Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 11. Januar 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/7003 19. Wahlperiode 15.01.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Dr. André Hahn, Gökay Akbulut, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/6594 – Iranische Geheimdienstaktivitäten in Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Geheimdienste der Islamischen Republik Iran haben mehrfach Anschläge auf iranische Oppositionelle im Exil verübt. So wurden in den 1980er und 1990er Jahren eine Reihe von iranischen Oppositionellen in Österreich, Frankreich und Deutschland ermordet. Diese Mordwelle endete damals, nachdem in einem Gerichtsprozess eine direkte Beteiligung der iranischen Führung am Anschlag auf vier iranisch-kurdische Oppositionspolitiker im Berliner Restaurant Mykonos im Jahr 1992 nachgewiesen werden konnte. Seit 2017 gibt es erneut eine Reihe von Morden und Mordversuchen gegen iranische und kurdische Oppositionelle im Ausland (www.t-online.de/nachrichten/deutschland/id_84315642/ der-terror-der-mullahs-in-deutschland-ist-zurueck.html). So wurde im November 2017 ein Aktivist der militanten Untergrundorganisation „Arabische Kampfbewegung für die Befreiung von Ahvaz“ (ASMLA) vor seinem Haus in Den Haag erschossen (www.independent.co.uk/news/world/europe/ ahmad-mola-nissi-dead-shot-netherlands-iran-arab-nationalist-a8046646.html). Im Juni 2018 wurde ein hochrangiger iranischer Diplomat in Deutschland verhaftet . Er soll zwei iranischen Agenten Sprengstoff für einen geplanten Anschlag auf eine Veranstaltung der Oppositionsgruppierung Nationaler Widerstandsrat des Iran (NWRI) in Paris übergeben haben. Im Oktober 2018 gab der dänische Geheimdienst bekannt, dass er einen Mordanschlag auf einen in Kopenhagen lebenden Sprecher der ASMLA vereitelt habe (www.nzz.ch/international/ iran-und-saudiarabien-betreiben-beide-staatsterrorismus-ld.1432631; www. t-online.de/nachrichten/ausland/id_84701066/irans-geheimdienst-soll-anschlagin -daenemark-geplant-haben.html). Am 18. Juli 2018 wurde der Leichnam des iranisch-kurdischen Menschenrechtsaktivisten Iqbal Moradi mit deutlichen Folterspuren im Nordirak aufgefunden. Zuvor waren bereits etliche Aktivisten iranisch -kurdischer Parteien im nordirakischen Exil bei Anschlägen ums Leben gekommen (https://anfdeutsch.com/kurdistan/kurdischer-menschenrechtsaktivistoffenbar -von-pasdaran-ermordet-5677). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7003 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Im Januar 2018 durchsuchte die Polizei in mehreren Bundesländern Wohnungen und Geschäftsräume mutmaßlicher iranischer Agenten. Es bestehe der Verdacht „geheimdienstlicher Agententätigkeit“, erklärte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft (www.t-online.de/nachrichten/deutschland/id_83058576/polizeidurchsucht -wohnungen-iranischer-agenten.html). V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Der parlamentarische Informationsanspruch ist grundsätzlich auf die Beantwortung gestellter Fragen in der Öffentlichkeit angelegt. Die Beantwortung der Fragen 1, 2, 3, 6, 6a, 6b, 7, 7a, 7b und 9 kann jedoch aus Gründen des Staatswohls – teilweise bzw. in Gänze – nicht offen erfolgen. 1. Die Bundesregierung ist nach sorgfältiger Abwägung zu der Auffassung gelangt , dass aus Gründen des Staatswohls die Beantwortung der Fragen 1 und 9 zum Teil und der Frage 2 in Gänze nicht offen erfolgen kann. Nach § 2 Absatz 2 Nummer 4 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum materiellen Geheimschutz (Verschlusssachenanweisung – VSA) sind Informationen, deren Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein können, entsprechend einzustufen . Eine vollständig zur Veröffentlichung bestimmte Antwort der Bundesregierung auf diese Fragen würde Informationen zum Erkenntnisstand, zur analytischen Bewertung und zu Maßnahmen der Nachrichtendienste des Bundes zu sensiblen Sicherheitsfragen einem nicht eingrenzbaren Personenkreis nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland zugänglich machen. Die Veröffentlichung von Einzelheiten zu deren Erkenntnisstand kann daher für die wirksame Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Nachrichtendienste des Bundes und damit für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland nachteilig sein. Die Bundesregierung ist zudem nach sorgfältiger Abwägung zu der Auffassung gelangt, dass aus Gründen des Staatswohls die Beantwortung der Fragen 7, 7a und 7b nicht offen erfolgen kann. Gegenstand dieser Fragen sind solche Informationen, deren öffentliche Bekanntgabe und damit einhergehend die Kenntnisnahme durch Unbefugte erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die bilateralen Beziehungen und damit das Staatswohl der Bundesrepublik Deutschland hätten. Die Antworten auf die oben genannten Fragen sind daher teilweise als Verschlusssache mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Nur für den Dienstgebrauch “ eingestuft und werden dem Deutschen Bundestag gesondert übermittelt .* 2. Die Bundesregierung ist nach sorgfältiger Abwägung ferner zu der Auffassung gelangt, dass aus Gründen des Staatswohls die Beantwortung der Frage 3 teilweise und der Fragen 2, 6, 6a und 6b in Gänze nicht offen erfolgen kann. Arbeitsmethoden und Vorgehensweisen der Nachrichtendienste des Bundes sowie Einzelheiten zur nachrichtendienstlichen Erkenntnislage sind im Hinblick auf die künftige Erfüllung des gesetzlichen Auftrags besonders schutzwürdig. Eine Veröffentlichung von Einzelheiten betreffend solche Erkenntnisse würde zu einer Schwächung der den deutschen Nachrichtendiensten zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Informationsgewinnung führen und ließe Rückschlüsse auf Aufklärungsschwerpunkte zu. Eine Veröffentlichung von Einzelheiten betreffend solche Erkenntnisse würde zudem zu einer wesentlichen * Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hat Teile der Antwort als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Die Antwort ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort von Berechtigten eingesehen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/7003 Schwächung der den Nachrichtendiensten zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Informationsgewinnung führen und für ihre Auftragserfüllung erhebliche Nachteile zur Folge haben. Der Quellenschutz stellt für die Aufgabenerfüllung der Nachrichtendienste einen überragend wichtigen Grundsatz dar. Da ein Rückschluss von den Informationen auf die Informationsquelle nicht ausgeschlossen werden kann, käme die Veröffentlichung der Antwort einer öffentlichen Bekanntgabe der Identität von Quellen gegenüber Unbefugten gleich. Diese würde zum einen die staatliche Fürsorgepflicht gegenüber den Betroffenen verletzen, zum anderen würde die künftige Anwerbung von Quellen schon durch die bloße Möglichkeit des Bekanntwerdens der Identität von Quellen insgesamt nachhaltig beeinträchtigt. Insofern könnte die Offenlegung entsprechender Informationen für die Sicherheit und die Interessen der Bundesrepublik Deutschland schädlich sein. Die Antworten auf die oben genannten Fragen sind daher als Verschlusssache gemäß § 2 Absatz 2 Nummer 3 der VSA mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Vertraulich“ eingestuft und werden dem Deutschen Bundestag zur Einsichtnahme in der Geheimschutzstelle gesondert übermittelt.* 1. Welche iranischen Geheimdienste sind der Bundesregierung bekannt, welche Aufgaben haben diese jeweils, und wem unterstehen sie? Das „Ministry of Intelligence of the Islamic Republic of Iran“ (VAJA, nach seiner früheren Bezeichnung „Ministry of Information and Security“ zumeist MOIS abgekürzt ) ist als ziviler In- und Auslandsnachrichtendienst der wichtigste Nachrichtendienst der Islamischen Republik Iran und stellt ein zentrales Instrument der politischen Führung zur Sicherung ihres Machtanspruches dar. Seine große Bedeutung wird dadurch unterstrichen, dass der Leiter des MOIS im Range eines Ministers dem Kabinett angehört. Daneben verfügt der Iran über weitere Nachrichtendienste. Hierzu gehören u. a. die „Revolutionary Guard Intelligence Organization“ (RGIO), auch als „Revolutionary Guard Intelligence Department“ (RGID) bezeichnet, der Auslandaufklärungs - und Inlandsabwehrdienst des „Islamic Revolutionary Guard Corps“ (IRGC) die auf extraterritoriale Einsätze ausgerichtete, auch nachrichtendienstlich agierende „Quds Force“, eine militärische Spezialeinheit der IRGC die „Security and Intelligence Organization of the Army“, ein militärischer Sicherheits - und Informationsdienst der regulären iranischen Streitkräfte. Die weitere Beantwortung der Frage 1 kann nicht offen erfolgen. Sie ist als Verschlusssache mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Zur Begründung wird auf die Nummer 1 der Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. * Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hat Teile der Antwort als „VS – Vertraulich“ eingestuft. Die Antwort ist in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7003 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2. Welche iranischen Geheimdienste sind nach Kenntnis der Bundesregierung seit wann, in welcher Form und in welcher ungefähren Stärke in der Bundesrepublik Deutschland aktiv? Die Beantwortung der Frage 2 kann aus Gründen des Staatswohls nicht offen erfolgen . Ein Teil der Antwort ist als Verschlusssache mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Nur für den Dienstgebrauch“, ein zweiter Teil mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Vertraulich“ eingestuft. Zur Begründung wird auf die Nummern 1 und 2 der Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Im Übrigen wird auf die Ausführungen im Verfassungsschutzbericht 2017 (Nachrichtendienste der Islamischen Republik Iran: S. 283 ff) verwiesen. 3. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Aktivitäten welcher iranischen Geheimdienste in der Bundesrepublik Deutschland? Der Aufklärungsschwerpunkt des MOIS liegt in der Beobachtung und Bekämpfung oppositioneller Gruppierungen im In- und Ausland. Dabei stehen vor allem die oppositionelle „Volksmodjahedin Iran-Organisation“ (MEK) und ihr politischer Arm, der „Nationale Widerstandsrat Iran“ (NWRI), aber auch iranische Oppositionelle aus dem monarchistischen Spektrum sowie iranisch-kurdische Bewegungen im Fokus. Das MOIS beschafft darüber hinaus auch Informationen aus den Bereichen Außen- und Sicherheitspolitik. Im Vordergrund steht dabei die Aufklärung von Zielen in Deutschland, vereinzelt sind aber auch Personen oder Einrichtungen im europäischen Ausland Ziele des MOIS. Im Gegensatz zum MOIS versuchen hauptamtliche Mitarbeiter sowie Agenten und Unterstützer der Quds Force insbesondere in Deutschland, vorbereitend für den Bedarfsfall Ziele für mögliche Anschläge gegen westliche Objekte auszuforschen . Aus der überwiegenden Mehrzahl der bislang bekannt gewordenen Fälle wird deutlich, dass (pro-)jüdische bzw. (pro-) israelische Einrichtungen in Deutschland sowie einzelne exponierte, für diese Einrichtungen tätige Personen im besonderen Fokus der Quds Force stehen. Gewalttaten (vergleichbar mit dem Mykonos-Attentat auf vier iranisch-kurdische Exilpolitiker in Berlin im September 1992), die nachweislich iranischen staatlichen Stellen zugeordnet werden konnten, sind in den letzten Jahren in Deutschland nicht bekannt geworden. Seit dem Jahr 2014 werden verstärkt Cyberangriffe mit mutmaßlich iranischer Urheberschaft registriert. Das Erkenntnisaufkommen sowie öffentlich verfügbare Informationen über iranische Cyberkampagnen offenbaren hierbei weitreichende globale Aufklärungsinteressen. Die weitere Beantwortung der Frage 3 kann aus Gründen des Staatswohls nicht offen erfolgen. Sie ist als Verschlusssache mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Vertraulich“ eingestuft und wird der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages gesondert übermittelt. Zur Begründung wird auf die Nummer 2 der Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/7003 4. In wie vielen und welchen Fällen wurden seit 1980 nach Kenntnis der Bundesregierung welche straf- oder aufenthaltsrechtlichen Maßnahmen gegen entlarvte iranische Agentinnen und Agenten in Deutschland eingeleitet? Wie viele und welche dieser entlarvten iranischen Agentinnen und Agenten waren Diplomatinnen und Diplomaten? Die Bundesregierung kann die Frage nach „entlarvten“ iranischen Agentinnen und Agenten – ausgehend von der Unschuldsvermutung – belastbar nur in Bezug auf solche strafrechtlichen Ermittlungsverfahren beantworten, die zumindest zu einer Anklageerhebung geführt haben. Im Übrigen liegen Strafakten zu abgeschlossenen Verfahren, die älter als 15 Jahre sind, aufgrund der geltenden Aufbewahrungsbestimmungen des Generalbundesanwaltes beim Bundesgerichtshof (GBA) nicht mehr vor. Dies vorausgeschickt, teilt die Bundesregierung mit, dass der GBA seit 2003 folgende Anklagen wegen des Verdachtes der geheimdienstlichen Agententätigkeit für einen iranischen Nachrichtendienst erhoben hat: Anklage gegen zwei Personen wegen Unterstützung des iranischen Raketenprogramms (Januar 2006) Anklage gegen eine Person wegen Beschaffung von Rüstungsmaterialien (August 2008) Anklage gegen zwei Personen wegen Ausspähung der iranischen Opposition in Deutschland (März 2016) Anklage gegen eine Person wegen Ausspähung u. a. des damaligen Präsidenten der Deutsch-Israelischen Gesellschaft in Berlin (Dezember 2016). Diplomaten als Beschuldigte waren hiervon nicht betroffen. Ergänzend weist die Bundesregierung darauf hin, dass der GBA aktuell mehrere Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts geheimdienstlicher Agententätigkeit für einen iranischen Nachrichtendienst führt. Eines davon betrifft einen iranischen Diplomaten. Der an der iranischen Botschaft in Wien als Botschaftsrat akkreditierte Beschuldigte war am 1. Juli 2018 im Landkreis Aschaffenburg aufgrund eines Europäischen Haftbefehls der belgischen Strafverfolgungsbehörden festgenommen worden. Er ist am 9. Oktober 2018 an die belgischen Justizbehörden überstellt worden. Im Übrigen wird auf die Pressemitteilung des Generalbundesanwalts vom 11. Juli 2018 verwiesen (www.generalbundesanwalt.de/de/ showpress.php?themenid=20&newsid=781). Zu der Teilfrage nach aufenthaltsrechtlichen Maßnahmen teilt die Bundesregierung mit, dass Maßnahmen gegenüber in Deutschland lebenden Ausländern, wie etwa Ausweisungen gemäß §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes, nicht der Zuständigkeit der Bundesregierung unterliegen; sie sind Ländersache. Eine Statistik zu Ausweisungsgründen wird im Bund nicht geführt. Vor diesem Hintergrund ist eine Auskunft speziell zu etwaigen aufenthaltsrechtlichen Maßnahmen gegen Ausländer, die für iranische Nachrichtendienste tätig waren, nicht möglich. Soweit sich die Frage nach Maßnahmen gegen in Deutschland akkreditierte Diplomaten richtet, die für iranische Nachrichtendienste tätig waren, weist die Bundesregierung darauf hin, dass gegen diesen Personenkreis keine aufenthaltsrechtliche Maßnahmen nach dem Aufenthaltsgesetz möglich sind. Gegen Personen mit Diplomatenstatus kommen nur Notifizierungen nach Artikel 9 des Wiener Übereinkommens über die Diplomatischen Beziehungen (WÜD) bzw. Artikel 23 des Wiener Übereinkommens über die konsularischen Beziehungen (WÜK) in Betracht . In Bezug auf Diplomaten, die für iranische Nachrichtendienste tätig waren, Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7003 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode hat die Bundesregierung in den letzten zehn Jahren keine Maßnahmen nach Artikel 9 WÜD oder Artikel 23 WÜK getroffen. Über den genannten Zeitraum hinaus kann die Frage nicht beantwortet werden, da das Auswärtige Amt keine statistischen Daten erhebt, die eine Aufschlüsselung von Maßnahmen nach Artikel 9 WÜD oder Artikel 23 WÜK gegen Diplomaten nach Ländern zulassen, und sich ein Gesamtüberblick im Übrigen auch nicht aus einer äußerst aufwändigen – und daher unverhältnismäßigen – Aktenrecherche ergäbe. 5. Welches waren die Hintergründe der polizeilichen Durchsuchungen von Wohnungen und Geschäftsräumen mutmaßlicher iranischer Agenten im Januar 2018 in mehreren Bundesländern? a) Zu welchem Ergebnis führten die damaligen Razzien, und inwieweit konnte ein Verdacht auf nachrichtendienstliche Tätigkeit erhärtet oder sogar bestätigt werden? Die Fragen 5 und 5a werden gemeinsam beantwortet. Diese Fragen betreffen laufende Ermittlungen des GBA wegen des Verdachts geheimdienstlicher Agententätigkeit für einen iranischen Nachrichtendienst. Weitere Auskünfte hierzu können derzeit nicht erteilt werden, weil ansonsten die Ermittlungen erschwert oder gar vereitelt werden könnten. Trotz der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Pflicht der Bundesregierung, Informationsansprüche des Deutschen Bundestages zu erfüllen, tritt hier nach Abwägung der betroffenen Belange das Informationsinteresse des Parlaments hinter den berechtigten Interessen an der Durchführung des Ermittlungsverfahrens zurück. Das Interesse der Allgemeinheit an der Gewährleistung einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege und Strafverfolgung (vgl. dazu BVerfGE 51, 324 (343 f.)) leitet sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ab und hat somit ebenfalls Verfassungsrang. b) Inwieweit erfolgten im Zuge dieser Ermittlungsverfahrens aufenthaltsrechtliche Maßnahmen welcher Art gegen welche und wie viele Personen ? Auf die in der Antwort zu der Frage 4 erteilte Auskunft zum Kenntnisstand der Bundesregierung zu aufenthaltsrechtlichen Maßnahmen nach dem Aufenthaltsgesetz wird verwiesen. 6. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über das Vorgehen iranischer Geheimdienste gegen iranische Oppositionelle im Ausland? a) Hat die Bundesregierung Kenntnisse über eine mögliche Steigerung der Aktivitäten iranischer Geheimdienste gegen iranische Oppositionelle im Ausland, und wenn ja, worauf führt sie diese Steigerung zurück? b) Gegen welche Oppositionellen bzw. Oppositionsgruppen aus dem Iran im Ausland richten sich die Aktivitäten des iranischen Geheimdienstes nach Kenntnis der Bundesregierung insbesondere? Die Beantwortung der Fragen 6, 6a und 6b kann aus Gründen des Staatswohls nicht offen erfolgen. Sie ist als Verschlusssache mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Vertraulich“ eingestuft und wird der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages gesondert übermittelt. Zur Begründung wird auf die Nummer 2 der Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/7003 7. Wie viele und welche Anschläge auf iranische Oppositionelle im Ausland seit 1980 mit wie vielen und welchen Opfern sind der Bundesregierung bekannt (bitte Ort, Zeitpunkt, Name und politische Funktion der Opfer, Tote und Verletzte sowie gescheiterte oder vereitelte Anschläge angeben)? a) Bei welchen dieser Anschläge wird aufgrund welcher Indizien und von wem eine Täterschaft eines iranischen Geheimdienstes vermutet? b) In welchen dieser Fälle konnte eine solche Täterschaft oder Verwicklung eines iranischen Geheimdienstes von welchem Gericht in welchem Staat nachgewiesen werden? Die Fragen 7, 7a und 7b werden gemeinsam beantwortet. Eine umfassende Antwort über Anschläge auf iranische Oppositionelle im Ausland ist der Bundesregierung nicht möglich, da ihr hierzu kein Gesamtüberblick vorliegt und sich dieser im Übrigen auch nicht aus einer – äußerst aufwändigen und daher unverhältnismäßigen – Aktenrecherche ergäbe. Dies betrifft insbesondere die Frage nach Indizien und Vermutungen der jeweiligen ausländischen Behörden bzw. die von dortigen Gerichten in Strafverfahren festgestellten Täterschaften oder Verwicklungen. Im Übrigen weist die Bundesregierung darauf hin, dass die erbetenen Informationen zum großen Teil aus öffentlichen Quellen erlangt werden können. Die insofern begrenzte Beantwortung der Fragen kann nicht offen erfolgen. Sie ist als Verschlusssache mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Nur für den Dienstgebrauch “ eingestuft. Zur Begründung wird auf die Nummer 1 der Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 8. Inwieweit und aufgrund welcher Erkenntnisse kann die Bundesregierung eine mögliche Gefährdung welcher Art von iranischen Oppositionellen in Deutschland durch Aktivitäten iranischer Geheimdienste erkennen? Der Bundesregierung liegen aktuell keine Hinweise oder Erkenntnisse vor, aus denen sich im Phänomenbereich der politisch motivierten Kriminalität eine konkrete Gefährdung für Leib oder Leben für in Deutschland aufhältige iranische Oppositionelle ableiten ließe. Gleichwohl kann eine abstrakte Gefährdung iranischer Oppositioneller in Deutschland nicht ausgeschlossen werden. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 2, 3 und 6 verwiesen. 9. Was unternimmt die Bundesregierung und was unternehmen nach Kenntnis der Bundesregierung die einzelnen Bundesländer zum Schutz von in Deutschland lebenden iranischen Oppositionellen vor Aktivitäten iranischer Geheimdienste? Für die Durchführung von sogenannten Gefährdetenansprachen oder Sensibilisierungsgesprächen sowie für die Ergreifung gegebenenfalls erforderlicher polizeilicher Schutzmaßnahmen (Personen- bzw. Objektschutz) sind grundsätzlich die Polizeien der Länder zuständig. Bei Vorliegen entsprechender konkreter gefährdungsrelevanter Erkenntnisse entscheiden die zuständigen Polizeidienststellen des betreffenden Landes in eigener Zuständigkeit über die Erforderlichkeit zur Durchführung derartiger Maßnahmen. Da eine entsprechende Meldeverpflichtung der Länder gegenüber dem Bundeskriminalamt (BKA) nicht besteht, liegt der Bundesregierung eine zentrale Übersicht hierüber nicht vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7003 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Soweit dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) Hinweise auf Aktivitäten iranischer Nachrichtendienste gegen iranische Dissidenten in Deutschland vorliegen , wird diesen durch eigene Maßnahmen nachgegangen. Handelt es sich hierbei um konkrete Gefährdungssachverhalte oder ist dies zur Verfolgung von Staatsschutzdelikten erforderlich, erfolgt eine frühzeitige Einbeziehung des BKA und des GBA. In der Folge findet je nach Lageentwicklung eine enge Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen BKA und BfV statt. Zudem werden insbesondere die von den Gefährdungssachverhalten unmittelbar betroffenen Landeskriminalämter und Landesbehörden für Verfassungsschutz eng in den Informationsaustausch eingebunden. Die weitere Beantwortung der Frage 9 kann nicht offen erfolgen. Sie ist als Verschlusssache mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Zur Begründung wird auf die Nummer 1 der Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 10. Welche iranischen bzw. aus dem Iran stammenden Oppositionsgruppierungen sind nach Kenntnis der Bundesregierung in der Bundesrepublik Deutschland aktiv (bitte Gruppierungen und Art der Aktivitäten angeben)? a) Was sind nach Kenntnis der Bundesregierung die jeweiligen politischen Ziele dieser Gruppierungen? Die Fragen 10 und 10a werden gemeinsam beantwortet. In Deutschland weiterhin aktiv ist die in den 1960er Jahren im Iran gegründete Oppositionsgruppe der sogenannten Volksmodjhahedin (Mojahedin-e Khalq, MEK) mit ihrem politischen Arm „Nationaler Widerstandsrat im Iran“ (NWRI). Spätestens seit der Zerschlagung des operativen Arms bemüht sich die MEK darum , als friedliche politische Organisation wahrgenommen zu werden. Eine erneute Radikalisierung erscheint nach derzeitigen Erkenntnissen wenig wahrscheinlich . Die Aktivitäten von MEK/NRWI in Deutschland bestehen daher aus Demonstrationen gegen die iranische Regierung, aus Werbung um politische Unterstützung für ihre Ziele sowie aus Spendengeldsammlungen. Politische Aktionen in Deutschland finden meist als Reaktion auf aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen im Iran statt. Ziel von MEK/NRWI ist der Wechsel des derzeitigen politischen Systems des Iran. Zu weiteren aus dem Iran stammenden Oppositionsgruppen, die in Deutschland aktiv sind, zählt auch die iranische Schwesterorganisation der „Arbeiterpartei Kurdistans“ (PKK), die „Partei für ein freies Leben in Kurdistan“ (PJAK). In Deutschland verfügt diese Gruppe nur über wenige Anhänger, die kaum Aktivitäten entfalten. Ziel der PJAK ist die Einrichtung einer autonomen Selbstverwaltung der Kurden innerhalb der bestehenden Grenzen des Iran. Ferner ist der Bundesregierung eine iranische Oppositionsbewegung mit der Bezeichnung „Restart“ in Deutschland bekannt. Ziel von „Restart“ ist es offenen Quellen zufolge, das iranische Volk zu ermutigen, sich aktiv für einen Regimewechsel im Iran einzusetzen. Sprache und Symbolik der Internetauftritte zu „Restart“ weisen nach Erkenntnissen der Bundesregierung aktuell nicht auf eine religiöse bzw. islamistische Bewegung hin. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/7003 b) Inwieweit kämpfen diese Gruppierungen nach Kenntnis der Bundesregierung innerhalb des Iran auch unter Einsatz von Gewalt für ihre Ziele? Aktuelle Hinweise auf Anwendung von Gewalt seitens der MEK im Iran zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele liegen nicht vor. Die PJAK trat bislang auch gewalttätig für ihr Ziel ein, eine autonome Selbstverwaltung der Kurden innerhalb der bestehenden Grenzen im Iran einzurichten. c) Zu welchen dieser Gruppierungen unterhält die Bundesregierung welche Beziehungen? Die Bundesregierung unterhält keine Beziehung zu den genannten Gruppierungen . 11. Hat die Bundesregierung im Jahr 2018 den iranischen Botschafter aufgrund iranischer Geheimdienstaktivitäten in Deutschland, insbesondere bezüglich der mutmaßlichen Verwicklung eines Diplomaten in Anschlagsplanungen auf eine Versammlung iranischer Oppositioneller in Frankreich, einbestellt? Wenn ja, wann? Wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung hat gegen das Vorgehen iranischer Geheimdienste in der Europäischen Union scharf protestiert und insbesondere den Fall des in Deutschland auf Ersuchen der belgischen Behörden verhafteten iranischen Diplomaten und dessen mutmaßliche Verwicklung in Anschlagsplanungen auf eine Versammlung iranischer Oppositioneller in Frankreich in Gesprächen mit dem iranischen Botschafter wiederholt thematisiert. 12. Welche Themen wurden beim Besuch des iranischen Polizeichefs Ashtari bei der Bundespolizei im Juni 2018 besprochen (vgl. Bundestagsdrucksache 19/5521), und welche Absichtserklärungen oder (auch mündliche) Vereinbarungen wurden dabei getroffen? a) Welche weiteren hochrangigen Begegnungen zwischen der Bundespolizei und der iranischen Polizei haben in den letzten Jahren stattgefunden, und welche Themen wurden dabei besprochen? b) Inwiefern wurde bei diesen Treffen auch die möglicherweise kriminelle Tätigkeit des iranischen Geheimdienstes in Deutschland angesprochen? Die Fragen 12 bis 12b werden zusammen beantwortet. Der Besuch des iranischen Polizeichefs Ashtari bei der Bundespolizei, der im Juli 2018 stattfand, stellte einen Gegenbesuch zu einer vorherigen Delegationsreise der Bundespolizei im Jahr 2017 in den Iran dar. Im Rahmen beider Besuche wurden Gespräche zu den bundespolizeilichen Themenfeldern Grenzsicherheit, Luftsicherheit und Aus- und Fortbildung sowie zu den Organisationsstrukturen beider Behörden geführt. Absichtserklärungen oder Vereinbarungen wurden nicht getroffen . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333