Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 26. November 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/6182 19. Wahlperiode 28.11.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Kirsten Kappert-Gonther, Maria Klein-Schmeink, Ulle Schauws, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/5706 – Prävention von Geburtsschäden in Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die große Mehrheit der Kinder in Deutschland wird auf natürlichem Wege geboren , ohne dass es einer medizinischen Intervention bedarf (Statistisches Bundesamt 2017, Krankenhausentbindungen nach Bundesländern). Neben medizinischen Faktoren berichten Frauen und Hebammen immer wieder, wie entscheidend Vertrauen in den eigenen Körper, eine persönliche Betreuung ohne Zeitdruck und eine gute Teamarbeit unter den Geburtshelferinnen und Geburtshelfern für ein positives Geburtserlebnis sind (vgl. Abschlussbericht des Runden Tischs Geburtshilfe NRW). Kommt es unter der Geburt allerdings zu Komplikationen, können Mütter und Neugeborene schwere körperliche und seelische Schäden erleiden – mit erheblichen Folgen für ihr weiteres Leben. Umso wichtiger ist es, Risiken für Geburtsschäden vorzubeugen, soweit dies möglich ist. Gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse, welche strukturellen und organisatorischen Faktoren das Risiko für die Entstehung von Geburtsschäden erhöhen, gibt es für Deutschland bislang allerdings kaum. Da die Haftpflichtprämien für in der Geburtshilfe tätige Hebammen in den letzten Jahren weiter stark angestiegen sind (vgl. Deutsches Ärzteblatt vom 27. Juni 2018, www.aerzteblatt.de/nachrichten/96064/Haftpflichtpraemie-fuer-Hebammensteigt -auf-8-174-Euro; abgerufen am 1. Oktober 2018), hat die Bundesregierung ein Gutachten zu den Ursachen von Geburtsschäden bei von freiberuflich tätigen Hebammen betreuten Geburten in Auftrag gegeben, dessen Ergebnisse seit April 2018 vorliegen (Gutachten abrufbar unter www.bundesgesundheitsministerium .de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen/Gesundheit/Berichte/Hebammen- Gutachten_Abschlussbericht.pdf; abgerufen am 1. Oktober 2018). Zwar wird der überwiegende Teil der Haftpflichtprämien mittlerweile von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen; dennoch stellt sich die Frage, wie die Geburtshilfe verbessert werden kann, um Belastungs- und Risikofaktoren für alle Beteiligten zu minimieren. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6182 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Die Gewährleistung guter Geburts- und Arbeitsbedingungen im Kreißsaal und bei außerklinischen Geburten ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, an der alle beteiligten Akteure mitzuwirken haben. Dazu gehört die Gewährleistung eines ausreichenden Angebots an Plätzen in der klinischen und außerklinischen Geburtshilfe ebenso wie eine ausreichende Zahl an Hebammen und eine qualitativ hochwertige Versorgung. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g : Die Bundesregierung teilt die Einschätzung der Fragesteller, dass die Gewährung guter Geburts- und Arbeitsbedingungen eine sehr wichtige Aufgabe unseres Gesundheitswesens darstellt. Wichtig ist dabei festzuhalten, dass dies in Deutschland auch weitgehend gelingt. In einer großen Befragung der Bertelsmann Stiftung aus dem Jahr 2017 zeigten sich 86 Prozent der Mütter zufrieden mit den Hebammen und 85 Prozent zufrieden mit der ärztlichen Versorgung und 89 Prozent zufrieden mit dem Umgang mit Neugeborenen in der aufgesuchten Klinik. Die Bundesregierung erkennt dabei den wichtigen und unverzichtbaren Beitrag zur Qualität der medizinischen und psychosozialen Versorgung Schwangerer, junger Mütter und Familien, den Hebammen in Deutschland leisten. Sie beraten und betreuen werdende Eltern individuell während Schwangerschaft und Geburt. In den vergangenen Jahren wurden einige problematische Entwicklungen in der Versorgung mit Geburtshilfe deutlich. Dabei spielten insbesondere Fragen der Haftpflichtversicherung von freiberuflich in der Geburtshilfe tätigen Hebammen, der Leistungsvergütung für Hebammen und der in der Geburtshilfe zur Verfügung stehenden Daten eine wesentliche Rolle. Vor diesem Hintergrund wurden durch die Bundesregierung zahlreiche Maßnahmen und Initiativen unternommen, um die Situation in der Geburtshilfe zu verbessern. Ein Element hierbei war die Beauftragung eines Gutachtens durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) zur näheren Untersuchung der Ursachen von Geburtsschäden bei von freiberuflichen Hebammen betreuten Geburten. Dieses Gutachten wurde vom BQS Institut für Qualität und Patientensicherheit GmbH im Wesentlichen erstellt und am 12. Juli 2018 auf der Internetseite des BMG veröffentlicht. Das Gutachten leistet aus Sicht der Bundesregierung einen guten Beitrag, um die Ursachen für das Auftreten von Geburtsschäden besser zu verstehen, und kann so auch Erkenntnisse für die Qualitätssicherung in der Geburtshilfe liefern. 1. Wie viele Frauen und Kinder haben nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten zehn Jahren einen Schaden bei der Geburt erlitten (Angaben bitte nach Jahren und Betroffenengruppe Frauen bzw. Kinder aufschlüsseln)? Für den Bereich der angestellten Hebammen in Kliniken liegen der Bundesregierung keine Angaben vor. Dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) liegen Daten zu Geburtsschäden freiberuflicher Hebammen (klinisch und außerklinisch) vor. Nach Auskunft des GDV wurden im Rahmen eines Kalkulationsprojektes die Daten für die Jahre 2002 bis 2014 analysiert und versicherungsmathematisch bewertet. Danach ist es aufgrund der geringen Anzahl an Schadensfällen nicht sinnvoll, einzelne Jahre auszuweisen. Diese schwanken für den Zeitraum 2004 – 2014 zwischen sechs und 31. Im Mittel werden rund 20 Geburtsschäden pro Jahr zur Berufshaftpflicht freiberuflicher Hebammen gemeldet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/6182 2. Wie beurteilt die Bundesregierung die Aussagekraft des von ihr in Auftrag gegebenen Gutachtens zu den Ursachen von Geburtsschäden bei von freiberuflich tätigen Hebammen betreuten Geburten (s. Vorbemerkung der Fragesteller )? Das Gutachten hat mit einem multimethodischen Ansatz (systematische Literaturrecherche , Fallstudien, Online-Befragung, Experteninterviews und Open- Space-Workshop) zahlreiche wertvolle Erkenntnisse insbesondere über die Einschätzung relevanter Beteiligter hinsichtlich der Ursachen von Geburtsschäden geliefert. 3. War die zur Verfügung stehende Datengrundlage für die zu begutachtenden Fragen aus Sicht der Gutachterinnen und Gutachter ausreichend? Falls nicht, hinsichtlich welcher Aspekte bestand keine ausreichend belastbare Datengrundlage bzw. wird von den Gutachterinnen und Gutachtern weiterer Forschungsbedarf gesehen (bitte einzeln aufführen)? Ursprüngliches Ziel des Gutachtens war unter anderem, aus vorhandenen Daten der Versicherungswirtschaft zu Geburtsschäden der Vergangenheit in Kombination mit stichprobenartigen Detailuntersuchungen zu Einzelfällen Erkenntnisse über Schadensursachen zu gewinnen. Für eine genaue Analyse des Ereignishergangs und seiner strukturellen und systemischen Faktoren sowie zur Identifizierung der Risiko- bzw. Einflussfaktoren für Geburtsschäden erwiesen sich die vorhandenen Daten als nicht umfassend genug. Forschungsbedarf wird vom Gutachterteam in der Etablierung von nationaler systematischer Gesundheitsforschung und -berichterstattung im Bereich Mutter-Kind-Gesundheit gesehen. 4. Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um hinsichtlich der laut Gutachten noch offenen Fragen weitere Erkenntnisse und belastbare Daten zu gewinnen ? Die Bundesregierung arbeitet daran, kontinuierlich die Situation in der Geburtshilfe zu verbessern. In diese Arbeit fließen die Erkenntnisse aus dem Gutachten mit ein. Das Gutachten wurde zudem den für die Qualitätssicherung und die Entwicklung von Leitlinien in Deutschland maßgeblichen Organisationen zugesandt, damit die Erkenntnisse des Gutachtens auch bei deren Arbeit berücksichtigt werden können. Hinsichtlich der Gewinnung von Daten wird auf die Antworten zu den Fragen 8 und 22 verwiesen. 5. Welche Risikofaktoren für die Entstehung von Geburtsschäden stellt das Gutachten fest? Konsistent über alle eingesetzten Methoden (Literaturrecherche, Online-Befragung , Experteninterviews, Open-Space-Workshop und Themenmarktplatz) zeigen sich in dem Gutachten folgende Risikofaktoren für die Entstehung von Geburtsschäden (vgl. Gutachten S. 121): Risikofaktoren der Mutter: anamnestische Faktoren – hier v. a. Nullipara, schwere Vorerkrankungen, aktuelle Befundrisiken; Teamfaktoren: Mangelhafte Kommunikation v. a. zwischen den Berufsgruppen , Übergabedefizite, ausgeprägte hierarchische Strukturen, fehlende Fehlerkultur , Zeitverzögerungen; mangelhafte Qualifikation und Kompetenz: fehlende Skills, fehlende Notfalltrainings , fehlende Kompetenz in der Interpretation von CTGs. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6182 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Einen hohen Einfluss auf die Entstehung des Geburtsschadens haben v. a. folgende Faktoren: Fehlinterpretation von Befunden, zu wenig Personal, Zeitverzögerungen in der Hinzuziehung des Arztes oder der Ärztin, der Entscheidung und in der Durchführung von Interventionen und bei Verlegungen /Transporten. 6. Welche protektiven Faktoren, die der Entstehung von Geburtsschäden entgegenwirken , stellt das Gutachten fest? Nach den Erkenntnissen des Gutachterteams gibt es in der Literatur eine Reihe von Hinweisen für erfolgreich ein- und durchgeführte Sicherheitsmaßnahmen. Auch in den Interviews mit den Expertinnen und Experten, dem Open-Space- Workshop und der Online-Befragung werden verschiedene Sicherheitsmaßnahmen genannt, wie z.B. Interdisziplinäre und sektorübergreifende Fallbesprechungen, Simulationstrainings, Schulungen zur Arzneimitteltherapiesicherheit, Geräteschulungen, Standards und Checklisten, interprofessionell entwickelte, geschulte und nachhaltig flächendeckend umgesetzte Leitlinien, ausreichende Personalausstattung mit qualifiziertem Personal in allen Bereichen , Kommunikationsregeln, Interventionen zur Verbesserung der interprofessionellen Zusammenarbeit, Training und Entwicklung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, Fördern der interdisziplinären Teamarbeit und das Einhalten von Standards wie Fehleranalysen. 7. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den im Gutachten gemachten Handlungsempfehlungen, und welchen Handlungsbedarf sieht sie dabei für sich? Das Gutachten hat systemische, strukturelle und individuelle Ursachen für die Entstehung von Geburtsschäden untersucht, wirksame Sicherheitsmaßnahmen und Lösungsansätze identifiziert, die Fragestellung aus juristischer Perspektive beleuchtet und wertvolle Erkenntnisse für die Qualitätssicherung in der Geburtshilfe geliefert. Die Erkenntnisse fließen in die Arbeit zur kontinuierlichen Verbesserung der Situation in der Geburtshilfe mit ein. Die Fachgesellschaften wurden auf die Ergebnisse aufmerksam gemacht, verbunden mit der Anregung, die Erkenntnisse in ihre weitere Arbeit einzubeziehen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/6182 8. a) Inwieweit befürwortet die Bundesregierung die vollständige Erfassung aller im Zusammenhang mit klinischen und außerklinischen Geburten entstandenen Geburtsschäden einschließlich im Einzelfall bestehender Risikofaktoren ? Falls nicht, wieso nicht? b) Falls ja, wie will sie dies umsetzen, und inwieweit wäre eine standardisierte Dokumentation aller Geburten dafür förderlich? Die Einführung eines Geburtsschadensregisters wurde bereits im Zuge der Haftungsbegrenzung bei Hebammen diskutiert. Eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes für ein solches Register besteht jedoch nicht. Das BMG hat keine Aufsicht über die Angehörigen von Gesundheitsberufen (Hebammen, Ärztinnen und Ärzte usw.) oder die Krankenhäuser. Hier sind ausschließlich die Länder zuständig . 9. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Erkenntnis des Gutachtens, dass eine unzureichende Personalbesetzung in der Geburtshilfe ein wesentlicher Risikofaktor für das Auftreten von Geburtsschäden zu sein scheint (s. das in der Vorbemerkung der Fragesteller zitierte Gutachten, S. 37, 59, 63, 73)? Da eine unzureichende Personalbesetzung in der Geburtshilfe ein Risikofaktor für das Auftreten von Geburtsschäden sein kann, ist die Sicherstellung einer ausreichenden Hebammenversorgung besonders wichtig. Eine Vielzahl von Bundesländern hat dahingehend bereits Gutachten zur Situation der Hebammen in Auftrag gegeben, die auf unterschiedliche regionale Versorgungsstrukturen schließen lassen. Um valide Erkenntnisse über die Versorgungssituation der Geburtshilfe in der gesamten Bundesrepublik zu erhalten, wird das BMG daher ein bundesweites Gutachten vergeben. 10. Warum sieht die Bundesregierung die Verantwortung für eine ausreichende Personalausstattung in der Geburtshilfe insbesondere im Hinblick auf Hebammen ausschließlich bei den jeweiligen Kliniken (vgl. Bundestagsdrucksache 19/4283, Antwort zu Frage 13) und verzichtet daher für Kreißsäle auf die Festlegung von Personaluntergrenzen, während sie dies in anderen Bereichen selbst plant (Ärztezeitung vom 23. August 2018, „Spahn legt Personalgrenzen für Kliniken per Verordnung fest“)? Als Ergebnis einer mehrjährigen politischen Diskussion zur Verbesserung der Personalsituation in der Pflege wurden die Vertragsparteien auf Bundesebene (Deutsche Krankenhausgesellschaft und GKV-Spitzenverband unter Beteiligung des Verbandes der Privaten Krankenversicherung – PKV-Verband) gesetzlich beauftragt , bis zum 30. Juni 2018 mit Wirkung zum 1. Januar 2019 Pflegepersonaluntergrenzen für festzulegende pflegesensitive Bereiche im Krankenhaus zu vereinbaren . Nachdem eine Vereinbarung nicht fristgerecht zustande gekommen ist, hat das BMG mit der Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung (PpUGV) vom 5. Oktober 2018 im Wege der Ersatzvornahme entsprechende Pflegepersonaluntergrenzen festgelegt. Eine Auseinandersetzung mit der Situation der Hebammen in der Geburtshilfe war hingegen nicht Gegenstand des Auftrages der Expertenkommission Pflege. Aus der Kommissionsarbeit konnten daher auch keine Erkenntnisse für Personalregelungen in Bezug auf Hebammen oder andere im Krankenhaus tätige Berufsgruppen abgeleitet werden. Die besonderen Bedarfe der Geburtshilfe werden aber selbstverständlich auch in Zukunft von der Bundesregierung im Blick behalten werden und Berücksichtigung finden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6182 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 11. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Erkenntnis des Gutachtens, dass eine mangelnde Kooperation zwischen Ärztinnen und Ärzten und Hebammen ein weiterer wichtiger Risikofaktor für das Auftreten von Geburtsschäden ist (s. das in der Vorbemerkung der Fragesteller zitierte Gutachten, S. 39, 65, 73 ff., 78, 83, 122 f.), und worin liegen aus Sicht der Bundesregierung die Gründe für diese unzureichende Kooperation? Forderungen nach einer Stärkung der interprofessionellen Zusammenarbeit – insbesondere im Hinblick auf eine patientenzentrierte Versorgung – werden seitens der Bundesregierung begrüßt. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Verantwortung für die Durchführung konkreter Maßnahmen zur Verbesserung der Zusammenarbeit wie die Durchführung interdisziplinärer und intersektoraler Fallbesprechungen in der Organisationshoheit der Krankenhäuser bzw. deren Trägern selbst liegt. Die Schaffung von förderlichen Rahmenbedingungen hängt maßgeblich davon ab, wie die jeweiligen Verantwortlichen in einer Einrichtung die ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Optimierung der Kommunikation und des gegenseitigen Respekts einsetzen und vorhandene Spielräume nutzen. Die freiberuflichen Hebammen sind durch den zwischen GKV-Spitzenverband und den für die Wahrung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Berufsverbänden der Heb-ammen und den Verbänden der von Hebammen geleiteten Einrichtungen auf Bundesebene geschlossenen Hebammenhilfevertrag (Anlage 3 – Qualitätsvereinbarung) verpflichtet, mit den dort aufgeführten Leistungserbringern zu kooperieren. Dazu gehören unter anderem Gynäkologinnen und Gynäkologen sowie in der Diagnostik und Therapie bei Neugeborenen und Säuglingen erfahrene Kinderärztinnen und Kinderärzte im ambulanten Sektor bzw. Ärztinnen und Ärzte in entsprechenden Kliniken. 12. Wie will die Bundesregierung eine stärkere Kooperation zwischen Ärztinnen , Ärzten und Hebammen in die ausstehende Reform der Hebammenausbildung implementieren? Der interprofessionellen Zusammenarbeit kommt insbesondere in der Geburtshilfe eine wichtige Bedeutung zu. Diese Thematik wird daher auch in dem durch die EU-Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen angestoßenen Novellierungsprozess der Hebammenausbildung berücksichtigt. Entsprechend der EU-Vorgaben ist beabsichtigt, Hebammen bereits im Studium auf die Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen vorzubereiten und sie dazu zu befähigen, interprofessionell mit anderen Berufsgruppen zu kommunizieren und die Zusammenarbeit effektiv auszugestalten. 13. Welche Zusammenhänge gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung zwischen der Ausstattung der jeweiligen Geburtsklinik und dem Auftreten von Geburtsschäden, und welche Schlussfolgerungen sind nach Kenntnis der Bundesregierung daraus zu ziehen? Das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) hat im Rahmen von zusätzlichen Analysen für die Entwicklung planungsrelevanter Qualitätsindikatoren im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) Hinweise für einen Zusammenhang zwischen der Anwesenheit eines Pädiaters bei Frühgeburten und dem Auftreten von Geburtsschäden festgestellt (https://iqtig.org/dateien/berichte/2016/IQTIG_Planungsrelevante- Qualitaetsindikatoren_Abschlussbericht.pdf). Daraufhin wurde der Qualitätsindikator des Qualitätssicherungsverfahrens Geburtshilfe „Anwesenheit eines Pädia- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/6182 ters bei Frühgeburten“ (QI-ID 318) durch Beschluss des G-BA vom 15. Dezember 2016 als planungsrelevanter Qualitätsindikator ausgewählt. Werden bei diesem Indikator zukünftig nicht nur vorübergehend erhebliche Qualitätsmängel festgestellt, kann dies planungsrelevante Konsequenzen für die jeweiligen Krankenhäuser haben. Darüber hinausgehende Erkenntnisse liegen der Bundesregierung nicht vor. 14. Welche Zusammenhänge gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung zwischen der jährlichen Zahl der betreuten Geburten in einer Klinik und dem Auftreten von Geburtsschäden, und welche Schlussfolgerungen sind nach Kenntnis der Bundesregierung daraus zu ziehen? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 15. Inwieweit werden Angebote der außenklinischen Geburtshilfe in die aktuellen Überlegungen zu einer Reform der Notfallversorgung einbezogen vor dem Hintergrund, dass die derzeitige Kooperation mit dem Rettungsdienst teilweise als unzureichend angesehen wird (s. das in der Vorbemerkung der Fragesteller zitierte Gutachten, S. 88, 122)? Die Bundesregierung prüft derzeit eine Reform der Notfallversorgung. Ob es im Rahmen dieser Reform auch zu Änderungen bei den Angeboten der außerklinischen Geburtshilfe kommen wird, ist derzeit noch nicht absehbar. 16. Welche Rolle spielt nach Kenntnis der Bundesregierung eine unzureichende Qualifikation der beteiligten Geburtshelferinnen und Geburtshelfer in bestimmten Risikofragen (Umgang mit Lageanomalien beim Kind, CTG-Interpretation , Medikamentengabe) bei dem Auftreten von Geburtsschäden (s. das in der Vorbemerkung der Fragesteller zitierte Gutachten, S. 59, 75)? Über die in dem „Gutachten zu den Ursachen von Geburtsschäden bei von freiberuflich tätigen Hebammen betreuten Geburten“ dargestellten Ergebnisse hinaus hat die Bundesregierung keine Kenntnis zu der Bedeutung einer unzureichenden Qualifikation der beteiligten Geburtshelferinnen und Geburtshelfer bei dem Auftreten von Geburtsschäden. 17. Welche Fortbildungsverpflichtung gibt es für in der Geburtshilfe tätige Ärztinnen und Ärzte? Fachärztinnen und Fachärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe sind wie alle Ärztinnen und Ärzte, die ihren Beruf ausüben, aufgrund des ärztlichen Berufsrechts verpflichtet, sich in dem Umfang beruflich fortzubilden, wie es zur Erhaltung und Entwicklung der zu ihrer Berufsausübung erforderlichen Fachkenntnisse notwendig ist. Zusätzlich zu dieser Fortbildungsverpflichtung nach den Berufsordnungen der Ärztekammern besteht eine Fortbildungspflicht sowohl für Vertragsärztinnen und Vertragsärzte nach § 95d des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) als auch für Fachärztinnen und Fachärzte im Krankenhaus nach den Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Qualitätssicherung gemäß § 136b Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 SGB V. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6182 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 18. Welche Fortbildungsverpflichtung gibt es für in der Geburtshilfe tätige Hebammen ? Falls es keine gibt, befürwortet die Bundesregierung die Schaffung einer entsprechenden Fortbildungspflicht, und wer wäre dafür verantwortlich, eine solche Verpflichtung zu schaffen? Die Fortbildungspflicht für Hebammen ergibt sich aus den landesrechtlich geregelten Berufs-ordnungen und aus Anlage 3 des auf Bundesebene zwischen den Hebammenverbänden und dem GKV-Spitzenverband geschlossenen Vertrages über die Versorgung mit Hebammenhilfe nach § 134a SGB V. 19. Inwieweit sieht die Bundesregierung eine Notwendigkeit für die flächendeckende Einführung von interprofessionellen Trainings von Notfallsituationen im Kreißsaal (vgl. das in der Vorbemerkung der Fragesteller zitierte Gutachten , S. 86, 127), und falls ja, wer ist aus ihrer Sicht in der Verantwortung, die flächendeckende Einführung solcher Trainings sicherzustellen? Grundsätzlich sollten alle geeigneten und bewährten Maßnahmen durchgeführt werden, die die qualitativ hochwertige Versorgung in der Akut- und Notfallsituation gewährleisten. Die Bundesregierung geht davon aus, dass interprofessionelle Trainings von Notfallsituationen dazu beitragen können, im Notfall adäquat zu reagieren. Primär sind die einzelnen Einrichtungen in der Verantwortung, sich bestmöglich auf Notfallsituationen vorzubereiten. 20. Welche Versorgungsforschung in Fragen der Geburtshilfe gibt es in Deutschland derzeit bzw. soll von der Bundesregierung zukünftig gefördert werden (bitte einzeln aufführen), und ist dies aus Sicht der Bundesregierung ausreichend? Die Antwort bezieht sich auf die vom BMG im Rahmen seiner Ressortforschung geförderten Projekte. Erkenntnisse zu den insgesamt in Deutschland geförderten Forschungsvorhaben liegen der Bundesregierung nicht vor. Folgende Projekte erhalten bzw. erhielten eine Förderung durch das BMG: Gutachten zu den Ursachen von Geburtsschäden bei von freiberuflich tätigen Hebammen betreuten Geburten, Unterstützung bei der Erstellung einer S3-Leitlinien zur vaginalen Geburt am Termin, Evaluation von Spezialambulanzen und gynäkologischen Sprechstundenangeboten zur gynäkologischen und geburtshilflichen Versorgung von Frauen mit Behinderungen sowie Studien zur Auswertung des aktuellen Forschungsstandes zu Kaiserschnitten zur Unterstützung der Erstellung einer S3-Leitlinie „Sectio caesarea“. Auch in Zukunft wird das BMG Forschungsmaßnahmen entsprechend der erforderlichen Bedarfe vorsehen. Beispielsweise bereitet das BMG derzeit die Vergabe eines bundesweiten Gutachtens zur Versorgungssituation in der klinischen Geburtshilfe vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/6182 21. a) Sieht die Bundesregierung aufgrund der unzureichenden und teilweise widersprüchlichen Erkenntnisse zu Risikofaktoren bei Hausgeburten weiteren Forschungsbedarf (s. das in der Vorbemerkung der Fragesteller zitierte Gutachten, S. 40 f)? Falls nicht, wieso nicht? b) Falls ja, wie, und welche Forschung in diesem Bereich wird sie zukünftig unterstützen? Die Bundesregierung plant derzeit keine weiteren Forschungsvorhaben zu Risikofaktoren bei Hausgeburten. Aufgrund der sehr niedrigen Fallzahlen von Geburtsschäden bei Hausgeburten ist eine wissenschaftlich valide Identifizierung von Risikofaktoren nicht möglich. 22. Inwieweit befürwortet die Bundesregierung eine systematische Erfassung aller außerklinischen Geburten einschließlich möglicher Risikofaktoren, ergriffener Maßnahmen und Ergebnisse vor dem Hintergrund, dass im derzeitigen freiwilligen Register der QUAG e. V. ein Fünftel der außerklinischen Geburten sowie individuelle und systemische Risikofaktoren nicht erfasst werden (s. das in der Vorbemerkung der Fragesteller zitierte Gutachten, S. 53)? Durch eine Änderung in der amtlichen Statistik, die auf die Arbeiten der interministeriellen Arbeitsgruppe Versorgung mit Hebammenhilfe zurück geht, die in der letzten Legislaturperiode getagt hat, werden seit 1. Januar 2015 die Geburtenfallzahlen nach Ort der Geburt (Art der Einrichtung, in der entbunden wurde oder Hausgeburt) differenziert erfasst. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen. 23. Welche Faktoren haben Hebammen in Schadensfällen bei außerklinischen Geburten nach Kenntnis der Bundesregierung davon abgehalten, die betreffenden Frauen rechtzeitig in ein Krankenhaus zu überweisen? Laut Erkenntnissen des Gutachtens konnten in keinem der untersuchten oder berichteten Fälle externe Gründe identifiziert werden, die eine verspätete Überweisung rechtfertigen könnten. Vielmehr ist in vielen Fällen eine Verzögerung entweder durch ein verspätetes Reagieren aufgrund mangelnder Kommunikation und Kooperation z. B. des betreuenden ärztlichen Geburtshelfers respektive der Geburtshelferin, des Rettungsdienstes oder des kooperierenden Krankenhauses entstanden (vgl. Gutachten S. 50). Auch zu wenig Erfahrung und Wissen mit dem Ergebnis einer Fehleinschätzung der Situation sowie eine nicht ausreichende Personalbesetzung werden als Ursache für Zeitverzögerungen genannt. 24. Welche Qualitätsvorgaben gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit für Geburten im außerklinischen Bereich? Für den außerklinischen Bereich gelten die in Anlage 3 des Hebammenhilfevertrags vereinbarten Qualitätsanforderungen (siehe www.gkv-spitzenver-band.de/ krankenversicherung/ambulante_leistungen/hebammen/hebammenhilfevertrag/ hebammenhilfevertrag.jsp). Diese sehen u. a. ein verpflichtendes Qualitätsmanagementsystem , Ausschlusskriterien für Geburten im häuslichen Umfeld, unter bestimmten Voraussetzungen die Durchführung eines Peer Reviews und eines strukturierten Dialogs sowie eine externe Qualitätssicherung über eine einheitliche Datenerhebung durch die Gesellschaft für Qualitätssicherung in der außerklinischen Geburtshilfe e. V. vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6182 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 25. Wird die sich in Arbeit befindende S3-Leitlinie „Die vaginale Geburt am Termin“ nach Kenntnis der Bundesregierung auch außerklinische Geburten erfassen? Falls nicht, wieso nicht? Nach Auskunft der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. wird die S3-Leitlinie „Die vaginale Geburt am Termin“ keine speziellen Empfehlungen für inner- oder außerklinische Geburtshilfe geben , da sie sich auf alle vaginalen Geburten am Termin beziehen wird, die kein erhöhtes Risiko haben. Insofern ist sowohl die inner- als auch außerklinische Geburtshilfe grundsätzlich eingeschlossen. 26. Inwieweit sieht die Bundesregierung Bedarf, den Begriff des „Geburtsschadens “ gesetzlich zu definieren (Ansicht bitte begründen)? Aus haftungsrechtlicher Sicht ist eine gesetzliche Definition des Begriffs „Geburtsschaden “ nicht erforderlich und nicht sinnvoll. Sie wäre haftungsrechtlich nicht zielführend, weil die Haftung des bei der Geburt beteiligten Krankenhauses, der beteiligten Ärztin bzw. des beteiligten Arztes oder der beteiligten Geburtshelferin bzw. des beteiligten Geburtshelfers nicht schon durch einen „Geburtsschaden “ ausgelöst wird, sondern durch einen (Behandlungs-)Fehler, der diesen Beteiligten bei der Geburt unterlaufen ist, und seine Kausalität für eine körperliche Verletzung oder eine Gesundheitsbeschädigung der Mutter oder des Kindes. Ein Geburtsschaden muss aber keineswegs auf einem (Behandlungs-)Fehler beruhen. 27. Welche Beratungs- und Unterstützungsangebote zur Geltendmachung von Haftungsansprüchen existieren nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit für Familien, die einen Geburtsschaden erlitten haben, und wie werden diese finanziert? Bei einem Verdacht auf einen Behandlungsfehler haben Patientinnen und Patienten oder Ange-hörige die Möglichkeit, sich kostenfrei an die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der jeweiligen Landesärztekammer zu wenden. Diese sollen es den Beteiligten erleichtern, Streitfälle in Arzthaftpflichtsachen außergerichtlich beizulegen. Finanziert werden die Einrichtungen durch die Ärztekammern . Zudem unterstützen die gesetzlichen Krankenkassen nach § 66 SGB V ihre Versicherten. Des Weiteren können sich Patientinnen und Patienten unabhängig von ihrem Versicherungsstatus auch an die Unabhängige Patientenberatung Deutschland gGbmH (UPD) wenden, die ebenfalls kostenfrei zu dem Thema Behandlungsfehler informiert. Die UPD wird nach § 65b SGB V durch den GKV- Spitzenverband gefördert. Zusätzlich beteiligt sich auch der PKV-Verband an der Förderung. 28. Inwieweit befürwortet die Bundesregierung Mindeststandards an die Qualität von Sachverständigengutachten in Haftungsprozessen zu Geburtsschäden (Ansicht bitte begründen)? Die bestehenden zivilprozessualen Vorschriften der §§ 402 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO) gewährleisten bereits in ausreichendem Maße die Neutralität und Sachkunde der zur Begutachtung über die jeweiligen Beweisfragen bzw. Sachverhalte vom Gericht im Rahmen eines Rechtsstreits bestimmten gerichtlichen Sachverständigen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/6182 29. Inwieweit sieht die Bundesregierung ein Problem darin, dass gerichtliche Gutachten zu medizinischen Fragen im Zusammenhang mit Geburtsschäden in der Regel von Ärztinnen und Ärzten erbracht werden (s. das in der Vorbemerkung der Fragesteller zitierte Gutachten, S. 12), und befürwortet sie die regelmäßige Beiziehung einer Hebamme als Co-Gutachterin? Welche Sachverständige in Betracht kommen, hängt zunächst von der konkreten Beweisfrage im Einzelfall ab. Es können nur solche Sachverständige zur Begutachtung bestimmt werden, die hierfür die nötige Fachkompetenz aufweisen. Die Auswahl erfolgt durch das Prozessgericht. Das Gericht kann die Parteien anhören und auch auffordern, selbst Sachverständige vorzuschlagen (§ 404 ZPO). Die oder der vom Gericht bestimmte Sachverständige hat im Übrigen unverzüglich zu prüfen, ob die Begutachtung in ihr bzw. sein Fachgebiet fällt und ohne Hinzuziehung weiterer Sachverständiger erledigt werden kann; anderenfalls muss sie oder er dies unverzüglich dem Gericht mitteilen, § 407a Absatz 1 ZPO. 30. Welchen Reformbedarf sieht die Bundesregierung im Hinblick auf die derzeitige Ausgestaltung der Haftpflichtversicherung für das in der Geburtshilfe tätige ärztliche Personal in Deutschland? Falls sie keinen sieht, wieso nicht? Die Entwicklung der Haftpflichtversicherung im Gesundheitswesen wird von der Bundesregierung beobachtet. Die Situation des in der Geburtshilfe tätigen ärztlichen Personals ist aktuell jedoch nicht vergleichbar mit der Situation der Hebammen , die zur Einführung des Sicherstellungszuschlags und der Regressbeschränkung in § 134a SGB V führte. Im Hinblick auf belegärztliche Leistungen ist darauf hinzuweisen, dass im Bewertungsausschuss derzeit aufgrund einer Erhebung erneut z. B. über die aktuelle Entwicklung der Haftpflichtprämien in der belegärztlichen Geburtshilfe unter Einbezug der hohen regionalen Spannbreite der Prämien, der vielfältigen Ko-Finanzierung durch Krankenhäuser, der steigenden Deckungssummen sowie der rückläufigen Entwicklung der belegärztlichen Versorgung insgesamt beraten wird. Darauf aufbauend sollen in der Folge ggf. Anpassungen in der belegärztlichen Vergütung im Bewertungsausschuss beschlossen werden. Nach dem Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die 19. Wahlperiode sollen die Finanzierungsgrundlagen der Geburtshilfe durch Belegärztinnen und Belegärzte überprüft werden. Die abgeschlossene Befragung und die anstehenden Entscheidungen im Bewertungsausschuss können für diese Überprüfung – vor dem Hintergrund der vielfältigen und sehr unterschiedlichen diskutierten Lösungsansätze – eine wichtige Grundlage darstellen. 31. Welchen Reformbedarf sieht die Bundesregierung im Hinblick auf die derzeitige Ausgestaltung der Haftpflichtversicherung für freiberufliche Hebammen in Deutschland, die Geburtshilfe anbieten? Falls sie keinen sieht, wieso nicht? 32. a) Wie bewertet die Bundesregierung die bisherige Wirksamkeit des Regressverbots nach § 134a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Haftpflichtprämien für freiberufliche Hebammen, die in der Geburtshilfe tätig sind, weiterhin jährlich um rund 500 Euro steigen? b) Welche Ursachen haben diese Steigerungen nach Kenntnis der Bundesregierung ? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6182 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 33. Kann die Bundesregierung die starken Prämiensteigerungen bei Haftpflichtversicherungen für in der Geburtshilfe Tätige in dieser Höhe kalkulatorisch nachvollziehen, und falls ja, auf welchen belastbaren Angaben beruhen die Steigerungen? Die Fragen 31 bis 33 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . In den vergangenen Jahren wurden verschiedene gesetzliche Maßnahmen ergriffen , um freiberuflich tätige Hebammen, die Geburtshilfe anbieten, finanziell zu entlasten. Neben den hierdurch ermöglichten deutlichen Vergütungsanhebungen wurden Regresse der Kranken- und Pflegekassen gegen Hebammen in bestimmten Fällen ausgeschlossen. Auf Basis dieser Maßnahmen hat sich die Situation für freiberufliche Hebammen in Bezug auf die Haftpflichtversicherung deutlich verbessert . Der Deutsche Hebammenverband (DHV) und das Versicherungskonsortium um die Versicherungskammer Bayern konnten sich auf eine Verlängerung des Gruppenversicherungsvertrages um vier Jahre bis Juli 2020 einigen. Die Prämiensteigerungen sind im Vergleich zu den letzten Jahren verhältnismäßig niedrig . Nach Auskunft des Maklers des DHV wird die Prämie für dessen Gruppenversicherungsvertrag einschließlich Geburtshilfe wie folgt angehoben: zum 1. Juli .2018 um 7 Prozent (auf 8 173,73 Euro) zum 1. Juli 2019 um 6 Prozent (auf 8 664,25 Euro) zum 1. Juli 2020 um 5 Prozent (auf 9 097,50 Euro) Dabei wurde eine Anhebung der Deckungssumme zum 1. Juli 2017 auf 7,5 Mio. Euro und zum 1. Juli 2018 auf 10 Mio. Euro berücksichtigt. Diese Vereinbarungen geben den Hebammen die erforderliche Planungssicherheit. Nach Kenntnis der Bundesregierung gehen die Prämiensteigerungen, wie in der Vergangenheit auch, auf die Kostenentwicklung bei der Regulierung der Schadensfälle in der Geburtshilfe zurück. Diese ist maßgeblich vom medizinisch-technischen Fortschritt und der Rechtssprechungspraxis der Gerichte in Haftungsfällen abhängig. Versicherungsunternehmen müssen das Prämien- und Reserverisiko in der Tarifierung berücksichtigen und risikogerechte Prämien erheben. Um freiberuflich tätige Hebammen, die Leistungen der Geburtshilfe erbringen, dauerhaft finanziell zu entlasten und um die Prämiensteigerungen bei der Berufshaftpflichtversicherung auszugleichen, erhalten Hebammen auf Antrag einen Sicherstellungszuschlag . Der Sicherstellungszuschlag wird seit Januar 2016 ausgezahlt . Inzwischen haben nach Information des GKV-Spitzenverbands (Stand: 15. November 2018) 3 244 freiberufliche Hebammen einen oder mehrere Anträge auf Auszahlung des Sicherstellungszuschlags gestellt. Insgesamt sind rund 10 000 Anträge mit einem Gesamtvolumen von rund 25,45 Mio. Euro zur Auszahlung gelangt. Der Sicherstellungszuschlag ist so konzipiert, dass sich der Auszahlungsbetrag für die Hebamme, die Geburtshilfe anbieten, automatisch erhöht, wenn die Haftpflichtprämie des Versicherers für geburtshilflich tätige Hebammen erhöht wird. Das Verfahren der Beantragung und Auszahlung der Sicherstellungszuschläge hat sich mittlerweile etabliert und wird gut von den Hebammen angenommen. Vor diesem Hintergrund besteht aus Sicht der Bundesregierung derzeit kein Reformbedarf im Hinblick auf die Haftpflichtversicherung der freiberuflichen Hebammen . Die Bundesregierung wird diese Thematik jedoch weiter aufmerksam beobachten und bei Bedarf die notwendigen Maßnahmen ergreifen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 13 – Drucksache 19/6182 34. Welches sind die „ordnungspolitischen Gründe“ (Bundestagsdrucksache 19/4283, Antwort zu Frage 16), aus denen die Bundesregierung ein staatliches Haftungssystem für alle Heilberufe ablehnt? Gegenüber einem staatlichen Haftungsfonds bestehen die gleichen Bedenken, wie sie im ersten Absatz der Antwort zu Frage 16 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/4283 allgemein gegenüber kollektiven Entschädigungssystemen beschrieben sind, die durch Nichtverursacher finanziert werden: Es würde von dem Grundprinzip des deutschen Haftungsrechts abgewichen, wonach derjenige, der einen Schaden (schuldhaft) verursacht hat, auch für seine Kompensation individuell verantwortlich ist. Auch könnten Schmerzensgelder keine Genugtuung mehr verschaffen, wenn die Verursacherin bzw. der Verursacher sie nicht erbringen müsste. Und mit einem Kollektivhaftungs - oder -entschädigungssystem, das die Verursacherin bzw. den Verursacher des Schadens aus der Haftung nimmt, entfallen die präventiven Wirkungen des Haftungsrechts zulasten künftiger Patientinnen und Patienten. Schließlich ist es nicht Aufgabe des Staates, einzelnen oder allen Angehörigen von Heilberufen generell die haftungsrechtliche Verantwortung für ihre Fehler und die finanzielle Vorsorge für fehlerbedingte Haftungen abzunehmen. Dies gilt insbesondere auch im Vergleich zu anderen Berufsgruppen, deren Arbeit ebenfalls mit erheblichen Schadensrisiken behaftet ist. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333