Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 5. Dezember 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/6310 19. Wahlperiode 06.12.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Florian Toncar, Christian Dürr, Frank Schäffler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/5943 – Big Data und künstliche Intelligenz im Versicherungssektor V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat am 15. Juni 2018 die Studie „Big Data trifft auf künstliche Intelligenz – Herausforderungen und Implikationen von Finanzdienstleistungen“ (Studie) (Big Data, Artificial Intelligence = BDAI) veröffentlicht. Die Studie behandelt die technologischen Entwicklungen Big Data Analytics und künstliche Intelligenz, entwickelt Szenarien zum möglichen Einfluss auf den Finanzmarkt und seine Akteure sowie mögliche Implikationen für die Finanzaufsicht. Die Studie der BaFin schließt an folgende weitere Studien bzw. Berichte zum Thema BDAI an: Joint Committee of the European Supervisory Authorities, „Final Report on Big Data“ (März 2018) Financial Stability Board, „Artificial intelligence and machine learning in financial services. Market developments and financial stability implications“ (November 2017) Basel Committee on Banking Supervision, „Sound Pratices: Implications of fintech developments for banks and bank supervisors“ (August 2017) European Banking Authority, „Discussion Paper on the EBA’s approach to financial technology“ (August 2017) Financial Stability Board, „Financial Stability Implications from FinTech. Supervisory and Regulatory Issues Merit Authorities’ Attention“ (Juni 2017) Allen Studien ist im Wesentlichen gemein, dass sie Vorteile und Risiken des Gebrauchs von BDAI beschreiben. Nach Ansicht der Fragesteller bietet BDAI die disruptive Möglichkeit, begrüßenswerte Effizienzsteigerungen in der Finanzbranche zu erreichen (u. a. auf den Gebieten der Geldwäsche, Betrugserkennung , Portfoliomanagement und der Kapitaloptimierung). Diese Potentiale sollen und müssen gehoben werden. Die Akzeptanz von BDAI ist zugleich umso höher, wenn durch deren Einsatz weder die Finanzstabilität gefährdet noch der Verbraucherschutz unterlaufen wird. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6310 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Dem Vernehmen nach steht die BaFin aktuell in intensivem Kontakt mit Versicherern und InsurTechs (Start-Up-Unternehmen, die neue Lösungen im Versicherungsbereich anbieten), um die Einführung von BDAI zu begleiten. 1. Wie hat sich die Anzahl der Bediensteten in der BaFin seit 2000 entwickelt, die sich mit dem Einsatz von BDAI insbesondere bei Versicherern und InsurTechs befassen (bitte Jahresangaben machen)? Wie viel Prozent macht dieser Anteil im Verhältnis zur Gesamtzahl aller Bediensteten aus? Die BaFin hat im Jahr 2017 ein eigenes Referat mit dem Fokus auf strategische Fragen zu finanztechnologischen Innovationen gegründet. Hiervon entfällt eine Stelle, gerechnet in Vollzeitäquivalenten, auf die Behandlung von innovativen Entwicklungen im Bereich BDAI. Die Befassung mit BDAI-Implikationen erfolgt darüber hinaus oftmals mittelbar im Rahmen der laufenden Aufsicht über Institute und Versicherungsunternehmen oder im Kontext von Anfragen, Abfragen , Projekten etc. im Zusammenhang mit BDAI. Eine genaue Anzahl bzw. ein entsprechender Prozentsatz im Verhältnis zur Gesamtzahl aller Bediensteten kann demzufolge nicht angegeben werden. 2. Wie hat sich die Anzahl der Bediensteten bei den Versicherern seit 2000 nach Kenntnis oder Einschätzung der Bundesregierung bzw. der BaFin entwickelt die sich mit BDAI befassen (bitte Jahresangaben machen)? Wie viel Prozent macht dieser Anteil im Verhältnis zur Gesamtzahl aller Bediensteten aus? 3. Wie hat sich die Anzahl der Bediensteten bei den InsurTechs seit 2000 nach Kenntnis oder Einschätzung der Bundesregierung bzw. der BaFin entwickelt die sich mit BDAI befassen (bitte Jahresangaben machen)? Wie viel Prozent macht dieser Anteil im Verhältnis zur Gesamtzahl aller Bediensteten aus? Die Fragen 2 und 3 werden zusammen beantwortet. Der Bundesregierung und der BaFin liegen keine Erkenntnisse zu den erfragten Anzahlen vor. 4. Wie hat sich die Anzahl der Versicherungsunternehmen seit 2000 entwickelt ? Aktuell werden 550 Versicherungsunternehmen von der BaFin beaufsichtigt. Die Anzahl hat sich seit dem Jahr 2000 wie folgt entwickelt: 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 684 678 686 663 653 646 633 627 624 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 614 600 597 591 586 572 565 555 552 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/6310 5. Wie viele Versicherungsunternehmen setzen nach Kenntnis oder Einschätzung der BaFin BDAI ein? Bei 34 Versicherungsunternehmen sind bestimmte Entscheidungsprozesse (insbesondere Underwriting und Schadenbearbeitung) vollautomatisiert. Mindestens vier Versicherungsunternehmen planen derzeit die Umstellung auf vollautomatisierte Entscheidungsprozesse. BDAI-Bestrebungen, die über eine Vollautomatisierung von Entscheidungsprozessen hinausgehen, befinden sich derzeit noch in einem Erprobungs- oder Teststadium . 6. Wie viele Versicherungsunternehmen verfügen nach Kenntnis oder Einschätzung der BaFin über Geschäftsmodelle, die eine sog. Monetarisierung von Daten betreiben? Wie hoch ist das Volumen der Umsätze bzw. Erträge aus den eben genannten Geschäftsmodellen insgesamt? Nach derzeitiger Einschätzung der BaFin existiert auf dem deutschen Versicherungsmarkt kein Versicherungsunternehmen, das Kundendaten bzw. Pakete von Kundendaten monetarisiert. 7. Wie sehen Geschäftsmodelle der Versicherer nach Kenntnis oder Einschätzung der BaFin aus, bei denen die Verwendung der Daten zum Angebot von Produkten genutzt wird, die über traditionelle Versicherungsprodukte hinausgehen ? Die Geschäftsmodelle von Versicherungsunternehmen sind im Wesentlichen unverändert geblieben. Kernaspekt ist das Angebot von Versicherungsschutz. Bezüglich der Verwendung von Verhaltensdaten sind elf Versicherungsunternehmen zu nennen, die Telematik-Tarife in der Kfz-Versicherung anbieten (Stand: Oktober 2018). Vereinzelt gibt es Bestrebungen auf dem deutschen Versicherungsmarkt , das Angebot von Versicherungsprodukten mit bestimmten, oftmals präventiven Serviceleistungen zu verknüpfen, um die Kundenbindung zu erhöhen . Weiterhin wurde die Möglichkeit von Versicherungen on demand (z. B. Reiseversicherung ) auf dem deutschen Versicherungsmarkt ausgebaut bzw. durch Verwendung von Smartphone Applications u. ä. digitalisiert. 8. Wie sehen Geschäftsmodelle der Versicherer nach Kenntnis oder Einschätzung der BaFin aus, bei denen hinreichend anonymisierte Datensätze an andere Versicherungsunternehmen oder andere Unternehmen verkauft werden ? Welche Daten oder welche Auswertungen von Daten werden üblicherweise verkauft? Der BaFin sind solche Datenkäufe und -verkäufe an andere (Versicherungs-)Unternehmen nicht bekannt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6310 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 9. Wie hat sich die Anzahl der sog. InsurTechs seit 2000 entwickelt? 10. Wie viele InsurTechs setzen nach Kenntnis oder Einschätzung der Bundesregierung bzw. der BaFin BDAI ein? 11. Wie viele InsurTechs verfügen nach Kenntnis oder Einschätzung der BaFin über Geschäftsmodelle, die eine sog. Monetarisierung von Daten betreiben? Wie hoch ist das Volumen der Umsätze bzw. Erträge aus den eben genannten Geschäftsmodellen insgesamt? 12. Wie sehen Geschäftsmodelle der InsurTechs nach Kenntnis oder Einschätzung der BaFin aus, bei denen die Verwendung der Daten zum Angebot von Produkten genutzt wird, die über traditionelle Versicherungsprodukte hinausgehen ? 13. Wie sehen Geschäftsmodelle der InsurTechs nach Kenntnis oder Einschätzung der BaFin aus, bei denen hinreichend anonymisierte Datensätze an andere Unternehmen verkauft werden? Welche Daten oder welche Auswertungen von Daten werden üblicherweise verkauft? Die Fragen 9 bis 13 werden zusammen beantwortet. Soweit mit InsurTechs allgemein Unternehmen gemeint sind, die neu in den Versicherungsmarkt eintreten oder sich entlang der Wertschöpfungskette von Versicherungsunternehmen ansiedeln und zumindest das Profil eines digital affinen und agilen Unternehmens bzw. dieses Selbstverständnis haben, so stehen die meisten InsurTechs des deutschen Versicherungsmarkts nicht unter direkter Aufsicht der BaFin, sondern sind im Bereich Versicherungsvermittlung und IT- Dienstleistung aktiv. Zur Verbreitung von BDAI und Monetarisierung von Daten kann daher keine Aussage getroffen werden. Die BaFin hat vier Versicherungsunternehmen, die unter diese Definition fallen, die Erlaubnis zum Betrieb des Versicherungsgeschäfts erteilt (jeweils zwei Fälle in den Jahren 2017 und 2018). Die Versicherungsprodukte dieser InsurTechs unterscheiden sich derzeit nicht von traditionellen Versicherungsprodukten. Gemäß dem Selbstverständnis der InsurTechs setzen diese in höherem Maße moderne Technologien ein, etwa bei der Antrags- sowie der Schadenbearbeitung. Manuelle Tätigkeiten sollen so weit wie möglich minimiert und der Automatisierungsgrad erhöht werden. In der Regel läuft die Kommunikation mit Kunden und Außendienst über E-Mails und Nutzerkonten. Auf der Produktseite eröffnet die Digitalisierung für die Schaden-/Unfallversicherung neue Versicherungsfelder wie die Cyberpolice, und Versicherungsangebote speziell für elektronische Geräte (Handyversicherungen u. a.). Weitere Neuentwicklungen aufgrund der Digitalisierung sind die „situativen Versicherungsprodukte“, bei denen kurzfristige Anpassungen des Versicherungsschutzes angeboten werden. Allerdings sind diese Veränderungen nicht den InsurTechs vorbehalten. Nach derzeitigem Kenntnisstand der BaFin werden von den von ihr zugelassenen InsurTechs keine Kundendaten verkauft. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/6310 14. Anhand welcher Parameter möchte die BaFin bestimmen, ob, und wenn ja, in welchem Umfang durch den Einsatz von BDAI bei Versicherern und/oder InsurTechs die Gefahr für die Finanzstabilität entstehen könnte? 15. Bis wann wird die BaFin voraussichtlich eine Antwort auf die in der Studie aufgeworfene Frage erarbeitet haben, ob, und wenn ja, wie, der versicherungsfachlich geprägte Begriff der Systemrelevanz weiterentwickelt werden muss, um auch neuen Geschäftsmodellen und Marktstrukturen gerecht zu werden (Studie, S. 172)? Die Fragen 14 und 15 werden zusammen beantwortet. Die BaFin führt zu ihrer BDAI-Studie eine Konsultation durch (www.bafin.de/ SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Konsultation/2018/kon_bdai_studie.html?nn= 7845970). Die Rückmeldungen werden derzeit ausgewertet. Die Ergebnisse der Konsultation werden im ersten Quartal 2019 veröffentlicht. Soweit sich aus der Auswertung der Rückmeldung Handlungsbedarf ergibt, der in die Zuständigkeit der BaFin fällt, wird dieser anschließend adressiert werden. Da es sich bei BDAI um eine sich dynamisch weiterentwickelnde Technologie handelt, ist eine langfristige Beobachtung auch zur Systemrelevanz ohne festes Enddatum geboten. Parameter zur Bestimmung von Gefahren für die Finanzstabilität durch den Einsatz von BDAI sind derzeit nicht vorgesehen. 16. Gibt es derzeit nach Kenntnis der Bundesregierung Zwischenergebnisse zu einer etwaigen Weiterentwicklung des Begriffs der Systemrelevanz im Hinblick auf den Versicherungssektor (einschließlich InsurTechs)? Zwischenergebnisse über die in der BDAI-Studie der BaFin angestellten Überlegungen hinaus liegen derzeit nicht vor. 17. Lässt sich das durch BDAI ermöglichte bzw. mögliche Innovationspotential im Versicherungssektor aus Sicht bzw. nach Einschätzung der Bundesregierung bzw. der BaFin (ggf. näherungsweise) quantifizieren? Es gibt Studien, die versuchen, das Innovationspotenzial von BDAI für den Finanzmarkt zu messen. Die BaFin hat hierzu keine Untersuchungen durchgeführt und kann die Ergebnisse dieser Studien daher nicht verifizieren. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6310 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 18. In welchen Bereichen des Versicherungssektors erwartet die Bundesregierung bzw. die BaFin den schnellsten Fortschritt durch den Einsatz von BDAI? 19. Welche Verbesserungspotentiale bestehen aus Sicht der Bundesregierung, um die Schnelligkeit von Prozessen und Entscheidungen bzw. eine reibungslose (re) Interaktion zwischen Dienstleistern und Kunden im Versicherungssektor zu verbessern? a) Welche Maßnahmen sollten aus Sicht der Bundesregierung bzw. der BaFin prioritär in Angriff genommen werden? b) An welchen Stellen besteht im Versicherungssektor noch ein Schriftformerfordernis nach § 126 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)? c) An welchen Stellen besteht im Versicherungssektor die Möglichkeit einer elektronischen Signatur nach § 126a BGB? Wie stark wird von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht? Die Fragen 18 und 19 werden zusammen beantwortet. Im Versicherungssektor erscheinen die Möglichkeiten im Bereich Betrugserkennung und Prozessbeschleunigung (insbesondere Schadenbearbeitung und Underwriting ) besonders aussichtsreich. Die Entscheidung über den Einsatz neuer Technologien obliegt – vorbehaltlich der rechtlichen Zulässigkeit des Einsatzes – den Versicherungsunternehmen. Im Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) ist das Schriftformerfordernis an den nachfolgenden Stellen geregelt: Bestandsübertragungsverträge bedürfen gemäß den §§ 13 Absatz 6, 73 Absatz 3 Satz 1 sowie 166 Absatz 1 Satz 2 VAG der Schriftform. Die Anzeigen gemäß § 17 VAG zum Erwerb bedeutender Beteiligungen haben aufgrund europarechtlicher Vorgaben (Artikel 57 Absatz 1 der Richtlinie 2009/138/EG – Solvabilität II) schriftlich zu erfolgen. Verträge gemäß § 50 Absatz 2 Satz 1 VAG zwischen Versicherungsunternehmen und Vermittlern bedürfen ebenfalls der Schriftform. Im Versicherungsvertragsrecht (Versicherungsvertragsgesetz ) wird die Schriftform an verschiedenen Stellen vorgegeben. Darüber hinaus können sich im Versicherungssektor Formerfordernisse auch aus anderen Gesetzen, wie beispielsweise dem Bürgerlichen Gesetzbuch, dem Aktiengesetz , dem Umwandlungsgesetz und der Verwaltungsgerichtsordnung ergeben . Gemäß § 126 Absatz 3 BGB kann die schriftliche Form durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn gesetzlich nichts Anderes bestimmt ist. Im VAG sind keine Vorschriften enthalten, die die Ersetzung der Schriftform durch die elektronische ausschließen. Über das Ausmaß, in dem die elektronische Signatur genutzt wird, kann die BaFin keine Aussage treffen. 20. Wie kann nach Einschätzung der Bundesregierung bzw. der BaFin die Anwendung von BDAI im Versicherungssektor am besten in Einklang mit dem regelbasierten Ansatz in der Finanzregulierung gebracht werden? Die Aufsicht im Versicherungssektor folgt grundsätzlich einem prinzipienbasierten Ansatz. Wichtige zu verfolgende Grundsätze sind Technologieneutralität, soweit die Hauptziele der Finanzaufsicht nicht gefährdet sind, sowie der Leitsatz „same business , same risks, same rules“. Wesentlich für die regulatorische Klassifizierung Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/6310 eines Unternehmens sowie die Intensität der Aufsicht ist gemäß dem Proportionalitätsprinzip , welche Produkte und Dienstleistungen von dem Unternehmen angeboten werden und welche Risiken damit einhergehen. 21. Welche Maßnahmen stehen der Bundesregierung bzw. der BaFin im Versicherungssektor zur Verfügung, um ein sog. Over-Fitting (Überanpassung) zu erkennen (Studie, S. 30)? Welche (Vorkehrungs-)Maßnahmen hat die BaFin bereits erlassen bzw. kämen aus Sicht der BaFin grundsätzlich in Betracht? Over-Fitting kann bei jeder Form statistischer Modellierung auftreten. Es gibt statistische Verfahren, um Over-Fitting festzustellen bzw. zu vermeiden. Ein wichtiges Grundprinzip zur Vermeidung von Over-Fitting ist, dass Modelle immer auf neuen Daten getestet werden sollten. Das „Rundschreiben 10/2018 – Versicherungsaufsichtliche Anforderungen an die IT (VAIT)“ der BaFin legt unter Abschnitt 6 auch Anforderungen bezüglich IT-Projekten und Anwendungsentwicklungen fest (vgl. Tz. 42 bis 57 VAIT). 22. Bei wie vielen Versicherern und/oder InsurTechs ist bislang ein sog. Over- Fitting festgestellt worden? Der BaFin liegen hierzu keine Angaben vor. 23. Welche Maßnahmen stehen der Bundesregierung bzw. der BaFin zur Verfügung , um sog. Black Boxes beim BDAI bei den Versicherern und InsurTechs zu erkennen? Welche (Vorkehrungs-)Maßnahmen hat die BaFin bereits erlassen bzw. kämen aus Sicht der BaFin grundsätzlich in Betracht? Der Begriff „Black Box“ ist im Rahmen von (BDAI)-Modellen nicht hinreichend definiert. In der BDAI-Studie der BaFin ist mit einer Black Box ein Modell gemeint , in dem selbst die wichtigsten Einflussfaktoren bei Einzelentscheidungen nicht mehr nachvollziehbar sind. Dieser Definition folgend lassen sich Black Boxes mit den allgemeinen regulatorischen Anforderungen an eine wirksame und ordnungsgemäße Geschäftsorganisation sowie der Letztverantwortung der Geschäftsleitung nicht vereinbaren. Entsprechend würde das Vorhalten von Black Boxes einen Missstand darstellen, gegen den mit Instrumenten der Missstandsaufsicht vorzugehen wäre. 24. Bei wie vielen Versicherern sind bislang sog. Black Boxes festgestellt worden (Studie, S. 37)? Ein solches Modellmerkmal konnte bisher nicht festgestellt werden. 25. Bei wie vielen InsurTechs sind bislang sog. Black Boxes festgestellt worden (Studie, S. 37)? Auf die Antworten zu den Fragen 10 und 24 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6310 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 26. Wie viele Versicherer wenden nach Kenntnis oder Einschätzung der Bundesregierung bzw. der BaFin das sog. Privacy-preserving Data Mining an (Studie, S. 38)? Hierzu liegen der BaFin keine Angaben vor. 27. Wie viele InsurTechs wenden nach Kenntnis oder Einschätzung der Bundesregierung bzw. der BaFin das sog. Privacy-preserving Data Mining an (Studie , S. 38)? Auf die Antworten zu den Fragen 10 und 26 wird verwiesen. 28. Wie kann aus Sicht der Bundesregierung das Bedürfnis nach technischer Weiterentwicklung auch durch BDAI im Versicherungssektor und der Schutz der Privatsphäre des Einzelnen künftig in einen bestmöglichen und vor allem für alle Seiten rechtssicheren Ausgleich gebracht werden? Welche datenschutzrechtlichen Regelungen sind aus Sicht der Bundesregierung bei der Anwendung von BDAI im Finanzsektor regelmäßig zu beachten ? Auch im Versicherungssektor findet die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) Anwendung. Sie enthält eine Reihe neuer Instrumente, die dem Bedürfnis nach technischer Weiterentwicklung und dem Schutz der Privatsphäre jedes Einzelnen Rechnung trägt. Neben der DSGVO gelten im Versicherungssektor insbesondere die folgenden Vorgaben: § 18 des Gesetzes über genetische Untersuchungen bei Menschen, § 213 des Versicherungsvertragsgesetzes. 29. Welche Behörden wachen mit welchem Auftrag über die Einhaltung des Datenschutzes bei der Anwendung von BDAI im Versicherungssektor? Auch im Versicherungssektor wachen die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder aufgrund der maßgeblichen datenschutzrechtlichen Bestimmungen über die Einhaltung des Datenschutzes. 30. Beabsichtigt die BaFin, für den Einsatz von BDAI im Versicherungssektor ein Rundschreiben zu erlassen? Wenn ja, wann soll dieses Rundschreiben voraussichtlich erscheinen? Die BaFin plant derzeit kein Rundschreiben hierzu. 31. Wie lässt sich der Stand der Beratungen auf europäischer und internationaler Ebene über den Einsatz von BDAI im Versicherungssektor zusammenfassen ? Die InsurTech Task Force von EIOPA erarbeitet derzeit durch Abfragen bei nationalen Aufsichtsbehörden und Stichproben bei Versicherern in einzelnen Mitgliedsländern einen „Review on the Use of Big Data“. Die internationale Vereinigung der Versicherungsaufsichtsbehörden (IAIS) hat Anfang 2017 einen Bericht zu „FinTech Developments in the Insurance Industry veröffentlicht und arbeitet derzeit an einem „Issues Paper on the Use of Personal and other Information“. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/6310 Das Financial Stability Board (FSB) sieht neben den positiven Effekten für die Finanzwirtschaft, wie z. B. Informationsverarbeitung, Kredit- und Versicherungssachbearbeitung , Entscheidungshilfen sowie Verbesserung der Kundenkommunikation , auch neue Abhängigkeiten zwischen Finanzmärkten und ihren Akteuren untereinander bzw. gegenüber Dritten außerhalb der Finanzmärkte. Unter diesen Dritten könnten sich systemisch relevante Anbieter herausbilden. Vor diesem Hintergrund stellen auch das Machine Learning sowie Datenschutz, Conduct Risk und Cyber Security weitere Herausforderungen dar. 32. Wie bewertet es die Bundesregierung, dass nach der Studie durch den Einsatz von BDAI eine Zunahme der Macht- und Informationsasymmetrie zwischen Verbrauchern und Unternehmen zu erwarten sein könne (Studie, S. 42)? Werden hierzu Vorkehrungen bei der BaFin getroffen, und wenn ja, welche? In der Studie wird darauf hingewiesen, dass eine Zunahme der Macht- und Informationsasymmetrien eine denkbare Entwicklung darstellt. Eine mögliche Gegenmaßnahme stellt beispielsweise die gezielte Aufklärung von Verbrauchern – ggf. durch die Veröffentlichung von Verbraucherwarnungen – dar. 33. Wie bewertet die Bundesregierung, dass nach der Studie durch den Einsatz von BDAI ein verstärktes Abschöpfen der Konsumentenrente zu beobachten sein könnte (Studie, S. 43)? Werden hierzu Vorkehrungen bei der BaFin getroffen, und wenn ja, welche? Als Konsumentenrente versteht man die Differenz zwischen dem Preis, den ein Verbraucher für ein Produkt oder eine Dienstleistung maximal zu zahlen bereit ist, und dem Preis, den er tatsächlich am Markt zahlen muss. Durch eine kostengünstige (Massen-)Individualisierung ist es Anbietern von (digitalen) Produkten und Dienstleistungen über BDAI gegebenenfalls möglich, von jedem Kunden individuell den Preis zu verlangen, den er maximal zu zahlen bereit ist. So können Anbieter die Konsumentenrente abschöpfen. Dies setzt jedoch die Kenntnis der Zahlungsbereitschaft der Kunden voraus. Über den Einsatz von BDAI könnte das notwendige Wissen zumindest hypothetisch generiert und genutzt werden. Kunden könnten die für sie (unsichtbare) Preisanpassung aufgrund der (Massen-)Individualisierung der Produkte und Dienstleistungen dabei jedoch nur schwer ausmachen . 34. Welches Konzept zur sog. Datensouveränität der Nutzer bzw. Verbraucher verfolgt die Bundesregierung, auch über den Einsatz von BDAI im Versicherungssektor hinaus? Die Bundesregierung versteht Datensouveränität als politisches Leitbild, nach dem die Nutzer bzw. Verbraucher ihre digitale Identität und die sie betreffenden Informationen und Datenverarbeitungen steuern und kontrollieren können und sie vor Lenkung bzw. Fremdbestimmung und der Schaffung von Abhängigkeiten geschützt werden, gleichzeitig sollen sie dabei Nutzen aus neuen technologischen Möglichkeiten ziehen können. Die Datenschutz-Grundverordnung enthält eine Reihe neuer Instrumente, die in diese Richtung wirken. Darüber hinaus befasst sich die Datenethikkommission der Bundesregierung mit Fragen der Datensouveränität und wird hierzu im Herbst 2019 Ergebnisse vorlegen . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6310 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 35. Steht die BaFin im Nachgang zur der im Juni 2018 vorgelegten Studie weiter im Austausch mit Versicherern und InsurTechs, um den Einsatz von BDAI zu begleiten? a) Wenn ja, auf welche Weise begleitet die BaFin die eben genannten Finanzinstitute ? b) Was ist üblicherweise Inhalt dieses Austauschs bzw. dieser Gespräche? c) Hat die BaFin im Nachgang zur der Studie bei den Versicherern und InsurTechs eine Konsultation durchgeführt? Wenn ja, welche Fragen wurden an die genannten Institute gestellt? Zu welchen (Zwischen-)Ergebnissen ist die BaFin bislang gelangt? Wann wird die BaFin voraussichtlich die Ergebnisse dieser Konsultation vorstellen? Die BaFin steht in direktem Kontakt zu den von ihr beaufsichtigten Instituten. Dies gilt auch bei etwaigen Fragen zum Einsatz von BDAI und darauf basierender Weiterentwicklungen von Geschäftstätigkeiten. Weiterhin können über das Kontaktformular Unternehmensgründer und InsurTechs Fragen zur etwaigen Erlaubnispflicht neuer Geschäftsmodelle an die BaFin stellen. 36. Muss vor einem Einsatz von BDAI durch die Versicherer und InsurTechs zuvor die BaFin kontaktiert werden? Wenn ja, wie sieht dieser Austausch bzw. dieses Verfahren im Detail aus? Eine Kontaktpflicht besteht grundsätzlich nicht. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333