Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 27. Dezember 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/6795 19. Wahlperiode 02.01.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Till Mansmann, Nicola Beer, Dr. Jens Brandenburg (Rhein-Neckar), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/6432 – Akkreditierung von Berufsschulen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Das Instrument der beruflichen Nachqualifizierung ist für erwachsene Langzeitarbeitslose ohne beruflichen Abschluss eine der wirksamsten und nachhaltigsten Maßnahmen der Arbeitsmarktförderung. Für die zwei Drittel der Langzeitarbeitslosen , die keinen beruflichen Abschluss aufweisen, erhöht das Erreichen eines anerkannten Berufsabschlusses die Chancen zur Arbeitsmarktintegration in hohem Maße. Gemeinnützige Träger bieten besonders geeignete Rahmenbedingungen , um den fachpraktischen Teil der Umschulungen von Arbeitslosen sicherzustellen. Für die fachtheoretische Ausbildung bieten sich staatliche Berufsschulen an, die zur Ausbildung berechtigt, pädagogisch fundiert und erfahrene Partner im dualen System sind. Am 6. April 2012 traten die Verordnung über die Voraussetzungen, das Verfahren zur Akkreditierung von fachkundigen Stellen und zur Zulassung von Trägern und Maßnahmen der Arbeitsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (AZAV) in Kraft. Die von den Agenturen für Arbeit beziehungsweise den Arbeitsgemeinschaften für Grundsicherung an Arbeitsuchende herausgegebenen Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheine (AVGS) können nur für nach der AZAV zertifizierte Bildungsmaßnahmen bei entsprechend zertifizierten Bildungsträgern und Personalvermittlungsunternehmen eingelöst werden. Bei einer Auslagerung von Aufgaben an Dritte („Unterauftragsvergabe“), die den Schwellenwert von zehn Prozent übersteigt, ist eine Zertifizierung und Qualitätsüberprüfung nach der AZAV erforderlich. Die in der AZAV beschriebenen Anforderungen werden durch die Empfehlungen des Beirats nach § 182 SGB III und Umsetzungshinweise nach § 6 Absatz 2 AZAV der Bundesagentur für Arbeit konkretisiert und sind verbindlich. Damit werden staatliche Berufsschulen dazu verpflichtet, sich einer Zertifizierung zu unterziehen, um Umschüler fachtheoretisch ausbilden zu können. Das hat zur Folge, dass staatliche Berufsschulen Umschüler im Rahmen der Förderung beruflicher Weiterbildung (FbW) nicht beschulen können, solange sie keine Trägerzulassung haben. Die Zertifikatsausstellung ist mit hohen Kosten und einem großen Arbeitsaufwand verbunden, was die Empfehlung des Bei- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6795 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode rats nach § 182 SGB III vom 11. Juni 2013 zu Unterauftragsvergabe erschwert. Aus diesem Grund sind staatliche Berufsschulen nur in Ausnahmefällen bereit, diesen kosten- und arbeitsaufwendigen Weg zu beschreiten. Das bundesdeutsche Modell der dualen Berufsausbildung genießt internationale Anerkennung und wird durch die Beiratsempfehlung in seiner Qualität in Frage gestellt. Der Weg der beruflichen Nachqualifizierung könnte mithilfe von gemeinnützigen Trägern in Kooperation mit den staatlichen Berufsschulen deutlich erfolgreicher vonstattengehen. 1. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, wie viele staatliche Berufsschulen derzeit keine Zertifizierung der AZAV haben? Der Bundesregierung liegen keine Daten über derzeit nicht zertifizierte staatliche Berufsschulen vor. 2. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, wie viele staatliche Berufsschulen eine Zertifizierung durchlaufen haben und wie viele mit Erfolg? Der Bundesregierung liegen keine Daten darüber vor, wie viele staatliche Berufsschulen eine Zertifizierung durchlaufen haben und wie viele davon mit Erfolg. 3. Hat die Bundesregierung Kenntnis von Fällen, in denen staatliche Berufsschulen auf Empfehlung des Beirats keine Zertifizierung erhalten haben? Wenn ja, wie viele, und aus welchen Gründen? Der Bundesregierung liegen keine Daten darüber vor, wie viele staatliche Berufsschulen keine Zertifizierung erhalten haben. Der Beirat spricht keine Empfehlungen zu konkreten Zulassungen im Einzelfall aus. 4. Gibt es in der Bundesregierung Überlegungen, deutschen Berufsschulen auf Antrag ein Zertifikat ohne Prüfung auszustellen? Überlegungen dazu gibt es in der Bundesregierung nicht. 5. Sieht die Bundesregierung Schwächen in deutschen Berufsschulen, sodass eine Zertifizierung nicht ausgesprochen werden kann? Hierzu kann die Bundesregierung keine Aussage treffen, da Zulassungen von den akkreditierten Fachkundigen Stellen ausgesprochen werden. 6. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, wie viele Langzeitarbeitslose an außerbetrieblichen Umschulungen teilnehmen oder teilnehmen möchten? Von Januar bis August 2018 gab es rund 2 400 Eintritte in Maßnahmen zur beruflichen Weiterbildung mit Abschluss durch Personen, die zuvor länger als ein Jahr arbeitslos waren und somit als langzeitarbeitslos im Sinne von § 18 Absatz 1 SGB III galten. Davon begannen rund 2 100 eine Umschulung bei einem Träger in anerkannten Ausbildungsberufen und rund 300 eine betriebliche Einzelumschulung in Berufen nach dem Berufsbildungsgesetz oder der Handwerksordnung . Angaben zu vergangenen Jahren finden sich in der Anhang-Tabelle. Daten zu Langzeitarbeitslosen, die an einer solchen Maßnahme teilnehmen möchten, diesen Wunsch aber nicht umsetzen (können), liegen der Bundesregierung nicht vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/6795 7. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, wie viele Langzeitarbeitslose seit der Einführung der AZAV durch eine Umschulung in den Arbeitsmarkt integriert werden konnten? Von April 2012 bis November 2017 (aktuellere Daten liegen nicht vor) gab es rund 27 300 Austritte aus Maßnahmen zur beruflichen Weiterbildung mit Abschluss durch Personen, die vor Eintritt in diese Maßnahme länger als ein Jahr arbeitslos waren und somit als langzeitarbeitslos im Sinne von § 18 Absatz 1 SGB III galten. Rund 10 100 dieser Personen waren sechs Monate nach dem Austritt aus der Maßnahme sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Weitere Daten finden sich in der Anhang-Tabelle. 8. Wie viele Langzeitarbeitslose konnten nach Kenntnis der Bundesregierung aufgrund der nicht vorhandenen Zertifizierungen der Berufsschulen nicht oder nur verspätet die von ihnen angestrebten Aus- und Fortbildungen wahrnehmen ? Dazu liegen der Bundesregierung keine Daten vor. 9. Wie plant die Bundesregierung die Kooperation von Ausbildungsstätten in fachpraktischen und fachtheoretischen Teilen zu unterstützen? Für Umschulungen in anerkannten Ausbildungsberufen gelten die jeweiligen gesetzlichen bzw. verordnungsrechtlichen Regelungen und damit auch die Anforderungen an die fachpraktischen und fachtheoretischen Ausbildungsteile. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung bereitet im Rahmen der Dachinitiative „Berufsbildung 4.0“ Maßnahmen zur Qualifizierung des Ausbildungs - und Prüfungspersonals vor. Ziel der Qualifizierungsinitiative Digitaler Wandel „Q 4.0“ ist es, die Akteure der Berufsbildung durch innovative Aus- oder Weiterbildung für die mit der Digitalisierung einhergehenden Veränderungen zu unterstützen und zu qualifizieren. Diese Initiative soll Qualifizierung im regionalen Kontext und branchenbezogen konzipieren und mit dem Aufbau regionaler Netzwerke als Lernortkooperationen verbunden werden. Praktische und theoretische Berufsausbildung sollen neue Formen der Lernortkooperation und -Partnerschaft entwickeln und erproben. 10. Welche Erwägungen liegen den Empfehlungen des Beirats nach § 182 SGB III zugrunde, die am 11. Juni 2013 beschlossen wurden? Liegen den Empfehlungen Zielvorgaben zugrunde, und wenn ja, wurden diese erreicht? Aufgabe des Beirats ist es, die gesetzlichen Regelungen und die Verordnung zu konkretisieren, wenn hierfür in der Praxis ein Bedarf besteht. Im Kontext der Berufsschulen und der Unterauftragsvergabe (Empfehlung vom 11. Juni 2013) hat der Beirat die Erfordernisse einer gesetzlich vorgegebenen und notwendigen Träger - und Maßnahmezulassung vereinfacht. Dieser Empfehlung liegen keinerlei Zielvorgaben zugrunde. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6795 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Anhang zu Frage 6 Eintritte von Teilnehmenden in berufliche Weiterbildung mit Abschluss Deutschland Zeitreihe, Datenstand: November 2018 Dauer der Arbeitslosigkeit vor Eintritt FbW Maßnahmart Eintritte Jahr 2015 Jahr 2016 Jahr 2017 Jan bis Aug 2018 1 2 3 4 Insgesamt berufliche Weiterbildung mit Abschluss, davon 48.671 48.204 47.125 26.706 Umschulung bei einem Träger in anerkannten Ausbildungsberufen 38.831 39.310 38.906 22.255 Betriebliche Einzelumschulung in Berufen nach BBiG/HwO 9.840 8.894 8.219 4.451 dar. vor Eintritt langzeitarbeitslos 1) berufliche Weiterbildung mit Abschluss, davon 5.387 5.469 4.500 2.438 Umschulung bei einem Träger in anerkannten Ausbildungsberufen 4.328 4.565 3.803 2.106 Betriebliche Einzelumschulung in Berufen nach BBiG/HwO 1.059 904 697 332 © Statistik der Bundesagentur für Arbeit Anhang zu Frage 7 Austritte von Teilnehmenden aus beruflicher Weiterbildung mit Abschluss untersucht 6 Monate nach Austritt hinsichtlich sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung Deutschland April 2012 bis November 2017, Datenstand: November 2018 Dauer der Arbeitslosigkeit vor Eintritt FbW Maßnahmart Kumulierte Austritte dar. nach 6 Monaten sv-pflichtig beschäftigt 2) absolut in % 2 3 4 Insgesamt berufliche Weiterbildung mit Abschluss, davon 268.133 152.362 56,8 Umschulung bei einem Träger in anerkannten Ausbildungsberufen 221.163 125.093 56,6 Betriebliche Einzelumschulung in Berufen nach BBiG/HwO 46.970 27.269 58,1 dar. vor Eintritt langzeitarbeitslos 1) berufliche Weiterbildung mit Abschluss, davon 27.340 10.116 37,0 Umschulung bei einem Träger in anerkannten Ausbildungsberufen 22.718 8.131 35,8 Betriebliche Einzelumschulung in Berufen nach BBiG/HwO 4.622 1.985 42,9 © Statistik der Bundesagentur für Arbeit Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333