Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 19. Dezember 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/6783 19. Wahlperiode 21.12.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Harald Ebner, Renate Künast, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/6435 – Technische Lösungen zur Beendigung des Tötens männlicher Eintagsküken V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Männliche Küken von Legehennen werden am Tag des Schlüpfens getötet – 2017 wurden über 45 Millionen Tiere so „entsorgt“. Seit mehreren Jahren wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) der Durchbruch in der technischen Innovation angekündigt, der dieses Verfahren überflüssig macht. Bei einer Pressekonferenz zum Thema „Geschlechtsbestimmung im Brutei“ von Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft Julia Klöckner und dem Unternehmen SELEGGT GmbH am 8. November 2018 in Berlin wurde angekündigt, dass im Jahr 2019 in allen Rewe- und Penny-Märkten in Deutschland Eier angeboten würden, die das Verfahren der Geschlechtsbestimmung durchlaufen hätten. V o r b e me r k u n g e n d e r B u n d e s r e g i e r u n g Eier, die für den menschlichen Verzehr bestimmt sind (im Folgenden „Konsum- Eier“), stammen von Legehennen. Diese Legehennen schlüpfen aus Brut-Eiern. Die Geschlechtsbestimmung wird an den Brut-Eiern durchgeführt und nicht an den Konsum-Eiern. Ohne Geschlechtsbestimmung schlüpfen in den Brütereien zu gleichen Teilen weibliche und männliche Küken. Mit Hilfe der Geschlechtsbestimmung können weiblich determinierte Eier erkannt und nur noch weibliche Küken – die späteren Legehennen – ausgebrütet werden. Dadurch wird das Töten männlicher Küken überflüssig. Für die Entwicklung von Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Brut-Ei hat die Bundesregierung seit dem Jahr 2008 rund 6,5 Mio. Euro an Fördergeldern bereitgestellt. Hinzu kommen rund 2 Mio. Euro für weitere Alternativen zum Töten von männlichen Küken aus Legelinien („Bruderhähne“ und „Zweinutzungshühner“). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6783 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Wann wurde von Seiten des BMEL erstmalig ein Termin zur Beendigung des Tötens männlicher Eintagsküken angekündigt? Welcher Termin wurde in Aussicht gestellt? 2. Warum konnten nach Kenntnis der Bundesregierung die bisherigen Termine zur Beendigung des Kükentötens nicht eingehalten werden? Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Im März 2015 hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) einen Zeitplan zum Ausstieg aus dem Töten männlicher Küken mittels Geschlechtsbestimmung im Brut-Ei vorgestellt (www.bmel.de/SharedDocs/Bilder/ Infografiken/Tierwohl-In-Ovo-2_Druckversion.pdf?__blob=publicationFile&v=2). Der Zeitplan sah vor, dass die an der Universität Leipzig entwickelten Grundlagen im Laufe des Jahres 2017 durch Unternehmen weiterentwickelt und anschließend am Markt eingeführt werden. Im November 2018 wurde die erste kommerzielle Anwendung der Geschlechtsbestimmung vorgestellt. Der im März 2015 vorgestellte Zeitplan konnte somit im Wesentlichen eingehalten werden. 3. Wie hoch sollen nach Kenntnis der Bundesregierung die Marktanteile von SELEGGT-Eiern in Deutschland Ende des Jahres 2019 allgemein und im Speziellen in Rewe- und Penny-Märkten sein? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 4. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass es sich bei dem in der Pressekonferenz am 8. November 2018 vorgestellten Verfahren der Geschlechtsbestimmung im Ei um ein im täglichen Betrieb einer Brüterei routinemäßig anwendbares und in die praktischen Arbeitsabläufe eines Betriebes integrierbares Verfahren handelt? Nach Kenntnis der Bundesregierung sind Konsum-Eier von geschlechtsbestimmten Legehennen derzeit in rund 220 Berliner Filialen eines großen Lebensmitteleinzelhändlers erhältlich. Der Händler hat angekündigt, dieses Angebot im Laufe des Jahres 2019 auf ganz Deutschland auszuweiten. Dies spricht nach Auffassung der Bundesregierung dafür, dass das Verfahren routinemäßig anwendbar und in die praktischen Arbeitsabläufe einer Brüterei integrierbar ist. Zu beachten ist jedoch, dass das Verfahren interessierten Brütereien derzeit noch nicht zur Verfügung steht. Dies soll nach Angaben des Unternehmens SELEGGT ab dem Jahr 2020 der Fall sein. Diesbezüglich wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/6783 5. Besteht nach Ansicht der Bundesregierung aktuell ein vernünftiger Grund für das Töten männlicher Eintagsküken? Falls ja, welcher? Falls ja, wird dieser Grund weiterhin bestehen, wenn in 5 500 Rewe- und Penny-Märkten Eier angeboten werden können, bei deren Erzeugung auf das Töten der männlichen Küken verzichtet werden konnte? Nach dem Tierschutzgesetz ist es verboten, ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund zu töten. Die Einhaltung dieser Vorschrift wird im Einzelfall von der jeweils nach Landesrecht zuständigen Behörde kontrolliert. Offenbar ergibt die Wertung der Landesbehörden derzeit noch regelmäßig, dass ein vernünftiger Grund zur Tötung vorliegt. Für die Bundesregierung besteht kein Anlass, dies anzuzweifeln. Die Bunderegierung geht davon aus, dass die Landesbehörden regelmäßig zu einer anderen Einschätzung gelangen werden, sobald den Brütereien die Geschlechtsbestimmung im Brut-Ei als Alternative zur Tötung zur Verfügung steht. Das ist aktuell noch nicht der Fall, wobei auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen wird. 6. Wie alt sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Küken im Ei, wenn das Verfahren SELEGGT, so wie es bei der Pressekonferenz am 8. November 2018 vorgestellt wurde, angewendet wird? 7. Kann nach Kenntnis der Bundesregierung ausgeschlossen werden, dass zu diesem Zeitpunkt die Schmerzempfindung des Kükens gegeben ist? Falls nein, welche alternative Technologie gibt es, die gegebenenfalls zu einem früheren Zeitpunkt das Geschlecht der Küken bestimmen kann, und welche Praxisreife besitzen diese? Die Fragen 6 und 7 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Nach Angaben des Unternehmens SELEGGT wird die Geschlechtsbestimmung derzeit durchgeführt, nachdem das Brut-Ei acht bis zehn Tage bebrütet wurde. Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, dass der Keimling zu diesem Zeitpunkt ein ausgeprägtes Schmerzempfinden besitzt. Beim SELEGGT-Verfahren wird das Geschlecht endokrinologisch bestimmt. Das BMEL hat der Universität Leipzig Fördermittel für ein Projekt bereitgestellt, bei dem das endokrinologische Verfahren bis Ende des Jahres 2021 und in Kooperation mit SELEGGT insbesondere dahingehend weiterentwickelt werden soll, dass die Geschlechtsbestimmung zukünftig vor dem siebten Bebrütungstag stattfinden kann. Es existiert ein weiteres Verfahren, bei dem das Geschlecht spektroskopisch bestimmt wird. Die Grundlagen beider Verfahren wurden mit BMEL-Fördergeldern an den Universitäten Leipzig und Dresden entwickelt. Die spektroskopische Geschlechtsbestimmung erfolgt am vierten Bebrütungstag. Die Markteinführung der Spektroskopie ist Ziel des Unternehmens Agri Advanced Technologies (AAT). Nach Angaben von AAT wird derzeit eine „Nullserie“ entwickelt, die Mitte des Jahres 2019 in einer Brüterei eingebaut werden soll. Als Nullserie wird üblicherweise ein Produkt bezeichnet, das letzten Erprobungszwecken vor einer möglichen Serienproduktion dienen soll. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6783 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 8. Was ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Vorteil des SELEGGT-Verfahrens im Vergleich zum Töten der Küken nach dem Schlupf und im Vergleich zu anderen Verfahren? Aus Sicht der Bundesregierung ist der Hauptvorteil der Geschlechtsbestimmung im Brut-Ei, dass männliche Küken nicht getötet werden. Das SELEGGT-Verfahren hat erstmals ermöglicht, dass Verbraucherinnen und Verbraucher Konsum- Eier „ohne Kükentöten“ von geschlechtsbestimmten Legehennen kaufen können. 9. Werden nach Kenntnis der Bundesregierung die aussortierten Eier mit männlichen Küken im SELEGGT-Verfahren gezielt getötet oder direkt einem Verwertungsprozess zugeführt? 10. Wie und wofür werden die aussortierten Eier mit männlichen Küken in dem von Bundesministerin Julia Klöckner vorgestellten Verfahren SELEGGT nach Kenntnis der Bundesregierung verwertet? Die Fragen 9 und 10 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Nach Angaben von SELEGGT wird die Entwicklung der Keimlinge in den aussortierten Brut-Eiern unmittelbar und gezielt beendet. Die aussortierten Brut-Eier will das Unternehmen zu einem hochwertigen Futtermittel verarbeiten. 11. Entstehen nach Kenntnis der Bundesregierung bei dem Verfahren SELEGGT laufende Kosten durch Verbrauchsmaterial? Wie hoch sind die Kosten zur Anschaffung eines Geräts, und wie hoch sind die Kosten pro Ei? Nach Kenntnis der Bundesregierung entstehen bei dem SELEGGT-Verfahren Kosten für Verbrauchsmaterial. Nach Angaben des Unternehmens soll die Geschlechtsbestimmung den Brütereien als kostenneutrale Dienstleistung angeboten werden. Das Unternehmen plant, vom Lebensmitteleinzelhandel eine Gebühr je vermarktetem Konsum-Ei „ohne Kükentöten“ zu erheben. Als erstes Unternehmen hat REWE angekündigt, auf dieser Basis mit SELEGGT zusammenzuarbeiten . SELEGGT geht davon aus, dass die Mehrkosten der Geschlechtsbestimmung für die Verbraucherinnen und Verbraucher 1 bis 2 Cent je Konsum-Ei betragen werden. Nach Kenntnis des BMEL liegen die Mehrkosten für eine 6er-Packung Freiland-Eier „ohne Kükentöten“ im Einzelhandel derzeit bei etwa 10 Cent. 12. Wie viele Eier können nach Kenntnis der Bundesregierung beim Verfahren SELEGGT pro Tag unter Praxisbedingungen bearbeitet werden? „Die beiden Systemkomponenten ‚Entnahme der Flüssigkeit‘ und ‚Analyse der Flüssigkeit‘ können mithilfe von skalierbaren Bestandteilen auf die Bedarfe jeder Brüterei angepasst werden“, führt das Unternehmen hierzu aus. 13. Welche Sortierkapazität pro Tag wird nach Kenntnis der Bundesregierung von Branchenkennern gefordert, um einer wirklichen Praxistauglichkeit zu genügen? Der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft hat die notwendige „Sortierkapazität “ kürzlich auf 100 000 Eier täglich beziffert. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/6783 14. Wie wird die Bundesregierung kleine und mittelständige Brütereien bei den Investitionen für technische Lösungen zur Vermeidung des Tötens männlicher Eintagsküken konkret unterstützen? Die Frage stellt sich derzeit nicht, weil kein Investitionsbedarf der Brütereien absehbar ist. Auf die Antwort zu Frage 11 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. 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