Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit vom 26. November 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/6176 19. Wahlperiode 29.11.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Annalena Baerbock, Lisa Badum, Sven-Christian Kindler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/5326 – Milliardenrisiko für den Bundeshaushalt durch Verfehlung von EU- Emissionsvorgaben V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Erreicht Deutschland nicht das Klimaziel 2020 mit den Emissionsminderungen in den verschiedenen Bereichen, muss es Zertifikate von anderen EU-Staaten kaufen, die ihre Ziele übererfüllen. Die Verfehlung der CO2-Einsparziele in den Bereichen Gebäude, Verkehr und Landwirtschaft könnte Deutschland nach Berechnungen von Experten des Öko-Instituts 5 bis 30 Mrd. Euro kosten, die auf den deutschen Steuerzahler zukommen. Agora Energiewende geht sogar von einem Kostenrisiko von 30 bis 60 Mrd. Euro bis 2030 aus. Unter dem EU-Effort-Sharing-System sind die Mitgliedstaaten an eine lineare Minderung der Treibhausgasemissionen in den nicht vom EU ETS (EU Emissions Trading System) erfassten Sektoren zwischen 2013 und 2020 gebunden. Danach sind in den nicht vom EU ETS erfassten Sektoren 30 Prozent Emissionsminderungen bis 2030 gegenüber 2005 verpflichtend. Deutschland hat dabei die nationalen Minderungsziele von 14 Prozent bis 2020 und 38 Prozent bis 2030 einzuhalten. Zur Erhöhung der Kosteneffizienz bei der Zielerreichung sind eine Reihe von Flexibilitäten vorgesehen: So ist es den Mitgliedstaaten explizit erlaubt, Emissionsminderungen auf die Bank zu legen oder aus Folgejahren vorwegzunehmen . Zudem dürfen die Mitgliedstaaten Emissionsminderungen auf andere Länder übertragen bzw. von diesen erwerben. 1. Auf wie viel Millionen Zertifikate schätzt die Bundesregierung das Defizit Deutschlands in der ersten und in der zweiten Phase des Effort-Sharing (bitte jeweils einzeln und nach Sektoren aufschlüsseln)? Maßgeblich für die Zielerreichung der einzelnen Mitgliedstaaten in den Sektoren außerhalb des EU-Emissionshandels bis 2020 ist gemäß EU-Lastenteilungsentscheidung (Nr. 406/2009/EC) die Einhaltung von jährlichen Budgets für den Zeitraum 2013 bis 2020. Diese Budgets gelten übergreifend für alle Sektoren außerhalb des Emissionshandels und sind nicht nach einzelnen Sektoren aufgeschlüsselt . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6176 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Während in den Jahren 2013 bis 2015 in Deutschland noch Überschüsse durch Übererfüllung der jährlichen Budgets angespart werden konnten, ist bis zum Jahr 2020 insgesamt von einem Defizit auszugehen. Die Emissionen lagen im Jahr 2016 zwar nur geringfügig über dem vorgesehenen Jahresbudget der Lastenteilungsverordnung . Die vorläufigen Emissionsdaten für das Jahr 2017 weisen aber auf ein stärkeres Überschreiten des Jahresbudgets hin (Quelle: www.eea.europa. eu/publications/trends-and-projections-in-europe-2017). Die genaue Höhe des Defizits über den gesamten Zeitraum der Jahre 2013 bis 2020 lässt sich derzeit noch nicht belastbar abschätzen. Die Bundesregierung wird sich daher zu gegebener Zeit zu diesen Fragen positionieren . Dabei ist grundsätzlich zu bedenken, dass die Erfassung und Überprüfung der Emissionsdaten sowie der Abgleich mit den jährlichen ESD-Zuteilungen ungefähr zwei Jahre in Anspruch nimmt. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. 2. Von welcher finanziellen Mehrbelastung für den Bundeshaushalt geht die Bundesregierung auf Grundlage eigener Berechnungen aus, und welche Gespräche gab es dazu wann innerhalb der Bundesregierung mit welchen Ressorts , und welchem Ergebnis? 3. Befinden sich im „Finanzplan des Bundes 2018 bis 2022“ Ausgabeansätze zur Gegenfinanzierung für die wahrscheinlichen Zahlungen durch die Emissionsminderungs -Zielverfehlung? a) Wenn nicht, warum nicht? b) Wenn ja, an welcher Stelle (Kapitel und Titel)? 4. Wie gedenkt die Bundesregierung, mit den wahrscheinlichen finanziellen Risiken im Bundeshaushalt umzugehen? Die Fragen 2, 3 und 4 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet : In welchem Umfang Zahlungen aus dem Bundeshaushalt ab dem Jahr 2020 erforderlich sein werden, ist derzeit sowohl hinsichtlich des Umfangs etwaiger Zielverfehlungen als auch hinsichtlich möglicherweise zu zahlender Kaufpreise unsicher . Die EU-Mitgliedstaaten sind nicht verpflichtet, die Kosten für Transfers von jährlichen Emissionszuweisungen zu veröffentlichen. Daher sind die Preise für Emissionszuweisungen unter der Lastenteilungsentscheidung nicht bekannt. Ferner lässt sich die genaue Höhe des Defizits über den gesamten Zeitraum den Jahre 2013 bis 2020 für Deutschland derzeit nicht belastbar abschätzen. Insofern ist der Sachverhalt derzeit nicht veranschlagungsreif. Über den weiteren Umgang findet ein regelmäßiger Austausch innerhalb der Bundesregierung statt. 5. Welche Schritte hat die Bundesregierung bereits unternommen und wird sie in Zukunft unternehmen, um die Haushaltsrisiken möglichst gering zu halten , und welche Maßnahmen hat sie bzw. wird sie dazu unternehmen? Die Bundesregierung erarbeitet ein Maßnahmenprogramm, das die Erreichung der Sektorziele des Klimaschutzplans 2050 bis zum Jahr 2030 sicherstellen soll. Mit den darin enthaltenen Maßnahmen soll auch die Einhaltung der europäischen Klimaschutzverpflichtungen Deutschlands sichergestellt werden. Zudem strebt die Bundesregierung ein Gesetz an, das die Einhaltung der Klimaschutzziele 2030 gewährleisten soll. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/6176 6. Gab es zwischen der Bundesregierung und anderen EU-Mitgliedstaaten zwischenzeitlich Gespräche über den Zukauf von Zertifikaten (vgl. Bundestagsdrucksache 19/923), und falls ja, wann, mit welchem Inhalt, und mit wem? Auf Arbeitsebene gibt es regelmäßig Austausch mit anderen EU-Mitgliedstaaten zur Nutzung von Flexibilitäten im Rahmen der Lastenteilungsverordnung. Es wurden noch keine Absprachen bezüglich des Zukaufs von Emissionszuweisungen getroffen. 7. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung des Öko-Instituts, wonach im Zeitraum 2021 bis 2030 von einem Zertifikatezukauf in Höhe von 5 bis 30 Mrd. Euro auszugehen ist (s. www.oeko.de/aktuelles/2018/effort-sharinghohe -kosten-ohne-ambitionierten-klimaschutz/), und falls nein, warum nicht? Es wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. 8. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung von Agora Energiewende, wonach im Zeitraum von 2021 bis 2030 von einem Zertifikatezukauf in Höhe von 30 bis 60 Mrd. Euro auszugehen ist (s. www.agora-energiewende.de/ fileadmin2/Projekte/2018/Non-ETS/142_Nicht-ETS-Papier_WEB.pdf), und falls nein, warum nicht? Es wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. 9. Hat das Bundesministerium der Finanzen eigene Erkenntnisse in schriftlicher Form zu den Haushaltsrisiken (bitte begründen)? Mit dem Klimaschutzbericht 2017 sind aktuelle Daten und der Umsetzungsstand zur nationalen Treibhausgasminderung am 13. Juni 2018 vom Kabinett beschlossen und veröffentlicht worden. Der Bericht zeigt auf, dass Deutschland seine gesetzten Minderungsziele bis zum Jahr 2020 wahrscheinlich nicht erreichen wird. Zur Frage, welche Preise bei etwaigen Zukäufen zu zahlen wären, liegen im Bundesministerium der Finanzen keine eigenen Erkenntnisse vor. 10. Wurde zur Abschätzung dieser Risiken eine Studie oder eine andere Art der Untersuchung intern oder extern in Auftrag gegeben, und falls ja, an wen und mit welchem Untersuchungsauftrag und wohlmöglich bereits vorliegendem (Zwischen-)Ergebnis, und falls nein, warum nicht? Es wurde keine spezifische Studie oder Untersuchung in Auftrag gegeben. Fortlaufende Vorhaben bewerten die Wirkung der Maßnahmen des Aktionsprogramms Klimaschutz 2020 (Klimaschutzberichte) und die anzunehmenden Entwicklungen der Emissionen Deutschlands (Projektionsberichte). Damit korrespondieren die tatsächlichen Emissionsdaten aus dem Nationalen Treibhausgasinventar . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333