Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 28. November 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/6235 19. Wahlperiode 03.12.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Petr Bystron, Dr. Harald Weyel, Jörn König, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/5332 – Gescheitertes Flüchtlingsabkommen mit Italien und die Folgen für die europäische Lösung der Flüchtlingskrise V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Mitte Juni 2018 sicherte die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel dem Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat Horst Seehofer zu, in spätestens zwei Wochen – also Ende Juni – eine „europäische Lösung“ der Flüchtlingskrise vorzulegen . Vorausgegangen war diesem Versprechen der damalige Asylstreit zwischen CSU und CDU und die Ankündigung des Bundesinnenministers, gegebenenfalls gegen den Willen der Bundeskanzlerin die Zurückweisung von Migranten an der deutschen Grenze anzuordnen. Auch jetzt – vier Monate später – ist keine solche „europäische Lösung“ in Sicht (www.welt.de/politik/ deutschland/plus181903012/Migration-Von-Angela-Merkels-europaeischer- Loesung-fehlt-jede-Spur.html). Vor dem Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel am 17. Oktober 2018 erklärte die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel in einer Regierungserklärung , dass die EU auch bei diesem Gipfel keine gemeinsame Position zur Migrationspolitik finden und die „faire Umverteilung“ von Migranten ein „ungelöstes Thema“ bleiben werde (www.bundeskanzlerin.de/bkin-de/aktuelles/ regierungserklaerung-von-bundeskanzlerin-merkel-1539574). Weiter erklärte die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel nach dem EU-Ratstreffen , dass sie dem Lösungsvorschlag des österreichischen Bundeskanzlers Sebastian Kurz ablehnend gegenüberstehe. Kurz hatte angeregt, statt einer zwangsweisen Umverteilung von Migranten in Europa, über ein Konzept „verpflichtender Solidarität“ nachzudenken. Dieses Modell würde EU-Mitgliedstaaten nicht mehr zur Aufnahme von Migranten zwingen, sondern jedem Land freistellen, wie es sich an der Lösung der Asylkrise beteiligen will (finanziell, organisatorisch, personell, polizeilich etc.; www.welt.de/politik/deutschland/ article182318606/Kurswechsel-in-EU-Asylpolitik-Merkel-stellt-sich-gegen- Vorschlag-von-Sebastian-Kurz.html). Das EU-Mitgliedsland Italien ist auf Grund seiner geographischen Lage als Mittelmeerstaat besonders stark von der unkontrollierten Migration aus Nordafrika betroffen (www.welt.de/politik/ausland/article177733806/Neue-EU- Migrationsstatistik-Die-meisten-Asylsuchenden-kommen-nach-Deutschland. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6235 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode html). Dabei ist die Lage in Italien mit der Zahl ankommender Migranten in Deutschland eng verknüpft, da viele nach Deutschland ein- oder weitergereiste Migranten zuvor bereits in Italien Erstaufnahme gefunden beziehungsweise Asylanträge gestellt haben. Aus dem Jahresbericht der in Malta ansässigen European Asylum Support Agency (EASO) geht hervor, dass Deutschland und Italien immer noch die beiden Spitzenreiter im Bereich der Asylanträge sind. 2017 wurden 222 560 Asyl-anträge in Deutschland und 128 850 Asylanträge in Italien gestellt (www. welt.de/politik/ausland/article177733806/Neue-EU-Migrationsstatistik-Diemeisten -Asylsuchenden-kommen-nach-Deutschland.html). In den vergangenen Jahren nahm Italien eine große Zahl von Flüchtlingen auf, die mit Booten über das Mittelmeer nach Europa kamen. Insgesamt trafen im vergangenen Jahr 2017 rund 600 000 Migranten in den italienischen Häfen ein. Seit Italiens Innenminister Matteo Salvini privaten Rettungsschiffen die Einfahrt in italienische Häfen verwehrt, sinkt die Zahl der ankommenden Migranten kontinuierlich. Laut Migrationsforschern des Mailänder Instituts ISMU wurden in den ersten drei Monaten des Jahres 2018 rund 23 000 Asylanträge von Italien geprüft, von denen 61 Prozent abgelehnt wurden. Nur 1 500 erkannte der italienische Staat als Flüchtlinge im Sinne der geltenden Konvention an (www. handelsblatt.com/politik/international/asylpolitik-italiens-regierung-verschaerftumgang -mit-migranten/23107816.html?ticket=ST-89590-cg3jFkSHUzbLwdy ZJ2wf-ap2). Erst Ende September 2018 hatten die Nichtregierungsorganisationen (NGO) SOS Méditerranée und Ärzte ohne Grenzen mit ihrem Schiff Aquarius 2 erneut rund 58 Migranten vor der libyschen Küste aufgenommen und nach mehreren Tagen auf See eine Verteilung der Migranten auf mehrere europäische Länder – Portugal, Spanien, Deutschland und Frankreich – erzwungen. Italien hatte sich strikt geweigert, weitere Migranten in Italien aufzunehmen. Erst im Juni hatte die Aquarius mit rund 630 Migranten an Bord eine ähnliche, lebensbedrohliche Situation provoziert, um europäische Länder zur Aufnahme von Migranten zu bewegen. Nach mehreren Tagen durfte das Schiff im Hafen von Valencia anlegen . Innenminister Salvini kritisierte das Vorgehen der Besatzung der Aquarius und der dahinterstehenden Vereine mit Sitz in Deutschland und warf den NGOs vor, nicht mit der libyschen Küstenwache kooperiert zu haben. „Für diese Herren (der NGO) bleiben die italienischen Häfen geschlossen“, so Salvini. Er kritisierte auch, dass die Aktivisten der selbsternannten Seenotrettung eigenmächtig handeln und die libyschen Behörden behindern, die eigentlich die Rettungseinsätze selbst übernehmen müssen. Die libysche Küstenwache sollte die Migranten zurück in den libyschen Hafen bringen, was von den NGOs immer wieder verhindert werde. Innenminister Salvini erklärte, dass die Präsenz der Aquarius einer der Gründe sei, warum Schlepper immer weiter Migranten in Schlauchbooten aufs Meer schicken (www.noz.de/deutschland-welt/politik/artikel/153 4610/rettungsschiff-nimmt-erneut-fluechtlinge-auf-salvini-veraergert). Schon Ende Juli 2018 berichtete die Wochenzeitung „DIE ZEIT“, dass die Staatsanwaltschaft im sizilianischen Trapani Ermittlungen gegen mehr als 20 Helfer von Seenotrettervereinen wegen des Verdachts der Unterstützung illegaler Migration nach Italien aufgenommen habe. Betroffen von den Ermittlungen seien Mitglieder der Organisationen Ärzte ohne Grenzen und Save the Children. Zehn der Beschuldigten hätten zur Besatzung des deutschen Rettungsschiffes Iuventa des Berliner Vereins „Jugend Rettet“ gehört, hieß es weiter. Das Schiff Iuventa war bereits im vergangenen Sommer von italienischen Behörden beschlagnahmt worden. Zuvor hatte das Schiff bei Hilfseinsätzen im Mittelmeer Flüchtlinge aufgenommen. Die Ermittler in Trapani verdächtigen die Retter laut Nachrichtenmagazin „DER SPIEGEL“, mit libyschen Schleusern zu- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/6235 sammengearbeitet zu haben (www.zeit.de/politik/ausland/2018-07/illegalemigration -italien-seenotrettung-ngos-unterstuetzung-verdacht; www.dw.com/ de/ermittlungen-der-italienischen-justiz-gegen-seenotretter/a-44862254). Aktuell liegt das NGO-Schiff Aquarius im Hafen von Marseille vor Anker. Auf Druck der italienischen Regierung wurde dem Schiff, das unter der Flagge Panamas fuhr, mittlerweile die Lizenz entzogen. Die Betreiber des Schiffes fordern derzeit die Bundesregierung auf, sich für die neuerliche Ausstattung mit einer Flagge einzusetzen, damit die Organisation ihre „Seenotrettung“ fortsetzen kann (www.welt.de/politik/ausland/article181803708/Hilferuf-von-der- Aquarius-Deutsche-Regierung-muss-sich-fuer-neue-Flagge-einsetzen.html). Bundesinnenminister Horst Seehofer zeigte sich Mitte September 2018 zuversichtlich , dass Deutschland und Italien – ähnlich wie mit Griechenland und Spanien – ein gemeinsames Rücknahmeabkommen für Migranten abschließen werden . „Das Abkommen mit Italien ist auch abgeschlossen. Es fehlen jetzt nur noch die zwei Unterschriften von dem italienischen Kollegen und von mir“, erklärte Bundesminister Seehofer am 13. September 2018 im Deutschen Bundestag (www.tagesschau.de/inland/ruecknahmeabkommen-101~_origin-789d2c23- dfc5-4695-9976-41a5e1e6c142.html). Tatsächlich hat der italienische Innenminister seine Unterschrift unter das deutsch-italienische Flüchtlingsabkommen bislang verweigert. „Ich bleibe dabei : Ich unterschreibe nichts, solange sich Deutschland taub stellt und nicht auf alle unsere Forderungen eingeht. Stückchenweise unterzeichne ich keine Verträge“, so Salvini (www.zeit.de/politik/ausland/2018-09/italien-deutschlandfluechtlingsabkommen -asylpolitik-matteo-salvini). Ähnliche Fälle, in denen die Bundesregierung den erfolgreichen Abschluss eines Rückführungsabkommens verkündete und später von den Vertragspartnern korrigiert wurde, gab es bereits Ende Juni 2018 beziehungsweise Anfang Juli 2018, als die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten Ungarn und Polen den Abschluss entsprechender Abkommen mit Deutschland dementierten (www.zeit. de/politik/ausland/2018-07/asylstreit-ruecknahme-abkommen-migration-polenangela -merkel-union). Italien will die Überarbeitung der Dublin-Regelung und eine Neuordnung der EU-Marinemission Sophia im Mittelmeer. Beim Dublin-System will Italien erreichen , dass es eine automatische Verteilung von Migranten in der EU gibt. Bislang müssen sie in dem Land ihr Asylverfahren durchlaufen, in dem sie zuerst den Boden der EU betreten haben. Bei Sophia dringt das Land darauf, dass nicht alle aufgegriffenen Flüchtlinge nach Italien gebracht werden (www. n-tv.de/politik/Salvini-will-Abschiebefluege-blockieren-article20658885.html). Für den Fall, dass Sophia-Schiffe auch weiter Migranten nach Italien bringen, die aus Seenot gerettet wurden, hat Rom mit der Sperrung der italienischen Häfen gedroht (www.sueddeutsche.de/politik/verteilung-von-fluechtlingen-salviniknuepft -abkommen-mit-seehofer-an-bedingungen-1.4130812). Am Sonntag, dem 7. Oktober 2018 erklärte Innenminister Salvini als Reaktion auf Medienberichte über geplante Sammelabschiebungen von abgelehnten Asylbewerben aus Bayern nach Italien: „Wenn jemand, in Berlin oder Brüssel, vorhat, Dutzende von Migranten mit nicht-autorisierten Charterflügen abzuladen , sollte er wissen, dass kein Flughafen verfügbar ist und sein wird. Wir schließen die Flughäfen, wie wir bereits die Häfen geschlossen haben“ (www. zeit.de/news/2018-10/07/wenn-bayern-mehr-abschiebt-will-italien-flughaefenschliessen -181007-99-270344). Der italienische Innenstaatssekretär Nicola Molteni erklärte zu den Bestrebungen Deutschlands, die Zahl der Rückführungen nach Italien erhöhen zu wollen, dass es dazu ein bilaterales Abkommen brauche. „Und das gibt es im Moment nicht“, so Staatssekretär Molteni. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6235 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Das italienische Innenministerium hat die aktuell diskutierten Pläne aus Bayern, mehr Migranten nach Italien abzuschieben, als Wahlkampf-Rhetorik bezeichnet . „Am Wochenende wird in Bayern gewählt, und die Erwähnung eines Charters lässt einen daran glauben, dass 40 000 Menschen innerhalb weniger Monate zurückgebracht werden könnten“, so der Staatssekretär im römischen Innenministerium , Nicola Molteni, im Gespräch mit der Zeitung „Il Messaggero“ (www.handelsblatt.com/politik/international/fluechtlinge-italien-bezeichnetbayrische -abschiebe-plaene-als-wahlkampf/23160470.html). Am Rande eines G6-Treffens zum Thema Migration und Terrorismus in Lyon am 9. Oktober 2018 gab Innenminister Salvini bekannt, dass seine Regierung derzeit an der Eröffnung humanitärer Korridore arbeite. Über diese sollen Dutzende Frauen und Kinder auf der Flucht vor Krieg sicher per Flugzeug nach Italien gelangen. Wörtlich erklärte Salvini dazu: „Ich rechne damit, dass ich bis Ende Oktober die ersten Frauen und Kinder auf dem Flughafen Rom-Fiumicino empfangen werde. Es handelt sich um Menschen, die aus Kriegsgebieten kommen und die Hilfe verdienen“ (www.krone.at/1785867). Ende September 2018 verabschiedete die Regierung Italiens ein Dekret (Salvini-Dekret), das eine Reihe neuer Maßnahmen in der Sicherheits- und Migrationspolitik vorsieht. Asylverfahren sollen demnach zukünftig leichter abgebrochen werden können, wenn der Antragsteller als „sozial gefährlich“ gilt, oder wenn eine erstinstanzliche Verurteilung wegen einer Straftat wie Diebstahl oder Drogenhandel vorliegt. Statt der bisherigen 90 Tage soll es nun möglich sein, abgelehnte Asylbewerber für bis zu 180 Tage in Abschiebegewahrsam zu nehmen . Eine weitere, sicherheitspolitische Neuerung ist die Aberkennung der italienischen Staatsbürgerschaft für Terroristen (www.tagesschau.de/ausland/ italien-migration-101.html). Am 13. Oktober 2018 kritisierte der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ die Arbeit privater Seenotretter im Mittelmeer erneut scharf. Besonders die Nichtregierungsorganisationen Ärzte ohne Grenzen und SOS Méditerranée mit ihrem Flüchtlingsschiff Aquarius 2 würden „klare Ziele der 28 Staats- und Regierungschefs in Europa konterkarieren“. Statt sich lediglich auf die Rettung von Menschen zu beschränken, versuchen diese Organisationen „gemeinsam mit den Schleppern, Menschen nach Mitteleuropa zu bringen“, so Bundeskanzler Sebastian Kurz weiter. Er hob außerdem hervor, dass Schiffe wie die Aquarius 2 „ständig versuchen, […] in die libysche Seenotrettungszone beziehungsweise in ihre Nähe zu fahren, um der libyschen Küstenwache zuvorzukommen.“ Das sei, so Bundeskanzler Sebastian Kurz, „eine absurde Situation“. Er erklärte dazu: „Wenn nicht europäische Schiffe retten, sondern libysche oder ägyptische , stellen sich komplexe Rechtsfragen gar nicht erst“ (www.faz.net/aktuell/ politik/ausland/oesterreichs-kanzler-kurz-greift-private-seenotretter-an-15836 490.html). V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Entgegen der Angabe der Fragesteller im Rahmen der Vorbemerkung, wonach im Jahr 2017 rund 600 000 Migranten in den italienischen Häfen eingetroffen sein sollen, sind nach Informationen der Bundesregierung im Jahre 2017 tatsächlich insgesamt 114 611 Menschen in italienischen Häfen angekommen. Diese Informationen basieren auf Angaben des italienischen Innenministeriums. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/6235 1. Wie stellt sich die Bundesregierung im Lichte der aktuellen politischen Entwicklungen ihre „europäische Lösung“ der Asylkrise konkret vor, und wie will sie zur Umsetzung beitragen? a) Welche Fortschritte wurden seit Mitte Juni 2018 hinsichtlich einer solchen „europäischen Lösung“ gemacht? b) Welche Hindernisse stehen der „europäischen Lösung“ aus Sicht der Bundesregierung noch entgegen? c) Welche europäischen Mitgliedstaaten haben ihre Unterstützung für eine solche „europäische Lösung“ verbindlich zugesagt oder ihren Willen zur Unterstützung erklärt, welche haben ihren Widerstand signalisiert? d) Für wie wahrscheinlich hält die Bundesregierung eine zeitnahe Verständigung der EU-Mitgliedstaaten auf eine „europäische Lösung“? e) Welche Folgen hätte aus Sicht der Bundesregierung ein Nichtzustandekommen einer solchen „europäischen Lösung“? Die Fragen 1 sowie 1a bis 1e werden zusammen beantwortet. Die Bundesregierung weist zunächst darauf hin, dass die Zahl der irregulären Ankünfte in der Europäischen Union und in Deutschland seit 2015 deutlich zurückgegangen ist, gerade auch dank gemeinsamer europäischer Maßnahmen. Nach Auffassung der Bundesregierung sind weitere mögliche Handlungsoptionen im Bereich der Flüchtlings- und Asylpolitik in enger Abstimmung der beteiligten EU-Institutionen und aller Mitgliedstaaten der Europäischen Union auszuloten. Hierbei handelt es sich um einen fortlaufenden und weiterhin andauernden Prozess . Eine europäische Lösung wird unter den Mitgliedstaaten allgemein befürwortet . Eine zeitnahe Verständigung ist aus Sicht der Bundesregierung grundsätzlich möglich, aber nicht sicher. Bezüglich der seit Mitte Juni erzielten Fortschritte wird auf die Fortschrittsberichte der Präsidentschaft sowie auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates verwiesen. Weiter diskussionsbedürftig ist unter anderem die Verteilungsfrage. Solange keine (neue) europäische Lösung gefunden ist, bleibt es bei der geltenden EU-Rechtslage und Praxis. 2. Aus welchen Gründen hat die Bundesregierung den österreichischen Vorschlag „verpflichtender Solidarität“ abgelehnt (bitte begründen)? Die Diskussion um den österreichischen Vorschlag ist noch nicht abgeschlossen. Er wurde dementsprechend im Kreise der Mitgliedstaaten weder angenommen noch abgelehnt. Deutschland gehört zu den Mitgliedstaaten, die sich für den Fall der Überlastung eines oder mehrerer Mitgliedstaaten für einen „verpflichtenden Verteilmechanismus “ ausgesprochen haben. Aus Sicht der Bundesregierung ist die verpflichtende Aufnahme von Schutzsuchenden aus überlasteten Mitgliedstaaten im Krisenfall sinnvolle „ultima ratio“, um Überlastungssituationen effektiv und verlässlich zu begegnen. Andere solidarische Maßnahmen sollen nach Auffassung der Bundesregierung daneben möglich bleiben. a) Weshalb fand diese einseitige Ablehnung durch die Bundesregierung ohne vorherige Parlamentsdebatte statt? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. Im Übrigen informiert die Bundesregierung den Deutschen Bundestag regelmäßig und fortlaufend über die Reformdebatte zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem. Die Reform der Dublin- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6235 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Verordnung wurde zuletzt vom Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat, Stephan Mayer im Rahmen der 18. Sitzung des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union am 17. Oktober 2018 ausführlich erläutert (Protokoll-Nr. 19/18). b) Wie hat die Regierung Österreichs auf die Haltung der Bundesregierung reagiert? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. Die Regierung Österreichs nimmt die Haltung aller Mitgliedstaaten zu Initiativen der Ratspräsidentschaft zur Kenntnis. c) Wird die Bundesregierung auf ihrer Vorstellung von „fairer Umverteilung “ beharren oder versucht sie weiterhin, einen Kompromiss mit unseren europäischen Partnern – besonders Österreich, Ungarn, Polen und Italien – zu finden? Die Bundesregierung ist um einen Konsens mit allen EU-Partnern bemüht. Leitlinie bleibt dabei der Koalitionsvertrag, nach dem ein fairer Verteilmechanismus für Schutzbedürftige im Rahmen der Dublin-Reform eine übergeordnete Rolle spielen muss. d) Welche politischen und diplomatischen Konsequenzen hat nach Einschätzung der Bundesregierung das Festhalten an der deutschen Linie „fairer Umverteilung“, nachdem nun offensichtlich geworden ist, dass diese Lösung nicht zustande kommen wird und keine Unterstützer findet? Keine. Im Übrigen geben die Fragesteller das im Kreise der Mitgliedstaaten vorherrschende Meinungsbild unzutreffend wieder. e) Wird es aus Sicht der Bundesregierung nicht zunehmend wahrscheinlich, dass eine „europäische Lösung“ gegen den Willen Deutschlands realisiert werden wird? Nein. 3. Wie viele Migranten wurden nach Kenntnis der Bundesregierung durch private Seenotrettungsorganisationen, Vereine, Nichtregierungsorganisationen u. Ä. aus dem Mittelmeer geborgen und in der Folge auf europäische Mitgliedstaaten verteilt (bitte Zahl der Migranten, Herkunfts- und Zielland chronologisch auflisten)? Der nachfolgenden Tabelle können die der Bundesregierung bekannten Ankünfte von Schiffen von Organisationen im Sinne der Fragestellung entnommen werden, bei welchen für zumindest einen Teil der an Bord befindlichen Asylsuchenden die Bundesrepublik oder andere europäische Staaten die Zuständigkeit zur Bearbeitung der Asylverfahren übernommen haben. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/6235 BEL DEU ESP FRA IRL LUX NLD NOR PRT „Aquarius“, 17.06.2018, Valencia (ESP) 78 „Lifeline“, 27.06.2018, Valletta (MLT) 6 52 26 15 20 7 „Open Arms“, 09.08.2018, Algeciras (ESP) 20 „Aquarius“, 15.08.2018; Valletta (MLT) 50 60 60 17 5 30 „Aquarius 2“, 01.10.2018, Valletta (MLT) 15 15 18 10 4. Wie viele Migranten sind nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2015 beim Versuch, das Mittelmeer zu überqueren, ertrunken bzw. gelten als vermisst (bitte chronologisch nach Monaten aufschlüsseln und die Quelle der jeweiligen Information nennen)? Auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 22, 22a und 22b der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/5387 wird verwiesen . Unter dem dort genannten Link sind auch die Daten für das Jahr 2015 abrufbar. 5. Wann hat die Bundesregierung Kenntnis davon erhalten, dass die italienische Regierung nicht gewillt ist, einem Rücknahmeabkommen mit Deutschland unter den gegebenen Bedingungen zuzustimmen (www.zeit.de/politik/ ausland/2018-09/italien-deutschland-fluechtlingsabkommen-asylpolitikmatteo -salvini)? 6. Warum hat die Bundesregierung bis dato keine öffentliche Erklärung zum gescheiterten Abkommen mit Italien abgegeben? 7. Hat die Bundesregierung bereits auf die Kritik des italienischen Innenministers reagiert und ggf. eine Neuverhandlung des Rückführungsabkommens in Aussicht gestellt? Die Fragen 5 bis 7 werden gemeinsam beantwortet. Es wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Mündliche Frage 48 der Abgeordneten Luise Amtsberg verwiesen (Plenarprotokoll 19/57, Seite 6313), welche den unveränderten Sachstand wiedergibt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6235 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 8. Wie steht die Bundesregierung zu den Vorschlägen des italienischen Innenministers , eine Neuverhandlung der Dublin-Regeln, eine Neuordnung der EU-Marinemission Sophia sowie einen neuen Umgang mit Schiffen zu verabreden , die Flüchtlinge aus dem Mittelmeer aufnehmen (bitte für alle drei Punkte ausführlich begründen)? Die Bundesregierung ist offen für alle konstruktiven Vorschläge. Wie in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 28. Juni 2018 vorgesehen, sollten Personen, die nach Such- und Rettungseinsätzen ausgeschifft werden, bei der Reform der Dublin-Verordnung berücksichtigt werden. Das Mandat der EUNAVFOR MED Operation SOPHIA, insbesondere das Vorgehen gegen Schleuser, sollte aus Sicht der Bundesregierung im Grundsatz unverändert verlängert werden. Die Beratungen und Entscheidungen hierzu erfolgen gemeinsam mit den europäischen Partnern im Rahmen der Europäischen Union. Im Zuge dessen wird auch die Ausschiffung der durch Einheiten der Operation aus Seenot geretteten Menschen diskutiert. a) Hat die Bundesregierung bereits Verhandlungen über diese Punkte mit der Regierung Italiens angeboten oder aufgenommen? Die Bundesregierung befindet sich in regelmäßigen Diskussionen mit der italienischen Regierung zu diesen Fragestellungen. b) Hält die Bundesregierung eine zeitnahe Einigung über diese Streitfragen mit der italienischen Regierung für realisierbar? Wenn nicht, wie wird die Bundesregierung damit umgehen? Die Bundesregierung ist zuversichtlich, dass eine Einigung zu den angesprochenen Themen mit der italienischen Regierung gefunden werden kann. Im Übrigen äußert sich die Bundesregierung grundsätzlich nicht zu hypothetischen Fragestellungen . c) Wie beurteilt die Bundesregierung die möglichen politischen und diplomatischen Folgen eines Scheiterns der Verhandlungen über ein Rückführungsabkommen mit Italien? Zu hypothetischen Fragen äußert sich die Bundesregierung grundsätzlich nicht. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 5 bis 7 verwiesen. 9. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung seit 2015 ergriffen, um Italien beim Schutz seiner Grenzen, Küsten und Seewege zu unterstützen und die illegale Migration über das Mittelmeer einzudämmen? Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung – auch in Kooperation mit anderen Staaten – bislang ergriffen, um gezielt die Arbeit von Schleppern und Schleusern auf dem Mittelmeer zu erschweren, zu verfolgen oder zu ahnden? Die Bundespolizei beteiligt sich seit 2015 personell und mit Führungs- und Einsatzmitteln an den Frontex-Operationen Triton (bis 31. Januar 2018) bzw. Themis (ab 1. Februar 2018). Diese Operationen wurden zwischen Frontex und Italien zur Unterstützung beim Schutz der EU-Außengrenzen vereinbart. Die Einsatzkräfte der Bundespolizei sind dabei ausschließlich landseitig in den sogenannten Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/6235 Hotspots eingesetzt. Darüber hinaus erfolgte in den Jahren 2015 bis 2017 regelmäßig der Einsatz eines seeflugtauglichen Überwachungshubschraubers der Bundespolizei für bis zu zwei Monate zur maritimen Seegrenzüberwachung. Auf Grundlage bilateraler Vereinbarungen sind zudem Experten der Bundespolizei als „Grenzpolizeiliche Unterstützungsbeamte Ausland“ an ausgewählten italienischen Flug- und Seehäfen eingesetzt, um in beratender Funktion u. a. die Bekämpfung der Sekundärmigration zu unterstützen. Im Rahmen von EMPACT (European Multidisciplinary Platform against Criminal Threats) engagiert sich die Bundespolizei seit 2015 an Maßnahmen italienischer Behörden sowie Europol zur Schleusungsbekämpfung über das Mittelmeer. Die Maßnahmen umfassen den Informationsaustausch sowie Analysen mit dem Ziel, Schleusergruppierungen und -netzwerke zu identifizieren und zu zerschlagen . Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 5 der Kleinen Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundestagsdrucksache 19/3544 verwiesen, welche den unveränderten Sachstand wiedergibt. Im Juni 2015 hat die Bundesregierung gemeinsam mit ihren europäischen Partnern im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU (GSVP) zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität und zur Unterstützung Italiens die maritime Militäroperation EUNAVFOR MED Operation SOPHIA eingerichtet . Neben Italien, welches das Operationshauptquartier und Führungsschiff der Operation stellt, ist Deutschland als einziger weiterer Mitgliedstaat durchgehend mit seegehenden Einheiten an der Operation beteiligt. 10. Wie viele Verfahren wegen Verstößen bzw. Verdacht auf Verstöße gegen das deutsche Einwanderungsgesetz hat die Bundesregierung seit 2015 gegen Personen oder Organisationen eingeleitet, und wie viele dieser Verfahren führten bisher zu Verurteilungen, wie viele zu Freisprüchen? Ein Einwanderungsgesetz existiert in Deutschland bislang nicht. Im Übrigen ist die Bundesregierung keine Strafverfolgungsbehörde und leitet folglich keine Ermittlungsverfahren ein. 11. Wird sich die Bundesregierung vor dem Hintergrund der Kritik Österreichs und Italiens an den geltenden Dublin-Regeln für eine Neuregelung des Modells zur Verteilung von Migranten in Europa einsetzen? Die Bundesregierung ist unverändert bestrebt, die sogenannte Dublin-Verordnung zu reformieren. Die Bundesregierung kommentiert nicht die Äußerungen einzelner Regierungsmitglieder anderer Staaten. 12. Was spricht aus Sicht der Bundesregierung dagegen, abgelehnte Asylbewerber aus afrikanischen Ländern, die sich temporär in Deutschland aufhalten, direkt in ihre Heimatländer zurückzubringen, statt sie zurück in die europäischen Länder zu bringen, in denen sie das erste Mal europäischen Boden betreten haben? In den Fällen, die nicht den Regelungen der Dublin- Verordnung unterliegen und in denen die entsprechenden Personen auch kein Aufenthaltsrecht in einem anderen EU-Mitgliedstaat haben, muss eine Rückführung in das Herkunftsland erfolgen (Artikel 8 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 6 Absatz 1 und Artikel 3 Nummer 3 der Richtlinie 2008/115/EG; siehe auch § 50 Absatz 3 des Aufenthaltsge- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6235 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode setzes – AufenthG, wonach eine Ausreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Schengen-Staat nicht zur Erfüllung der Ausreisepflicht genügt, wenn dort kein Aufenthaltsrecht besteht, weshalb eine solche Überführung auch nicht der Durchsetzung der Ausreisepflicht dienen würde). Besteht ein Aufenthaltsrecht in einem anderen Mitgliedstaat, ist der ausreisepflichtige Ausländer aufzufordern, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben (Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie 2008/115/EG, siehe auch § 50 Absatz 3 Satz 2 AufenthG). Demgegenüber ist in Dublin-Fällen die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat für die beteiligten deutschen Behörden in der Regel aufwandsärmer als die ansonsten erforderliche Durchführung eines ergebnisoffenen Asylverfahrens in eigener Zuständigkeit sowie die im Nachgang ggf. notwendige Organisation und Durchführung der Rückführung in das Herkunftsland. So entfällt bei einer Überstellung in den zuständigen europäischen Mitgliedstaat unter anderem eine ansonsten ggf. notwendige Beschaffung von Passersatzpapieren durch die zuständigen deutschen Behörden. 13. Mit welchen Staaten hat die Bundesregierung bislang Rückführungsabkommen für Asylbewerber und Migranten geschlossen, und wie sind die Konditionen dieser Abkommen? Auf die Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 17 des Abgeordneten Jan Ralf Nolte auf Bundestagsdrucksache 19/484, welche den unveränderten Sachstand wiedergibt, wird verwiesen. Die Inhalte der Abkommen sind aus den Fundstellen in der Tabelle ersichtlich, welche in der genannten Antwort enthalten ist. Die Vereinbarung mit Guinea wird inzwischen vorläufig angewendet. a) Hat die Bundesregierung bereits Rücknahmeabkommen mit den nordafrikanischen Staaten Algerien, Tunesien, Libyen und Ägypten ausgehandelt ? Wenn nein, warum nicht? Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hat den aktuellen Stand der Rückübernahmeabkommen auf seiner Internetseite veröffentlicht (www.bmi. bund.de/SharedDocs/downloads/DE/veroeffentlichungen/themen/migration/ rueckkehrfluechtlinge.html). Das Rückübernahmeabkommen mit Algerien ist bereits 2006 in Kraft getreten. Mit Tunesien kann Deutschland kein neues Rückübernahmeabkommen vereinbaren, da derzeit ein EU-Rückübernahmeabkommen mit Tunesien verhandelt wird. Gleichwohl bestehen auch mit Tunesien belastbare Absprachen, die in der Praxis eine Rückübernahmezusammenarbeit ermöglichen . Mit Ägypten verhandelt das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat derzeit Absprachen zur Rückübernahmezusammenarbeit. Mit Libyen ist eine Rückübernahmezusammenarbeit derzeit effektiv ebenso wenig möglich wie der Abschluss einer umsetzbaren Rückübernahmeabsprache. Die Bundesregierung verfolgt die Situation in Libyen aber intensiv und wird die Zusammenarbeit mit Libyen wieder aufnehmen, sobald die Lage vor Ort es erlaubt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/6235 b) Hat die Bundesregierung mittlerweile bindende Rückführungsabkommen mit Polen und Ungarn ausgehandelt? Wenn nein, warum nicht? Bilaterale Rückübernahmeabkommen bestehen sowohl mit Polen (Bundesgesetzblatt [BGBl.] II 1994, Nr. 60, S. 3775) als auch mit Ungarn (BGBl. II 1999, Nr. 5, S. 90). c) Wie gedenkt die Bundesregierung die Asylbewerberzahlen bzw. Einwanderungszahlen nach Deutschland zu senken, wenn sie in ihren Rückführungsabkommen (Bsp. Türkei) für jeden abgelehnten Asylbewerber aus Deutschland einen legalen Einwanderer aus dem jeweiligen Vertragsstaat aufnimmt? Zu der in der Fragestellung geschilderten Konstellation kann die Bundesregierung keine Aussage treffen, da der Bundesregierung ein Rückführungsabkommen mit der Türkei mit diesem Inhalt nicht bekannt ist. Das EU-Türkei-Rückübernahmeabkommen (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 134 v. 7.5.2014, S. 3-27) enthält keine derartige Regelung. 14. Teilt die Bundesregierung die Kritik der italienischen und der österreichischen Regierung an der Arbeit sogenannter Seenotretter (wenn ja, bitte begründen )? Wenn nein, warum nicht? Auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 4 bis 9 sowie 17 der Kleinen Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundestagsdrucksache 19/3963 wird verwiesen . 15. Hat die Bundesregierung die italienischen Behörden bei ihren Ermittlungen gegen Aktivisten der Seenotretter – vor allem gegen jene, die ihren Sitz in Deutschland haben – unterstützt oder ihre Unterstützung angeboten? Wenn ja, in welcher Weise? Wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung äußert sich nicht zu Einzelheiten der strafrechtlichen Zusammenarbeit mit ausländischen Staaten. Gerade bei der Zusammenarbeit in Angelegenheiten der Strafrechtshilfe ist die international praktizierte Vertraulichkeit des Verfahrens ein höchst schützenswertes Gut. Trotz der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Pflicht der Bundesregierung, Informationsansprüche des Deutschen Bundestages zu erfüllen, tritt hier nach sorgfältiger Abwägung der betroffenen Belange das Informationsinteresse des Parlaments hinter die berechtigten Interessen an einer effektiven Strafverfolgung zurück. Das Interesse Deutschlands an der Gewährleistung einer funktionstüchtigen internationalen Zusammenarbeit in Strafsachen leitet sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ab und hat damit ebenfalls Verfassungsrang. Ferner wird auf die Zuständigkeit der Justizverwaltungen der Länder für die Strafverfolgung hingewiesen, einschließlich der damit zusammenhängenden grenzüberschreitenden , unmittelbare Zusammenarbeit mit italienischen Strafverfolgungsbehörden . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6235 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 16. Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus der Tatsache, dass das Vorgehen der italienischen Regierung gegen private Seenotretter im Mittelmeer zu einer deutlichen Senkung der Zahl ankommender Migranten und zu einem deutlichen Rückgang der im Mittelmeer ertrunkenen Menschen beigetragen hat? Auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 22, 22a und 22b der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/5387 wird verwiesen . 17. Wie bewertet die Bundesregierung die Vorwürfe des italienischen Innenministers Matteo Salvini gegen die Besatzung des Schiffes Aquarius und die Vereine SOS Méditerranée und Ärzte ohne Grenzen, Anweisungen der libyschen Küstenwache ignoriert und damit Menschen bewusst in Gefahr gebracht zu haben (www.noz.de/deutschland-welt/politik/artikel/1534610/ rettungsschiff-nimmt-erneut-fluechtlinge-auf-salvini-veraergert)? Auf die Antwort zu Frage 14 wird verwiesen. 18. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass geltendes Recht Seenotrettern verbietet, aus Seenot gerettete Menschen zurück in die nächstgelegenen Häfen Nordafrikas zu bringen? Wenn ja, bitte begründen? Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 12 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/4092 wird verwiesen. 19. Hat die Bundesregierung mit der Besatzung des Schiffes Aquarius, den Aktivisten von SOS Méditerranée, Ärzte ohne Grenzen oder anderen deutschen Seenotrettervereinen Kontakt aufgenommen oder haben Gespräche mit Mitgliedern dieser Organisationen stattgefunden? Wenn ja, was waren Inhalt und Ergebnis der Gespräche? Auf die Antwort der Bundesregierung zur Frage 3 der Kleinen Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundestagsdrucksache 19/3832 wird verwiesen. 20. Wird die Bundesregierung dem Wunsch der Besatzung des Schiffes Aquarius 2 entsprechen und das Schiff mit einer neuen Flagge ausstatten (bitte in jedem Fall begründen)? Der Eigner des Schiffes hat einen Antrag auf Ausflaggung nach Liberia auf der Grundlage von § 7 des Flaggenrechtsgesetzes gestellt. Da die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausflaggung erfüllt sind, wurde der Antrag durch das hierfür zuständige Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie genehmigt. 21. Hat die Bundesregierung die Vereine SOS Méditerranée und Ärzte ohne Grenzen seit 2015 finanziell, personell oder auf sonstige Art unterstützt? Auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 1 und 2 der Kleinen Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundestagsdrucksache 19/3784 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 13 – Drucksache 19/6235 22. Wie reagiert die Bundesregierung auf die Ankündigung des italienischen Innenministers , ggf. die italienischen Flughäfen und Seehäfen für deutsche Abschiebeflüge bzw. Abschiebeschiffe sperren zu lassen, und wie wird sich die Bundesregierung in diesem Fall verhalten? Die Bundesregierung beobachtet die Situation in Italien sehr aufmerksam. Zu hypothetischen Fragestellungen äußert sich die Bundesregierung grundsätzlich nicht. 23. Wie steht die Bundesregierung zu den Plänen des italienischen Innenministeriums , humanitäre Korridore einzurichten, über die wirklich Schutzbedürftige , Frauen und Kinder per Flugzeug einreisen sollen (www.krone.at/178 5867)? a) Wäre dieses Modell aus Sicht der Bundesregierung auch für Deutschland erstrebenswert? b) Wie ließen sich aus Sicht der Bundesregierung solche humanitären Korridore mit direkten Flügen ausgewählter Schutzbedürftiger aus Krisenregionen umsetzen? Die Fragen 23, 23a und 23b werden zusammen beantwortet. Die Bundesregierung beteiligt sich an der Umsetzung des von der EU-Kommission 2017 vorgelegten Vorschlages, im Wege des Resettlements oder humanitärer Aufnahmen in den Jahren 2018 und 2019 insgesamt 50 000 besonders schutzbedürftige Personen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union aufzunehmen. 24. Wie beurteilt die Bundesregierung die im sogenannten Salvini-Dekret vorgelegten Maßnahmen zur Verschärfung des Asylrechts in Italien (bitte Maßnahmen des Dekrets einzeln bewerten)? Welche Maßnahmen hält die Bundesregierung für überlegenswert, welche nicht (bitte begründen)? Das genannte Dekret ist gegenwärtig Gegenstand der parlamentarischen Beratung und kann noch Änderungen unterliegen, bevor es als Gesetz in Kraft tritt. Zum jetzigen Zeitpunkt ist eine abschließende Beurteilung der möglichen Gesetzesänderungen nicht möglich. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333