Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 10. Januar 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/7020 19. Wahlperiode 14.01.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Markus Frohnmaier und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/6706 – Entwicklungszusammenarbeit mit Pakistan im Kontext der Religionsfreiheit V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Laut Angaben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) zielt die deutsche Entwicklungszusammenarbeit mit Pakistan darauf ab, „das Partnerland bei der demokratischen Festigung von Staat und Gesellschaft und einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung zu unterstützen “. Für die Jahre 2017 und 2018 seien dafür vom BMZ 83,87 Mio. Euro zugesagt worden. Die Zusammenarbeit konzentriere sich auf die Schwerpunkte „gute Regierungsführung“, „nachhaltige Wirtschaftsentwicklung“ und „Energie“ (www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/pakistan/index.jsp#section-30578162). Pakistan werde dabei insbesondere „beraten, sein Regierungshandeln effizienter , transparenter und bürgerorientierter zu machen“. Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GiZ) GmbH fördere „daher beispielsweise die Dezentralisierung und lokale Regierungsführung. Hierzu zählen auch die staatlichen und zivilgesellschaftlichen Entwicklungsanstrengungen an der Grenze zu Afghanistan“ (www.giz.de/de/weltweit/362.html). Gleichzeitig kritisieren internationale Organisationen wie beispielsweise „World Watch Monitor“ und „Open Doors“ die mangelhafte Sicherstellung der Religionsfreiheit in Pakistan. Auf der Rangliste der Länder, in denen Christen am stärksten verfolgt werden, steht laut der Organisation „Open Doors“ Pakistan an vierter Stelle (www.pro-medienmagazin.de/gesellschaft/weltweit/2017/01/11/ open-doors-200-millionen-christen-weltweit-verfolgt/). Aktuell sorgt der Fall um die pakistanische Christin Asia Bibi weltweit für Aufmerksamkeit . Der Oberste Gerichtshof Pakistans hatte ein Todesurteil gegen Bibi, die wegen „Blasphemie“ vor Gericht gestellt und verurteilt wurde, aufgehoben . Der Oberste Gerichtshof sprach die Frau von allen Vorwürfen frei. Nach Bekanntwerden der Urteilsaufhebung gab es in Pakistan tagelange Proteste von Islamisten und Mordaufrufe gegen die Christin (www.dw.com/de/r%C3%A4tsel raten-um-schicksal-von-asia-bibi-in-pakistan/a-46201914). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7020 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Wie beurteilt die Bundesregierung die Erfolge der deutsch-pakistanischen Entwicklungszusammenarbeit seit 1961? Die deutsch-pakistanische Entwicklungszusammenarbeit (EZ) unterstützt eine wirtschaftlich und demokratisch nachhaltige Entwicklung Pakistans und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung der Region. In Abstimmung mit anderen Gebern konzentriert sie sich auf die Schaffung wirtschaftlicher Perspektiven für die schnell wachsende junge Bevölkerung und auf die Verankerung sozialer und ökologischer Standards für ein breitenwirksames und nachhaltiges Wirtschaftswachstum. Sie richtet sich zudem auf die Verbesserung der staatlichen Dienstleistungen und hat dabei die Grundbedürfnisse der am stärksten benachteiligten Bevölkerungsgruppen im Blick, vor allem solcher, die in extremer Armut leben. Die deutsche EZ hat signifikante Beiträge zu Veränderungen und Reformen in Pakistan geleistet, die seitens der Bundesregierung positiv bewertet werden. Dazu gehören die relative politische Stabilität, die sich am zweiten demokratischen Regierungswechsel 2017 und an der Etablierung demokratisch gewählter Lokalverwaltungen festmachen lässt, die Einführung von Krankenversicherungen für arme Pakistanerinnen und Pakistaner und die Verfassungsänderung vom Mai 2018, die eine Verankerung von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in ganz Pakistan, das heißt, auch in den ehemaligen Stammesgebieten, zur Folge hat. 2. Wie beurteilt die Bundesregierung speziell die Erfolge im Rahmen der deutsch-pakistanischen Entwicklungszusammenarbeit in Bezug auf die „demokratische Festigung von Staat und Gesellschaft“ in Pakistan? Die demokratische Festigung von Staat und Gesellschaft ist ein zentrales Anliegen der deutsch-pakistanischen EZ und wird als solches in allen Projekten verfolgt . Defizite im Bereich der Staatlichkeit und der Regierungsführung sind nach wie vor zu beobachten: Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Regierung ist schwach; die Kapazitäten der staatlichen Akteure sind verbesserungswürdig ; es mangelt an Transparenz und Effektivität in der Verwaltung. Jedoch sind insbesondere in den letzten Jahren deutliche Fortschritte im Bereich der demokratischen Festigung von Staat und Gesellschaft zu verzeichnen, die auch auf die Unterstützung im Rahmen der deutsch-pakistanischen EZ zurückzuführen sind: In ihrer nationalen Entwicklungsagenda „Vision 2025“ benennt die pakistanische Regierung den Themenbereich ‚Gute Regierungsführung‘ prominent als eine von sieben zentralen Säulen für nachhaltige Entwicklung und unterstreicht somit ihr Bekenntnis zu Reformen der Staatlichkeit. Für den Dezentralisierungsprozess hat der 18. Verfassungszusatz von 2010 zur Verschiebung von Verantwortlichkeiten zwischen Bund und Provinzen geführt und eine Stärkung der Kompetenzen auf subnationaler Ebene mit sich gebracht . Die 2015 erstmals in allen Provinzen durchgeführten Lokalwahlen waren ein weiterer Meilenstein für den Dezentralisierungsprozess und haben die Legitimität der Provinzregierungen gestärkt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/7020 Mit einer Verfassungsänderung im Mai 2018 wurde die Voraussetzung für die Integration der ehemaligen Stammesgebiete (Federally Administered Tribal Areas – FATA) in die angrenzende Provinz Khyber Pakhtunkhwa und somit für die Verankerung von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in den ehemaligen Stammesgebieten geschaffen. Die Zahl der registrierten Steuerzahler in den Partnerprovinzen deutsch-pakistanischer EZ ist signifikant angestiegen – im Punjab um 44 Prozent, in Khyber Pakhtunkhwa um 22 Prozent. 3. Welche Rolle spielt nach Ansicht der Bundesregierung die Religionsfreiheit im Kontext einer „demokratischen Festigung von Staat und Gesellschaft“ bei einem Partnerland im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit? Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, das Menschenrecht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit weltweit zu stärken und die Entwicklung pluralistischer Gesellschaften zu unterstützen. Religions- und Weltanschauungsfreiheit bildet das Fundament für offene und demokratische Gesellschaften. Die Verfolgung von religiösen Minderheiten findet in hohem Maße dort statt, wo neben der Religionsfreiheit auch andere Freiheitsrechte sowie rechtsstaatliche Prinzipien missachtet werden und ein gesellschaftliches Klima herrscht, in dem als abweichend empfundenes Verhalten sanktioniert oder sozial geächtet wird. Die Förderung von Religions- und Weltanschauungsfreiheit erfolgt daher durch Maßnahmen, die auf den Umgang mit religiöser Diversität, Förderung von Toleranz, Dialog, Pluralismus , sozialer Kohäsion und Demokratieförderung abzielen, und sie ist unabdingbare Voraussetzung für nachhaltige Entwicklung. 4. Welche entwicklungspolitischen Projekte in Bezug auf die „demokratische Festigung von Staat und Gesellschaft“ unterstützt die Bundesregierung derzeit ? Welche dieser Projekte beziehen sich dabei speziell auf die Stärkung der Religionsfreiheit ? Bezüglich der entwicklungspolitischen Projekte in Bezug auf die „demokratische Festigung von Staat und Gesellschaft“ wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen , vgl. auch Projektübersicht unter www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/ pakistan/index.jsp#section-30578162. Die Förderung und der Schutz des Rechts auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit und des friedlichen Zusammenlebens religiöser, konfessioneller und ethnischer Minderheiten sind wichtige Bestandteile deutscher Außen- und Entwicklungspolitik – und damit auch zentrale Themen des politischen Dialogs der Bundesregierung mit Pakistan. Die deutsche EZ führt aktuell keine Projekte in Pakistan durch, die sich speziell auf die Stärkung der Religionsfreiheit beziehen. 5. Wie bewertet die Bundesregierung die Situation der nichtmuslimischen Religionsgruppen in Pakistan? In Pakistan ist der Islam Staatsreligion – etwa 96 Prozent der Bevölkerung sind Muslime (in der Mehrzahl Sunniten, ca. 15 bis 20 Prozent Schiiten). Die Ahmadis sind eine vom offiziellen Islam ausgegrenzte muslimische Religionsgemeinschaft mit ca. 1 Million Mitgliedern. Neben ca. 3 Millionen Hindus leben geschätzte 2,8 Millionen Christen in Pakistan, daneben Parsen, Sikhs und Buddhisten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7020 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Pakistans Verfassung gewährleistet in der Präambel im Grundsatz die Religionsfreiheit und den Schutz religiöser Minderheiten. Artikel 20 stellt die Freiheit von Glauben und Religionsausübung aber unter Gesetzesvorbehalt. Eine Reihe von Gesetzen und Bestimmungen wirken in unterschiedlichem Maße einschränkend. Laut Verfassung müssen Staatspräsident und Premierminister Muslime sein. Der Eid, den Mitglieder der Nationalversammlung, des Senats und der Regierung abzulegen haben, verpflichtet sie auf den Schutz der „Ideology of Islam“. Pakistans Gesetzgebung gegen Blasphemie gilt als eine der strengsten weltweit. Der Übertritt vom Islam zu anderen Glaubensrichtungen ist im Gegensatz zu anderen islamischen Ländern rechtlich erlaubt, kann aber praktisch zu Anfeindungen führen. Seit Einführung einer Quote für nicht muslimische Minderheiten im Parlament per Verfassungsänderung von Dezember 2003 ist deren Vertretung in beiden Parlamentskammern (Nationalversammlung, Senat) garantiert. Derweil sind religiöse Minderheiten vor allem in Streitkräften, Polizei und Judikative stark unterrepräsentiert . Die Lage der religiösen Minderheiten (vor allem Christen und Hindus) sowie der Ahmadis bleibt schwierig. Eine Bedrohung geht von militanten Organisationen gegen Schiiten, Ahmadis, Sufis und Christen und auch gegen gemäßigte Sunniten aus. 6. Sieht die Bundesregierung einen Zusammenhang zwischen mangelhafter oder ungenügender Religionsfreiheit und Flucht und Vertreibung in Bezug auf Pakistan? Wenn ja, welchen? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse dazu vor, inwieweit sich die Defizite hinsichtlich der Religionsfreiheit in Pakistan auf Fluchtbewegungen auswirken . Insbesondere findet eine statistische Erfassung der Gründe, die ggf. zur Erteilung eines asylrechtlichen Schutzstatus führen, nicht statt. Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse zu individuellen Fluchtgründen aus Pakistan in andere Länder vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333