Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit vom 6. Februar 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/680 19. Wahlperiode 08.02.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Hubertus Zdebel, Dr. Gesine Lötzsch, Lorenz Gösta Beutin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/457 – Atomkraftwerke und Strommengenübertragungen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Atomgesetz ist die schrittweise Abschaltung der noch in Betrieb befindlichen Atomkraftwerke (AKW) mit festen Terminen geregelt. Zusätzlich ist den jeweiligen Atomkraftwerken eine Reststrommenge zugeordnet. Einzelne Atomkraftwerke haben die ihnen zugewiesene Reststrommenge vermutlich vor dem Ende der Laufzeit verbraucht. Ohne Strommengenübertragungen von anderen, bereits abgeschalteten Atomkraftwerken müssten mindestens einige der noch am Netz befindlichen AKW vor Erreichen der festgelegten Abschalttermine runtergefahren werden (www.bfe.bund.de/DE/kt/kta-deutschland/kkw/laufzeiten/ laufzeiten_node.html). Immer mehr führt Strom aus Atomkraftwerken und konventionellen Kraftwerken dazu, dass erneuerbare Energien aus Wind und Sonne abgeregelt und der Zubau gedeckelt wird. Statt diese Stromerzeugungen zu reduzieren und Erneuerbaren Vorrang zu geben, wird über die Erklärung von Netzausbaugebieten das Gegenteil verursacht. Von der 87. Umweltministerkonferenz am 2. Dezember 2016 (Ergebnisprotokoll , Top 18, „Übertragung von Reststrommengen aus AKW-Anlagen in das neue Netzausbaugebiet“) liegt ein Beschluss vor, in dem die Umweltministerinnen und Umweltminister der Länder erklären: „Ziel sollte sein, in Zeiten hoher Einspeisung aus Erneuerbaren-Energien-Anlagen die Einspeisung von Atomkraftwerken zu reduzieren, insbesondere wenn die Kraftwerke für die Systemsicherheit dauerhaft verzichtbar sind und die Versorgungssicherheit nicht gefährdet ist.“ Darüber hinaus haben die Länder Bremen, Hessen, Nordrhein- Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen in einer Protokollerklärung (www.umweltministerkonferenz. de/documents/87-_UMK_Protokoll_16122016.pdf) den Bund u. a. aufgefordert, „eine Übertragung von Reststrommengen auf Atomkraftwerke in dem neuen Netzausbaugebiet zu verhindern“. Anlass dafür war und ist, dass die Stromerzeugung von Atomkraftwerken im Netzausbaugebiet teilweise zur Verschärfung von Netzengpässen beiträgt (www.erneuerbareenergien.de/wer-darf-im-netzausbaugebiet-einspeisen/150/ 434/105064/). Ziel sollte aus Sicht der Fragesteller sein, in Zeiten hoher Einspeisung aus Erneuerbare-Energien-Anlagen die Einspeisung von Atomkraftwerken Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/680 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode zu reduzieren, insbesondere wenn die Kraftwerke für die Systemsicherheit dauerhaft verzichtbar sind und die Versorgungssicherheit nicht gefährdet ist. Dabei sind die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen zu beachten. Auch auf der 88. Umweltministerkonferenz am 5. Mai 2017 war diese Problematik erneut in TOP 18 Thema: „Entlastung der Stromnetze durch eine Absenkung der Mindestleistung (‚must-run‘) konventioneller Kraftwerke“ (www. umweltministerkonferenz.de/documents/88-UMK-final.pdf). Dort heißt es unter anderem: „Die Umweltministerinnen, -minister, -senatorin [en] und -senatoren der Länder fordern die Bundesregierung daher auf, die Stromnetzplanung nicht allein auf Leitungsausbau- und -verstärkung zu beschränken , sondern stärker als bisher bestehende, kosteneffiziente Potentiale zur Entlastung der Stromnetze unter Wahrung des hohen Versorgungssicherheitsniveaus effektiv einzubinden. Ziel muss sein, die Belastung der Stromverbraucherinnen und Stromverbraucher abzusenken.“ Weiter wird festgestellt: „Die Umweltministerinnen, -minister, -senatorin[en] und -senatoren der Länder stellen fest, dass die Stromnetze derzeit in erheblichem Umfang auch durch die konventionelle Mindestleistung belastet werden. Studien zeigen zugleich, dass die aktuelle konventionelle Mindestleistung das für die Gewährleistung der Netzstabilität erforderliche Maß deutlich übersteigt .“ Und: „Die Umweltministerinnen, -minister, -senatorin[en] und -senatoren der Länder bitten die Bundesregierung [zu] prüfen, wie die Dauerproduktion konventioneller Kraftwerke in Engpasssituationen auf das für die Gewährleistung der Netzstabilität erforderliche Maß reduziert werden kann. Die Umweltministerinnen , -minister, -senatorin[en] und -senatoren der Länder betonen darüber hinaus die Notwendigkeit, dass zukünftig verstärkt EE-Anlagen und Flexibilitätsoptionen wie insbesondere Energiespeicher Systemdienstleistungen kosteneffizient erbringen und so zur Gewährleistung der Netz- und Systemstabilität beitragen sollten, um die für die Netzstabilität erforderliche Mindestleistung konventioneller Kraftwerke sukzessive zu reduzieren. Sie bitten die Bundesregierung [,] einen Vorschlag vorzulegen, inwieweit und wie schnell konventionelle Erzeugung im Regelleistungsmarkt durch erneuerbare Energien oder geeignete Flexibilitäten ersetzt werden kann.“ In einer Protokollerklärung der Länder Bayern und Sachsen heißt es dazu: „Aus Sicht Bayerns und Sachsens sind weitere Einschränkungen der konventionellen Kraftwerksleistung über den Einspeisevorrang für erneuerbare Energien hinaus nicht angemessen, da sich der Kraftwerkseinsatz der konventionellen Kraftwerke im Gegensatz zu den EEG-geförderten Anlagen am Markt orientiert. Wesentlich ist ein zügiger Netzausbau.“ Die angestrebte Regelung hätte beispielsweise laut dem schleswig-holsteinischem Newsportal „shz.de“ folgende Konsequenzen: Für das AKW Brokdorf würde das „angestrebte Verbot bedeuten, dass der Reaktor an der Unterelbe schon im Herbst 2019 endgültig vom Netz gehen müsste und nicht erst wie bisher geplant Ende 2021. Denn bei der dort durchschnittlich produzierten Strommenge von 11.000 Gigawattstunden pro Jahr wäre das bestehende Brokdorfer Reststromkontingent von 30.000 Gigawattstunden bereits Ende September 2019 aufgebraucht. Der Meiler müsste stillgelegt werden. Verhindern kann der Betreiber Preussenelektra – die Atomsparte von Eon – das nur dadurch, dass er verbliebene Produktionskontingente von bereits vorzeitig abgeschalteten Kernkraftwerken wie Krümmel oder Mülheim-Kärlich auf Brokdorf überträgt“ (www.shz.de/16141451). Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil von Dezember 2016 über den nach dem Reaktorunfall von Fukushima im Sommer 2011 per Atomgesetz neuerlich beschlossenen Ausstieg den Atomkonzernen nur in geringem Umfang Entschädigungsansprüche zugebilligt. Bis Ende Juni 2018 hat die Bundesregie- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/680 rung nunmehr die Aufgabe, eine Regelung zu finden, um vor allem die monierten Regelungen hinsichtlich der noch ungeklärten Umgangsweise mit den verbleibenden Strommengen aus den AKWs Mülheim-Kärlich und Krümmel zu regeln. Außerdem ist unter Umständen eine Entschädigung für Investitionen im Zeitraum von Dezember 2010 bis zum März 2011 zu regeln. Nach Kenntnis der Fragesteller haben RWE AG und Vattenfall Europe Sales GmbH keine Möglichkeit, die noch bestehenden Reststrommengen von insgesamt 81 bis 88 TWh in eigenen Atomkraftwerken zu verbrauchen. Über die mögliche Höhe einer angemessenen Entschädigung berichtet „DER SPIEGEL“ nach der Urteilsverkündung: „Wenn überhaupt Geld fließt, dann sicher nicht mehr als ein oberer dreistelliger Millionen-Euro-Betrag“, sagt der Berliner Atomrechtsexperte Dr. Olaf Däuper, Prozessbevollmächtigter dreier Bundesländer. Auch der Prozessbevollmächtigte der Bundesregierung, der Berliner Staatsrechtler Prof. Dr. Christoph Möllers, erwartet, dass es mit Blick auf die Reststrommengen nur um „einen Bruchteil“ der bisher thematisierten Entschädigungssummen gehen werde“ (SPIEGEL ONLINE, 6. Dezember 2016, 17.43 Uhr). Das Bundesverfassungsgericht lässt dem Bund in dem Urteil drei Möglichkeiten , die Ansprüche der AKW-Betreiber zu regeln: Neben einer direkten finanziellen Entschädigung könnte auch eine Laufzeitverlängerung einzelner AKWs oder die Festlegung fairer Preise für die Übertragung von Reststrommengen von RWE oder Vattenfall auf E.ON Energie Deutschland GmbH oder EnBW Energie Baden-Württemberg AG erfolgen. Im Februar 2017 war das Thema in der Fragestunde des Deutschen Bundestages . (Plenarprotokoll 18/217). Laut den Antworten sah die Bundesregierung bis zu diesem Zeitpunkt offenbar keinen Grund zu einer Neuregelung hinsichtlich der Netzzubaugebiete und einem Verbot der Strommengenübertragung auf Atomkraftwerke und konventionelle Kraftwerke zu kommen. Das Scheitern der bisherigen Regelung zu einer Brennelementesteuer vor dem Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 13. April 2017 hat den Atomkonzernen jüngst eine Rückzahlung von circa 7 Mrd. Euro beschert. Eine Studie des Forums Ökologische-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) kommt zu dem Ergebnis, dass bei Verzicht auf eine verfassungskonforme Neuregelung dieser Steuer dem Bund in der Summe der Jahre von 2017 bis 2022 Steuereinnahmen zwischen 3,9 und 5,8 Mrd. Euro entgehen. In dem genannten Zeitraum werden die AKWbetreibenden Unternehmen einen zusätzlichen Gewinn durch das Fehlen dieser Steuer von ca. 2,9 bis 4,4 Mrd. Euro erzielen (vgl. FÖS – Kurzanalyse im Auftrag von Naturstrom AG, Kernbrennstoffsteuer nach 2016?, 9/2016; www.foes.de/ pdf/2016-09-Kurzanalyse-Kernbrennstoffsteuer-nach-2016.pdf). 1. Wann werden welche Atomkraftwerke ohne zusätzliche Strommengenübertragung nach derzeitigem Kenntnisstand der Bundesregierung bei unterstelltem Normalbetrieb ihre Reststrommengen verbraucht haben (bitte einzeln auflisten)? 2. Bestätigt die Bundesregierung nach ihrer Kenntnis, dass einzelne Atomkraftwerke ihre Reststrommengen bereits vor dem gesetzlich festgelegten Abschalttermin erreicht haben könnten? Falls ja, für welche Atomkraftwerke könnte dies gelten (bitte Namen auflisten )? 3. In welcher Höhe (TWh) könnten nach Kenntnis der Bundesregierung jeweils Strommengenübertragungen von abgeschalteten Atomkraftwerken auf noch in Betrieb befindliche AKW erfolgen? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/680 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 4. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung oder haben ihr nachgeordnete Behörden über von den AKW-Betreibern angestrebte Strommengenübertragungen von alten Atomkraftwerken auf derzeit noch in Betrieb befindliche AKW (bitte jeweils angeben, von welchem AKW welche Strommenge an jeweils welche noch in Betrieb befindliche AKW)? Die Fragen 1 bis 4 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Es ist nicht möglich, eine zuverlässige Einschätzung abzugeben, wann die Elektrizitätsmengen der noch im Leistungsbetrieb befindlichen Atomkraftwerke vollständig erzeugt sein könnten. Die tatsächliche Erzeugung von Elektrizitätsmengen liegt unter Berücksichtigung der gemäß dem Atomgesetz geltenden Enddaten für den Leistungsbetrieb in der alleinigen Dispositionsbefugnis der Atomkraftwerksbetreiber . Die Leistung eines Atomkraftwerks – und damit der Umfang der erzeugten Elektrizitätsmengen – werden durch verschiedene Faktoren beeinflusst und schwanken entsprechend. Dies betrifft etwa die Drosselung oder Erhöhung der Leistung im Lastfolgebetrieb angepasst an die jeweilige Nachfrage des Strommarktes , technisch bedingte Leistungsreduktionen sowie die Verringerung der Leistung vor der Einstellung des Leistungsbetriebes. Ebenso ist es nicht möglich, eine zuverlässige Einschätzung abzugeben, in welchem Umfang Elektrizitätsmengen von Atomkraftwerken, die ihre Berechtigung zum Leistungsbetrieb verloren haben, auf noch im Leistungsbetrieb befindliche Atomkraftwerke bis zum Erreichen der gemäß dem Atomgesetz geltenden Enddaten für den Leistungsbetrieb übertragen werden. Entsprechende Übertragungen von Elektrizitätsmengen liegen – wie auch die Erzeugung von Elektrizitätsmengen – in der alleinigen Dispositionsbefugnis der Atomkraftwerksbetreiber. Anfang Januar des Jahres 2018 wurden Elektrizitätsmengen im Umfang von 30 Terrawattstunden (TWh) aus dem Kontingent des Atomkraftwerks Mülheim-Kärlich und im Umfang von 1 TWh aus dem Kontingent des Atomkraftwerks Unterweser auf das Atomkraftwerk Gundremmingen C übertragen. Informationen zu etwaigen zukünftig von den Kernkraftwerksbetreibern geplanten Übertragungen von Elektrizitätsmengen liegen der Bundesregierung nicht vor. 5. Welche Atomkraftwerke liegen derzeit in Netzausbaugebieten? Derzeit liegen die Atomkraftwerke Brokdorf und Emsland in Netzausbaugebieten . 6. Plant die Bundesregierung die Definition weiterer Netzausbaugebiete, könnten gegebenenfalls künftig in möglicherweise neu definierten Netzausbaugebieten Atomkraftwerke liegen? Wenn ja, welche, und ab wann? Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2017) sieht über das bestehende Netzausbaugebiet im Norden Deutschlands hinaus keine weiteren Netzausbaugebiete vor. Das Netzausbaugebiet soll nach § 36c Absatz 7 EEG 2017 bis zum 31. Juli 2019 evaluiert und frühestens zum 1. Januar 2020 angepasst werden. Ob möglicherweise künftig neue Gebiete festgelegt werden, hängt vom Ergebnis der Koalitionsverhandlungen und von den Entscheidungen einer neuen Bundesregierung ab. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/680 7. Hat sich die Bundesregierung mit den genannten Forderungen der Umweltministerkonferenzen im Dezember 2016 und im Mai 2017 befasst, wonach Strommengenübertragungen an Atomkraftwerke, die in Netzausbaugebieten liegen, künftig nicht mehr zulässig sein sollen? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Die Beschlüsse stehen, wie im Vorwort zu dieser Kleinen Anfrage korrekt zitiert, unter dem Vorbehalt der Beachtung der verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen . Insoweit verweist die Bundesregierung auf die hierzu geltende Rechtslage sowie das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2016, wonach die konzerninterne Erzeugung der Elektrizitätsmengen nach Anlage 3 Spalte 2 des Atomgesetzes einschließlich der bestehenden Übertragungsmöglichkeiten verfassungsrechtlich zu berücksichtigen ist. Dies schließt die Möglichkeit der Übertragung nach § 7 Absatz 1b des Atomgesetzes ein. 8. Bestätigt die Bundesregierung den Beschluss der 88. Umweltministerkonferenz (TOP 18, Nummer 2), dass „die aktuelle konventionelle Mindestleistung das für die Gewährleistung der Netzstabilität erforderliche Maß deutlich übersteigt“? Wenn nein, warum nicht? Die Bundesnetzagentur hat in ihrem Bericht gemäß § 63 Absatz 3a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) i. V. m. § 12 Absatz 5 Satz 1 Nummer 4 EnWG vom 31. März 2017 festgestellt, dass in den analysierten Stunden die Mindesterzeugung 3,2 bis 4,6 Gigawatt und der konventionelle Erzeugungssockel 18,8 bis 23,6 Gigawatt betrug. Die Mindesterzeugung war damit deutlich geringer als der konventionelle Erzeugungssockel. Die Mindesterzeugung entspricht derjenigen Einspeiseleistung, die direkt einem netztechnischen Grund bzw. einer Systemdienstleistung zurechenbar ist. Der konventionelle Erzeugungssockel umfasst die Kraftwerksleistung, die sich aus anderen Gründen preisunelastisch verhält, also selbst bei negativen Börsenpreisen Strom erzeugt. Zu diesen Gründen gehören unter anderem Kraftwerkstechnik, Wärmebelieferung und Fernwärme im Falle von Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung und Eigenversorgung. 9. Ist die Bundesregierung der Bitte der 88. Umweltministerkonferenz nachgekommen , zu prüfen, wie die Dauerproduktion konventioneller Kraftwerke in Engpasssituationen auf das für die Gewährleistung der Netzstabilität erforderliche Maß reduziert werden kann? Regulatorisch ist die Bundesregierung die Herausforderung der Flexibilisierung des konventionellen Kraftwerksparks über mehrere Schritte angegangen: Alle zwei Jahre evaluiert die Bundesnetzagentur die Mindesterzeugung thermischer Kraftwerke in einem Bericht. Der Bericht wurde erstmals zum 31. März 2017 veröffentlicht. Die Reform der Systemdienstleistungen schreitet voran. So hat die Bundesnetzagentur im Juni des Jahres 2017 neue Ausschreibungsbedingungen für die Regelleistung veröffentlicht. Kürzere Ausschreibungszeiträume und Produktscheiben erleichtern neuen Anbietern die Teilnahme an den Regelleistungsmärkten – und verringern so den Bedarf an netztechnisch erforderlich thermischen Kraftwerken. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/680 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) setzt Anreize für eine flexiblere Kraft-Wärme-Kopplung (KWK): Die Förderung von KWK-Anlagen zwischen 1-50 MW installierter elektrischer Leistung wird mittlerweile ausgeschrieben. Die Ausschreibungsbedingungen sehen vor, dass die Anlagen den gesamten erzeugten Strom ins Netz der öffentlichen Versorgung einspeisen müssen. Durch diesen Ausschluss von Eigenversorgung reagieren die KWK-Anlagen flexibler auf die Strompreissignale. Zudem nehmen die KWK-Anlagen in der Ausschreibung regulär am Redispatch teil. Darüber hinaus wurde im KWKG vorgesehen, dass der KWK-Zuschlag nicht für Strommengen gezahlt wird, die während negativer Preise am Spotmarkt eingespeist wurden. Aufgenommen wurde auch eine Pflicht zur Direktvermarktung des erzeugten Stroms für KWK-Anlagen ab 100 Kilowatt (kW). 10. Prüft die Bundesregierung als Folge aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von Dezember 2016 eine der vom Gericht genannten Optionen? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? 11. Prüft die Bundesregierung als Folge aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von Dezember 2016 zur Rechtmäßigkeit des Atomausstiegs eine Entschädigung der Betreiber für die frühere Abschaltung von Atomkraftwerken , deren Reststrommengen bereits vor den im Atomgesetz genannten Abschaltfristen verbraucht sind? Wenn ja, von welchen Überlegungen geht die Bundesregierung dabei aus, und in welcher Weise erfolgt diese Prüfung? Wenn nein, warum nicht? 12. Schließt die Bundesregierung nach derzeitigem Stand aus, dass es zu einer Regelung kommen könnte, nach der einzelne Atomkraftwerke eine längere Laufzeit erhalten, als derzeit im Atomgesetz geregelt? Wenn nein, warum nicht? Die Fragen 10 bis 12 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Bundesregierung prüft gegenwärtig die Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts . Eine Verlängerung der Laufzeiten einzelner Atomkraftwerke über die derzeit im Atomgesetz geregelten Enddaten zur gestaffelten Beendigung der Nutzung der Kernenergie bis über das Jahr 2022 hinaus ist nicht Gegenstand der Prüfung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/680 13. Hat es nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil von Dezember 2016 zur Rechtmäßigkeit des Atomausstiegs mit den AKW-betreibenden Konzernen Gespräche hinsichtlich einer einvernehmlichen Lösung der aus dem Urteil folgenden Ansprüche gegeben? Wenn ja, wann haben diese jeweils stattgefunden? Was waren die wesentlichen Inhalte dieser Gespräche? Wer war daran jeweils beteiligt? Ist ein Fahrplan für eine Verständigung verabredet worden, und wenn ja, wie sieht dieser aus? Wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung pflegt aufgabenbedingt Kontakte zu einer Vielzahl von Unternehmen . Zu einer systematischen Erfassung dieser Kontakte ist die Bundesregierung nicht verpflichtet und hält diese auch nicht vor. Eine lückenlose Aufstellung von sämtlichen Kommunikationsvorgängen einschließlich der tatsächlichen Gesprächsinhalte kann daher grundsätzlich nicht übermittelt werden. Auch kann nicht ausgeschlossen werden, dass es am Rande von Veranstaltungen oder sonstigen Terminen zu Kontakten mit Unternehmensvertretern gekommen ist. Inwieweit dies tatsächlich der Fall war, kann aus den oben genannten Gründen nicht nachgehalten werden. Die Bundesregierung hat vor diesem Hintergrund die erbetene Abfrage durchgeführt, wobei Gespräche auf Leitungsebene zu dem in der Frage genannten Zusammenhang nachvollzogen wurden. Die nachfolgenden Angaben erfolgen auf der Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse sowie vorhandener Unterlagen und Aufzeichnungen. Demnach hat es Gespräche speziell hinsichtlich einer einvernehmlichen Lösung der aus dem Urteil folgenden Ansprüche nicht gegeben. Ergänzend wird auf die Beantwortung der Schriftlichen Frage 75 der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl vom 14. Juni 2017 auf Bundestagsdrucksache 18/12750 verwiesen. 14. Welchen derzeitigen Marktwert haben nach Kenntnis der Bundesregierung die vom Bundesverfassungsgericht als zu entschädigen genannten Strommengen , bzw. welcher Preis ist aus Sicht der Bundesregierung für eine verfassungskonforme Entschädigung anzusetzen (bitte begründen)? 15. Welche Kosten in welcher Höhe haben die AKW-betreibenden Konzerne gegenüber der Bundesregierung hinsichtlich der zu entschädigenden Strommengen und der gegebenenfalls ebenso zu entschädigenden Investitionen (für Nachrüstungen) bislang genannt, bzw. bis wann werden der Bundesregierung von den Betreibern entsprechende Zahlen genannt werden? Die Fragen 14 und 15 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Wie bereits in der Antwort zu den Fragen 10 bis 12 dargelegt, prüft die Bundesregierung gegenwärtig die Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts . Die Frage der Höhe eines etwaigen verfassungskonformen Ausgleichs ist abhängig von der spezifischen Ausgestaltung der Umsetzung des Urteils sowie weiteren Parametern, die zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschließend bestimmt werden können. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/680 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Der Bundesregierung liegen keine konkreten Informationen über den Umfang von etwaigen in Vertrauen auf das Elfte Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes getätigten und insoweit möglicherweise frustrierten Investitionen zwischen dem 28. Oktober 2010 und dem 16. März 2011 – dem nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts maßgeblichen Zeitraum – vor. Der Zeitpunkt der Benennung etwaiger frustrierter Investitionen durch die Betreiber ist insoweit ebenfalls abhängig von der spezifischen Ausgestaltung der Umsetzung des Urteils. 16. Hat die Bundesregierung Kenntnisse, ob es zwischen den AKW-betreibenden Konzernen Gespräche gab oder gibt, in denen sich diese auf die Modalitäten und Preise für eine Strommengenübertragung über Konzerngrenzen hinweg von abgeschalteten Atomkraftwerken auf für den Weiterbetrieb vorgesehene AKW zu verständigen versuchen? Wenn ja, welche? Übertragungen von Elektrizitätsmengen sowie die hierfür gegebenenfalls zwischen den Konzernen vereinbarten Modalitäten liegen in der alleinigen Dispositionsbefugnis der Atomkraftwerksbetreiber. Der Bundesregierung liegen hierzu keine Kenntnisse vor. 17. Bis wann will die Bundesregierung nach derzeitigen Planungen die aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von Dezember 2016 erforderlichen Anpassungen zum Atomgesetz bzw. zu gegebenenfalls weiteren Gesetzen vorlegen, um eine sachgerechte und zeitlich ausreichende Beratung im Deutschen Bundestag und in seinen Ausschüssen vorlegen, damit das Gesetz rechtzeitig vor Ende Juni 2018 in Kraft treten kann? Die Bundesregierung prüft derzeit den konkreten Regelungsbedarf und wird nach Abschluss der Prüfungen einen Gesetzentwurf vorlegen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333