Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 5. Dezember 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/6309 19. Wahlperiode 06.12.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Florian Toncar, Christian Dürr, Frank Schäffler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/5921 – Big Data und künstliche Intelligenz im Bankensektor V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat am 15. Juni 2018 die Studie „Big Data trifft auf künstliche Intelligenz – Herausforderungen und Implikationen von Finanzdienstleistungen“ (Studie) (Big Data, Artificial Intelligence = BDAI) veröffentlicht. Die Studie behandelt die technologischen Entwicklungen Big Data Analytics und künstliche Intelligenz, entwickelt Szenarien zum möglichen Einfluss auf den Finanzmarkt und seine Akteure sowie mögliche Implikationen für die Finanzaufsicht. Die Studie der BaFin schließt an folgende weitere Studien bzw. Berichte zum Thema BDAI an: Joint Committee of the European Supervisory Authorities, „Final Report on Big Data“ (März 2018) Financial Stability Board, „Artificial intelligence and machine learning in financial services. Market developments and financial stability implications“ (November 2017) Basel Committee on Banking Supervision, „Sound Pratices: Implications of fintech developments for banks and bank supervisors“ (August 2017) European Banking Authority, „Discussion Paper on the EBA’s approach to financial technology“ (August 2017) Financial Stability Board, „Financial Stability Implications from FinTech. Supervisory and Regulatory Issues Merit Authorities’ Attention“ (Juni 2017) Allen Studien ist im Wesentlichen gemein, dass sie Vorteile und Risiken des Gebrauchs von BDAI beschreiben. Nach Ansicht der Fragesteller bietet BDAI die disruptive Möglichkeit, begrüßenswerte Effizienzsteigerungen in der Finanzbranche zu erreichen (u. a. auf den Gebieten der Geldwäsche, Betrugserkennung , Portfoliomanagement und der Kapitaloptimierung). Diese Potentiale sollen und müssen gehoben werden. Die Akzeptanz von BDAI ist zugleich umso höher, wenn durch deren Einsatz weder die Finanzstabilität gefährdet noch der Verbraucherschutz unterlaufen wird. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6309 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Dem Vernehmen nach steht die BaFin aktuell in intensivem Kontakt mit Banken , Kreditinstituten und FinTechs (Start-up-Unternehmen, die neue Lösungen im Finanzbereich anbieten), um die Einführung von BDAI zu begleiten. 1. Wie hat sich die Anzahl der Bediensteten in der BaFin seit 2000 entwickelt, die sich mit dem Einsatz von BDAI insbesondere bei Banken bzw. Kreditinstituten und FinTechs befassen (bitte Jahresangaben machen)? Wie viel Prozent macht dieser Anteil im Verhältnis zur Gesamtzahl aller Bediensteten aus? Die BaFin hat im Jahr 2017 ein eigenes Referat mit dem Fokus auf strategische Fragen zu finanztechnologischen Innovationen gegründet. Hiervon entfällt eine Stelle, gerechnet in Vollzeitäquivalenten, auf die Behandlung von innovativen Entwicklungen im Bereich BDAI. Die Befassung mit BDAI-Implikationen erfolgt zudem auch im Rahmen der laufenden Aufsicht über Institute und Versicherungsunternehmen oder im Kontext von Anfragen, Abfragen, Projekten etc. im Zusammenhang mit BDAI. Eine genaue Anzahl bzw. ein entsprechender Prozentsatz im Verhältnis zur Gesamtzahl aller Bediensteten kann demzufolge nicht angegeben werden. 2. Wie hat sich die Anzahl der Bediensteten bei den Banken bzw. Kreditinstituten seit 2000 nach Kenntnis oder Einschätzung der Bundesregierung bzw. der BaFin entwickelt, die sich mit BDAI befassen (bitte Jahresangaben machen )? Wie viel Prozent macht dieser Anteil im Verhältnis zur Gesamtzahl aller Bediensteten aus? 3. Wie hat sich die Anzahl der Bediensteten bei den sog. FinTechs seit 2000 nach Kenntnis oder Einschätzung der Bundesregierung bzw. der BaFin entwickelt , die sich mit BDAI befassen (bitte Jahresangaben machen)? Wie viel Prozent macht dieser Anteil im Verhältnis zur Gesamtzahl aller Bediensteten aus? Die Fragen 2 und 3 werden zusammen beantwortet. Der Bundesregierung und der BaFin liegen keine Erkenntnisse zu den erfragten Anzahlen vor. 4. Wie hat sich die Anzahl der Banken bzw. Kreditinstitute seit 2000 entwickelt ? Die Anzahl der Kreditinstitute entwickelte sich von 2000 bis 2018 wie folgt: 5. Wie viele Banken bzw. Kreditinstitute setzen nach Kenntnis oder Einschätzung der BaFin BDAI ein? Dazu liegen der BaFin keine flächendeckenden Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/6309 6. Wie viele Banken bzw. Kreditinstitute verfügen nach Kenntnis oder Einschätzung der BaFin über Geschäftsmodelle, die eine sog. Monetarisierung von Daten betreiben? Wie hoch ist das Volumen der Umsätze bzw. Erträge aus den eben genannten Geschäftsmodellen insgesamt? Im europäischen und asiatisch-pazifischen Raum gibt es nach Kenntnis der BaFin erste Anwendungsfälle einer solchen Monetarisierung von Kundendaten. Für den deutschen Markt liegen der BaFin keine belastbaren Erkenntnisse dazu vor. 7. Wie viele Banken bzw. Kreditinstitute erheben seit 2010 nach Kenntnis oder Einschätzung der BaFin Gebühren auf Überweisungen? Wie viel Prozent macht dieser Anteil im Verhältnis zur Gesamtzahl aller Banken bzw. Kreditinstitute aus? Entgelte für Überweisungen werden vertraglich vereinbart. Sie unterliegen nicht dem bankenaufsichtlichen Meldewesen. Der BaFin liegen deswegen hierzu keine Angaben vor. 8. Wie sehen Geschäftsmodelle der Banken bzw. Kreditinstitute nach Kenntnis oder Einschätzung der BaFin aus, bei denen die Verwendung der Daten zum Angebot von Produkten genutzt wird, die über traditionelle Versicherungsprodukte hinausgehen? Banken bzw. Kreditinstitute betreiben kein originäres Versicherungsgeschäft, sondern vermitteln in Einzelfällen nur Versicherungsprodukte. 9. Wie sehen Geschäftsmodelle der Banken bzw. Kreditinstitute nach Kenntnis oder Einschätzung der BaFin aus, bei denen hinreichend anonymisierte Datensätze an andere Banken bzw. Kreditinstitute oder andere Unternehmen verkauft werden? Welche Daten oder welche Auswertungen von Daten werden üblicherweise verkauft? Das in der BDAI-Studie der BaFin beschriebene Geschäftsmodell stammt von einem Institut in einem europäischen Mitgliedstaat. Dieses Institut bietet Einzelhändlern die Möglichkeit, gezielt Kunden der Bank – etwa mit rabattierten Produktangeboten – anzusprechen, deren Profile sie zuvor definiert haben. Derartige Profile können etwa auf einer räumlichen Zuordnung, auf Zahlungstransaktionen mit bestimmten Adressen in der Vergangenheit oder auf einer bestimmten freien Liquidität basieren (siehe Seite 91 ff. der Studie). Ob und wann Datensätze hinreichend anonymisiert sind, liegt nicht im Zuständigkeitsbereich der BaFin. Eine systematische Verletzung von Datenschutzvorschriften könnte nach den Umständen des Einzelfalles auch bankaufsichtsrechtlich relevant sein. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. Der BaFin liegen hierfür bislang keine Anhaltspunkte vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6309 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 10. Wie hat sich die Anzahl der sog. FinTechs seit 2000 entwickelt? Eine eindeutige Definition des Begriffs „FinTechs“ existiert weder national noch international. Je nach Definition des „FinTech“-Begriffs variieren die Zahlen zu der Entwicklung von FinTechs stark und sind nicht vergleichbar. Aus der Bezeichnung „FinTech“ lässt sich zudem nicht schließen, ob ein Unternehmen der Aufsicht der BaFin unterliegt oder nicht. Vor diesem Hintergrund liegen der Bundesregierung aktuell keine anderen als die öffentlich zugänglichen Zahlen vor. 11. Wie viele FinTechs setzen nach Kenntnis oder Einschätzung der Bundesregierung bzw. der BaFin BDAI ein? Dazu liegen der BaFin keine flächendeckenden Erkenntnisse vor. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 10 hingewiesen. 12. Wie viele FinTechs verfügen nach Kenntnis oder Einschätzung der BaFin über Geschäftsmodelle, die eine sog. Monetarisierung von Daten betreiben? Wie hoch ist das Volumen der Umsätze bzw. Erträge aus den eben genannten Geschäftsmodellen insgesamt? Dazu liegen der BaFin keine flächendeckenden Erkenntnisse vor. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 10 hingewiesen. 13. Wie viele FinTechs erheben seit 2010 nach Kenntnis oder Einschätzung der BaFin Gebühren auf Überweisungen? Wie viel Prozent macht dieser Anteil im Verhältnis zur Gesamtzahl aller Fin- Techs aus? Entgelte für Überweisungen werden vertraglich vereinbart. Sie unterliegen nicht dem aufsichtlichen Meldewesen. Der BaFin liegen deswegen hierzu keine Angaben vor. 14. Wie sehen Geschäftsmodelle der FinTechs nach Kenntnis oder Einschätzung der BaFin aus, bei denen die Verwendung der Daten zum Angebot von Produkten genutzt wird, die über traditionelle Versicherungsprodukte hinausgehen ? Soweit es sich bei den FinTechs um beaufsichtigte Institute handelt, wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen: Banken bzw. Kreditinstitute betreiben kein originäres Versicherungsgeschäft, sondern vermitteln in Einzelfällen nur Versicherungsprodukte . Im Übrigen liegen der BaFin keine flächendeckenden Erkenntnisse vor. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 10 hingewiesen. 15. Wie sehen Geschäftsmodelle der FinTechs nach Kenntnis oder Einschätzung der BaFin aus, bei denen hinreichend anonymisierte Datensätze an andere Unternehmen verkauft werden? Welche Daten oder welche Auswertungen von Daten werden üblicherweise verkauft? Für den deutschen Markt liegen der BaFin keine Erkenntnisse dazu vor. Dies war auch nicht Gegenstand der BDAI-Studie der BaFin. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/6309 16. Anhand welcher Parameter möchte die BaFin bestimmen, ob, und wenn ja, in welchem Umfang, durch den Einsatz von BDAI im Bankensektor (inkl. entsprechender FinTechs) die Gefahr für die Finanzstabilität entstehen könnte? 17. Bis wann wird die BaFin voraussichtlich eine Antwort auf die in der Studie aufgeworfene Frage erarbeitet haben, ob, und wenn ja, wie, der bankfachlich geprägte Begriff der Systemrelevanz weiterentwickelt werden muss, um auch neuen Geschäftsmodellen und Marktstrukturen gerecht zu werden (Studie , S. 172)? Die Fragen 16 und 17 werden zusammen beantwortet. Die BaFin führt zu ihrer BDAI-Studie eine Konsultation durch. Die Rückmeldungen werden derzeit ausgewertet. Die Ergebnisse der Konsultation werden im ersten Quartal 2019 veröffentlicht. Soweit sich aus der Auswertung der Rückmeldungen Handlungsbedarf ergibt, der in die Zuständigkeit der BaFin fällt, wird dieser anschließend adressiert werden. Da es sich bei BDAI um eine sich dynamisch weiterentwickelnde Technologie handelt, ist eine langfristige Beobachtung auch zur Systemrelevanz ohne festes Enddatum geboten. Parameter zur Bestimmung von Gefahren für die Finanzstabilität durch den Einsatz von BDAI sind derzeit nicht vorgesehen. 18. Gibt es derzeit Zwischenergebnisse zu einer etwaigen Weiterentwicklung des Begriffs der Systemrelevanz im Hinblick auf Bankensektor (einschließlich FinTechs)? Zwischenergebnisse über die in der BDAI-Studie angestellten Überlegungen hinaus liegen derzeit nicht vor. 19. Lässt sich das durch BDAI ermöglichte bzw. mögliche Innovationspotential im Bankensektor (inkl. entsprechender FinTechs) aus Sicht bzw. nach Einschätzung der Bundesregierung bzw. der BaFin (ggf. näherungsweise) quantifizieren ? Es gibt Studien, die versuchen, das Innovationspotenzial von BDAI für den Finanzmarkt zu messen. Die BaFin hat hierzu keine Untersuchungen durchgeführt und kann die Ergebnisse dieser Studien daher nicht verifizieren. 20. In welchen Bereichen erwartet die Bundesregierung bzw. die BaFin den schnellsten Fortschritt durch den Einsatz von BDAI im Bankensektor (inkl. entsprechender FinTechs)? Potentiale für Effizienzgewinne sind in solchen Bereichen besonders hoch, in denen eine hohe Zahl hinreichend ähnlicher Vorgänge zu beobachten ist. Diese Struktur findet sich üblicherweise im Privatkundensegment und bei kleinen und mittleren Firmenkunden mit vergleichsweise standardisierten Produkten. Signifikante Potentiale könnten sich vor allem in den Abwicklungsprozessen verschiedener Produkte und Kundensegmente im Middle- und Backoffice ergeben, da diese Prozesse bei hohen Stückzahlen vergleichsweise homogen sind. Hier entstehen Potentiale insbesondere dann, wenn durch den Einsatz von BDAI-Anwendungen Prozesse automatisiert werden können. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6309 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 21. Welche Verbesserungspotentiale bestehen aus Sicht der Bundesregierung, um die Schnelligkeit von Prozessen und Entscheidungen bzw. eine reibungslose (re) Interaktion zwischen Dienstleistern und Kunden im Bankensektor (inkl. entsprechender FinTechs) zu verbessern? Auf die Antwort zu Frage 20 wird verwiesen. a) Welche Maßnahmen sollten aus Sicht der Bundesregierung bzw. der BaFin prioritär in Angriff genommen werden? Die Entscheidung über den Einsatz neuer Technologien obliegt den Instituten. b) Wie beurteilt die Bundesregierung bzw. die BaFin den Hinweis aus der Finanzbranche, das Schriftformerfordernis in §§ 491, 492 Absatz 1 i. V. m. § 126 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) könne den Bedürfnissen des Vertragsabschlusses im elektronischen Geschäftsverkehr entgegenstehen? Der Bundesregierung sind die Forderungen der Finanzbranche im Hinblick auf das Schriftformerfordernis bekannt. Aus Sicht der Bundesregierung ist am Schriftformerfordernis festzuhalten. Die Gründe für die Beibehaltung der Schriftform im Verbraucherdarlehensrecht liegen vor allem darin, dass die Schriftform eine wichtige Warnfunktion erfüllt und Verbraucher vor Übereilung schützt. Darlehen werden oft über nicht unerhebliche Summen abgeschlossen und führen meist zu wirtschaftlich langfristigen Bindungen. In ihrer finanziellen und zeitlichen Dimension unterscheiden sich die Verpflichtungen aus einem Darlehensvertrag daher deutlich von anderen – gerade auch online abgeschlossenen – Verträgen . Zudem ist mit der Schriftform eine bessere Beweisfunktion verbunden. Außerdem bestehen schon heute Erleichterungen für die Automatisierung: Der Schriftform ist genüge getan, wenn Antrag und Annahme durch die Vertragsparteien jeweils getrennt schriftlich erklärt werden. Die Erklärung des Darlehensgebers bedarf nach § 492 Absatz 1 Satz 3 BGB keiner eigenhändigen Namensunterschrift , wenn sie mit Hilfe einer automatischen Einrichtung erstellt wird. Weiter besteht für Dispositionskredite gemäß § 504 Absatz 2 Satz 2 BGB eine Ausnahme . Der Deutsche Bundestag hatte sich im Zusammenhang mit den Verhandlungen zur Verbraucherkreditrichtlinie ausdrücklich für eine Beibehaltung des Schriftformerfordernisses ausgesprochen (Bundestagsdrucksache 15/1288, S. 5). c) Wie beurteilt die Bundesregierung bzw. die BaFin den Hinweis aus der Finanzbranche, die Ersetzung des Schriftformerfordernisses durch die qualifizierte elektronische Signatur (§ 126a BGB) habe bei den Kunden bisher kaum Akzeptanz gefunden (Stellungnahme des bdb – Bundesverband deutscher Banken – vom 30. September 2016 zum Grünbuch des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zu „Digitalen Plattformen “? Teilt die Bundesregierung diesen Befund? Weder der Bundesregierung noch der BaFin liegen Daten und Statistiken über die Anzahl der mithilfe der qualifizierten elektronischen Signatur abgeschlossenen Verträge im Finanzbereich vor. Solcherlei Zahlen ergeben sich im Übrigen auch nicht aus der in der Anfrage zitierten Stellungnahme des BdB vom 30. September 2016. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/6309 d) Wie viele Kreditverträge nach § 491 BGB wurden nach Kenntnis oder Einschätzung der Bundesregierung seit 2016 durch die Nutzung der elektronischen Signatur abgeschlossen (bitte Jahreswerte angeben)? Wie viele Kreditververträge nach § 491 BGB wurden seit 2016 generell abgeschlossen (bitte Jahreswerte angeben)? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Daten vor. Im Übrigen wird auf die Antwort zu 21c verwiesen. 22. Wie kann nach Einschätzung der Bundesregierung bzw. der BaFin die Anwendung von BDAI im Bankensektor (inkl. entsprechender FinTechs) am besten in Einklang mit dem regelbasierten Ansatz in der Finanzregulierung gebracht werden? Die Aufsicht im Bankensektor folgt grundsätzlich einem prinzipienbasierten Ansatz . Wichtige zu verfolgende Grundsätze sind Technologieneutralität, soweit die Hauptziele der Finanzaufsicht nicht gefährdet sind und der Leitsatz „same business , same risks, same rules“ beibehalten wird. Wesentlich für die regulatorische Klassifizierung eines Unternehmens sowie die Intensität der Aufsicht ist gemäß dem Proportionalitätsprinzip, welche Produkte und Dienstleistungen von dem Unternehmen angeboten werden und welche Risiken damit einhergehen. 23. Welche Maßnahmen stehen der Bundesregierung bzw. der BaFin zur Verfügung , um ein sog. Over-Fitting (Überanpassung) im Bankensektor (inkl. entsprechender FinTechs) zu erkennen (Studie, S. 30)? Welche (Vorkehrungs-)Maßnahmen hat die BaFin bereits erlassen bzw. kämen aus Sicht der BaFin grundsätzlich in Betracht? Over-Fitting kann bei jeder Form statistischer Modellierung auftreten. Es gibt statistische Verfahren, um Over-Fitting festzustellen bzw. zu vermeiden. Ein wichtiges Grundprinzip zur Vermeidung von Over-Fitting ist, dass Modelle immer auf neuen Daten getestet werden sollten. Das Rundschreiben 10/2017 „Bankaufsichtliche Anforderungen an die IT (BAIT)“ legt unter Abschnitt 6 auch Anforderungen bezüglich IT-Projekten und Anwendungsentwicklungen fest (vgl. Tz. 31 bis 44 BAIT). 24. Bei wie vielen Banken bzw. Kreditinstituten und FinTechs ist bislang ein sog. Over-Fitting festgestellt worden? Der BaFin liegen hierzu keine Angaben vor. 25. Welche Maßnahmen stehen der Bundesregierung bzw. der BaFin zur Verfügung , um sog. Black Boxes beim BDAI bei Banken bzw. Kreditinstituten und FinTechs zu erkennen? Welche (Vorkehrungs-)Maßnahmen hat die BaFin bereits erlassen bzw. kämen aus Sicht der BaFin grundsätzlich in Betracht? Der Begriff „Black Box“ ist im Rahmen von (BDAI)-Modellen nicht hinreichend definiert. Im Sinne des BDAI-Berichts ist mit einer Black Box ein Modell gemeint , in dem selbst die wichtigsten Einflussfaktoren bei Einzelentscheidungen nicht mehr nachvollziehbar sind. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6309 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Dieser Definition folgend lassen sich Black Boxes mit den allgemeinen regulatorischen Anforderungen an eine wirksame und ordnungsgemäße Geschäftsorganisation sowie der Letztverantwortung der Geschäftsleitung nicht vereinbaren. Entsprechend würde das Vorhalten von Black Boxes einen Missstand darstellen, gegen den mit Instrumenten der Missstandsaufsicht vorzugehen wäre. 26. Bei wie vielen Banken bzw. Kreditinstituten sind bislang sog. Black Boxes festgestellt worden (Studie, S. 37)? Ein solches Modellmerkmal konnte bisher nicht festgestellt werden. 27. Bei wie vielen FinTechs sind bislang sog. Black Boxes festgestellt worden (Studie, S. 37)? Auf die Antworten zu den Fragen 10 und 26 wird verwiesen. 28. Wie viele Banken bzw. Kreditinstitute wenden nach Kenntnis oder Einschätzung der Bundesregierung bzw. der BaFin das sog. Privacy-preserving Data Mining an (Studie, S. 38)? Hierzu liegen der BaFin keine Angaben vor. 29. Wie viele FinTechs wenden nach Kenntnis oder Einschätzung der Bundesregierung bzw. der BaFin das sog. Privacy-preserving Data Mining an (Studie , S. 38)? Auf die Antworten zu den Fragen 10 und 28 wird verwiesen. 30. Wie kann aus Sicht der Bundesregierung das Bedürfnis nach technischer Weiterentwicklung auch durch BDAI im Bankensektor (inkl. entsprechender FinTechs) und der Schutz der Privatsphäre des Einzelnen künftig in einen bestmöglichen und vor allem für alle Seiten rechtssicheren Ausgleich gebracht werden? Welche datenschutzrechtlichen Regelungen sind bei der Anwendung von BDAI im Bankensektor (inkl. entsprechender FinTechs) regelmäßig zu beachten ? Auch im Bankensektor findet die Datenschutz-Grundverordnung Anwendung. Sie enthält eine Reihe neuer Instrumente, die dem Bedürfnis nach technischer Weiterentwicklung und dem Schutz der Privatsphäre jedes Einzelnen Rechnung trägt. 31. Welche Behörden wachen mit welchem Auftrag über die Einhaltung des Datenschutzes bei der Anwendung von BDAI im Bankensektor (inkl. entsprechender FinTechs)? Auch im Bankensektor wachen die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder aufgrund der maßgeblichen datenschutzrechtlichen Bestimmungen über die Einhaltung des Datenschutzes. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/6309 32. Beabsichtigt die BaFin, für den Einsatz von BDAI im Bankensektor ein Rundschreiben zu erlassen? Wenn ja, wann soll dieses Rundschreiben voraussichtlich erscheinen? Die BaFin plant derzeit kein Rundschreiben hierzu. 33. Wie lässt der Stand der Beratungen auf europäischer und internationaler Ebene über den Einsatz von BDAI im Bankensektor zusammenfassen? Das Joint Committee der europäischen Aufsichtsbehörden plant die Etablierung einer cross-sektoralen Subgroup on Artificial Intelligence, die ein Mapping der Artificial Intelligence-Technologien (inklusive Machine Learning) im Finanzsektor durchführen, spezifische Verbraucherschutzaspekte identifizieren, Vor- und Nachteile algorithmusbasierter Artifical Intelligence aufzeigen, bereits bestehende nationale Ansätze analysieren und Schlussfolgerungen für eine eventuelle europäische Regulierung ziehen soll. International berät IOSCO über einen erstmaligen Regulierungsansatz zu Artificial Intelligence und Machine Learning. Im Rahmen der Arbeiten wurde mit einer Umfrage mit Finanzinstituten (zumeist Banken) aus 20 Ländern als Adressaten begonnen. Ergebnisse dieser Umfrage zeigen, dass Artificial Intelligence und Machine Learning für Auftragsbearbeitung, Beratung, Produkteingruppierung und Pricing, Know-Your-Customer, Geldwäschebekämpfung, dem Nachgehen suspekten Finanzgebarens, Überwachung der Mitarbeiterkommunikation und Cyber -Security genutzt werden. Eine entsprechende Guidance ist für 2019 vorgesehen . Das Financial Stability Board (FSB) sieht neben den positiven Effekten für die Finanzwirtschaft, wie z. B. Informationsverarbeitung, Kredit- und Versicherungssachbearbeitung , Entscheidungshilfen sowie Verbesserung der Kundenkommunikation , auch neue Abhängigkeiten zwischen Finanzmärkten und ihren Akteuren untereinander bzw. gegenüber Dritten außerhalb der Finanzmärkte. Unter diesen Dritten könnten sich systemisch relevante Anbieter herausbilden. Vor diesem Hintergrund stellen auch das Machine Learning sowie Datenschutz, Conduct Risk und Cyber-Security weitere Herausforderungen dar. 34. Wie bewertet es die Bundesregierung, dass nach der Studie durch den Einsatz von BDAI im Bankensektor (inkl. entsprechender FinTechs) eine Zunahme der Macht- und Informationsasymmetrie zwischen Verbrauchern und Unternehmen zu erwarten sein könne (Studie, S. 42)? Werden hierzu Vorkehrungen bei der BaFin getroffen, und wenn ja, welche? In der Studie wird darauf hingewiesen, dass eine Zunahme der Macht- und Informationsasymmetrien eine denkbare Entwicklung darstellt. Eine mögliche Gegenmaßnahme stellt beispielsweise die gezielte Aufklärung von Verbrauchern – bspw. durch Veröffentlichung von Verbraucherwarnungen – dar. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6309 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 35. Wie bewertet die Bundesregierung, dass nach der Studie durch den Einsatz von BDAI im Bankensektor (inkl. entsprechender FinTechs) ein verstärktes Abschöpfen der Konsumentenrente zu beobachten sein könnte (Studie, S. 43)? Werden hierzu Vorkehrungen bei der BaFin getroffen, und wenn ja, welche? Als Konsumentenrente versteht man die Differenz zwischen dem Preis, den ein Verbraucher für ein Produkt oder eine Dienstleistung maximal zu zahlen bereit ist, und dem Preis, den er tatsächlich am Markt zahlen muss. Durch eine kostengünstige (Massen-)Individualisierung ist es Anbietern von (digitalen) Produkten und Dienstleistungen über BDAI gegebenenfalls möglich, von jedem Kunden individuell den Preis zu verlangen, den er maximal zu zahlen bereit ist. So können Anbieter die Konsumentenrente abschöpfen. Dies setzt jedoch die Kenntnis der Zahlungsbereitschaft der Kunden voraus. Über den Einsatz von BDAI könnte das notwendige Wissen zumindest hypothetisch generiert und genutzt werden. Kunden könnten die für sie (unsichtbare) Preisanpassung aufgrund der (Massen-)Individualisierung der Produkte und Dienstleistungen dabei jedoch nur schwer ausmachen . Diesen Prozess gilt es zu beobachten. 36. Welches Konzept zur sog. Datensouveränität der Nutzer bzw. Verbraucher verfolgt die Bundesregierung, auch über den Einsatz von BDAI im Bankensektor (inkl. entsprechender FinTechs) hinaus? Die Bundesregierung versteht Datensouveränität als politisches Leitbild, nach dem die Nutzer bzw. Verbraucher ihre digitale Identität und die sie betreffenden Informationen und Datenverarbeitungen steuern und kontrollieren können und sie vor Lenkung bzw. Fremdbestimmung und der Schaffung von Abhängigkeiten geschützt werden, gleichzeitig sollen sie dabei Nutzen aus neuen technologischen Möglichkeiten ziehen können. Die Datenschutz-Grundverordnung enthält eine Reihe neuer Instrumente, die in diese Richtung wirken. Darüber hinaus befasst sich die Datenethikkommission der Bundesregierung mit Fragen der Datensouveränität und wird hierzu im Herbst 2019 Ergebnisse vorlegen . 37. Aus welchem Grund weist die Kabinettzeitplanung vom 26. Oktober 2018 für die Beratung der „Strategie Künstliche Intelligenz“ (O-TOP) am 15. November 2018 ausschließlich eine Federführung der Ressorts Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Bundesministerium für Bildung und Forschung und Bundesministerium für Arbeit und Soziales aus? Spielt die Entwicklung und Anwendung von BDAI im (gesamten Finanzsektor ) aus Sicht der Bundesregierung eine nur untergeordnete Rolle? Die Strategie Künstliche Intelligenz wurde unter Federführung der drei Ressorts erarbeitet und verfolgt einen horizontalen Ansatz. Die federführenden Ressorts betrachten das Thema Künstliche Intelligenz aus ihrer Zuständigkeit heraus sektorenübergreifend . Eine Ableitung, welche Sektoren besonders relevant sind, folgt daraus nicht. Im Übrigen wurden sämtliche Ressorts bei der Erarbeitung der Strategie beteiligt. Das Thema KI in der Finanzindustrie findet ebenfalls Erwähnung in der Strategie Künstliche Intelligenz. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/6309 38. Könnte aus Sicht oder Einschätzung der Bundesregierung BDAI zu Effizienzgewinnen bei der Erkennung von Geldwäsche führen (Studie, S. 88)? Wenn ja, inwieweit ist es für die Lerneffekte von überwachten Lernsystemen hinderlich, wenn die Financial Intelligence Unit keine bzw. gar keine Rückmeldungen an die Finanzinstitute übermittelt, welche gemeldeten Geldwäschefälle von besonderer Relevanz waren? Ein Effizienzgewinn bei den Verpflichteten und eine höhere Aufklärungsquote durch den Einsatz von BDAI sind grundsätzlich denkbar, aber stets abhängig vom Einzelfall. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Güte einer auf Algorithmen basierenden, selbstlernenden Entscheidungsfindung maßgeblich von der Qualität und Quantität der den Verpflichteten zur Verfügung stehenden und genutzten Datenmenge abhängt. Letzteres setzt voraus, dass die Verpflichteten im Rahmen der bestehenden rechtlichen Vorschriften, insbesondere der einschlägigen Datenschutzregelungen , in angemessenem Umfang Daten sammeln, speichern und zum Zwecke des Monitorings einsetzen sowie geeignete, prüffähige Algorithmen nutzen . In diesem Zusammenhang erscheint es wesentlich, dass sich Systeme nicht lediglich auf die Vermeidung letztlich unzutreffender Warnmeldungen konzentrieren. Vielmehr müssen auch von den bestehenden Systemen nicht erkannte Risiken („false negatives“) identifiziert und an die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) gemeldet werden. Gemäß §§ 28 Absatz 1 Nummer 7, 41 Absatz 2 GwG hat die FIU dem Verpflichteten zur Optimierung seines Risikomanagements in angemessener Zeit Rückmeldung zur Relevanz seiner nach § 43 Absatz 1 GwG übermittelten Meldung zu erteilen. Einzelfallbezogene Rückmeldungen sieht das Gesetz nicht vor. Dennoch enthält ein von der FIU erarbeitetes und in Konsultation befindliches Rückmeldekonzept den Vorschlag, dass Verpflichtete in individuellen, regelmäßigen Berichten auch Rückmeldungen zu signifikanten Einzelvorgängen erhalten. Darüber hinaus pilotiert die FIU insbesondere in Bezug auf die automatisierte Auswertbarkeit alternative Rückmeldeansätze zur kontinuierlichen Optimierung des Konzeptes . 39. Steht die BaFin im Nachgang zur der im Juni 2018 vorgelegten Studie weiter im Austausch mit Banken bzw. Kreditinstituten und FinTechs, um den Einsatz von BDAI im Bankensektor zu begleiten? a) Wenn ja, auf welche Weise begleitet die BaFin die eben genannten Finanzinstitute ? b) Was ist üblicherweise Inhalt dieses Austauschs bzw. dieser Gespräche? c) Hat die BaFin im Nachgang zur der Studie bei Banken bzw. Kreditinstituten und FinTechs eine Konsultation durchgeführt? Wenn ja, welche Fragen wurden an die genannten Institute gestellt? Zu welchen (Zwischen-)Ergebnissen ist die BaFin bislang gelangt? Wann wird die BaFin voraussichtlich die Ergebnisse dieser Konsultation vorstellen? Die BaFin steht in direktem Kontakt zu den von ihr beaufsichtigten Instituten. Dies gilt auch bei etwaigen Fragen zum Einsatz von BDAI und darauf basierender Weiterentwicklungen von Geschäftstätigkeiten. Weiterhin können über das Kontaktformular Unternehmensgründer und FinTechs auch noch unbeaufsichtigte Unternehmen Fragen zur etwaigen Erlaubnispflicht neuer Geschäftsmodelle an die BaFin stellen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6309 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 40. Muss vor einem Einsatz von BDAI durch die Banken bzw. Kreditinstitute und FinTechs zuvor die BaFin kontaktiert werden? Wenn ja, wie sieht dieser Austausch bzw. dieses Verfahren im Detail aus? Eine solche Kontaktpflicht besteht grundsätzlich nicht. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333