wurden an die Erzeuger dafür rd. 261 Mrd. Euro abgeführt. Zieht man den Markterlös von im Schnitt rd. 15 Prozent ab, so wurden die Verbraucher bisher mit insgesamt 221 Mrd. Euro belastet. Diese extrem hohen Belastungen für Strom, der zum großen Teil nicht bedarfsgerecht erzeugt wurde, und deshalb teilweise exportiert und sogar unter Inkaufnahme von negativen Preisen ins Ausland verkauft werden musste, sind noch nicht vollständig und steigen weiter an, denn die Dauer der mit den Erzeugern geschlossenen Verträgen beträgt wie oben erwähnt 20 Jahre. Die ersten Verträge aus dem Jahr 2000 werden 2020 auslaufen, die letzten aus diesem Jahr erst 2038. Von heute bis 2038 werden also die Verbraucher aufgrund der eingegangenen Zahlungsverpflichtungen weiter zur Kasse gebeten, auch wenn das EEG ab sofort beendet werden würde, wovon aber derzeit nicht auszugehen ist. 1. Wie hoch wird die kumulierte Rest-Einspeisevergütung bis zum Ende der Laufzeit im Jahre 2038 der bis heute zugebauten „EEG“-Kraftwerke für die Stromerzeuger nach aktuellem Stand des EEG sein, unter der vereinfachenden Annahme, dass es ab Ende 2018 gestoppt werden würde? 2. Wie hoch würde die kumulierte Restbelastung der Verbraucher sein, (Einspeisevergütung abzüglich wahrscheinlichem Markterlös), unter der Annahme , dass das EEG ab Ende 2018 gestoppt werden würde? Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) garantiert Anlagenbetreibern eine 20- jährige Vergütung für den produzierten und in das Stromnetz eingespeisten Strom. Der Vergütungsanspruch einer Anlage, die im Jahr 2000 installiert wurde, endet beispielsweise im Jahr 2020 und eine Anlage, die bis Ende 2018 installiert wird, erhält 2038 letztmalig eine Vergütung. Altanlagen erhalten – gemessen an der Höhe heutiger Vergütungen – teilweise sehr hohe Vergütungen. Dies gilt speziell für Photovoltaik- und Biogasanlagen, die vor etwa fünf bis zehn Jahren installiert wurden und Vergütungen zwischen 20 und 40 Cent pro Kilowattstunde erhalten. Zwischenzeitlich sind die Kosten der erneuerbaren Energien aufgrund technischer Weiterentwicklung aber auch durch das Instrument der wettbewerblichen Ausschreibung stark gesunken. In den letzten Ausschreibungsrunden betrugen die Zuschlagspreise für Photovoltaik- Freiflächenanlagen etwa 4,5 Cent pro Kilowattstunde. Aufgrund des vorhandenen Vergütungsanspruchs über einen Zeitraum von 20 Jahren trägt das EEG vor allem aufgrund der relativ teuren Altanlagen einen großen „Vergütungsrucksack “, der aus Vertrauensschutzgründen nicht verringert werden kann. Dieser Vergütungsrucksack beträgt durchschnittlich über die nächsten 20 Jahre ungefähr 16,5 Mrd. Euro pro Jahr (inflationsbereinigt, Preisbasis 2018). Dass die EEG- Vergütungen in den vergangenen Jahren massiv gesunken sind, zeigt sich, wenn man die Entwicklung im Zeitverlauf betrachtet: So erhalten z. B. Anlagen, die 2011 installiert wurden, Vergütungszahlungen von etwa 3,8 Mrd. Euro pro Jahr. Anlagen, die 2018 in Betrieb genommen werden, erhalten etwa 1,2 Mrd. Euro pro Jahr. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/6097 Hierbei handelt es sich aber nicht um die Kosten des EEG. Den Vergütungen stehen Markterlöse an der Strombörse gegenüber. Die Differenz aus Vergütungen und Markterlösen sind die sogenannten Differenzkosten des EEG, welche über die EEG-Umlage refinanziert werden. Käme es beispielsweise zu einer Entwicklung der Börsenstrompreise, wie sie im Referenzszenario einer Studie der r2b energy consultig GmbH berechnet wurden (2025: 53,4 Euro/MWh 2030: 60,1 Euro/MWh), lägen die Markterlöse der Altanlagen über die nächsten 20 Jahre bei durchschnittlich ungefähr 6,2 Mrd. Euro pro Jahr (inflationsbereinigt , Preisbasis 2018). Folglich betrügen die inflationsbereinigten Differenzkosten der Altanlagen über die nächsten 20 Jahre durchschnittlich rund 10,3 Mrd. Euro pro Jahr. Zum Vergleich: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Deutschlands lag 2017 bei 3 263,4 Mrd. Euro, die durchschnittlichen jährlichen Differenzkosten der Altanlagen würden über die nächsten 20 Jahre also bezogen auf das BIP 2017 etwa 0,3 Prozent ausmachen. 3. Müssten die Fragesteller, sollten die Ausbauziele für „erneuerbaren“ Strom bis 2025 auf 40 bis 45 Prozent und bis 2035 auf 55 bis 60 Prozent der gesamten Stromerzeugung durchgesetzt werden, dann davon ausgehen, dass die Einspeisevergütung in Summe weiterhin stark steigen wird? a) Wie hoch schätzt die Bundesregierung unter der Annahme der Zielerreichung die jährliche Einspeisevergütung bis 2035 ein, sofern die geplanten Ausbauziele erreicht d. h. weder über- noch unterschritten werden (bitte nach Jahren aufschlüsseln; eine Aufteilung nach EEG-Kraftwerkstyp ist nicht erforderlich)? b) Wie hoch wird deren kumulierte Summe bis 2035 sein? c) Wie hoch wäre der Restanteil, falls das EEG im Jahre 2035 auslaufen sollte und damit die 20-jährige Laufzeit im Jahre 2055 enden würde? Steigende Anteile erneuerbarer Energien implizieren bei konstantem Stromverbrauch sinkende Anteile konventionellen Stroms. Es muss also einerseits eine wachsende Menge erneuerbaren Stroms finanziert werden, andererseits aber eine sinkenden Menge konventionellen Stroms. Eine isolierte Betrachtung der Entwicklung der Zahlungen für erneuerbare Energien ist daher wenig zielführend. Dessen ungeachtet ergibt eine solche Betrachtung folgendes Bild: Unter der Maßgabe , dass die Ausbauziele im EEG 2017 bis 2025 (40 bis 45 Prozent) und bis 2035 (55 bis 60 Prozent) eingehalten werden, könnten sich die jährlichen Einnahmen der Anlagenbetreiber wie in folgender Tabelle dargestellt entwickeln. Bei dieser Schätzung bestehen naturgemäß große Unsicherheiten hinsichtlich der zukünftigen Vollbenutzungsstunden von Neuanlagen und den Zuschlagspreisen in den kommenden Ausschreibungen. Tabelle: Inflationsbereinigte Einnahmen der EEG-Anlagenbetreiber, differenziert nach Bestandsanlagen (bis einschließlich 2018) und Neuanlagen (ab 2019) in Mrd. Euro 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 2031 2032 2033 2034 2035 Bestand 32,0 31,2 30,0 28,9 27,7 26,3 24,6 22,6 20,0 17,9 16,1 13,6 10,6 7,5 5,8 4,8 3,8 Neu 0,5 2,1 2,6 3,0 3,3 3,5 3,6 3,8 4,4 5,0 5,7 6,5 6,8 7,6 8,3 9,0 9,9 Gesamt 32,5 33,3 32,7 31,9 31,0 29,8 28,2 26,4 24,4 22,9 21,8 20,1 17,4 15,0 14,1 13,8 13,6 Quelle: Eigene Berechnungen Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6097 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Erkennbar ist, dass die inflationsbereinigten Einnahmen der Anlagenbetreiber nur noch bis 2020 steigen und danach kontinuierlich sinken – trotz einer zunehmenden EEG-vergüteten Stromerzeugung. Denn Neuanlagen erzeugen Strom zu geringeren Kosten als Bestandsanlagen. Beispielsweise liegen die heutigen Kosten von Photovoltaik-Freiflächenanlagen 80 bis 90 Prozent niedriger als 2009. Bestandsanlagen werden jedoch noch bis 2030 den größten Anteil an den Einnahmen der EEG-Anlagenbetreiber ausmachen. Ihnen wurden in der Vergangenheit teilweise sehr hohe Vergütungen für einen Zeitraum von 20 Jahren gewährt, die aus Vertrauensschutzgründen unveränderbar sind. Die Einnahmen der Anlagenbetreiber liegen im Zeitraum von 2019 bis 2035 bei durchschnittlich 24 Mrd. Euro pro Jahr (inflationsbereinigt, Preisbasis 2018). Bei diesen Einnahmen handelt es sich nicht um Kosten des EEG. Denn ein großer Teil dieser Einnahmen wird in Zukunft durch die Markterlöse an der Strombörse generiert und z. B. nicht über die EEG-Umlage finanziert. Berechnungen zu den Einnahmen der EEG-Anlagenbetreiber, die über das Jahr 2035 hinausgehen, liegen der Bundesregierung nicht vor. 4. Dient das Ziel des EEG nach Ansicht der Bundesregierung nach seiner Legaldefinition auch und vor allem dem Klimaschutz? a) Wie groß wäre bei Erreichen der Ausbauziele (gemäß § 1 Absatz 2 EEG 2014 bis zum Jahr 2025 auf 40 bis 45 Prozent und bis 2035 auf 55 bis 60 Prozent der Stromerzeugung) die dann nach IPCC-Vorgaben erreichte globale Temperaturminderung – unter der Annahme ceteris paribus – in Grad Kelvin? b) Wann wäre diese Minderung der Erwärmung der globalen Mitteltemperatur – unter der Annahme ceteris paribus – in etwa erreicht? Nach Ansicht der Bundesregierung hat das EEG einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet, die Kosten der erneuerbaren Energien weltweit zu senken. Dadurch hat das deutsche Stromsystem einen starken Impuls für eine grundlegende Modernisierung und Transformation hin zu einer nachhaltigen und klimafreundlichen Stromerzeugung erhalten. Ohne den erfolgreichen Beweis, dass sich erneuerbare Energien zu einer grundlegenden Säule der Stromerzeugung entwickeln können, hätten sich viele Staaten innerhalb und außerhalb Europas nicht auf den Pfad der erneuerbaren Energien begeben. Der weltweit zu beobachtende erfolgreiche Ausbau der erneuerbaren Energien liegt nach Ansicht der Bundesregierung deshalb auch darin begründet, dass einige Länder, wie Deutschland, im Klimaschutz vorangeschritten sind. Zu den Auswirkungen des EEG auf das globale Temperaturniveau liegen der Bundesregierung keine Zahlen vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333