Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 12. Dezember 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/6513 19. Wahlperiode 14.12.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ralph Lenkert, Sabine Leidig, Dr. Gesine Lötzsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/5982 – Gesundheitliche Probleme durch neue Sitze im ICE 4 V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Deutsche Bahn AG (DB AG) setzt seit Dezember 2017 den ICE 4 im Regelbetrieb ein. Dieser hat neben vielen Veränderungen auch neue Sitze (vgl. https:// inside.bahn.de/pendeln-ice-4/ sowie https://inside.bahn.de/ice-4/). Aufgrund der neuen Sitze gingen zahlreiche Beschwerden bei der Deutschen Bahn AG ein. Vor allem lange Strecken sorgten für Schmerzen bei den Fahrgästen (vgl. www. spiegel.de/reise/deutschland/deutsche-bahn-ice-4-passagiere-beschweren-sichueber -sitze-a-1221522.html). So sind Beschwerden im Rücken-, Nacken-, Schulter - und Halsbereich gemeldet worden (vgl. www.zugreiseblog.de/ice-4-sitze/). Die Deutsche Bahn AG kündigte als Reaktion auf die Kritik an den neuen Sitzen an, sie werde andere Sitzpolstervarianten testen. Außerdem werde an einer verbesserten Ergonomie gearbeitet (vgl. www.finanznachrichten.de/nachrichten- 2018-08/44458265-fahrgaeste-klagen-ueber-unbequeme-ice-sitze-bahn-willnachbessern -003.htm). Die Deutsche Bahn AG erklärte außerdem, sie werde weiterhin Fahrgastbefragungen durchführen (vgl. https://inside.bahn.de/ice4- umfragen/). Der Bund als 100-prozentiger Eigentümer hat eine Verantwortung sowohl für die Kundinnen und Kunden als auch die Deutsche Bahn AG. 1. Wie viele Beschwerden über die neuen Sitze im ICE 4 gingen nach Kenntnis der Bundesregierung bei der Deutschen Bahn AG insgesamt ein? Im Zeitraum von Januar 2017 bis Oktober 2018 hat die DB Fernverkehr AG 280 Beschwerden in den Kategorien Bequemlichkeit der Sitze und Platzgestaltung im ICE 4 im Kundenverwaltungssystem (CRM) erfasst. 2. Werden nach Kenntnis der Bundesregierung in der ersten Klasse der ICE-4- Züge andere Sitze eingesetzt als in der zweiten Klasse? Die Sitze im ICE 4 basieren in beiden Wagenklassen auf einer gemeinsamen Konstruktion und Formgebung. Neben der Verwendung eines Echtlederbezugs in der 1. Klasse im Unterschied zu einem Velourstoffbezug in der 2. Klasse gibt es weitere Unterschiede, die den Kunden in der 1. Klasse mehr Komfort bieten, z. B. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6513 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode größere Beinfreiheit, drei Sitze pro Reihe anstelle von vier Sitzen, breitere Armlehnen und mehr Platz am Sitz zwischen den Armlehnen. Im ICE 4 bieten die Sitze in der 1. Klasse zusätzlich tiefenverstellbare Sitzflächen und bei Sitzen in Reihenanordnung eine Fußstütze und einen ausziehbaren Klapptisch. 3. Gingen nach Kenntnis der Bundesregierung auch Beschwerden von Fahrgästen der ersten Klasse bei der Deutschen Bahn AG ein? Wenn ja, wie viele waren dies anteilig an den Beschwerden insgesamt? Die Überprüfung von ca. einem Drittel der Beschwerden hat folgendes Verhältnis ergeben: 25 Prozent 1. Klasse, 70 Prozent 2. Klasse, 5 Prozent keine Angabe. 4. Welche Eigenschaften der Sitze wurden nach Kenntnis der Bundesregierung von den Fahrgästen bemängelt? Schwerpunktmäßig wurde bei den Sitzen im ICE 4 die Polsterung als zu hart und die Eignung zum Ausruhen/Schlafen in Bezug auf die Haltung im Kopf- und Schulterbereich bemängelt. 5. Welche spezifischen Tests mit neuen Sitzpolstern wurden nach Kenntnis der Bundesregierung mit wie vielen Probandinnen und Probanden durchgeführt? Zusammen mit dem Hersteller der Sitze hat die DB AG – durch Ergonomieexperten begleitet – verschiedene Polstervarianten entwickelt und diese mit mehreren hundert Probanden in Laborsituation getestet. Neben den weiter entwickelten Sitzpolstern wurden auch die bisherigen Seriensitze im ICE 4 sowie eine ältere Sitzgeneration getestet, so dass die Wirkung der Testpolster in Bezug auf eine strukturgleiche Befragung zu Standardsitzen gestellt werden kann. 6. Welche Ergebnisse haben die Tests der neuen Sitzpolstervarianten nach Kenntnis der Bundesregierung ergeben? Die Probandentests führten zu dem Ergebnis, dass mit modifizierten Polstern eine Verbesserung der Bequemlichkeit erreicht werden kann. Im nächsten Schritt wird die DB AG entsprechende optimierte Sitze bei planmäßigen ICE-Zugfahrten erproben . Bei den voraussichtlich im Dezember 2018 startenden Tests werden Fahrgastbefragungen in repräsentativem Umfang durchgeführt, deren Auswertung nicht vor Frühjahr 2019 abgeschlossen sein wird. 7. Sind nach Kenntnis der Bundesregierung bereits neue Sitzpolster auf den Sitzen im Kundenbetrieb im Einsatz? Wenn ja, in wie vielen ICE 4 der Flotte ist dies der Fall? Die Testpolster werden jeweils in einem ICE-4- und einem modernisierten ICE- 3-Zug eingerüstet. In beiden Zügen kommen unterschiedliche Varianten der Testpolster sowohl in der 1. als auch in der 2. Wagenklasse zum Einsatz. Damit die befragten ICE-Fahrgäste eine unbeeinflusste Bewertung der persönlich empfundenen Sitzbequemlichkeit geben können, werden die Testsitze im Zug nicht spezifisch gekennzeichnet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/6513 8. Welche spezifischen Tests mit veränderter Ergonomik der Sitze wurden nach Kenntnis der Bundesregierung mit wie vielen Probandinnen und Probanden durchgeführt? 9. Welche Ergebnisse haben die Tests der Sitze nach Kenntnis der Bundesregierung im Hinblick auf die ergonomische Konstruktion ergeben? Die Fragen 8 und 9 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . In einer frühen Phase der Entwicklung der Sitze, wurde die Konstruktion der neuen Sitze durch den Ergonomie-Lehrstuhl der TU München begutachtet. Veränderungen zu frühzeitig erkanntem Verbesserungspotential konnten in den Serienbau der Sitze einfließen. Beispielsweise wurde bei den Sitzen der 2. Klasse ein höhenverschiebbares gepolstertes Kopfkissen und bei den Sitzen der 1. Klasse aufgrund des größeren Sitzabstands ein um 7 cm ausziehbarer Klapptisch eingeführt . 10. Sind bereits ergonomisch veränderte Sitze nach Kenntnis der Bundesregierung im Kundenbetrieb im Einsatz? Wenn ja, in wie vielen ICE 4 der Flotte ist dies der Fall? Es wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. 11. In welchen zeitlichen Abständen sollen nach Kenntnis der Bundesregierung zukünftig Evaluationen von eingegangenen Kundenbeschwerden erfolgen? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. 12. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Deutschen Bahn AG sind nach Kenntnis der Bundesregierung für die Aufnahme, Beantwortung und Auswertung von Kundenbeschwerden verfügbar? Zur Aufnahme, Beantwortung und Auswertung von Kundenbeschwerden werden bei der DB AG 1 900 Beschäftige eingesetzt. 13. Wie bewertet die Bundesregierung die Entscheidung der DB AG zu längeren und schmaleren Wagen beim ICE 4, die deutlich engere Sitze und Gänge als Konsequenz hat (bitte begründen)? Die Innenraumbreite im Fahrgastraum des ICE 4 – und damit die Breite der Sitze und Gänge – entspricht derjenigen des ICE mit Neigetechnik (ICE T), der seit 1999 im Fernverkehrsangebot der DB AG eingesetzt wird. Auch die Hochgeschwindigkeitszüge der ICE-3-Flotte haben in der 2. Klasse nur einen etwa 2,5 cm breiteren Durchgang zwischen den Sitzen. Die Wagen des ICE 4 sind etwa 2 bis 3 Meter länger gegenüber früheren ICE-Generationen. Hintergrund für die Wahl dieses Konzepts sind günstigere Beschaffungs- und Betriebskosten. Bereits wenige Meter Längengewinn pro Wagen sparen bei einem Langzug-Konzept einen zusätzlichen Wagen mit aufwändiger Technik. Die längeren Wagen des ICE 4 haben keine engeren Sitze zur Konsequenz. Vielmehr kann die DB AG im ICE 4 sowohl eine hohe Platzkapazität als auch einen deutlich erweiterten Stauraum für Gepäck, bis zu 4 Rollstuhlplätze sowie 8 Fahrradstellplätze anbieten. Die Sitzabstände konnten unter Beibehaltung der im ICE üblichen Beinfreiheit etwas verringert werden. Insofern wurde nicht der Freiraum am Platz, sondern die Dimension der Sitze selbst reduziert. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6513 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 14. Wie bewertet die Bundesregierung generell die Strategie der DB AG, das Innere der Züge immer enger zu gestalten, mit Blick auf die Marktposition der Bahn im Vergleich zum Luftverkehr und dem Fernbusverkehr? Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Fragestellerinnen und Fragesteller , dass die Bahn eher mit mehr Komfort für die Fahrgäste punkten sollte, da sie preislich kaum gegen die Fernbusse konkurrieren kann (bitte begründen)? Die Deutsche Bahn AG bietet großzügige Sitzabstände in beiden Wagenklassen an. Im Vergleich zum Luftverkehr und zu den Fernbusanbietern findet man in den ICE-Zügen mehr Freiraum am Platz. Zudem wird ein Restaurant oder Bistro an Bord angeboten, und die DB AG verzichtet auf eine Limitierung oder Bepreisung des Reisegepäcks. Innovative Lösungen für ein zukünftiges wirtschaftliches Nutzflächenkonzept werden insbesondere im Bereich der Reduktion von technischen Einbauräumen gesehen. In Kooperation mit der Schienenfahrzeugindustrie sollen notwendige Einrichtungen, die nicht unmittelbar dem Fahrgastkomfort dienen, auf Einbauräume im Dach- und Unterflurbereich der Fahrzeuge konzentriert werden. 15. Wie bewertet die Bundesregierung die Umgestaltung der ursprünglich mit Spielgeräten ausgestatteten Kleinkindabteile in mehreren ICE-Generationen (u. a. ICE 2, ICE T) zu ganz normalen Abteilen insbesondere mit Blick auf Familienfreundlichkeit und das erklärte Ziel, Menschen zum Umstieg auf die Bahn zu bewegen (bitte begründen)? In den letzten Jahren wurde das Angebot für Familien deutlich ausgeweitet und in eine kinderfreundliche Gestaltung vieler Kleinkindabteile investiert. Alle neuen ICE-4- und modernisierten ICE-3-Züge werden im Kleinkindabteil mit einem multifunktionalen Wandspiel ausgestattet. Tischplatten und Wände sind dort mit farbigen Motiven gestaltet. Auch das Erscheinungsbild im Kleinkindabteil der ICE-T-Flotte wurde bereits mit Wandmotiven aufgewertet. Seit 2015 hat die DB AG im Fernverkehr zusätzlich zu den Kleinkindabteilen einen reservierbaren Familienbereich eingerichtet. Diese Sitzplätze eignen sich für Reisen mit etwas älteren Kindern. Neben der an Bord erhältlichen Zeitschrift „Leselok“ gibt es im ICE-Portal eine digitale Rubrik für Kinder. In Verbindung mit einer Auswahl an kindgerechten Produkten im bordgastronomischen Angebot wird auf Familienfreundlichkeit sowohl bei der Gestaltung der Züge als auch im Service geachtet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333