Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 15. Januar 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/7100 19. Wahlperiode 17.01.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Thomas Hacker, Alexander Graf Lambsdorff, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/6602 – Brexit-Austrittsabkommen: Neuer Aufenthaltsstatus V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der britischen Wähler im sogenannten Brexit-Referendum für den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union („Brexit“). Dieser Tag markiert eine historische Zäsur in der Geschichte der europäischen Integration, für die es keine Präzedenzfälle gibt. In der Folge teilte das Vereinigte Königreich dem Europäischen Rat am 29. März 2017 mit, dass es gemäß Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union aus der EU auszutreten beabsichtigt. Damit begann eine Frist von zwei Jahren, die am 29. März 2019 mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union enden wird. Nach langen Verhandlungen einigten sich die Unterhändler am 13. November 2018 auf einen Entwurf eines Austrittsabkommens , der inzwischen auch vom Kabinett der britischen Regierung angenommen wurde. Obwohl der vorgelegte Entwurf zahlreichen EU-Bürgern, die sich im Rahmen der Arbeitnehmerfreizügigkeit entschieden haben, ein Leben in Großbritannien aufzubauen entgegenkommt, indem er ihnen erlaubt, ihr Leben ohne Unterbrechung weiterzuführen, fürchten diese immer noch um ihre sicher geglaubten Rechte, denn es ist noch äußerst unklar, ob der vorgelegte Entwurf eine Mehrheit im Unterhaus des britischen Parlaments findet. Das bedeutet, dass das Szenario eines sogenannten Cliff-Edge-Brexit, also eines Brexit ganz ohne Austrittsabkommen und damit auch ohne Übergangsphase, noch nicht ausgeschlossen werden kann. In Teil 2 des Austrittsabkommens, mit dem Titel „Citizens’ Rights“, werden die Aufenthaltsrechte von circa 3 Millionen EU-Bürgen, die im Vereinigten Königreich leben, und rund einer Millionen Bürger des Vereinigten Königreichs, die auf dem Gebiet der EU-27 leben, definiert. Artikel 18 befasst sich dabei mit dem bürokratischen Prozess, der mit dem Wechsel des Status der betroffenen Bürger, sobald das Vereinigte Königreich zum Drittstaat wird, einhergeht. Allein in Deutschland leben rund 100 000 Briten. Diese leisten einen wichtigen Beitrag für unsere Gesellschaft, der rein wirtschaftliche Aspekte weit übersteigt; daher gilt es, dass diese weiter ihr Leben in Deutschland ohne Unterbrechung und ohne bürokratische Hürden fortführen können. Aus Sicht der Fragesteller sollte Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7100 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode dies auch der Fall sein, wenn das Vereinigte Königreich ohne Abkommen austritt und die in Teil 2 des Abkommens genannten Rechte keine Anwendung finden . 1. Müssen sich betreffende Bürger des Vereinigten Königreichs in der Bundesrepublik Deutschland, mit Hinblick auf Artikel 18 § 1 des Austrittsabkommens , für einen neuen Aufenthaltsstatus, welcher die durch das Abkommen gesicherten Rechte gewährleisten soll, bewerben oder wird der Übergang zum neuen Status automatisch vollzogen? Aus Gründen der Rechtssicherheit- und -klarheit plant die Bundesregierung mit einem verpflichtenden Antragsverfahren für betreffende in Deutschland lebende britische Staatsangehörige auf Grundlage von Artikel 18 Absatz 1 des Austrittsabkommens . a) Müssen sich betreffende Bürger der EU nach Kenntnis der Bundesregierung im Vereinigten Königreich für einen neuen Aufenthaltsstatus bewerben ? Zu den Planungen des Vereinigten Königreichs wird auf die am 21. Juni 2018 seitens des Vereinigten Königreichs veröffentliche Absichtserklärung verwiesen, abrufbar unter: https://assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/ system/uploads/attachment_data/file/718237/EU_Settlement_Scheme_SOI_June_ 2018.pdf b) Ist der Bundesregierung bekannt, in welchen Staaten der EU eine Bewerbung für einen neuen Aufenthaltsstatus verlangt wird? Die Planungen in der EU sind hierzu noch nicht abgeschlossen. 2. Hält die Bundesregierung es für ausreichend gesichert, dass es im Hinblick der Bewerbung für einen derartigen neuen Aufenthaltsstatus zu keiner Diskriminierung , z. B. hinsichtlich der jeweiligen EU-Staatsangehörigkeit, des Antragstellers kommen kann? Wenn ja, wie wird dies konkret sichergestellt? Die Bundesregierung hat die EU-Kommission in ihrem Verhandlungsziel unterstützt , durch gegenseitige Regelungen einen möglichst weitgehenden und diskriminierungsfreien Schutz der im Vereinigten Königreich lebenden Unionsbürgerinnen und -bürger anzustreben. Artikel 12 des Austrittsabkommens enthält ein Diskriminierungsverbot: „Im Anwendungsbereich dieses Teils ist unbeschadet darin enthaltender besonderer Bestimmungen jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit im Sinne des Artikels 18 Absatz 1 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in Bezug auf die in Artikel 10 dieses Abkommens genannten Personen im Aufnahmestaat und im Arbeitsstaat verboten.“ Weiter werden in Artikel 18 Absatz 1 des Austrittsabkommens die Bedingungen zur Beantragung eines Aufenthaltsstatus nach dem Austrittsabkommen detailliert geregelt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/7100 3. Wie teuer wäre ein in Artikel 18 § 1 Buchstabe g des Austrittsvertrags beschriebenes Dokument, welches den neuen Aufenthaltsstatus bestätigt, nach Einschätzung der Bundesregierung in Deutschland? a) Wie teuer wäre ein derartiges Dokument nach Einschätzung der Bundesregierung im Vereinigten Königreich? b) Wie teuer wären derartige Dokumente nach Einschätzung der Bundesregierung in den anderen 26 EU-Staaten? Die Fragen 3 bis 3b werden gemeinsam beantwortet. Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe g) des Austrittsabkommens legt fest, dass das Dokument zum Nachweis des Status unentgeltlich oder gegen Entrichtung eines Betrags ausgestellt wird, der die Gebühr für die Ausstellung entsprechender Dokumente für Bürger oder Staatsangehörige des Aufnahmestaats nicht übersteigt. Zu den Planungen des Vereinigten Königreichs wird auf die in der Antwort zu Frage 1 genannte und am 21. Juni 2018 seitens des Vereinigten Königreichs veröffentliche Absichtserklärung, insbesondere auf die Abschnitte 1.18 und 4.6, verwiesen . 4. Plant die Bundesregierung für den Fall, dass das Vereinigte Königreich ohne Austrittsabkommen aus der EU ausscheiden sollte, ein gesondertes, erleichtertes , Meldeverfahren als „Überleitung“ für den Wechsel des Status britischer Staatsbürger, die derzeit in Deutschland gemeldet sind, zu Bürgern aus einem Drittstaat? Wie sieht dieses konkret aus? 5. Falls Frage 4 mit ja beantwortet wurde, wie sieht dieses aus? Welche Kosten sind gegebenenfalls damit für einzelne Antragsteller verbunden ? 6. Falls Frage 5 mit ja beantwortet wird, wäre ein derartiges vereinfachtes Meldeverfahren an die Bedingung geknüpft, dass das Vereinigte Königreich ebenfalls ein gesondertes Meldeverfahren für EU-Bürger, die im Vereinigten Königreich gemeldet sind, einführt? Die Fragen 4 bis 6 werden gemeinsam beantwortet. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat beabsichtigt für den Fall, dass das Vereinigte Königreich ohne Austrittsabkommen aus der EU ausscheiden sollte, eine Verordnung zu erlassen, auf deren Grundlage bisher freizügigkeitsberechtigte britische Bürgerinnen und Bürger und ihre Familienangehörigen für eine Übergangszeit von zunächst drei Monaten ohne weitere ausländerrechtliche Maßnahmen in Deutschland leben und arbeiten können wie bisher (§ 99 Absatz 1 Nummer 1 und Nummer 2 i. V. m. Absatz 4 Aufenthaltsgesetz [AufenthG]). Mit Zustimmung des Bundesrates kann die Übergangszeit verlängert werden. Bis zum Ende dieser Übergangszeit müssen britische Bürgerinnen und Bürger und ihre Familienangehörigen für den weiteren Aufenthalt in Deutschland einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels bei der zuständigen Ausländerbehörde stellen . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7100 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 7. Sind der Bundesregierung Pläne über ein gesondertes, erleichtertes Meldeverfahren auf britischer Seite bekannt, falls es zu einem Austritt ohne Abkommen kommt? Wenn ja, wie sieht dieses aus? Zu den Planungen des Vereinigten Königreichs wird auf das am 6. Dezember 2018 veröffentlichte Positionspapier des Vereinigten Königreichs verwiesen, abrufbar unter: https://assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/ uploads/attachment_data/file/762222/Policy_paper_on_citizens__rights_in_the_ event_of_a_no_deal_Brexit.pdf. 8. Falls Frage 7 mit ja beantwortet wird, ist dabei gesichert, dass es bei diesem Verfahren zu keiner Diskriminierung, z. B. hinsichtlich der jeweiligen EU- Staatsangehörigkeit, des Antragstellers, kommen kann? Tritt das Austrittsabkommen nicht in Kraft, ist das Vereinigte Königreich an die dort enthaltenen Regelungen, insbesondere das Diskriminierungsverbot, nicht gebunden . Jedoch müssen staatliche Maßnahmen des Vereinigten Königreichs mit dessen völkerrechtlichen Verpflichtungen, insbesondere mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), vereinbar sein. 9. Ist der Bundesregierung bekannt, ob andere EU-Staaten ein gesondertes, erleichtertes Meldeverfahren als „Überleitung“ für den Wechsel des Status von betreffenden britischen Staatsbürgern zu Bürgern aus Drittstaaten planen, für den Fall, dass es zu einem Austritt ohne Abkommen kommt? Die Planungen in der EU sind hierzu noch nicht abgeschlossen. 10. Welche Folgen hat der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union für britische Staatsbürger, die ein politisches Mandat auf kommunaler Ebene in der Bundesrepublik Deutschland haben, a) für den Fall, dass das Vereinigte Königreich ohne Austrittsvertrag aus der EU austritt, bzw. b) für den Fall, dass das Vereinigte Königreich mit Austrittsvertrag aus der EU austritt? Die Fragen 10a und 10b werden gemeinsam beantwortet. Die Ausgestaltung des Kommunalwahlrechts im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben liegt in der Gesetzgebungskompetenz der Länder. Nach insoweit übereinstimmenden Regelungen in den Kommunalwahlgesetzen der Länder hat der Wegfall einer für die Wählbarkeit maßgebenden Voraussetzung den Verlust des Mandats zur Folge. An Kommunalwahlen in Deutschland können britische Staatsangehörige derzeit aufgrund der Kommunalwahlrichtlinie RL 94/80/EG, der Ausnahmeregelung für Unionsbürger in Artikel 28 Absatz 1 Satz 3 Grundgesetz (GG) und des jeweiligen Kommunalwahlrechts ihres Wohnsitzlandes teilnehmen. Im Fall eines Austritts ohne Austrittsvertrag finden nach Artikel 50 Absatz 3 Vertrag über die Europäische Union (EUV) die Europäischen Verträge im Vereinigten Königreich keine Anwendung mehr, und besitzen britische Staatsangehörige nicht mehr die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union und fallen insofern nicht mehr in den Anwendungsbereich des Artikel 28 Absatz 1 Satz 3 GG. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/7100 Im Hinblick auf unterschiedliche verfassungsrechtliche Voraussetzungen in den verbleibenden 27 EU-Mitgliedstaaten (EU27) wurde in den Verhandlungen über das Austrittsabkommen keine Übergangsregelung in Bezug auf das Kommunalwahlrecht vorgesehen. Im Fall eines Austritts mit Austrittsvertrag ist für den Übergangszeitraum daher in Artikel 127 Absatz 1 Buchstabe b) des Austrittsabkommens explizit geregelt, dass Artikel 20 Absatz 2 Buchstabe b) des AEUV für das Vereinigte Königreich und im Vereinigten Königreich keine Anwendung mehr findet. Mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union verlieren dessen Staatsangehörige somit in beiden in der Frage angesprochenen Alternativen das aktive und passive Kommunalwahlrecht. Für Personen, die neben der britischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit oder die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union besitzen, ändert sich nichts. 11. Besitzen britische Staatsbürger in der Übergangsphase weiterhin aktives und passives Wahlrecht bei Kommunalwahlen in der Bundesrepublik Deutschland ? Nein. Es wird auf Artikel 127 Absatz 1 Buchstabe b) des Austrittsabkommens und auf die Antwort zu Frage 10 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333