Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 20. Dezember 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/6858 19. Wahlperiode 28.12.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Kay Gottschalk und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/6347 – Mehr Wagniskapital für Gründer in Deutschland durch die KfW Capital V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Nach dem Eckpunktepapier Wagniskapital des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) aus dem Jahr 2015 wird in Deutschland ca. 0,02 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) investiert, während im Vergleich bspw. in den USA relativ zur Wirtschaftskraft nahezu das Zehnfache (0,17 Prozent des BIP) investiert wird und in Israel sogar das 20-Fache der Wirtschaftskraft als Investitionsmittel zur Verfügung stehen. Weiterhin ist davon die Rede, dass Deutschland eine große Zahl von Weltmarktführern aus dem Mittelstand in der Welt hat. Die „Bedeutung junger Wachstumsunternehmen [ist] im Vergleich zu Ländern mit einem leistungsfähigen Wagniskapitalmarkt gering“ (www.bundesfinanzministerium.de/ Content/DE/Downloads/Abt_7/2015-Eckpunktepapier-Wagniskapital.pdf; jsessionid=D75C77480E7A24E2CBD4E97B750A1E71?__blob=publication File&v=3 ). Nun vermeldet das „Handelsblatt“ in seiner Ausgabe vom 10. Oktober 2018, dass die Bundesregierung durch eine neue Beteiligungstochter namens KfW Capital die Gründerszene durch Wagniskapital unterstützen will (www. handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/start-up-foerderung-mehr-geldfuer -gruender-kfw-investiert-2-milliarden-euro/23163318.html). 1. Auf welchen Gesetzen beruht die Gründung der KfW Capital? Wie ist das hinter der KfW Capital stehende Konzept? Welche Berechnungen oder Studien liegen der Gründung der KfW Capital zugrunde? Die substanzielle Intensivierung des KfW-Engagements im Bereich Wagniskapital und die im Nachgang erfolgte Gründung der KfW Capital beruht auf einem Beschluss des Deutschen Bundestages vom 30. März 2017 (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie, Bundestagsdrucksache 18/11779). Wie die Bundesregierung in ihrer Unterrichtung des Deutschen Bundestages vom 15. Juni 2017 auf Bundestagsdrucksache 18/12748 ausgeführt hat, einigten sich das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), das Bundesministerium der Finanzen (BMF) und die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) im Nachgang zu dem zitierten Bundestagsbeschluss und nach eingehender Prüfung Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6858 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode auf ein Konzept zur Intensivierung des KfW-Beitrags im Bereich der Wagniskapital - und Beteiligungsfinanzierung. Das in dem zitierten Bundestagsbericht erläuterte Konzept sieht einen quantitativen Ausbau des Zusagevolumens sukzessive bis 2020 auf 200 Mio. Euro pro Jahr sowie einen qualitativen Ausbau mit einer Erweiterung um weitere Förderinstrumente ab dem Jahr 2021 vor. Diese volumenmäßigen und zeitlichen Planvorgaben berücksichtigen den Rahmen, den der Deutschen Bundestag in seinem Beschluss vom 30. März 2017 gesetzt hat, in dem zur Ausweitung des Wagniskapitalangebots bei gleichzeitiger Beachtung des Substanzerhaltungsgebots des ERP-Sondervermögens und der Risikotragfähigkeit und angemessenen Kapitalausstattung der KfW aufgefordert wurde. Zur Frage der organisatorischen Neuaufstellung führte die KfW umfangreiche Benchmark -Gespräche mit professionell agierenden, nationalen und internationalen Marktführern. Anhand verschiedener Kriterien (Marktgängigkeit, Steuerbarkeit [auch aus Risikosicht], Umsetzungsaufwand, Sichtbarkeit und Flexibilität) ergab sich nach eingehender Prüfung unter Einbeziehung von BMWi und BMF eine Präferenz für die Auslagerung des Beteiligungsgeschäfts in eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der KfW, die als dauerhafte und eigenständige Struktur das Beteiligungsgeschäft der KfW übernehmen sollte. Darüber hinaus war zuvor bereits in einer öffentlichen Sachverständigenanhörung des Wirtschaftsausschusses des Deutschen Bundestags betreffend die Ausweitung des KfW-Engagements in der Wagniskapital- und Beteiligungsfinanzierung am 22. März 2017 deutlich geworden , dass die Gründung einer eigenständigen Beteiligungsgesellschaft starke Unterstützung der Sachverständigen erhielt. 2. Welche Gründe sieht die Bundesregierung in Deutschland, dass der deutsche Wagniskapitalmarkt so klein ist? In der Frühphasenfinanzierung von Start-ups ist Deutschland recht gut aufgestellt. Insbesondere in fortgeschrittenen Finanzierungsrunden wird in Deutschland und Europa laut verschiedener Studien jedoch deutlich weniger Wagniskapital bereitgestellt als beispielsweise in den USA oder in Asien. Der Unterschied in der Verfügbarkeit von Wagniskapital in Deutschland und Europa im Vergleich zu den USA und Asien hat vielfältige und zum Teil sich wechselseitig beeinflussende Gründe. Der US-amerikanische Wagniskapitalmarkt hat z. B. eine lange Tradition ; im Vergleich dazu ist der europäische Wagniskapitalmarkt noch recht jung. Damit sind die Erfolgsbilanzen („Track Record“) europäischer Fonds relativ kurz. Der Track Record ist ein wichtiges Entscheidungskriterium für Anleger. Hinzu kommt, dass der Anteil institutioneller Investoren (z. B. Pensionsfonds), die in Wagniskapital investieren, in Deutschland erheblich geringer ist als in den USA. Ein weiterer Faktor sind die in den USA vergleichsweise attraktiveren Exitmöglichkeiten für Investoren. Während in Deutschland ein Verkauf der Beteiligung an ein übernehmendes Unternehmen noch die Regel ist (sog. „trade sale“), gelingt in den USA mehr Start-ups ein (für Investoren lukrativerer) Börsengang. Mit Blick auf den Unterschied zwischen den Investitionsvolumina auf dem europäischen und dem asiatischen Wagniskapitalmarkt ist zu konstatieren, dass gerade in China in hohem Maße staatliche Mittel investiert werden. In Europa setzt u. a. das Beihilferecht enge Grenzen für staatliche Investitionen in Wagniskapital. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/6858 3. Welche Rolle spielt nach Auffassung der Bundesregierung die Bürokratie bei der Gründung von Unternehmen? Die Bundesregierung strebt an, Gründerinnen und Gründer von bürokratischen Anforderungen zu entlasten und Hürden im Gründungsprozess abzubauen. Insbesondere gilt es, durch gebündelte und digitale Verfahren sowie optimierte Verwaltungsprozesse das Gründungsverfahren zu erleichtern. Die Bundesregierung wird das Antrags-, Genehmigungs- und Besteuerungsverfahren vereinfachen, Ziel sollte ein „One-Stop-Shop“ sein. Mit dem Onlinezugangsgesetz, das Bund und Länder verpflichtet, alle Dienstleistungen online im Portalverbund anzubieten , sowie der EU-Verordnung für ein einheitliches digitales Zugangstor, sind wichtige Voraussetzungen geschaffen worden, um künftig Gründungprozesse online durchzuführen. 4. Wie bewertet die Bundesregierung ihre bisherige Umsetzung des Eckpunktepapiers zu Wagniskapital aus dem Jahr 2015? Förderpolitisch sowie regulatorisch sind seit Beschluss des „Eckpunktepapiers Wagniskapital“ der damaligen Bundesregierung im Jahr 2015 erhebliche Fortschritte erzielt worden. Unter anderem wurden folgende Initiativen umgesetzt: 1) Erweiterung und Steuerbefreiung des INVEST-Programms (Verdopplung der maximal förderbaren Investitionssumme auf 500 000 Euro, Erstattung der Steuern auf Veräußerungsgewinne), 2) Einrichtung eines weiteren Akzelerators für deutsche Start-ups im Bereich Life Science in Boston/USA, 3) Start des Ko-Investitionsfonds coparion (Volumen: 225 Mio. Euro), 4) Auflage der 500 Mio. Euro starken ERP/EIF-Wachstumsfazilität, 5) Aufstockung des ERP/EIF-VC- Dachfonds und des European Angel Fonds auf insgesamt 2,7 Mrd. Euro, 6) Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung der steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften , 7) Auflage des High-Tech Gründerfonds III mit einem Volumen von ca. 300 Mio. Euro als öffentlich-private Partnerschaft (von öffentlicher Seite Finanzierung über das ERP-Sondervermögen), 8) Gründung der KfW Capital für einen verbesserten Zugang zu Eigenkapital für junge innovative, schnell wachsende Technologieunternehmen in der Start- und Wachstumsphase in Deutschland . Künftig sollen darüber hinaus mit der „Tech Growth Fund“-Initiative insbesondere Unternehmen in der Wachstumsphase sog. Venture Debt-Finanzierungen zur Verfügung gestellt werden. Eine weitere Herausforderung, die die Bundesregierung aktiv angeht, ist die Zurückhaltung institutioneller Anleger wie zum Beispiel der Versicherungswirtschaft auf dem deutschen Wagniskapitalmarkt. Daher prüft die Bundesregierung zurzeit Maßnahmen, wie institutionelle Investoren stärker an Investitionen in Wagniskapital herangeführt werden und zur Wachstumsfinanzierung junger Unternehmen beitragen können. Mit der Ende November 2018 gestarteten Gründungsoffensive der Bundesregierung sind weitere Maßnahmen in Planung, welche bestehende Gründungshemmnisse reduzieren und Gründungen erleichtern sollen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6858 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 5. Wie bewertet die Bundesregierung den Satz aus dem „Handelsblatt“ vom 10. Oktober 2018: „Die Gesellschaft investiert das Kapital in Fonds, die es Start-ups zur Verfügung stellen – sie muss so nicht jedes Geschäftsmodell selbst prüfen“? Welche Kontrollmechanismen zur Verwendung der Steuermittel als Wagniskapital gibt es? Es stehen umfangreiche Kontrollmechanismen bezüglich der Verwendung der Steuermittel als Wagniskapital zur Verfügung. Bevor eine Investition der KfW Capital in einen Wagniskapitalfonds erfolgt, findet eine umfassende Prüfung zur Identifizierung der Risiken als auch der Ertragschancen statt („due diligence“), in der zahlreiche Sachverhalte geprüft werden (u. a. Investitions-/ Branchenfokus, rechtliche und steuerliche Struktur des Fonds, Aufstellung des Investmentteams, die bisher vom Fondsmanagement erzielte Leistung, überzeugende Anlagestrategie mit zustimmungsfähigen Anlagerichtlinien und vieles mehr). Im Ergebnis bedeutet dies, dass die KfW Capital das Geschäftsmodell des jeweiligen Wagniskapitalfonds sehr intensiv prüft, bevor sie die Investitionsentscheidung trifft. Darüber hinaus müssen Investitionen der KfW Capital über 12,5 Mio. Euro dem fakultativen Aufsichtsrat der KfW Capital vorgelegt werden. Wie beschrieben beinhaltet die Investitionsentscheidung die Festlegung auf den Investitionsfokus und der hieraus definierten Anlagerichtlinien des Wagniskapitalfonds . Eine Einzelfallprüfung der Geschäftsmodelle der Start-ups, in die der Wagniskapitalfonds investiert, erfolgt in der Regel nicht, da das qualifizierte Fondsmanagement nur im Rahmen der mit den Fondsinvestoren vereinbarten Anlagerichlinien investieren darf. Zudem können Investoren wie die KfW Capital regelmäßig einen Sitz in einem Investoren- oder Anlegerbeirat, der bei bestimmten Fondsentscheidungen einzubinden ist, wahrnehmen. Darüber hinaus ist für das BMWi und insbesondere den Bundesrechnungshof entsprechend den Vorgaben der Bundeshaushaltsordnung ein Prüfungsrecht über die ordnungsgemäße Verwendung der öffentlichen Mittel festgelegt, und zwar sowohl mit Blick auf die Beteiligung am Fonds als auch mit Blick auf die Unternehmen im Portfolio des Fonds. 6. Was passiert mit den Beteiligungen, die durch die Vergabe von Wagniskapital gekauft werden? Bei der Beantwortung der Frage ist zu unterscheiden zwischen Beteiligungen, die an Wagniskapitalfonds erworben werden, die ihrerseits in Start-ups und innovative Unternehmen investieren, und direkten Beteiligungen an Start-ups und innovativen Unternehmen (sog. Portfoliounternehmen). Beteiligungen an Wagniskapitalfonds, die beispielsweise die KfW Capital über das Programm „ERP-VC-Fondsinvestments“ eingeht, werden grundsätzlich für die gesamte Fondslaufzeit gehalten (in der Regel 10 Jahre, oftmals mit einer Verlängerungsoption ). Das Engagement ist beendet, wenn der jeweilige Fonds seine eigenen Start-up-Beteiligungen veräußert hat oder diese liquidiert worden sind. Direkte Beteiligungen an Start-ups und jungen, innovativen Unternehmen (wie sie beispielsweise der High-Tech Gründerfonds oder der Ko-Investitionsfonds coparion eingehen) werden zunächst ebenfalls gehalten. Die Haltedauer und der Zeitpunkt der Beendigung des Investments (sog. Exit), beispielsweise durch einen Verkauf der Beteiligung oder (seltener) durch einen Börsengang, hängt von Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/6858 der Anlagestrategie (Investitions- und Branchenfokus, Unternehmensphase der Zielunternehmen) des Fonds und der Entwicklung des jeweiligen Portfoliounternehmens ab. 7. Kennt die Bundesregierung die Aussage im „Handelsblatt“ „Als Leuchtturminvestor will man auch privates Kapital mobilisieren“? Wenn ja, wie bewertet sie diese? Die Mobilisierung zusätzlicher privater Mittel ist erklärtes Ziel der förderpolitischen Aktivitäten der Bundesregierung im Bereich Wagniskapital. Beim notwendigen Engagement der öffentlichen Hand ist immer darauf zu achten, dass dieses partnerschaftlich mit den privaten Marktteilnehmern erfolgt und keine Verdrängung eines privaten Angebots durch öffentliche Aktivitäten stattfindet. Zum einen tragen die Investitionen der KfW Capital in die Wagniskapitalfonds dazu bei, dass das jeweilige Fondsvolumen die notwendige Größe erreicht, die für ein wirtschaftliches Fondsmanagement erforderlich und damit für die Auflage des Fonds entscheidend ist. Zum anderen hat die Beteiligung der KfW Capital laut Marktteilnehmern einen positiven, überaus wichtigen Signaleffekt für andere , potenzielle Investoren, so dass durchaus von der KfW Capital und anderen öffentlichen Investoren wie etwa dem Europäischen Investitionsfonds als „Leuchtturminvestor“ gesprochen werden kann. Hinzu kommt, dass öffentliche Investoren wie die KfW Capital über die Beteiligung hinaus auch weitere, wichtige Unterstützungsleistungen erbringen (etwa bei der Konzeptionierung des Fonds), die für das Einwerben von Mitteln privatwirtschaftlicher Investoren sehr hilfreich sein können. 8. Verfolgt die Bundesregierung mit der Vergabe von Wagniskapital das Ziel, dass private Geldgeber hier verbesserte Konditionen bekommen bzw. die Gelder besser vor Risiko geschützt sind? Ziel der Wagniskapitalinvestitionen mit öffentlichen Mitteln ist die Vergrößerung des deutschen Wagniskapitalmarktes, um günstigere Rahmenbedingungen für die Entwicklung von Start-ups und jungen Technologieunternehmen zu schaffen, die für ein erfolgreiches und dauerhaftes Wachstum unserer Volkswirtschaft von großer Bedeutung sind. Für die Kooperationsprogramme mit dem Europäischen Investitionsfonds (ERP/ EIF-Dachfonds, European Angels Fonds, ERP/EIF-Wachstumsfazilität) sowie für die Investitionen der KfW Capital (Programm der ERP-VC-Fondsinvestments ) sowie für weitere Förderinstrumente wie den Ko-Investitionsfonds coparion gilt im Übrigen das sogenannte „Pari-passu-Prinzip“. Konkret bedeutet dies, dass der Staat gemeinsam mit privaten Investoren zu wirtschaftlich gleichen Konditionen investiert. Eine staatliche Absicherung der privaten Investitionen erfolgt in diesen Programmen nicht. Die Förderung besteht dann beispielsweise darin , dass aus staatlichen Quellen weitere Mittel zur Verfügung gestellt werden, damit die Runde zur Finanzierung eines Start-ups ausreichend groß ist oder ein Fonds eine Größe erreicht, die für ein wirtschaftliches Fondsmanagement nötig ist. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333