Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 15. Januar 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/7097 19. Wahlperiode 17.01.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Anna Christmann, Daniela Wagner, Matthias Gastel, Christian Kühn (Tübingen) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/6607 – Ausgleichsregelungen für den Eingriff in den ökologischen Lebensraum innerhalb von Städten V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In Deutschland wird, unter anderem durch große Infrastrukturprojekte, immer mehr Fläche versiegelt und der ökologische Lebensraum von Tieren und Pflanzen dezimiert. Die Eingriffsausgleichsregelung hat zum Ziel, unsere Natur zu erhalten. Negative Folgen durch einen Eingriff in Natur und Landschaft sollen vermieden werden. Falls dies nicht möglich ist, sollen nicht vermeidbare Eingriffe durch entsprechende Maßnahmen zum Erhalt des Naturhaushalts ausgeglichen werden. Passende Ausgleichsflächen zu finden, besonders dann, wenn sie in einem räumlichen Zusammenhang stehen sollen, ist immer schwieriger. Der Druck auf Flächen nimmt aus unterschiedlichen Gründen zu. Zugleich stehen Städte durch den Klimawandel, die einhergehende Erderwärmung und die Zunahme von extremen Wetterereignissen vor großen stadtökologischen und klimatischen Herausforderungen. Das Bahnprojekt Stuttgart–Ulm mit der Neubaustrecke zwischen Stuttgart und Ulm sowie dem Tiefbahnhof Stuttgart 21 stellt einen erheblichen Eingriff in die Umwelt dar. Vor allem durch die Neubaustrecke wird zusätzliche Fläche versiegelt und der bisherige noch bestehende Naturraum zerstört bzw. verändert. Die Eingriffe in den Naturraum werden in der Öffentlichkeit kaum thematisiert oder auf einen Aspekt heruntergebrochen. So zeigt die natur- und artenschutzrechtliche Diskussion im Bereich des Untertürkheimer Güterbahnhofs (PFA 1.6b) beispielhaft: Die Diskussion ist auf die Umsiedlung der Mauereidechsen dezimiert. Dabei wird außer Acht gelassen, dass erhebliche Teile des Güterbahnhofs von wertvollen trocken-warmen Pflanzengesellschaften besiedelt sind und damit von Wirtspflanzen, die von gefährdeten Wildbienen und andere Insektenarten sowie der Zauneidechse benötigt werden. Die zwingend erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen für den Eingriff in Natur- und Landschaft durch Beseitigung der dort lebenden Pflanzen- und Tierarten werden bisher überhaupt nicht thematisiert, weder von der Deutschen Bahn, noch in der Öffentlichkeit . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7097 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Im stark belasteten Stuttgarter Ballungsraum treffen mehrere Naturräume aufeinander . Dem Erhalt der lokalen Natur ist durch die Umsiedelung einer einzigen Art bzw. mit einem Ausgleich im gleichen Naturraum, jedoch in größerer Distanz – außerhalb Stuttgarts – nicht geholfen. Es müssen alle Schutzgüter des Naturhaushaltes berücksichtigt und auch entsprechend ausgeglichen werden. Es wäre zu prüfen, ob auch innovative Stadtbegrünungskonzepte, wie z. B. ökologische , begrünte mobile Stellwände, ein funktionierender Ausgleich für den Naturhaushalt sein können. Mit dieser Anfrage wollen wir klären, welche Ausgleichsmaßnahmen geplant sind, um den Naturraum in Stuttgart zu stärken. 1. Welche Ausgleichsmaßnahmen sind für den Eingriff rund um die Zuführung Ober- und Untertürkheim (PFA 1.6a) derzeit geplant, und in welchem Zeitrahmen werden sie realisiert? Eine Übersicht der Ausgleichsmaßnahmen ist unter folgendem Link öffentlich einsehbar: www.bahnprojekt-stuttgart-ulm.de/de/mediathek/detail/media/pfa-16azufuehrung -ober-und-untertuerkheim-planfeststellungsbeschluss-planaenderungen/ mediaParameter/show/Medium/. Diese Maßnahmen werden in den kommenden Jahren umgesetzt. 2. Werden alle abgestimmten Maßnahmenflächen bei dem zu erbringendem Ausgleich von Zuführung Ober- und Untertürkheim (PFA 1.6a) realisiert? Wenn ja, bis wann ist mit einer fertigen Realisierung zu rechnen? Wenn nein, warum werden nicht alle vereinbarten Maßnahmenflächen wie im Planfeststellungsbeschluss realisiert? Im Planfeststellungsbeschluss PFA 1.6a werden alle im Landschaftspflegerischen Begleitplan vorgesehenen Maßnahmen gemäß Beschlussfassung aus dem Jahr 2007 umgesetzt werden. Die im Zuge von nachfolgenden Planänderungsverfahren erforderlichen Maßnahmen für die dauerhafte ökologische Funktion oder die Maßnahmen zur Sicherung des Erhaltungszustandes wurden bereits umgesetzt oder befinden sich in der Realisierungsphase. 3. Liegen die geplanten Ausgleichsmaßnahmen von PFA 1.6a innerhalb des Stadtgebiets, und wenn nein, warum nicht? Nahezu alle geplanten Ausgleichsmaßnahmen für den PFA 1.6a liegen im Stadtgebiet von Stuttgart. Lediglich Umsiedlungsflächen für die Mauereidechsen befinden sich teilweise angrenzend an das Stadtgebiet, da zum Zeitpunkt der Planeinreichung im Stadtgebiet Stuttgart keine ausreichenden Flächen zur Verfügung standen. 4. Welche Ausgleichsmaßnahmen in Bezug auf Natur und Landschaft sind im bevorstehenden Planfeststellungsbeschluss von Abstellbahnhof Untertürkheim (PFA 1.6b) von der Deutschen Bahn AG geplant? Das Planfeststellungsverfahren im PFA 1.6b ist anhängig, sodass derzeit keine vorgesehenen Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen veröffentlicht werden können. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/7097 5. Liegen die geplanten Ausgleichsmaßnahmen von PFA 1.6b innerhalb des Stadtgebiets, und wenn nein, warum nicht? Innerhalb des zukünftigen Abstellbahnhofes sowie auf in der unmittelbaren Nähe liegenden Flächen werden diverse Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen (z. B. Maßnahmen für Insekten und Eidechsen) umgesetzt. Zudem wurden Ökokontopunkte auf einer Fläche im Landkreis Schwäbisch Hall erworben. 6. Ist für die Umsetzung der Ausgleichsmaßnahmen von PFA 1.6b ein Zeitplan vorgesehen, wie sieht dieser aus, und wird er aktuell eingehalten? Ein konkreter Zeitplan wird mit Vorliegen des Beschlusses zum laufenden Planrechtsverfahren und dem Abschluss der technischen Planung entwickelt werden. 7. Inwiefern wurde die Größe und Kapazität des Abstellbahnhofs Untertürkheim und seiner Zuführungen an die Tatsache angepasst, dass die „Stuttgarter Netze“ des Regionalverkehrs an Wettbewerber der Deutschen Bahn AG vergeben wurden und diese Wettbewerbsunternehmen eigene Abstellanlagen errichten? Aufgrund der Vergabe von Verkehrsleistungen an Wettbewerber der Deutschen Bahn AG wurden zunächst vorgesehene bauliche Anlagen aus den Planungen des PFA 1.6b genommen. Die dadurch freiwerdenden Flächen wurden durch Abstellkapazitäten ausgefüllt, deren Realisierung zuvor an anderer Stelle vorgesehen war. 8. Enthalten nach Kenntnis der Bundesregierung die geplanten Ausgleichsmaßnahmen für das Bahnprojekt Stuttgart 21 innovative Stadtbegrünungskonzepte wie Fassadenbegrünung, grüne Lärmschutzwände oder Ähnliches, und wenn nein, warum nicht? Die Ausgleichsmaßnahmen orientieren sich an spezifischen artenschutzrechtlichen Notwendigkeiten, die im jeweiligen Planfeststellungsverfahrensabschnitt erforderlich werden. 9. Wie wird das Konzept von innovativen Stadtbegrünungskonzepten in Bezug auf die Ausgleichsregelung bewertet? Der Bundesregierung ist ein „Konzept von innovativen Stadtbegrünungskonzepten “ nicht bekannt. Die Kommunen haben die Möglichkeit, Flächen in Form von Flächenpools und Ökokonten zu bevorraten, auf die im Rahmen von Planungsfeststellungsverfahren zurückgegriffen werden kann. Diese Flächenpools können auch Teil eines Stadtbegrünungskonzepts sein. 10. Sind der Bundesregierung Studien bekannt, inwieweit innovative Stadtbegrünungskonzepte wegfallenden ökologischen Lebensraum innerhalb von Städten nach naturschutzrechtlichen Gesichtspunkten adäquat ausgleichen können? Das Bundesamt für Naturschutz hat in den vergangenen Jahren mehrere Forschungsvorhaben zur Anwendung und zum Vollzug der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung durchgeführt. Die Untersuchungsergebnisse sind auf der Homepage des Bundesamtes für Naturschutz öffentlich einsehbar (vgl. www. bfn.de/themen/planung.html). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7097 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 11. Gibt es rechtliche oder andere derzeit existierende Hürden, Ausgleichsmaßnahmen in Form von innovativer Stadtbegrünung umzusetzen beziehungsweise vom Bauherrn, in diesem Fall der Deutschen Bahn AG, einzufordern? Der Ausgleich der Eingriffe richtet sich nach den im Einzelfall vorliegenden Beeinträchtigungen des Naturhaushalts. Die Art und Weise von Ausgleichsmaßnahmen kann daher nicht allgemeingültig vorgegeben bzw. eingefordert werden. 12. Welche Maßnahmen sind für den Ausgleich durch PFA 1.6b geplant, die vor allem Arten wie Wildbienen, Zauneidechsen und der Pflanzenwelt zugutekommen ? a) Wenn ja, in welchem städtischen Umfeld finden diese Maßnahmen statt, und wann werden diese umgesetzt? b) Wenn nein, bitte begründen, warum nicht? Es werden nach Möglichkeit verfügbare eingriffsnahe Flächen aufgewertet, auch als Ersatz für den Eingriff in Eidechsen- und Wildbienenhabitate. Dabei werden vorzugsweise DB-eigene Flächen in Anspruch genommen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. 13. Ist nach Kenntnis der Bundesregierung zur Erfüllung der Ausgleichsmaßnahmenregelung angedacht, private Grundstücke in den Stuttgarter Landschaftsschutzgebieten (z. B. ehemalige Terrassenweinberge) zu erwerben und diese ökologisch aufzuwerten? a) Wenn ja, in welchem Umfang ist diese Maßnahme angedacht? b) Wenn nein, warum nicht? Für die Nutzung und den Einsatz privater Flächen ist die Alternativlosigkeit nachzuweisen . Die Prüfung privater Angebote hat gezeigt, dass diese den fachlichen bzw. behördlichen Anforderungen nicht genügen; z. B. überwiegen die inneren Konflikte des Artenschutzes oder diese liegen außerhalb des vorgegebenen Suchraums . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333