Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien vom 8. Januar 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/6921 19. Wahlperiode 09.01.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Simone Barrientos, Brigitte Freihold, Dr. Petra Sitte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/6014 – Washingtoner Erklärung – Stand der Auffindung und Rückgabe NSverfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Während des Nationalsozialismus wurden zahlreiche Eigentümer von Kunstund Kulturgütern aus rassistischen, politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen verfolgt, und sie verloren ihr Vermögen u. a. infolge von Zwangsverkäufen und Enteignungen. An der Enteignung beteiligt waren verschiedene staatliche Behörden, die auf der Grundlage rassistischer Regelungen handelten. Der staatlich organisierte Raub betraf jüdische Mitbürger, Menschen, die als Juden durch den Nationalsozialismus verfolgt wurden, sowie Nichtjuden, namentlich Sinti und Roma sowie Menschen anderer Nationen, und fand dabei nicht nur innerhalb des Deutschen Reichs von 1933 bis 1945, sondern auch in allen von der Deutschen Wehrmacht während des Zweiten Weltkriegs besetzten Gebieten statt. Im Jahr 1998 unterzeichneten 44 Staaten, darunter die Bundesrepublik Deutschland, die „Washingtoner Erklärung“. Die Unterzeichnerstaaten verpflichteten sich, Kunstwerke, die während der NS-Zeit beschlagnahmt und in der Folge nicht zurückerstattet wurden, als Raubkunst zu identifizieren – und „zu restituieren“, das heißt den rechtmäßigen Erben zurückzugeben. Die Washingtoner Erklärung, deren Grundsätze rechtlich nicht bindend sind, stellt einen wichtigen Beitrag dar, um die notwendige Aufarbeitung des Kunstraubs voranzubringen. Dies gilt auch für die im Dezember 1999 verabschiedete „Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz“ (www.kulturgutverluste.de/ Webs/DE/Stiftung/Grundlagen/Gemeinsame-Erklaerung/Index.html). Darin erklärte sich die Bundesregierung dazu bereit, in den verantwortlichen Gremien der Träger einschlägiger öffentlicher Einrichtungen darauf hinzuwirken, dass Kulturgüter, die als NS-verfolgungsbedingt entzogen identifiziert und bestimmten Geschädigten zugeordnet werden können, nach individueller Prüfung den legitimierten früheren Eigentümern bzw. deren Erben zurückgegeben werden. Auf der Grundlage der genannten Erklärungen sind die deutschen Einrichtungen zwar aufgefordert, ihre Bestände nach NS-Raubkunst zu durchsuchen. Daraus Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6921 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode erwächst aber noch kein individueller, einklagbarer Rückgabeanspruch, wie dies in den alliierten Rückerstattungsgesetzen noch vorgesehen war, sondern nur eine freiwillige, moralische Selbstverpflichtung der beteiligten Akteure. Der Verabschiedung der Washingtoner Richtlinien folgte die „Holocaust Era Assets Conference“ von Prag („Prager Konferenz“, Juni 2009), die sich neben weiteren Holocaust-bezogenen Themen vor allem mit der Raubkunst befasste. Die Unterzeichnerstaaten, zu denen auch die Bundesrepublik Deutschland gehört , identifizierten im Hinblick auf die Aufarbeitung des Themenkomplexes NS-Raubkunst vielfältige Probleme, darunter einen mangelhaften Zugang zu Informationen über die Provenienz und zu Archiven, die fehlende Vernetzung und ein zu geringes Problembewusstsein bei den beteiligten Akteuren. In der Theresienstädter Erklärung zu der Konferenz verpflichteten sich die Unterzeichnerstaaten zu weiteren Anstrengungen zur Umsetzung der Washingtoner Richtlinien , um „in Bezug auf Kunstgegenstände, die von den Nationalsozialisten beschlagnahmt wurden, und in Anbetracht der seit der Washingtoner Konferenz erworbenen Erfahrungen […], sicherzustellen, dass ihre Rechtsordnungen oder alternativen Verfahren unter Berücksichtigung der verschiedenen Rechtstraditionen gerechte und faire Lösungen im Hinblick auf NS-verfolgungsbedingt entzogene Kunstgegenstände ermöglichen, und dafür zu sorgen, dass die Ansprüche betreffend die Rückerlangung solcher Kunstgegenstände zügig und auf Grundlage der tatsächlichen und materiellrechtlichen Gesichtspunkte sowie aller einschlägigen, von den Parteien eingereichten Dokumente geklärt werden“ (www.lostart.de/Content/02_Aktuelles/2009/09-11-23_Theresienstaedter_ Erklaerung_DE.html). Vor diesem Hintergrund äußerten die jüdischen Opferverbände bereits 2014 (http://artdaily.com/news/67839/Germany-needs-law-on-Nazi-looted-art--World- Jewish-Congress-President-Ronald-S--Lauder-#.W-bN3TlKjmE) und verstärkt im Zuge der Erkenntnisse im „Fall Gurlitt“ (vgl. Maurice Philip Remy, Der Fall Gurlitt. Die wahre Geschichte über Deutschlands größten Kunstskandal, München 2017) deutliche Kritik am Vorgehen der Bundesregierung bei der Aufarbeitung dieser Verbrechen und an der Umsetzung der Washingtoner Prinzipien in Deutschland auf nationaler und internationaler Ebene (www.welt.de/kultur/ kunst/article173179961/Raubkunst-Ronald-S-Lauders-Appell-an-Deutschland. html). Die wichtigsten Hindernisse der Rückerstattung bestehen nach wie vor darin, dass die beschlagnahmten Kunst- und Kulturgüter umfassend identifiziert werden müssen und dass rechtliche Regelungen fehlen, die darauf abzielen, die Restitution geraubter Kunst, die sich oft im Besitz von Einzelpersonen und Museen befindet, zu erleichtern. Die Bundesregierung beruft sich auf den Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD von 2018, in dem lediglich unverbindlich „an alle öffentlichen kulturbewahrenden Einrichtungen und auch an Privatpersonen“ appelliert wird, „sich einem Begehren auf Anrufung der ‚Beratenden Kommission‘ [Anm. der Fragesteller: vormals Limbach-Kommission] für die Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter nicht zu verschließen “ (KoaV 2018, S. 169). 1. Welche konkreten Maßnahmen hat die Bundesregierung unternommen, um die Umsetzung der beiden in der Vorbemerkung der Fragesteller genannten Absichtserklärungen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu evaluieren und zu veröffentlichen? Mit der 1999 abgegebenen Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz („Gemeinsame Erklärung“) bekennen sich diese zur Umsetzung der Washingtoner Erklärung von 1998 in Deutschland. Die 2009 verabschiedete „Theresienstädter Erklärung “ wird ebenfalls von Deutschland mitgetragen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/6921 Zur Umsetzung der Washingtoner Erklärung und der Gemeinsamen Erklärung haben Bund, Länder und Kommunen eine Vielzahl unterschiedlicher Maßnahmen realisiert. Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 12 verwiesen. Die betreffenden Einrichtungen und Maßnahmen unterliegen der laufenden Beurteilung . Die Gründung des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste im Jahre 2015 erfolgte auf Grund der bis dahin gesammelten Erfahrungen mit dem Ziel, insbesondere die Provenienzforschung zu NS-Raubgut zu stärken, zu bündeln und auszubauen sowie einen zentralen Ansprechpartner für Fragen der Umsetzung der Washingtoner Prinzipien bereitzustellen. Die Beratende Kommission ist 2016 weiterentwickelt worden. Zur Aktualisierung der Handreichung zur praktischen Umsetzung der Gemeinsamen Erklärung wird auf die Antwort zu Frage 20 verwiesen. Die Arbeit des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste selbst wird von einem Stiftungsrat begleitet, in dem Bund, Länder und Kommunen vertreten sind. Zudem besteht ein international besetztes Kuratorium als Beratungsgremium. Die nationale und internationale Vernetzung auf dem Arbeitsgebiet des Zentrums und die Kooperation mit der universitären und außeruniversitären Forschungslandschaft gehören zu seinen expliziten Aufgaben, ebenso wie die Vermittlung von Erkenntnissen durch Publikationen und Veranstaltungen. Durch die genannte Struktur, die Vernetzung und Interaktion des Zentrums wie auch seiner Informationsarbeit ergeben sich Erkenntnisgewinne zum Stand der Umsetzung der Washingtoner Prinzipien. Statistische Angaben zur Fördertätigkeit des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste finden sich auf der Website des Zentrums, vgl. www.kulturgutverluste. de/Webs/DE/Forschungsfoerderung/Projektstatistiken/Index.html und www. kulturgutverluste.de/Webs/DE/Forschungsfoerderung/Projektfinder/Index.html. Die Datengrundlage zu erfolgten Restitutionen oder anderen erreichten gerechten und fairen Lösungen soll weiter verbessert werden. Das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste bietet dazu insbesondere Museen, Bibliotheken und Archiven in Deutschland die Möglichkeit, Restitutionen und andere Lösungen zentral zu erfassen . Zudem soll die sich in Vorbereitung befindende Forschungsdatenbank des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste im Regelbetrieb ab 2020 Erkenntnisse der Provenienzforschung zugänglich machen. Restitution und Entschädigung 2. Welche Überlegungen, Besprechungen oder Planungen hat die Bundesregierung seit dem sog. Fall Gurlitt im Februar 2012 angestellt bzw. durchgeführt, um im Sinne der Washingtoner Erklärung neue gesetzliche Regelungen und alternative Verfahren für eine gerechte und zügige Lösung im Hinblick auf NS-verfolgungsbedingt entzogene kulturelle Objekte, Kunstgegenstände und Judaika zu ermöglichen, namentlich die Restitution des Eigentums oder die Zahlung einer Entschädigung und ggf. auch alternative Wege der Streitbeilegung (bitte nach Datum, beteiligten Behörden, Inhalten der Besprechungen und mit umfassender Begründung auflisten)? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6921 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 3. Welche Überlegungen, Besprechungen oder Planungen hat die Bundesregierung seit dem sog. Fall Gurlitt im Februar 2012 angestellt bzw. durchgeführt, um zu verhindern, dass mögliche Verjährungsfristen aus § 197 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) die Restitution NS-verfolgungsbedingt entzogener Objekte unmöglich machen (bitte nach Datum, beteiligten Behörden, Inhalten der Besprechungen und mit umfassender Begründung auflisten)? Die Fragen 2 und 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Als Mechanismus zur alternativen Streitbeilegung bezüglich NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter wurde bereits 2003 die Beratende Kommission von Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden eingerichtet. Zur Weiterentwicklung der Beratenden Kommission wird auf die Antworten zu den Fragen 21 bis 27 verwiesen. Nach Bekanntwerden des sogenannten Schwabinger Kunstfundes fanden unter der Federführung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) vielfältige Beratungen und Gespräche auf verschiedenen Ebenen zu möglichen gesetzgeberischen Überlegungen zur Verbesserung der zivilrechtliche Rechtsposition der Alt-eigentümer von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut statt, die im Einzelnen nicht lückenlos dokumentiert werden können. Ressortbesprechungen fanden jedenfalls am 24. April 2014, am 19. November 2015, am 26. April 2016, am 6. Juli 2016 und am 28. März 2017 statt. Beteiligt waren neben dem BMJV das Bundeskanzleramt, das Bundesministerium der Finanzen, das Auswärtige Amt, das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien und teilweise das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Gegenstand der Beratungen waren zunächst ein im August 2015 von BMJV vorgelegter „Entwurf eines Gesetzes zur erleichterten Durchsetzung der Rückgabe von abhandengekommenem Kulturgut“ und in der Folgezeit Vorschläge über Änderungen im Verjährungsrecht (§ 197 BGB), im Bereich der Ersitzung (§ 937 BGB) und zur Regelung der öffentlichen Versteigerung (§ 935 BGB). Beratungsgegenstand war ferner ein alternatives oder ergänzendes Konzept für einen fairen und freiwilligen Ausgleich zwischen privaten Besitzern und Alteigentümern von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut. Die intensiven Beratungen konnten noch nicht abgeschlossen werden. Sie haben gezeigt, dass die diskutierten rückwirkenden gesetzlichen Änderungen des Zivilrechts im Bereich des Verjährungsrechts und des Rechts der Ersitzung mit erheblichen Folgeproblemen und nicht zuletzt auch verfassungsrechtlichen Fragen verbunden sind. Auch die Überlegungen zu dem alternativen oder ergänzenden Konzept für einen fairen und freiwilligen Ausgleich zwischen privaten Besitzern und Alteigentümern konnten in der vorangegangenen Legislaturperiode nicht mehr abgeschlossen werden. Die Bundesregierung wird weiterhin prüfen, ob und ggf. welche Möglichkeiten es gibt, die zivilrechtliche Rechtsposition der Alteigentümer von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut zu verbessern. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/6921 4. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über bestehende rechtliche Lösungen und deren Praxis im Hinblick auf die Rückerstattung NS-verfolgungsbedingt entzogener Objekte bzw. jüdischen Kulturguts in der Republik Österreich, der Republik Frankreich, dem Königreich der Niederlande sowie der Republik Polen, und in welcher Hinsicht unterscheiden sich diese Regelungen von den in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Regelungen, und inwiefern könnten solche Verfahren – ggf. in ähnlicher Form – zur Lösung der bestehenden Probleme bei der Restitution geraubten Eigentums oder der Zahlung einer Entschädigung in der Bundesrepublik Deutschland dienen (bitte erläutern)? Eine mit Blick auf die Situation in Deutschland rechtsvergleichende Gesamtdarstellung entsprechender Regelungen zur Rückerstattung NS-verfolgungsbedingt entzogener Objekte bzw. jüdischen Kulturguts und deren Anwendung in Österreich , Frankreich, den Niederlanden sowie Polen liegt der Bundesregierung nicht vor. Zur Übertragung der Regelungen des „Kunstrückgabegesetzes“ der Republik Österreich auf Deutschland wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 6 der Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 19/3951 verwiesen, in der ausgeführt wurde: „Mit der „Gemeinsamen Erklärung“ von 1999 („Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz“ vom Dezember 1999) haben sich Bund, Länder und die kommunalen Spitzenverbände ausdrücklich zu den Washingtoner Prinzipien bekannt und alle öffentlichen Einrichtungen in Deutschland aufgerufen, ihre Kulturgutbestände entsprechend zu überprüfen sowie gerechte und faire Lösungen mit den früheren Eigentümern bzw. deren Rechtsnachfolgern zu finden. Privatrechtlich organisierte Einrichtungen als auch Privatpersonen werden aufgefordert, sich den in der Erklärung niedergelegten Grundsätzen und Verfahrensweisen gleichfalls anzuschließen. Seither haben sich zahlreiche kulturgutbewahrende Einrichtungen in Bund, Ländern und Kommunen im Wege systematischer Provenienzforschung der Aufgabe, NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut in den eigenen Sammlungsbeständen zu identifizieren, intensiv angenommen. Durch das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste unterstützt der Bund diese Provenienzrecherche finanziell. Die Regelungen des österreichischen „Kunstrückgabegesetzes“ ermöglichen, dass (lediglich) im Eigentum des Bundes stehende NS-verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter, die sich in österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen und sonstigem unmittelbaren Bundeseigentum befinden, an ihre ursprünglichen Eigentümer oder deren Rechtsnachfolger zurückgeben werden können. Im Unterschied zum „Kunstrückgabegesetz“ wurde in Deutschland mit der „Gemeinsamen Erklärung“ ein politisch harmonisierter Ansatz für Bund, Länder und Gemeinden geschaffen. Das Bekenntnis der Länder zu den Washingtoner Prinzipien ist im Hinblick auf die föderale Struktur und Aufgabenverteilung in der Bundesrepublik Deutschland von zentraler Bedeutung.“ Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6921 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 5. Welche konkreten Maßnahmen hat die Bundesregierung bislang unternommen und welche plant sie, um neben NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgütern, die sich in öffentlichen Einrichtungen befinden, auch solche zurückzuerstatten, die sich in privaten Einrichtungen und im Besitz von Privatpersonen befinden, oder ihren Verlust durch Zahlung einer Entschädigung zu kompensieren? Mit der Gemeinsamen Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände werden privatrechtlich organisierte Einrichtungen und Privatpersonen aufgefordert, sich den niedergelegten Grundsätzen und Verfahrensweisen zur Umsetzung der Washingtoner Prinzipien anzuschließen. Die Bundesregierung hat sich dafür eingesetzt, dass das als zentraler Ansprechpartner in Deutschland für die Umsetzung der Washingtoner Prinzipien errichtete Deutsche Zentrum Kulturgutverluste die satzungsmäßige Aufgabe hat, ein Angebot für privat getragene Einrichtungen und Privatpersonen bereitzustellen, um diese bei der eigenen Suche nach NS-Raubkunst und Fragen einer gerechten und fairen Lösung zu unterstützen, wenn sie den Washingtoner Prinzipien und der Gemeinsamen Erklärung folgen und an der Unterstützung im Einzelfall ein öffentliches Interesse besteht. Das Zentrum hält neben seinem Informations- und Beratungsangebot im genannten Sinne finanzielle Fördermöglichkeiten auch für Private bereit. Die Rückgabe von Kulturgütern liegt in der Verantwortung der jeweiligen privaten Stellen und Personen. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 2 und 3 verwiesen. 6. Welche konkreten Maßnahmen hat die Bundesregierung bislang unternommen und welche plant sie, um auf zwischenstaatlichem Weg insbesondere mit den Nachbarstaaten die Rückerstattung ehemaligen Eigentums jüdischer Gemeinden oder Religionsgemeinschaften zu unterstützen, sei es durch Restitution dieses Eigentums oder durch Zahlung einer Entschädigung aus Bundesmitteln , und dabei gegebenenfalls auch Einkünfte aus erbenlosem Vermögen zur Verfügung zu stellen? 7. Welche konkreten Maßnahmen hat die Bundesregierung bislang unternommen und welche plant sie, um auf europäischer Ebene die Rückerstattung ehemaligen Eigentums jüdischer Gemeinden oder Religionsgemeinschaften zu unterstützen, sei es durch Restitution dieses Eigentums oder durch Zahlung einer Entschädigung aus Bundesmitteln, und dabei gegebenenfalls auch Einkünfte aus erbenlosem Vermögen zur Verfügung zu stellen? Die Fragen 6 und 7 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Für die Ebene der individuellen Entschädigung hat die Bundesregierung eine Fülle gesetzlicher und außergesetzlicher Regelungen für unterschiedliche Personenkreise , die von nationalsozialistischem Unrecht betroffen waren, geschaffen. Im Bewusstsein seiner historischen Verantwortung für den Holocaust leistet Deutschland für die Überlebenden jährliche Zahlungen von insgesamt über eine Milliarde Euro. Die von Deutschland insgesamt bis Ende 2017 geleisteten Entschädigungszahlungen für nationalsozialistisches Unrecht belaufen sich auf über 75 Mrd. Euro. Es ist erklärter Wille der Bundesregierung, insbesondere den Überlebenden des Horrors in den Konzentrationslagern und Ghettos weiterhin Beistand zu leisten und ihnen einen Lebensabend in Würde zu ermöglichen. Deshalb wird ein hoher Anteil für Pflegeleistungen zugunsten jüdischer Verfolgter aufgewendet. Dabei Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/6921 ist der Bundesregierung bewusst: Das unermessliche Leid, das den überlebenden Opfern von NS-Unrecht zugefügt wurde, kann nicht durch Geld oder andere Leistungen aufgewogen werden. Im Übrigen sind in Deutschland die nach 1945 erbenlosen oder nicht geltend gemachten verfolgungsbedingt entzogenen Vermögensgegenstände nicht bei den Rückgabeverpflichteten verblieben. An Stelle der Rückerstattungsberechtigten oder deren Erben, die – weil sie verstorben waren oder aus sonstigen Gründen – Ansprüche nicht fristgerecht geltend machten, traten die Nachfolgeorganisationen der jüdischen Gemeinden Deutschlands: die Jewish Restitution Successor Organization (IRSO), die Jewish Trust Corporation for Germany (ITC) sowie die Allgemeine Treuhandorganisation (ATO). Deutschland hat sich in späteren Jahren mit den Nachfolgeorganisationen hinsichtlich der rückerstattungsrechtlichen Ansprüche bezüglich des Vermögens jüdischer Gemeinden und Vereinigungen, soweit sie nicht bereits erfüllt waren, abschließend verglichen. Die von den Nachfolgeorganisationen vereinnahmten Vermögenswerte bzw. der Erlösauskehr wurden vor allem für soziale und religiöse Angelegenheiten der jüdischen Gemeinden verwendet. Durch diese Vorgehensweise war ausgeschlossen, dass die Ariseure oder andere Profiteure verfolgungsbedingt entzogene Vermögensgegenstände oder ihren Gegenwert behalten konnten. Eines der Ergebnisse der Prager Konferenz zu Holocaust-Vermögenswerten im Jahr 2009 war die Gründung des European Shoah Legacy Institute (ESLI) durch die tschechische Regierung. Für Deutschland und andere Unterzeichner der Theresienstädter Erklärung sollte damit den Anliegen der Vertreter der Prager Konferenz Rechnung getragen werden. ESLI wurde als freiwilliges Forum der Zusammenarbeit von Staaten, Nichtregierungsorganisationen und Opfergruppen eingerichtet, um Entwicklungen auf den Gebieten zu beobachten und zu fördern, die von der Prager Konferenz abgedeckt wurden. Themenschwerpunkte waren insbesondere bisher die Bereiche Soziale Sicherheit von Holocaust-Opfern in ihren Wohnsitzländern und die Restitution unbeweglichen jüdischen Vermögens, das zwischen 1933 und 1945 den privaten Eigentümern und jüdischen Gemeinden genommen worden war. Programmsätze hierzu enthalten die 2010 verabschiedeten „Guidelines and Best Practices for the Restitution and Compensation of Immovable Property“. Vor diesem Hintergrund hat Deutschland auch die Aktivitäten von ESLI aufmerksam und konstruktiv mitverfolgt sowie an den (Folge-) Konferenzen (2009, 2013 und 2015) teilgenommen. Es war das erklärte Anliegen von ESLI, dass sich die rechtlichen Rahmenbedingungen in den Unterzeichnerstaaten der „Theresienstädter Erklärung“ bei der Verwertung erbenlosen jüdischen Vermögens weiter verbessern, um dadurch den Finanzrahmen zur Unterstützung von in der Erklärung vorgesehenen Aktivitäten zu Gunsten von Holocaust-Überlebenden ausweiten zu können. 8. Wie viele Restitutions- oder Entschädigungsverfahren wurden seit Verabschiedung der Washingtoner Erklärung gemäß § 1 Absatz 6 des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen (VermG) angestrengt und mit welchem Ausgang (bitte nach Datum, Inhalt, Finanzvolumen und Herkunftsland der angemeldeten Ansprüche auflisten)? Im Zeitpunkt der Verabschiedung der Washingtoner Prinzipien (1998) war die Antragsfrist nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (VermG) bereits abgelaufen, so dass keine Ansprüche mehr angemeldet bzw. geltend gemacht werden konnten (§ 30a Absatz 1 Satz 1 VermG). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6921 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 9. Wie viele Schadensersatzansprüche wurden bislang wegen Verfügung und trotz des Verfügungsverbots im Sinne des VermG geltend gemacht (bitte nach Datum, Inhalt, Finanzvolumen und Herkunftsland der angemeldeten Ansprüche auflisten)? Es sind der Bundesregierung keine Verfahren bekannt, wonach Schadensersatzansprüche wegen einer Verfügung trotz Verfügungssperre geltend gemacht wurden . 10. Wie viele Restitutionsverfahren sind derzeit anhängig, bei denen die derzeitigen Eigentümer der Kunstgüter noch nicht bekannt sind (bitte umfassend erläutern)? Aus dem Eigentum des Bundes, das sich in der Kunstverwaltung beim Bundesverwaltungsamt befindet, sind derzeit sechs Verfahren noch offen. In diesen Fällen liegt ein NS-verfolgungsbedingter Entzug vor, die Ermittlung der berechtigten Rechtsnachfolger der ehemaligen Voreigentümer ist aber noch nicht abgeschlossen . Im Einzelnen handelt es sich um folgende Kulturgüter: 1. Ferdinand Waldmüller, „Vorbereitung zum Weinlesefest“, 2. Ferdinand Waldmüller, „Almosen spendendes Kind“, 3. Ferdinand Waldmüller, „Besuch der Großeltern“, 4. Franz von Lenbach, „Graf Schack“, 5. Friedrich von Amerling, „Altersselbstbildnis“, 6. Carl Spitzweg, „Fiat Justitia“. Im Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV) sind derzeit 25 Verfahren nach § 1 Absatz 6 VermG zu beweglichem Vermögen (Kunst- und Einrichtungsgegenstände, Bücher u. ä.) anhängig. Sowohl die Vorkriegseigentümer als auch der Verbleib der Kunst- und Einrichtungsgegenstände werden seitens des BADV im Rahmen der Antragsbearbeitung recherchiert. Diese 25 Verfahren werden ausschließlich nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (VermG) bearbeitet und stehen nicht in Zusammenhang mit der Washingtoner Erklärung. Identifizierung geraubter Kulturgüter und Provenienzforschung 11. Welche konkreten Maßnahmen unternimmt die Bundesregierung, um Kunstwerke zu identifizieren, die von den Nationalsozialisten beschlagnahmt und bis heute nicht zurückerstattet wurden? 12. Plant die Bundesregierung, ihre Bemühungen bei der Identifizierung von Kunstwerken auszuweiten, die während der NS-Zeit geraubt wurden, und wenn ja, durch welche Mittel und Methoden wird das geschehen? Die Fragen 11 und 12 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Zur Umsetzung der Washingtoner Erklärung und der Gemeinsamen Erklärung haben Bund, Länder und Kommunen eine Vielzahl unterschiedlicher Maßnahmen realisiert. Dazu gehören die Lost-Art-Datenbank, die Handreichung zur praktischen Umsetzung der Gemeinsamen Erklärung, die Einrichtung der Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste, die Einrichtung der Beratenden Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter, insbesondere aus jüdischem Besitz, wie auch die Gründung der Arbeitsstelle für Provenienzforschung beim Institut für Museumsforschung der Staatlichen Museen zu Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/6921 Zum 1. Januar 2015 haben auf Initiative der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien Bund, Länder und kommunale Spitzenverbände das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste als rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts mit Sitz in Magdeburg errichtet. Die Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste und die Arbeitsstelle für Provenienzforschung sind im Deutschen Zentrum Kulturgutverluste aufgegangen. Das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste ist zentraler Ansprechpartner für die Umsetzung der Washingtoner Prinzipien in Deutschland. Es initiiert, unterstützt, koordiniert und fördert aus Bundesmitteln dezentral von Museen, Archiven, Sammlungen und Bibliotheken durchgeführte Projekte zur Aufarbeitung des NS- Kulturgutraubs. Die Rahmenbedingungen für Provenienzforschung und Restitutionen wurden in Deutschland seit der Verabschiedung der Washingtoner Erklärung und der Gemeinsamen Erklärung durch die erhöhten Anstrengungen von Bund, Ländern und Kommunen stetig weiterentwickelt. In Deutschland verfügt die Provenienzforschung inzwischen über eine leistungsfähige Forschungsinfrastruktur in Kulturund Wissenschaftseinrichtungen. Die durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) für die dezentrale Provenienzforschung bereitgestellten Mittel wurden seit dem Beginn der Projektförderung durch die ehemalige Arbeitsstelle für Provenienzforschung 2008 kontinuierlich von einer Millionen Euro auf über sieben Millionen Euro im Jahr 2018 erhöht (siehe auch die Antwort zu Frage 16). Die BKM stellte von 2008 bis 2017 insgesamt rund 31 Millionen Euro für die Provenienzrecherche zur Verfügung. Für 2018 und 2019 sind rund 17 Millionen Euro vorgesehen. Der Schwerpunkt dieses Engagements lag und liegt im Bereich der Aufarbeitung des NS-Kulturgutraubes. Die BKM hat im Bundeshaushalt 2018 erreicht, dass Bundeseinrichtungen 10,5 zusätzliche Personalstellen zur Verstärkung der Provenienzforschung erhalten. Die BKM wird Vorgaben machen, die mit Bundesgeldern geförderten Einrichtungen außerdem verpflichten, auch einseitigen Wünschen von Seiten der Anspruchsteller auf Anrufung der Beratenden Kommission nachzukommen. Es wird eine zentrale Anlaufstelle eingerichtet, ein sogenannter „Help Desk“. Barrieren für Opfer des NS-Regimes, ihre Nachkommen und Familien bei der Suche nach und der Rückforderung von verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgütern , wie sie sich aus fehlenden Kenntnissen der deutschen Sprache, der Komplexität des föderalen Systems oder der ihnen unvertrauten deutschen Museumslandschaft ergeben können, sollen dadurch abgebaut werden. Das Zentrum wird ab 2019 auch finanzielle Unterstützung für die Erbensuche an Einrichtungen und Sammler in Deutschland geben. Die bereits jetzt vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste auf seinen Internetseiten bereit gestellte Unterstützung durch Informationen für die Suche nach möglichen Erben soll so ergänzt werden. Der Prozess der Digitalisierung von Museumsinventaren und -beständen soll fortgesetzt werden. Im Bereich des Bundes sind bspw. von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz über zwölf Millionen Bestandsnachweise aus ihren Einrichtungen unter „SPK digital“ online veröffentlicht. Das Deutsche Historische Museum hat bereits über 700 000 Objekte digitalisiert und über 600 000 davon online veröf- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6921 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode fentlicht. Auch das Jüdische Museum Berlin hat Teile seiner Bestände bereits digitalisiert und veröffentlicht. Diese Digitalisierung soll weiter vorangetrieben werden. Die ganz überwiegende Zahl der öffentlichen Sammlungen in Deutschland liegt in der Trägerschaft von Ländern und Kommunen. Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien hat die Kulturministerinnen und -minister der Länder deshalb gebeten, die Einrichtungen der Länder zur Digitalisierung und Veröffentlichung ihrer Bestände anzuhalten. Die Dokumentation von Such- und Fundmeldungen in der vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste betriebenen Lost-Art-Datenbank ist eine bereits bestehende zentrale Ressource für die Verwirklichung der Washingtoner Prinzipien. Zur weiteren Förderung der Transparenz und der Vernetzung der Provenienzforschung erarbeitet das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste eine Forschungsdatenbank , die im Januar 2020 ihren Regelbetrieb aufnehmen wird. Dies soll künftig eine Austauschplattform für alle relevanten Daten der Provenienzforschung bieten . 13. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber, dass sich staatliche kulturbewahrende Einrichtungen an der Forschung zur Provenienz von Kulturgut beteiligt haben, das während der NS-Zeit geraubt wurde (bitte auflisten ), und wie verhält sich diese Zahl im Verhältnis zur Gesamtzahl bestehender staatlicher kulturbewahrender Einrichtungen (in Prozent)? Aufgrund der Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse über die Gesamtzahl der staatlichen kulturgutbewahrenden Einrichtungen in Deutschland, die Provenienzforschung betreiben, vor. Es wird darauf hingewiesen, dass die ganz überwiegende Anzahl von Museen in Deutschland in der Trägerschaft von Ländern und Kommunen liegt. Eine Übersicht über vom Deutschen Zentrum geförderten Projekten, die auch staatliche kulturgutbewahrende Einrichtungen betreffen, findet sich auf der Website des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste unter www.kulturgutverluste. de/Webs/DE/Forschungsfoerderung/Projektstatistiken/Index.html und www. kulturgutverluste.de/Webs/DE/Forschungsfoerderung/Projektfinder/Index.html. 14. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Anzahl von Kunstwerken , die während der NS-Diktatur beschlagnahmt und bis heute nicht zurückerstattet wurden und sich derzeit a) in staatlichen kulturbewahrenden Einrichtungen befinden, b) in privaten Museen und Sammlungen befinden bzw. c) im Besitz von privaten Einzelpersonen befinden? Der Bundesregierung ist die jeweilige Anzahl von Kunstwerken, die während der NS-Diktatur beschlagnahmt und bis heute nicht zurückerstattet wurden und die sich derzeit in staatlichen kulturbewahrenden Einrichtungen, privaten Museen und Sammlungen oder im Besitz von privaten Einzelpersonen befinden, nicht bekannt . Die von der Bundesregierung geförderte Provenienzforschung dient der Identifizierung von Kunstwerken, die während der NS-Diktatur beschlagnahmt und bis heute nicht zurückerstattet wurden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/6921 15. In welcher Form wird der Dialog zum Stand der Provenienzforschung mit den hierfür zuständigen Stellen in den Bundesländern geführt? Im Stiftungsrat des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste wirken Bund, Länder und kommunale Spitzenverbände zusammen. Dazu gehört auch der Austausch über den Stand der Provenienzforschung, deren Förderung in Deutschland eine Kernaufgabe des Zentrums ist. Zum Austausch von Bund, Länder und Kommunen in kulturpolitischen Fragen finden in der Regel zweimal im Jahr kulturpolitische Spitzengespräche statt. Im Rahmen dieser Gespräche wurden auch der Stand der Provenienzforschung wiederholt besprochen und wesentliche Maßnahmen zur Stärkung der Provenienzforschung auf den Weg gebracht (etwa die Gründung des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste). 16. Wie hoch ist der Einsatz an finanziellen Mitteln bzw. an Förderungen durch die Bundesregierung bei der Provenienzforschung seit dem Jahr 2000 (bitte nach Einzeljahren, Verwendung der Mittel, beteiligten Institutionen und Projekten auflisten)? Koordinierungsstelle Magdeburg (Bund/Länder): 2001 – 2009: 215 000 Euro p. a. (= 50 Prozent) 2010 – 2014: 250 000 Euro p. a. (= 50 Prozent) Arbeitsstelle für Provenienzforschung (AfP): 2008 – 2011: 1 Mio. Euro p. a. 2012 – 2013: 2 Mio. Euro p. a. 2014: 3,75 Mio. Euro Deutsches Zentrum Kulturgutverluste (DZK): 2015: 5,3 Mio. Euro 2016: 4,484 Mio. Euro 2017: 5,66 Mio. Euro 2018: 6,155 Mio. Euro Soll: 2019: 8,032 Mio. Euro Projektförderungen: Träger: Staatliche Kunstsammlungen Dresden (SKD) Tagungsband „Kennerschaft zwischen Macht und Moral. Annäherungen an Hans Posse“ (2014 bis 2015): Gesamt: 24 000 Euro Anteil BKM: 6 000 Euro Anteil SKD: 18 000 Euro Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6921 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Träger: Stiftung Preußischer Kulturbesitz/Deutsches Zentrums Kulturgutverluste Taskforce „Schwabinger Kunstfund“ (2013 bis 2015): Gesamt: 1 587 000 Euro Anteil BKM: 846 000 Euro Anteil Freistaat Bayern: 741 000 Euro Träger: Deutsches Zentrums Kulturgutverluste Provenienzrecherche Gurlitt (2016 bis 2018): Gesamt: 1 839 000 Euro (BKM) Träger: Freie Universität (FU) Berlin, Forschungsstelle „Entartete Kunst“ (FSEK) Projekt zur Erforschung der Schnittmenge von „Entarteter Kunst“ und NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut (2016 bis 2018): Gesamt: 735 000 Euro Anteil BKM: 600 000 Euro Anteil FU Berlin: 135 000 Euro Träger: Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK)/Smithsonian Institution „Deutsch-Amerikanischer Austausch zur Provenienzforschung (PREP)“ (2017 bis 2019): Gesamt: 536 000 Euro, Anteil SPK: 20 000 Euro Anteil Smithsonian Institution: 20 000 Euro Anteil BKM: 141 000 Euro Anteil ERP-Sondervermögen („Marshall-Plan“): 355 000 Euro Kooperationspartner: DZK Träger: Deutsches Zentrums Kulturgutverluste Konferenz „20 Jahre Washingtoner Prinzipien“ (2018): Gesamt: 363 000 Euro Anteil BKM: 354 000 Euro Anteil Kulturstiftung der Länder: 9 000 Euro Kooperationspartner: SPK Träger: Deutsches Zentrums Kulturgutverluste Konzeption und Realisierung einer Forschungsdatenbank (2018 bis 2019): Gesamt: 442 000 Euro (BKM) Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 13 – Drucksache 19/6921 Träger: Jüdisches Museum Berlin (JMB) Symposium „Auf deutschen Dachböden und in Museumsdepots: Geraubte Judaica und die Erforschung ihrer Provenienz in Israel und Deutschland“ (2018): Gesamt: 56 000 Euro (BKM) Kooperationspartner: Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum, DZK 17. Welche konkreten Maßnahmen hat die Bundesregierung bislang unternommen und welche plant sie, um eine intensivierte systematische Forschung zur Provenienz von Objekten, die NS-verfolgungsbedingt entzogen wurden, durchzuführen, die neben öffentlichen Einrichtungen auch private Einrichtungen und Privatpersonen einschließt? Es wird auf die Antworten zu den Fragen 5 und 12 verwiesen. 18. Plant die Bundesregierung, relevante Ergebnisse der Provenienzforschung einschließlich laufender Aktualisierungen unter Beachtung der Datenschutzbestimmungen im Internet zugänglich zu machen? Das aus dem Haushalt der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien finanzierte Deutsche Zentrum Kulturgutverluste bereitet die Einrichtung einer Forschungsdatenbank zur Provenienzforschung vor. Diese soll im Januar 2020 ihren Regelbetrieb aufnehmen und die vorliegenden Erkenntnisse zugänglich machen sowie Wissen und Akteure vernetzten. Um den Zugang aus aller Welt zu erleichtern, wird das Angebot mehrsprachig sein. Das Zentrum soll so eine zentrale Austauschplattform für relevante Daten der Provenienzforschung bieten. 19. Welche Überlegungen hat die Bundesregierung seit dem sog. Fall Gurlitt angestellt , um neue Formen der verdachtsunabhängigen Überprüfung privater Sammlungen im Hinblick darauf zu ermöglichen, ob sich dort möglicherweise Objekte befinden, die während der NS-Zeit entzogen wurden? Es wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. 20. Welche Überlegungen hat die Bundesregierung seit dem sog. Fall Gurlitt angestellt , um die Handreichung zur Umsetzung der „Erklärung der Bundesregierung , der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz“ vom Dezember 1999 zu überarbeiten (bitte den Inhalt umfassend begründen)? Es ist beabsichtigt, die „Handreichung zur Umsetzung der ‚Erklärung der Bundesregierung , der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz‘ vom Dezember 1999“, die aus dem Februar 2001 stammt, zu aktualisieren. Dazu befindet sich die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien in vorbereitenden Gesprächen mit den zuständigen Ländervertretern sowie Vertreterinnen und Vertretern der kommunalen Spitzenverbände. Die Gespräche sind noch nicht abgeschlossen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6921 – 14 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 21. Wie viele Anrufungen der Beratenden Kommission gab es seit ihrer Einrichtung im Jahr 2003 vor dem Hintergrund der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts, und wie viele Empfehlungen gab es gegenüber den anrufenden Parteien (bitte nach Jahren getrennt aufführen)? Die Beratende Kommission hat seit ihrem Bestehen zu 15 Fällen Empfehlungen abgegeben. Da die Beratende Kommission nur bei Einverständnis beider Parteien tätig wird, stehen dem ebenso viele Anrufungen gegenüber. Die Empfehlungen sind nach Datum sortiert unter www.kulturgutverluste.de abrufbar. 22. Hat die im Jahr 2016 beschlossene Reform der Limbach-Kommission zu einer steigenden Zahl von Anrufungen der Beratenden Kommission geführt, und um wie viele Fälle handelt es sich dabei bis heute? Die Weiterentwicklung der Beratenden Kommission wurde erst Ende 2016 durchgeführt. Im Jahr 2017 wurde ein Verfahren mit einer Empfehlung abgeschlossen . Aus Sicht der Bundesregierung ist der Zeitraum zu kurz bemessen, um eine sinnvolle Auswertung anzustellen, ob und wie sich die Weiterentwicklung auf die Fallzahlen auswirkt. Es wird darauf hingewiesen, dass die allergrößte Zahl von Restitutionen ohne Anrufung der Kommission erfolgt, weil diese naturgemäß nicht tätig wird, wenn Einvernehmen über eine Restitution besteht. Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. 23. Beabsichtigt die Bundesregierung, die im Jahr 2016 begonnenen Reformen bei der Beratenden Kommission fortzusetzen? Ab sofort werden bundesgeförderte kulturgutbewahrende Einrichtungen durch eine Auflage im Zuwendungsbescheid bzw. Zuweisungsschreiben verpflichtet, dem Wunsch von Anspruchstellern auf Anrufung der Beratenden Kommission zu folgen. Überlegungen zur Verbesserung und Weiterentwicklung werden fortlaufend angestellt. 24. Wodurch oder durch welche Mitglieder der deutschen Beratenden Kommission wird die internationale Dimension der Menschheitsverbrechen der NS- Diktatur widergespiegelt? Aus Sicht der Bundesregierung kann die unvorstellbare Dimension der NS-Verbrechen nicht widergespiegelt werden, insbesondere nicht durch einzelne Personen . Dem Stellenwert für die internationale Gemeinschaft wird durch die vielfältige Expertise der Mitglieder Rechnung getragen. 25. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass auch internationale Erfahrungen bei Restitutionsvorgängen in die Auswahl geeigneter Kandidaten für die Beratende Kommission mit einfließen? Die Mitglieder der Beratenden Kommission werden in Abstimmung des Bundes mit den Ländern und den kommunalen Spitzenverbänden berufen. Für die Auswahl der Mitglieder ist dabei deren Erfahrung von ausschlaggebender Bedeutung. Sowohl im Jahr 2016 als auch im Jahr 2018 ist es gelungen, herausragende Persönlichkeiten für die ehrenamtliche Mitgliedschaft in der Beratenden Kommission zu gewinnen, die mit ihrem Sachverstand und beruflichen Renommee zur anspruchsvollen Arbeit beitragen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 15 – Drucksache 19/6921 26. Welche Verfahrensregeln bestehen zu den Zusammenkünften der Beratenden Kommission, und wie oft tritt die Beratende Kommission jährlich zusammen ? Die Verfahrensordnung der Beratenden Kommission ist unter www.kulturgut verluste.de einsehbar. Die Kommission tritt jährlich etwa dreimal zusammen. 27. Warum verankert die Bundesregierung eine einseitige Anrufung – wie der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz Prof. Dr. Hermann Parzinger bereits am 28. November 2015 öffentlich anmahnte (www.preussischerkulturbesitz .de/fileadmin/user_upload/documents/presse/news/2015/151128_ Provenienzforschung_Rede-P-final-korr.pdf-) – nicht fest in der Verfahrensordnung der Beratenden Kommission? Sofern die Möglichkeit der „einseitigen Anrufung“ bedeutet, dass eine Partei die Beratende Kommission anrufen kann, und die Gegenpartei dadurch zur Mitwirkung an dem Verfahren verpflichtet wird, bedarf dies einer gesetzlichen Grundlage . In diesem Fall käme das Verfahren vor der Beratenden Kommission aber einem Gerichtsverfahren gleich. Ein derartiges Verfahren könnte daher gegen das Rechtsprechungsmonopol der Richter und Gerichte (Artikel 92 GG) verstoßen. Verpflichtet man die Gegenseite nicht zur Mitwirkung am Verfahren, würde die Kommission Empfehlungen auf unvollständiger Grundlage treffen. Die Prüfung der Kommission würde dann auf die Begutachtung der Unterlagen der anrufenden Partei hinauslaufen und beschränkt sein, was dem Zweck der Kommission nicht entsprechen würde. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 23 verwiesen. 28. Welche Schritte unternimmt die Bundesregierung, um gemäß der Washingtoner Erklärung berechtigte Eigentümer und ihre Erben zu ermutigen, ihre Ansprüche auf Kunstwerke anzumelden, die von den Nationalsozialisten beschlagnahmt oder geraubt wurden? Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien wird eine zentrale Anlaufstelle einrichten, einen sogenannten „Help Desk“. Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 12 verwiesen. Auch die Weiterentwicklung der Beratenden Kommission im Jahr 2016 und die Vorgaben, die ab sofort die bundesgeförderten Einrichtungen dazu anhalten, Wünschen von Seiten der Anspruchsteller nach Anrufung der Beratenden Kommission nachzukommen, sollen es berechtigten Anspruchstellern zu NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut erleichtern, diese Ansprüche geltend zu machen . Die Dokumentation von Such- und Fundmeldungen in der vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste betriebenen Lost Art-Datenbank ist zudem eine zentrale Ressource für die Verwirklichung der Washingtoner Prinzipien. Sie schafft Transparenz für die Provenienzforschung insgesamt, ist aber auch ein wichtiges Hilfsmittel für Suchende. Verlorene Kunst- und Kulturgegenstände können identifiziert und eine Informationsgrundlage für Ansprüche gewonnen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6921 – 16 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 29. Warum ist es im Inland öffentlichen Einrichtungen und auch Privatpersonen möglich, Fördermittel für Provenienzforschung beim Deutschen Zentrum für Kulturgutverluste zu beantragen bzw. zu erhalten, außerhalb der Bundesrepublik Deutschland lebenden Privatpersonen mit berechtigtem Interesse aber nicht? Das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste fördert entsprechend seiner Satzung Projekte der Provenienzforschung in öffentlichen Einrichtungen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene in Deutschland. Es bietet zudem Fördermöglichkeiten für privat getragene Einrichtungen und Privatpersonen, wenn sie den Washingtoner Prinzipien und der Gemeinsamen Erklärung folgen und an der Unterstützung im Einzelfall ein öffentliches Interesse besteht. Dies geschieht in Umsetzung der Gemeinsamen Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz. Diese Erklärung dient der Verwirklichung der Washingtoner Prinzipien in Deutschland und hat daher einen inländischen Adressatenkreis. Bei alledem wird der notwendigen grenzüberschreitenden und internationalen Perspektive der Provenienzforschung Rechnung getragen. So gehört die entsprechende Unterstützung der nationalen und internationalen Vernetzung bei der Umsetzung des Stiftungszwecks zu den ausdrücklichen Aufgaben des Zentrums. Privatpersonen und -einrichtungen im Ausland haben im Übrigen die Möglichkeit , mit einem inländischen Kooperationspartner gemeinsam Provenienzforschungsprojekte durchzuführen, deren Gegenstand auch außerhalb Deutschlands liegen kann und so Fördermöglichkeiten des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste zu nutzen. Ein Beispiel ist das Projekt zur Kontextforschung „Berliner Mäzenatentum . Die Kunstsammlung Rudolf Mosse (1843 – 1920). Aufbau – Bedeutung – Verlust“ des Kunsthistorischen Institut der Freien Universität Berlin, das kooperativ im Rahmen der von der Mosse-Erbengemeinschaft gemeinsam mit der Freien Universität ins Leben gerufenen Mosse Art Research Initiative (MARI) (www.geschkult.fu-berlin.de/e/khi/forschung/projekte/drittmittelprojekte/mari/ index.html) durchgeführt wird. Ebenso zu nennen ist das Projekt des Zentralinstituts für Kunstgeschichte (München) „Die Kunsthändlerfamilie Julius, Selma, Hedy und Max Stern und die Geschichte der Galerie Stern, 1913 – 1987. Internationales Kooperationsprojekt zur Rekonstruktion einer exemplarischen deutschjüdischen Familiengeschichte: The Stern Cooperation Project“ (SCP) mit institutionellen Partnern in Kanada und in Israel (vgl. www.zikg.eu/projekte/projektezi /stern-cooperation-project). Maßnahmen im Kontext der Theresienstädter Erklärung 30. Welche konkreten Maßnahmen hat die Bundesregierung bislang unternommen und welche plant sie, um – eingedenk der Erkenntnis aus der Theresienstädter Erklärung, dass bezüglich der Holocaust-Vermögenswerte und damit verbundener Fragen weiterhin Klärungsbedarf besteht, da nur ein Teil des entzogenen Vermögens wiedererlangt oder eine Entschädigung dafür gezahlt wurde – im Einklang mit Punkt 2 dieser Erklärung die Folgen des unrechtmäßigen Vermögensentzugs, z. B. durch Beschlagnahme, Zwangsverkauf und Verkauf in einer Zwangslage, zu korrigieren (bitte nach Datum, beteiligten Behörden und Inhalten der Maßnahmen auflisten)? Die Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Vermögenswerte in der Bundesrepublik Deutschland war in den (im Einzelnen unterschiedlichen) alliierten Rückerstattungsvorschriften von 1947 (amerikanische Zone, französische Zone) und 1949 (britische Zone) sowie von Berlin geregelt. Sie sahen Ansprüche auf Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 17 – Drucksache 19/6921 Rückgewährung und Entschädigung für Vermögensgegenstände vor, die zwischen 1933 und 1945 aus Gründen rassischer, religiöser oder politischer Verfolgung entzogen worden waren. Die Rückgabeansprüche mussten innerhalb bestimmter Fristen angemeldet werden. Das später von der Bundesrepublik Deutschland erlassene Bundesrückerstattungsgesetz von 1957 regelte die nach den alliierten Rückerstattungsgesetzen nicht durchsetzbaren – und deshalb auf einen Geldbetrag oder Schadensersatz gerichteten – Rückerstattungsansprüche. Das Gesetz betraf Vermögenswerte, insbesondere bewegliche Sachen, die verloren oder untergegangen waren, oder deren Herausgabe aus anderen Gründen nicht möglich war. Diese Ansprüche waren allerdings ebenso wie alle anderen Forderungen nach dem Bundesrückerstattungsrecht fristgerecht bei den zuständigen Stellen anzumelden. Alle rückerstattungsrechtlichen Fristen sind bereits vor geraumer Zeit abgelaufen. Fristen enthielt auch das Bundesentschädigungsgesetz, das insbesondere auf den Ausgleich immaterieller Schäden, aber auch von Vermögensschäden, soweit sie nicht unter die Rückerstattung fielen, ausgerichtet war. Neben den Leistungen nach den Rückerstattungsgesetzen konnten zum Ausgleich von Schäden während der NS-Zeit unter bestimmten Voraussetzungen auch Lastenausgleichsleistungen beantragt werden. Nach der Vereinigung Deutschlands wurden für die neuen Bundesländer den Rückerstattungsgesetzen entsprechende Vorschriften in dem mit dem Einigungsvertrag in Kraft getretenen Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen erlassen. Auch hier sind alle Anmeldefristen abgelaufen, die Verwaltungsverfahren beendet. 31. Welche konkreten Fortschritte hat die Bundesregierung bei der Suche nach beschlagnahmten Kulturgütern, bei ihrer Identifizierung und bei der Restitution von Kulturgütern durch staatliche und nichtstaatliche Einrichtungen erzielt , seit im Jahr 1998 die Washingtoner Konferenz über Holocaust-Vermögenswerte abgehalten wurde und die Grundsätze der Washingtoner Konferenz bezüglich der von den Nationalsozialisten beschlagnahmten Kunstgegenstände gebilligt wurden (bitte nach Datum, beteiligten Behörden und Inhalten auflisten)? Zu den realisierten Maßnahmen zur Umsetzung der Washingtoner Prinzipien und der Gemeinsamen Erklärung wird auf die Antworten zu den Fragen 1 und 12 verwiesen . Zu aufgewendeten finanziellen Mitteln wird auf die Antwort zu Frage 16 verwiesen. Insbesondere die projektgebundene Förderung der Provenienzforschung in kulturgutbewahrenden Einrichtungen hat wesentlich zur Identifizierung von NS- Raubkunst in Sammlungen und Beständen beigetragen. Seit den Washingtoner Prinzipien von 1998 wurden bis September 2018 in Deutschland nach Erkenntnissen des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste im Bereich NS-Raubkunst mehr als 5 700 Kulturgüter (ohne Bibliotheksgut) restituiert . Hinzu kommen rund 11 700 Bücher und anderes Bibliotheksgut sowie eine zahlenmäßig nur schwer bestimmbare Menge an Archivalien. Da erfolgte Restitutionen oder andere erreichte gerechte und faire Lösungen im Sinne der Washingtoner Prinzipien nicht in allen Fällen bekannt bzw. erfasst werden, sind diese Zahlen unvollständig. Auf die Antworten zu den Fragen 10 und 13 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6921 – 18 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 32. Welchen konkreten Ansatz verfolgt die Bundesregierung, damit auf einschlägige Archive – unter Berücksichtigung der zentralen Rolle von Organisationen von Überlebenden der Schoah und anderer spezialisierter nichtstaatlicher Organisationen (NGO) – kostenneutral und unbürokratisch zugegriffen werden kann? Im Sinne der Theresienstädter Erklärung gewährleistet die Bundesregierung einen umfassenden Zugriff auf einschlägige Archive – etwa das Bundesarchiv und den vom Bund finanzierten International Tracing Service (ITS) – unter Beachtung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften. Soweit dabei Gebühren nach dem Bundesgebührengesetz (BGebG) und der Bundesarchiv-Kostenverordnung (BArchKostV) anfallen, werden schon jetzt im Rahmen des gebührenrechtlich Zulässigen für die angesprochenen Nutzerkreise möglichst kostengünstige individuelle Lösungen angestrebt. Im Zusammenhang mit dem Erlass einer besonderen Gebührenverordnung für den Geschäftsbereich der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien wird die Bundesregierung generelle Gebührenbefreiungen oder -ermäßigungen aus Gründen der Billigkeit oder des öffentlichen Interesses für eine größere Zahl gleichgelagerter Fälle durch Bestimmung in einer Gebührenverordnung nach § 22 Absatz 3 oder 4 BGebG prüfen. Nach § 9 Absatz 4 BGebG wären auch Ausnahmeregelungen für bestimmte Nutzerkreise – etwa internationale Organisationen, karitative Organisationen oder Forschungsund Bildungseinrichtungen – grundsätzlich möglich. 33. Welche konkreten Forschungs- und Bildungsprogramme hat die Bundesregierung im Anschluss an die Theresienstädter Erklärung zur Schoah, zum Holocaust an den Sinti und Roma und zu anderen Naziverbrechen – namentlich auch im Kontext der sog. Aktion Reinhardt – sowie zu Gedenk- und Gedächtnisfeiern eingeführt, bzw. in welchen Fällen hat sie die Entwicklung entsprechender Forschungs- und Bildungsprogramme gefördert und dabei auch ehemalige Konzentrationslager, Friedhöfe und Massengräber sowie andere Gedenkorte als Mahnmale unterstützt, um eine umfassende Aufklärung und Bewahrung der Erinnerung an die Enteignung und den Raub von Kulturgut durch Nazis sicherzustellen? Auf der Grundlage der Gedenkstättenkonzeption des Bundes aus dem Jahr 2008 (Bundestagsdrucksache 16/9875) fördert die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien in Deutschland – gemeinsam mit den primär für die Erinnerungskultur zuständigen Ländern – eine ganze Reihe von NS-Gedenkstätten und NS-Dokumentationszentren – sowohl institutionell als projektbezogen. Einzelheiten können der genannten Bundestagsdrucksache entnommen werden. Die bundesgeförderten NS-Gedenkstätten und NS-Dokumentationszentren bieten ein umfangreiches Programm der historisch-politischen Bildung an und arbeiten mit Schulen und anderen Bildungsträgern zusammen. Die Bundesregierung ist stetig bemüht, die Bildungsarbeit der Gedenkstätten und Dokumentationszentren zu stärken. So konnten in den letzten Jahren 26 neue Stellen im Bereich der Gedenkstättenpädagogik geschaffen werden. Die Bundesregierung wird außerdem im Jahr 2019 ein neues Programm „Jugend erinnert“ starten, mit dem noch mehr junge Menschen aus allen Teilen der Gesellschaft nachhaltig an die Bildungsangebote der Gedenkstätten und Dokumentationszentren herangeführt werden. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas, das Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma Europas, das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen und der Gedenk- und Informationsort für die Opfer der nationalsozialistischen „Euthanasie“-Morde stehen zudem in besonderer Weise für ein Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 19 – Drucksache 19/6921 mahnendes Gedenken und die Erinnerung an die Menschen, die Opfer des nationalsozialistischen Terrorregime wurden. Zum Internationalen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar finden in den von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien geförderten NS-Gedenkstätten und in besonderer Weise am Denkmal für die ermordeten Juden Europas Veranstaltungen statt, um der Opfer des Nationalsozialismus zu gedenken und insbesondere an den Holocaust zu erinnern. Die KZ-Gedenkstätten begehen zudem die Jahrestage der KZ-Befreiung im Rahmen von Gedenkfeiern, bei denen die Opfer im Mittelpunkt stehen. Am Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma wird am 5. August der Opfer des Holocausts an den Sinti und Roma gedacht. Das Auswärtige Amt unterstützt im Rahmen der Zweckbestimmung des Titels „Projektförderung zur Holocaust-Thematik mit Auslandsbezug“ sowohl Bildungsprogramme als auch Forschungsvorhaben in diesem Bereich. Exemplarisch seien genannt: Bukowinisch-Galizische Literaturstraße (Projekt zur Bewahrung des schriftstellerischen Erbes dieser Region), Sommercamp der jüdischen Gemeinde Thessaloniki für griechische Jugendliche, trilaterale Lehrerfortbildungsexkursion in der Ukraine, Fortbildung für Mitarbeiter jüdischer Museen und Sammlungen, Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern in Zusammenarbeit mit dem Mémorial de la Shoah in Paris, Unterstützung u. a. der Bildungsarbeit von Yad Vashem, regionale Lehrerfortbildung in Belgrad. Im Rahmen des Programms „Jugend erinnert“ sind bi- und trilaterale Jugendbegegnungen geplant. Das Auswärtige Amt unterstützt jährlich die Teilnahme von deutschen Sinti und Roma an der Gedenkfeier am 2. August im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. 34. Welche konkreten Maßnahmen und Bemühungen hat die Bundesregierung im Anschluss an die Theresienstädter Erklärung bislang gefördert und welche plant sie zu fördern bzw. welche Vorschläge und Anregungen hat sie gegenüber den Bundesländern unterbreitet, um die Schoah, den Holocaust an den Sinti und Roma sowie andere Naziverbrechen – namentlich auch im Kontext der sog. Aktion Reinhardt – in den Lehrplan der öffentlichen Bildungssysteme der Bundesrepublik Deutschland aufzunehmen und Mittel für die Lehrerausbildung und für die Entwicklung oder Beschaffung von Material und Ressourcen bereitzustellen, die für diese Bildungsmaßnahmen erforderlich sind? Das Auswärtige Amt unterstützt die Gedenkstätte Yad Vashem in Israel mit jährlich 1 Mio. Euro. Yad Vashem entwickelt Materialien und Methoden zur Holocaustvermittlung in Schulen. Deutschen Schulen kommen diese Materialien über die Vereinbarung zur Zusammenarbeit von Yad Vashem mit inzwischen allen 16 Bundesländern zugute. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6921 – 20 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 35. Welche konkreten Maßnahmen und Bemühungen hat die Bundesregierung im Anschluss an die Theresienstädter Erklärung bislang gefördert und welche plant sie zu fördern bzw. welche Anregungen hat sie gegenüber der Republik Polen unterbreitet, um die deutsche Verantwortung für die Schoah, den Holocaust an den Sinti und Roma sowie andere Naziverbrechen – namentlich auch im Kontext der sog. Aktion Reinhardt – in den Lehrplänen der öffentlichen Bildungssysteme der Republik Polen zu berücksichtigen und Bundesmittel für die Weiterbildung von Fachkräften in Gedenkstätten oder lokalen Vereinen und für die Entwicklung oder Beschaffung von Material und Ressourcen bereitzustellen, die für diese Bildungsmaßnahmen erforderlich sein könnten? Eine solche Einwirkung auf die Lehrpläne der Republik Polen wäre nicht im Sinne der Theresienstädter Erklärung. Im Rahmen der Deutsch-Polnischen Schulbuchkommission wurden jedoch auch diese Fragen mit Blick auf das gemeinsame Schulbuch erörtert. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 33 und 34 verwiesen. 36. Hat die Bundesregierung gegenüber der Republik Polen angeboten, ggf. in Polen bestehende Bildungsprojekte in diesem Sinne zu fördern und hierfür neben Bundesmitteln ggf. auch Einkünfte aus erbenlosem Vermögen zur Verfügung zu stellen? Ein solches Angebot hat die Bundesregierung der Republik Polen nicht unterbreitet . 37. Welche konkreten Maßnahmen und Bemühungen hat die Bundesregierung im Anschluss an die Theresienstädter Erklärung bislang gefördert und welche plant sie zu fördern in der Erkenntnis, dass im Zuge der Schoah auch massenweise Judaika und jüdische Kulturgüter einschließlich heiliger Schriftrollen, Gegenständen aus Synagogen und anderer Kultgegenstände sowie Bibliotheks- und Archivbeständen, Manuskripten und Aufzeichnungen jüdischer Gemeinden geraubt wurden (bitte insbesondere auch Maßnahmen berücksichtigen in Bezug auf Menschen und jüdische Gemeinden, die während der sog. Aktion Reinhardt in den deutschen Vernichtungslagern Treblinka, Belzec und Sobibor planmäßig durch Deutsche ermordet wurden, und darstellen, welche Einkünfte aus erbenlosem Vermögen hierfür ggf. zur Verfügung gestellt werden könnten)? 38. Welche konkreten Maßnahmen und Bemühungen hat die Bundesregierung im Anschluss an die Theresienstädter Erklärung bislang gefördert und welche plant sie zu fördern im Hinblick darauf, Judaika und jüdische Kulturgüter zu identifizieren und zu katalogisieren, die sich in Archiven, Bibliotheken und Museen sowie an anderen staatlichen und nichtstaatlichen Aufbewahrungsorten befinden, um diese an ihre ursprünglichen rechtmäßigen Eigentümer und andere geeignete Einzelpersonen oder Institutionen zurückzugeben sowie eine freiwillige internationale Registrierung von Thorarollen und anderen Judaika in Erwägung zu ziehen? Die Fragen 37 und 38 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Bundesregierung unterstützt zur weiteren Aufklärung des NS-Kulturgutraubes auch Projekte zur Stärkung der Provenienzforschung im Bereich Judaika. So förderte die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien bspw. ein internationales Fachsymposium („Geraubte Judaica – Die Erforschung ihrer Provenienz in Israel und Deutschland“), welches das Jüdische Museum Berlin und die Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum, unterstützt durch das Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 21 – Drucksache 19/6921 Deutsche Zentrum Kulturgutverluste vom 18. bis 19. Juni 2018 in Berlin veranstaltete . Außerdem finanziert die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien aktuell eine Übersetzung des 2018 erschienenen „Handbook on Judaica Provenance Research: Ceremonial Objects“ der Jewish Claims Conference zur Judaika-Provenienzforschung. Die Online-Veröffentlichung der deutschen Fassung ist für Anfang 2019 geplant. Maßnahmen zur Stärkung der Judaika-Provenienzforschung, wie auch der Sensibilisierung kulturgutbewahrender Einrichtungen im Umgang mit Judaika in ihren Sammlungen, dienen nicht zuletzt auch dem Ziel, Rückgaben NS-verfolgungsbedingt entzogener Judaika an berechtige Vorkriegseigentümer bzw. deren Rechtsnachfolger oder Nachfolgegemeinden oder andere gerechte und faire Lösungen mit diesen zu ermöglichen. Zudem soll auch kleineren regionalen kulturgutbewahrenden Einrichtungen ermöglicht werden, die Erinnerung an jüdisches Leben und jüdische Gemeinden in der Region wachzuhalten. Ferner fördert das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste zahlreiche langfristige Projekte kulturgutbewahrender Einrichtungen zur systematischen Erforschung der dortigen Judaikabestände oder -sammlungen, bspw. in den Jüdischen Museen Berlin und Frankfurt am Main, der Universitätsbibliothek Potsdam und dem Museum für Franken in Würzburg. Ein wichtiges Hilfsmittel zur Suche, Registrierung und weiteren Identifizierung möglicherweise NS-verfolgungsbedingt entzogener Judaika bietet zudem die Online -Datenbank „Lost Art“ (www.lostart.de) des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste . Durch eine Kooperation mit dem Israel-Museum in Jerusalem enthält die Lost-Art-Datenbank Ein-träge zu mehr als 1 100 Einzelobjekten aus dem Bestand des Israel-Museums, darunter auch zahlreiche Judaika, auf deren Vorkriegseigentümer es bisher keine Hinweise gibt. Bezüglich der Maßnahmen der Bundesregierung im Bereich der Provenienzforschung wird auf die Antworten zu den Fragen 1, 5 und 12 verwiesen. 39. Was unternimmt die Bundesregierung, um den Online-Handel mit Judaika und jüdischen Kulturgütern zu überprüfen und festzustellen, ob es sich bei den angebotenen Kulturobjekten um ehemals jüdisches Eigentum handelt, das NS-verfolgungsbedingt entzogen wurde, und um möglicherweise geraubte Kulturobjekte religiösen Charakters zu identifizieren und an ihre ursprünglichen rechtmäßigen Eigentümer und andere geeignete Einzelpersonen oder Institutionen zurückzugeben sowie um eine freiwillige internationale Registrierung zu erwirken? 40. Welche Hinweise hat die Bundesregierung darauf, dass auf den Internetportalen ebay.de und allegro.pl Judaika und jüdische Kulturgüter mit religiösem Charakter angeboten werden, und was unternimmt die Bundesregierung, um zu überprüfen, ob es sich bei den Objekten möglicherweise um geraubtes jüdisches Kulturgut handelt? Die Fragen 39 und 40 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Mit Verabschiedung des neuen Kulturgutschutzgesetzes (KGSG), das Anfang August 2016 in Kraft getreten ist, wurden erstmals gesetzliche Sorgfaltspflichten für den gewerblichen Handel mit Kulturgütern formuliert, die den Händler auch zur Provenienzrecherche verpflichten. Allgemein findet diese Pflicht ihre Grenze in der wirtschaftlichen Zumutbarkeit. Für Kulturgüter, bei denen nachgewiesen oder zu vermuten ist, dass sie zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 aufgrund der Verfolgung durch den Nationalsozialismus entzogen worden Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6921 – 22 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode sind, entfällt diese Zumutbarkeitsbeschränkung, es sei denn, das Kulturgut ist an seinen ursprünglichen Eigentümer oder dessen Erben zurückgegeben worden oder diese haben eine andere abschließende Regelung im Hinblick auf den Entzug getroffen (§ 44 Nummer 1 KGSG). Darüber hinaus kann derjenige, der ein Kulturgut von einem Händler erwirbt, die Unterlagen des Händlers auch und gerade zur Provenienzrecherche einsehen, wenn er unter Hinweis auf einen verfolgungsbedingten Entzug des Kulturgutes auf Herausgabe in Anspruch genommen wird (§ 48 KGSG). Der Bundesregierung liegen keine konkreten Hinweise auf NS-verfolgungsbedingt entzogene und im Onlinehandel angebotene Judaika vor. 41. Welche konkreten Maßnahmen und Bemühungen hat die Bundesregierung im Anschluss an die Theresienstädter Erklärung bislang gefördert und welche plant sie zu fördern – in der Erkenntnis, dass die Schoah Jahrhunderten jüdischen Lebens ein Ende setzte und Tausende jüdische Gemeinden in weiten Teilen Europas auslöschte, was dazu führte, dass die Gräber und Friedhöfe von Generationen jüdischer Familien und Gemeinden nicht mehr gepflegt wurden und die sterblichen Überreste Hunderttausender jüdischer Opfer oft in nicht gekennzeichneten Massengräbern über ganz Mittel- und Osteuropa verstreut wurden –, um sicherzustellen, dass diese Massengräber nach rabbinischen Vorgaben identifiziert, geschützt und jüdische Friedhöfe gekennzeichnet, erhalten und vor Schändung bewahrt bzw. gegebenenfalls zu Nationaldenkmälern erklärt werden (bitte insbesondere Maßnahmen in der Republik Polen, der Republik Belarus sowie der Ukraine nach Datum, Inhalt, Kooperationspartner sowie Finanzvolumen auflisten)? Das Auswärtige Amt finanziert seit 2015 das Projekt „From Preservation of Memory to Physical Protection“ zum Schutz und zur Erhaltung der zahllosen verlassenen jüdischen Friedhöfe in Osteuropa, die als Folge des Holocaust von Verfall und Auslöschung bedroht sind. Von 2015 bis 2017 konnten 102 Friedhöfe in der Ukraine, Belarus, Polen, Tschechien, Serbien und Bulgarien umfriedet/geschützt werden. Für 2019 ist die Bewahrung 30 weiterer jüdischer Friedhöfe in der Ukraine , Belarus und Polen geplant. Die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas führt auch 2019 das seit 2016 bestehende Projekt „Erinnerung bewahren“ zur Konservierung von Massenerschießungsstätten in der Ukraine fort. Yahad in Unum führt aus Mitteln des Auswärtigen Amtes finanzierte Forschungsvorhaben zur Erweiterung des Gesamtspektrums der Holocaustforschung durch. Im Fokus stehen hierbei Befragungen der letzten Zeitzeugen von Massenerschießungen von Juden und Roma durch die Nationalsozialisten und die Erschließung der zum Teil noch unbekannten Massengräber. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat fördert – unabhängig von der Washingtoner und der Theresienstädter Erklärung – die Sicherung und Betreuung der Friedhöfe der ehemaligen jüdischen Gemeinden in Deutschland mit derzeit rund drei Millionen Euro jährlich (Kapitel 0601 Titel 632 13). Die bis heute gültige Rechtsgrundlage für die Pflege der verwaisten jüdischen Friedhöfe ist die Vereinbarung vom 21. Juni 1957 zwischen dem Bund und den Ländern sowie den Vertretern der Juden in Deutschland. Gemäß dieser Vereinbarung werden die Kosten zur Sicherung und Betreuung dieser Friedhöfe vom Bund und den Ländern je zur Hälfte übernommen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 23 – Drucksache 19/6921 42. Welche konkreten Maßnahmen hat die Bundesregierung bislang unternommen und welche plant sie eingedenk der Erkenntnis aus der Theresienstädter Erklärung, dass die Folgen des unrechtmäßigen Vermögensentzugs Teil der Verfolgung dieser unschuldigen Menschen und Gruppen waren, von denen die überwiegende Mehrheit keine Erben hinterließ, weshalb auch der sozialen Lage der Überlebenden der Schoah und der anderen Opfer nationalsozialistischer Verfolgung, namentlich Sinti und Roma, zu ihren Lebzeiten gebührende Aufmerksamkeit gewidmet werden muss (bitte konkrete Maßnahmen der Bundesregierung auflisten, welche die Folgen des unrechtmäßigen Vermögensentzugs im Sinne der Theresienstädter Erklärung zu korrigieren versuchen, namentlich die Zahlung spezieller Renten, Leistungen aus der Sozialversicherung für Nichtansässige, die Einrichtung von Sonderfonds sowie den Einsatz von Vermögen aus erbenlosem Besitz)? Die Bundesregierung gewährt seit vielen Jahren sowohl einmalige als auch laufende Entschädigungsleistungen nach den Richtlinien für die Vergabe von Mitteln an Verfolgte nichtjüdischer Abstammung zur Abgeltung von Härten in Einzelfällen im Rahmen der Wiedergutmachung vom 26. August 1981 in der Fassung vom 7. März 1988 (WDF). Diese Leistungen sind in der Vergangenheit immer wieder zugunsten der Verfolgten erhöht worden. Die laufenden Beihilfen betragen zur Zeit 352 Euro monatlich. Diese Beihilfen werden schrittweise – beginnend zum 1. Januar 2019 bis zum 1. Januar 2021 – auf die Höhe der Mindestrente nach dem Bundesentschädigungsgesetz angehoben werden, die derzeit 541 Euro beträgt. Nichtjüdische Verfolgte, also auch Sinti und Roma, die keine deutsche Staatsangehörigkeit haben, können – sofern sie bisher keinerlei Wiedergutmachungsleistungen aus deutscher Quelle (z. B. Globalverträge, Stiftungen, Hirschinitiative) erhalten haben und sie die Antragsvoraussetzungen des § 4 der Richtlinie WDF erfüllen – eine Einmalbeihilfe in Höhe von 2 556 Euro erhalten. Die Entschädigungszahlungen wurden zeitlich bereits deutlich vor der Verabschiedung der Theresienstädter Erklärung aufgenommen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. 43. Welche konkreten Informationen bzw. Hinweise auf Maßnahmen hat die Bundesregierung bislang an das Europäische Institut zur Wahrung des Vermächtnisses der Schoah (Theresienstädter Institut, welches die Arbeit der Prager Konferenz weiterführen soll) über ihre Aktivitäten weitergegeben, die im Zusammenhang mit der Theresienstädter Erklärung stehen, insbesondere auf Gebieten wie Herkunft von Kunstgegenständen, unbewegliches Vermögen , soziale Lage der Überlebenden, Judaika und Bildungsmaßnahmen zum Holocaust? Nach Kenntnis der Bundesregierung hat das Europäische Institut zur Wahrung des Vermächtnisses der Schoah (ESLI) seine Tätigkeit eingestellt. Es wird auf die Antworten zu den Fragen 6 und 7 verwiesen. 44. Welche Bemühungen unternimmt die Bundesregierung, um die Aufarbeitung des NS-Kunstraubs auch auf europäischer und internationaler Ebene voranzubringen? Welche Möglichkeiten für ein gemeinsames regulatorisches Handeln auf EU-Ebene bestehen dabei für die Bundesregierung? Fragen zur Unterstützung der weiteren Aufarbeitung des NS-Kunstraubes sind regelmäßig Gegenstand der bilateralen Gespräche der Bundesregierung mit anderen Staaten. Insbesondere mit Israel bestehen hierzu enge Kontakte. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/6921 – 24 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Zum 20. Jubiläum der Washingtoner Konferenz im November 2018 haben Vertreterinnen und Vertreter Deutschlands und der USA eine Erklärung unterzeichnet . Diese betont, wie wichtig die Umsetzung der Washingtoner Prinzipien von 1998 für beide Länder weiterhin ist. Die Bundesregierung fördert zudem internationale Forschungsvorhaben und den Austausch in der Wissenschaft, z. B. die Förderung des in Antwort zu Frage 38 aufgeführten Fachsymposiums zu Provenienzforschung an Judaica. Das Projekt „Deutsch-Amerikanischer Austausch zur Provenienzforschung – German American Provenance Research Exchange Program“, gemeinsam entwickelt von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und der amerikanischen Smithsonian Institution und gefördert aus Mitteln des ERP-Sondervermögens („Deutsches Programm für transatlantische Begegnung – Marshall-Plan“) und der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (siehe auch die Antwort zu Frage 16), führt eine systematische Vernetzung deutscher und amerikanischer Provenienzforscherinnen und -forscher sowie Museen herbei und ermöglicht eine langfristige, effiziente und nachhaltige Zusammenarbeit. Das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste hat den ausdrücklichen Satzungsauftrag , zur Stärkung der Provenienzforschung und Aufarbeitung des nationalsozialistischen Kunstraubs an der internationalen Vernetzung mitzuwirken. Wesentliche Beiträge dazu sind der vom Zentrum gepflegte internationale Austausch mit entsprechenden europäischen und internationalen Institutionen und Akteuren sowie internationale Veranstaltungen, wie die 2017 ausgerichtete Konferenz „Raub & Handel. Der französische Kunstmarkt unter deutscher Besatzung (1940 – 1944)“ in Bonn und die Internationale Fachkonferenz „20 Jahre Washingtoner Prinzipien: Wege in die Zukunft“ 2018 in Berlin. Das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste steht mit zahlreichen ausländischen Einrichtungen im Rahmen der Zusammenarbeit auf Fachebene in Verbindung. So bestehen bzw. bestanden Gesprächskontakte etwa mit dem ehemaligen European Shoah Legacy Institute (ESLI) in Prag und dem Rechtsausschuss des Europaparlaments . Mit der französischen Entschädigungskommission CIVS ist eine Kooperationsvereinbarung in den Bereichen Forschung, Dokumentation und Öffentlichkeitsarbeit im Rahmen des Themenfelds NS-Raubgut geplant. Auch die sich im Aufbau befindende Forschungsdatenbank des Zentrums wird einen wichtigen Beitrag zur Vernetzung, Erleichterung und Beschleunigung der internationalen Provenienzforschung leisten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333