Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit vom 17. Januar 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/7180 19. Wahlperiode 21.01.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Manfred Todtenhausen, Frank Sitta, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/6831 – Verwertungsoptionen zur Behandlung von anfallendem teerhaltigen Straßenaufbruch V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Pechhaltiger (teerhaltiger) Straßenaufbruch ist seit 2002 gemäß europarechtlicher Vorgabe als gefährlicher Abfall und somit als besonders überwachungsbedürftig eingestuft. Wegen des Gehaltes an PAK (polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe) ist das Inverkehrbringen von pechhaltigen Stoffen aus chemikalienrechtlichen Gründen verboten (Ausnahme: Entsorgung = Verwertung und/oder Beseitigung). Beim Um- und Ausbau älterer Straßen fällt dieses Material jedoch an und muss nachweislich einer geordneten bzw. schadlosen Entsorgung zugeführt werden. Derzeit wird geschätzt, dass bis zu 1 Milliarde Tonnen dieser Stoffe, die bis in die 1980er-Jahre verbaut wurden, sich noch in der Straßensubstanz befinden, die bei einer Sanierung und/oder Umbau entsorgt werden müssen. Aufgrund des vom Bundesrechnungshof verfassten Prüfergebnisses Nr. 05 aus dem Jahr 2013 „Bund sollte keine krebserregenden Stoffe mehr in seine Straßen einbauen“ und des daraufhin vom Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur (BMVI) verfassten Allgemeinen Rundschreibens Straßenbau 16/2015, werden in vielen Bundesländern Festlegungen bezüglich einer verbindlichen thermischen Verwertung teer-/pechhaltigen Straßenaufbruchs festgeschrieben; die Verwertung oder Beseitigung auf Deponien wird konsequent ausgeschlossen . Das Oberlandesgericht München hat mit seiner aktuellen Entscheidung (9. März 2018 – Verg 10/17; Link: www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300- Z-BECKRS-B-2018-N-004454?hl=true&AspxAutoDetectCookieSupport=1) zu einem Vergabenachprüfungsverfahren die verbindliche Vorgabe der thermischen Verwertung durch die Vergabestelle (das Staatliche Bauamt Würzburg) kritisiert. Weiterhin gibt es ein Schreiben der Obersten Bayerischen Baubehörde vom 29. November 2017, in dem der Wiedereinbau des aufbereiteten pechhaltigen Straßenaufbruchs in Bezug auf bayerische Staatsstraßen (Landesstraßen) sogar für zulässig erklärt wird. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7180 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Kann die Bundesregierung das jährliche Abfallaufkommen an teerhaltigem Straßenaufbruch beziffern, und ist eine Prognose zukünftiger Mengen möglich ? Der Bundesregierung liegen zu den Ausbaumengen aus den Bundesstraßen und Bundesautobahnen Angaben vor. Nach den Angaben der Bundesländer, die im Rahmen der Auftragsverwaltung u. a. auch die Mengenerfassung durchführen, liegt die jährliche durchschnittliche Ausbaumenge von PAK-belastetem Straßenausbaumaterial derzeit bei rund 600 000 Tonnen pro Jahr. Eine Prognose zukünftiger Mengen kann nicht vorgenommen werden, da hierfür keine Grundlagen zur Verfügung stehen. Die Bundesfernstraßen stellen zudem nur einen Teil des Gesamtstraßennetzes dar. 2. Wie bewertet die Bundesregierung die Festlegungen bezüglich einer verbindlichen thermischen Verwertung teerhaltigen Straßenaufbruchs durch die ausschreibenden Stellen bzw. Bundesländer? Die vom BMVI mit Allgemeinem Rundschreiben Straßenbau (ARS) 16/2015 festgelegte Vorgehensweise zielt darauf ab, den vordem zulässigen Wiedereinbau von behandeltem belasteten Straßenausbaumaterial für die Bundesfernstraßen nicht mehr weiterzuführen und die Stoffe aus dem Stoffkreislauf auszuschleusen. Hierfür ist neben den bereits im Einsatz befindlichen Verfahrensweisen zur stofflichen Verwertung als weitere Alternative die thermische Behandlung/energetische Verwertung anwendbar (die finale Zerstörung der Schadstoffe kann nur über diesen Weg erfolgen). Das BMVI erfüllt damit auch die vom Bundesrechnungshof aufgestellte Forderung, Maßnahmen zu ergreifen, um die energetische Verwertung /thermische Behandlung für belastetes Straßenausbaumaterial zu etablieren . Die Etablierung dieser Methode kann nur durch entsprechende Nachfrage generiert werden, die in diesem Fall vom Straßenbaulastträger Bund initiiert wurde. Die Regelungen können die Vorgehensweise der Bundesländer für die in ihrer Verantwortung liegenden Straßen des nachgeordneten Netzes zwar beeinflussen , stellen aber keine Vorgabe für alle Straßenklassen dar, sondern nur für die Bundesfernstraßen. Die Übernahme der Regelungen für das nachgeordnete Netz orientiert sich daher stark an den örtlichen und ökonomischen Randbedingungen der einzelnen Bundesländer. 3. Kann die Bundesregierung die Anzahl thermischer Behandlungsanlagen in Deutschland benennen, die teerhaltigen Straßenaufbruch annehmen, verwerten und das gereinigte Material für den Wiedereinbau zur Verfügung stellen? Wenn ja, welche jährlichen Kapazitäten sind in den Anlagen verfügbar? In Deutschland stehen nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit keine Anlagen zur Verfügung, die zur thermischen Behandlung von teerhaltigem Straßenaufbruch betrieben werden, die auch eine stoffliche Verwertung des gereinigten Materials zum Wiedereinbau ermöglichen. Eine solche Anlage ist nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit lediglich in den Niederlanden (Rotterdam) verfügbar. 4. Kann die Bundesregierung weitere Verfahren, die zur Verwertung von teerhaltigem Straßenaufbruch neben der thermischen Behandlung geeignet sind, benennen? Teerhaltiger Straßenaufbruch wird auch auf Deponien als Deponieersatzbaustoff verwertet. Weiterhin besteht die Möglichkeit der energetischen Verwertung indem der teerhaltige Straßenaufbruch zusammen mit anderen Abfällen im Ze- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/7180 mentwerk verbrannt wird, wobei die stoffliche Nutzung der Verbrennungsrückstände entfällt. Der Bundesregierung ist lediglich eine einzige Anlage bekannt, in der dieses Verfahren eingesetzt wird. 5. Wie sind, nach Einschätzung der Bundesregierung, diese möglichen Behandlungsverfahren im Sinne der fünfstufigen Hierarchie zu bewerten? Sowohl die Verwertung im Deponiebau als auch die thermische Behandlung mit anschließendem Wiedereinbau stellen stoffliche Verwertungen dar und wären bezogen auf die Rangfolge in der Abfallhierarchie über der reinen energetischen Verwertung einzustufen. Es sind bei der Einstufung jedoch ebenfalls die technischen Möglichkeiten, die wirtschaftliche Zumutbarkeit und die sozialen Folgen der Maßnahme zu betrachten (siehe auch Antwort zu Frage 7). 6. Gibt es, nach Kenntnis der Bundesregierung, für diese möglichen Verfahren ausreichend Kapazitäten in Deutschland, um den jährlich anfallenden Abfallmengen gerecht zu werden? Anlagen zur thermischen Behandlung existieren nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit nicht in Deutschland. Eine energetische Verwertung von teerhaltigem Straßenaufbruch wird derzeit lediglich in einer Anlage in geringem Umfang in Deutschland vorgenommen. Die Bundesregierung geht davon aus, dass zur Verwertung im Deponiebau derzeit noch ausreichende Kapazitäten in Deutschland vorhanden sind. Dies hängt jedoch stark davon ab, wie sich die in den Bundesländern vorhandenen Deponiekapazitäten zukünftig entwickeln werden, wobei bereits heute starke regionale Unterschiede bei der Verfügbarkeit beobachtet werden können. Hierdurch entstehen den Straßenbaulastträgern bereits heute teilweise hohe Kosten für die Verwertung auf der Deponie. Zudem kann nicht die Gesamtmenge des anfallenden Straßenausbaumaterial in jedem Fall stofflich verwertet werden, sondern muss zum Teil auf der Deponie beseitigt werden, was den Kostenaufwand für den Straßenbaulastträger weiter erhöhen kann. Die Bundesländer stellen für ihre Gebiete Abfallbewirtschaftungspläne auf und stimmen diese aufeinander und untereinander ab (§ 30 und 31 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes ). 7. Wie bewertet die Bundesregierung die Notwendigkeit, dass entsprechend verfügbare Kapazitäten in räumlicher Nähe zum Anfallort gegeben sein müssen , und inwieweit müssen Transportbelastungen in die Betrachtungen zur Wahl der Verwertungsoption einbezogen werden? Es wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen. 8. Kann die Bundesregierung Angaben zu verfügbaren Behandlungskapazitäten in der EU geben, und welche Argumente sprechen für und gegen eine Behandlung außerhalb der Bundesrepublik Deutschland? Der Bundesregierung ist lediglich die Anlage in den Niederlanden (siehe Antwort zu Frage 3) bekannt. Für das ökologische Rangverhältnis der Entsorgungsalternativen ist die Transportentfernung von ausschlaggebender Bedeutung. Über die ökologischen Erwägungen hinaus ist auch die ökonomische Bewertung der Transportmehraufwendungen in Betracht zu ziehen, die abfallrechtlich die wirtschaftliche Unzumutbarkeit begründen kann. Bei diesen Überlegungen muss beachtet werden, dass eine finale Zerstörung der Schadstoffe nur durch ein thermi- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7180 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode sches Verfahren bzw. eine energetische Verwertung erfolgen kann. Bei der Verwendung als Deponiebaustoff bleiben die Schadstoffe weiterhin im Deponiekörper vorhanden. Mit möglichen Folgen werden unter Umständen diejenigen belastet , die mit den Deponiestandorten umgehen müssen. Eine Bewertung der Verwertungsmaßnahmen ist auch vom Standort, den gegebenen Verwertungsanlagen und den zur Verfügung stehenden Transportmitteln abhängig. Hierbei ist ebenfalls die Organisation der Sammlung aus unterschiedlichen Baumaßnahmen und des Weitertransports von der Baustelle bzw. zum Entsorgungsfachbetrieb zu berücksichtigen . 9. Welche weiteren Argumente für und gegen das jeweilige Verwertungsverfahren sind nach Einschätzung der Bundesregierung noch zu berücksichtigen ? Nach Ansicht der Bundesregierung sind neben der Verfügbarkeit der jeweiligen Verwertungsmethode der bauvertragliche eindeutige Umgang mit dieser Thematik , der Transportweg, die gewählte Organisation der Sammlung und des Transports zu einem Entsorgungsfachbetrieb sowie die zur Verfügung stehenden Transportmittel (Straße, Schiene, Schiff) zu berücksichtigen. Zudem ist zu beachten , dass die thermisch behandelten bzw. energetisch verwerteten Straßenausbaustoffe nach der Behandlung wieder als Gesteinskörnungen in den ungebundenen Schichten im Straßenaufbau weiter genutzt werden können, was sich positiv auf die Ressourceneffizienz auswirkt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333