Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 18. Januar 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/7216 19. Wahlperiode 21.01.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Katja Suding, Grigorios Aggelidis, Renata Alt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/6851 – Aufklärungs-, Anerkennungs- und Präventionsarbeit für Betroffene sexuellen Kindesmissbrauchs im Umfeld von Religionsgemeinschaften V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am Dienstag, dem 25. September 2018 wurden die Ergebnisse des von der Deutschen Bischofskonferenz in Auftrag gegebenen Forschungsprojekts mit dem Titel „Sexueller Missbrauch durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige“ (MGH-Studie: www.dbk.de/fileadmin/redaktion/ diverse_downloads/dossiers_2018/MHG-Studie-gesamt.pdf) vorgestellt. Die Deutsche Bischofskonferenz verfolgte mit dem in Auftrag gegebenen Forschungsprojekt nach eigenen Angaben das Ziel, die Häufigkeit des sexuellen Kindesmissbrauchs durch Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige in der katholischen Kirche festzustellen und herauszuarbeiten, wie der Missbrauch von Minderjährigen möglich wurde. Damit soll das Forschungsprojekt einen Beitrag in der Aufklärungs- und Anerkennungsarbeit für Betroffene sexuellen Kindesmissbrauchs im Umfeld der katholischen Kirche leisten und die Prävention derartiger Straftaten verbessern. Mitte November 2018 hat die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) angekündigt , eigene Studien zu sexuellem Missbrauch in den eigenen Reihen durchführen zu lassen. Geplant sei dabei eine Studie über das Dunkelfeld des Missbrauchs sowie eine weitere über Risikofaktoren. Bei der Durchführung der Studien wolle man mit den einschlägigen Stellen beim Bund zusammenarbeiten (www.zeit.de vom 11. November 2018, „Evangelische Kirche kündigt Aufklärung an“). Drucksache 19/7216 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Wie bewertet die Bundesregierung die Ergebnisse des von der Deutschen Bischofskonferenz in Auftrag gegebenen Forschungsprojekts (MGH-Studie ), und welche konkreten Handlungsmaßnahmen ergeben sich daraus für die Bundesregierung, um die Aufklärungs-, Anerkennungs- und Präventionsarbeit für Betroffene sexuellen Kindesmissbrauchs im Umfeld der katholischen Kirche und anderer Religionsgemeinschaften zu verbessern? Die Bundesregierung hat die Ergebnisse der von der Deutschen Bischofskonferenz in Auftrag gegebenen Studie „Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereiche der Deutschen Bischofskonferenz“ zur Kenntnis genommen. Gleichzeitig begrüßt sie die im Zuge der Veröffentlichung der Studie zum Ausdruck gebrachte Bereitschaft der Deutschen Bischofskonferenz ebenso wie der Evangelischen Kirche in Deutschland, sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in ihrem Umfeld umfassend aufzuklären und aufzuarbeiten. 2. Welche konkreten Angebote seitens der Bundesregierung bzw. seitens der katholischen Kirche hat es zur Zusammenarbeit gegeben, nachdem der Vorsitzende der Bischofskonferenz erklärt hat, für eine engere Zusammenarbeit mit dem Staat, der Justiz und dem Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung grundsätzlich offen zu sein (www.domradio.de vom 25. September 2018, „Sexueller Missbrauch ist ein Verbrechen“)? Der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, und der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz , Bischof Dr. Stefan Ackermann, stehen zu Fragen der Prävention sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche sowie zu Fragen der Aufarbeitung in kontinuierlichem Austausch. In Rückkopplung mit der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs und dem ebenfalls beim Amt des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs angesiedelten Betroffenenrat findet derzeit eine Erörterung zwischen dem Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, den zuständigen Ressorts der Bundesregierung und dem Missbrauchsbeauftragten der Deutschen Bischofskonferenz, aber auch dem Beauftragtenrat der Evangelischen Kirche in Deutschland zu konkreten Regelungsgegenständen einer umfassenden Aufklärung und unabhängigen Aufarbeitung im kirchlichen Kontext statt. Ein weiterer inhaltlicher Austausch dazu ist für die kommenden Wochen bereits verabredet. 3. Die Bereitschaft der betroffenen Religionsgemeinschaften zum Abschluss eines entsprechenden Staatskirchenvertrages vorausgesetzt, ist die Bundesregierung der Auffassung, dass eine derartige Vereinbarung nach dem geltenden Religionsverfassungsrecht rechtlich zulässig wäre? Die Bundesregierung sieht keine Veranlassung zur Erörterung hypothetischer und abstrakter Rechtsfragen. Dies gilt umso mehr als die staatskirchenrechtliche Zulässigkeit einer Vereinbarung zudem erst bei Kenntnis ihres – in der Frage ja nicht näher skizzierten – Inhalts beurteilt werden kann. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/7216 4. Befürwortet die Bundesregierung die Einsetzung einer bundesweiten unabhängigen Kommission zur umfassenden Aufklärung in Kooperation mit betroffenen Religionsgemeinschaften, wie sie z. B. der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki für sein Erzbistum angekündigt hat (www.domradio.de vom 21. September 2018, „Werden uns der Wahrheit stellen“)? Wenn ja, wie sehen ggf. die weiteren Schritte für die Einrichtung einer solchen Kommission aus? Die Bundesregierung begrüßt ausdrücklich die Bereitschaft zur Aufklärung und Aufarbeitung sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche im Umfeld von Religionsgemeinschaften. Die Verantwortung für die konkrete Form, in welcher diese Aufgabe wahrgenommen wird, ist zunächst bei den jeweiligen Religionsgemeinschaften selbst zu sehen. Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. 5. Trifft es zu, dass die seit einigen Jahren angekündigte „Reform des Sozialen Entschädigungsrechts […], zu dem auch das Opferentschädigungsgesetz gehört “ in Form einer Neufassung „vor dem Jahr 2020 […] voraussichtlich nicht in Kraft treten“ wird (https://beauftragter-missbrauch.de/recht/schadens ersatz-und-entschaedigung/leistungen-nach-dem-opferentschaedigungsgesetz/)? Wenn ja, was sind die Gründe hierfür? Zur Umsetzung eines entsprechenden Auftrags aus dem Koalitionsvertrag hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Ende November 2018 den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Reform des Sozialen Entschädigungsrechts vorgelegt . Der Entwurf sieht ein grundsätzliches Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. Januar 2022 vor, da den Behörden der Länder, die das Gesetz ausführen, angesichts der vorgesehenen weitreichenden Änderungen ausreichend Zeit zur Umstellung auf die neue Rechtslage eingeräumt werden soll. 6. Was ist nach Auffassung der Bundesregierung die angemessene Höhe einer Entschädigungszahlung für Betroffene sexuellen Missbrauchs? Entsprechend der Systematik der Sozialen Entschädigung hängt die staatliche Entschädigung nach dem Opferentschädigungsgesetz nicht von der Art der begangenen Gewalttat ab, sondern orientiert sich am Umfang der durch die jeweilige Gewalttat verursachten gesundheitlichen und wirtschaftlichen Schädigungsfolgen . So wird eine angemessene Entschädigung im jeweiligen Einzelfall erreicht . 7. Welche Form der Unterstützung steht Betroffenen des sexuellen Kindesmissbrauchs nach Ablauf der Verjährungsfristen im Straf- und Zivilrecht zur Verfügung? Der Ablauf straf- oder zivilrechtlicher Verjährungsfristen hat keinen Einfluss auf Leistungen der Sozialen Entschädigung; diese werden unabhängig von den dort genannten Fristen erbracht. Auf Empfehlung des Runden Tisches „Sexueller Kindesmissbrauch in Abhängigkeits - und Machtverhältnissen in privaten und öffentlichen Einrichtungen und im familiären Bereich“ (RTKM) wurde 2013 das Ergänzende Hilfesystem (EHS) eingerichtet, welches das Netz bestehender sozialrechtlicher Versorgungssysteme ergänzt. Aus dem EHS werden keine Entschädigungszahlungen, sondern Sachleistungen wie z. B. Therapien bis maximal 10 000 Euro pro Person gewährt, die dabei helfen sollen, das Erlebte zu verarbeiten. Diese Hilfeleistungen können unabhängig davon in Anspruch genommen werden, ob straf- oder zivilrechtliche Drucksache 19/7216 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Verjährungsfristen bereits abgelaufen sind oder nicht. Dasselbe gilt für weitere Hilfs- und Unterstützungsangebote für Betroffene sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend, wie etwa die Beratung in spezialisierten Fachberatungsstellen. 8. Wie bewertet die Bundesregierung die Wirksamkeit von bestehenden Präventionsmaßnahmen von bundeseigenen oder von der Bundesregierung geförderten Initiativen, wie z. B. die bundesweite Initiative „Trau dich!“ oder die Initiative „Kein Raum für Missbrauch“ des UBSKM (Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindermissbrauchs), für Kinder- und Jugendliche , die in religiösen Einrichtungen aufwachsen? Der Bundesregierung und dem Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs liegen keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. 9. Werden Strafverfahren wegen sexuellen Kindesmissbrauchs und wegen Strafvereitelung von sexuellem Kindesmissbrauch im Umfeld von Religionsgemeinschaften statistisch erfasst? Wenn ja, wie viele Strafverfahren sind mit welchem Ergebnis in den letzten zehn Jahren durchgeführt worden? Die Statistiken der Justiz, insbesondere die vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Statistiken Staatsanwaltschaften, Strafgerichte und Strafverfolgung, liefern keine Hinweise auf über die Tatbestandsmerkmale hinausgehende Tatmodalitäten (hier: Umfeld der Tatbegehung). Der Bundesregierung liegen daher aus dem Bereich der Justiz keine Erkenntnisse zu der Fragestellung vor. 10. Plant die Bundesregierung anlässlich der durch die MGH-Studie bekanntgewordenen Erkenntnisse zum Ausmaß der Anzahl Betroffener sexuellen Missbrauchs einen Ausbau der bestehenden Hilfeangebote für eben diese Betroffenen oder eine Aufstockung des in den Beratungsstellen tätigen Personals ? Die Versorgung von Betroffenen sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend mit adäquaten Hilfs- und Unterstützungsangeboten ist der Bundesregierung, unabhängig von den in der sogenannten MGH-Studie veröffentlichten Ergebnissen, ein wichtiges Anliegen und zudem eine Empfehlung des Runden Tisches „Sexueller Kindesmissbrauch in Abhängigkeits- und Machtverhältnissen in privaten und öffentlichen Einrichtungen und im familiären Bereich“ (RTKM). Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) fördert seit 2016 die Bundeskoordinierung Spezialisierter Fachberatung gegen sexualisierte Gewalt in Kindheit und Jugend (BKSF), die sich u. a. für eine angemessene personelle Ausstattung spezialisierter Fachberatungsstellen einsetzt (www. bundeskoordinierung.de). Darüber hinaus fördert das BMFSFJ seit Oktober 2018 ein bundesweites Modellprojekt zum Ausbau spezialisierter Fachberatung in ländlichen Regionen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/7216 11. Wie bewertet die Bundesregierung das im Rahmen der „Erklärung der deutschen Bischöfe zu den Ergebnissen der Studie“ formulierte Vorhaben, ein „verbindliches überdiözesanes Monitoring für die Bereiche der Intervention und Prävention“ einzurichten (www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_ downloads/presse_2018/2018-154a-Anlage1-Erklaerung-der-Deutschen- Bischofskonferenz-zu-den-Ergebnissen-der-MHG-Studie.pdf)? Die Bundesregierung begrüßt die Ankündigung der Deutschen Bischofskonferenz , ein verbindliches überdiözesanes Monitoring der Maßnahmen zur Prävention von und Intervention bei sexualisierter Gewalt einrichten zu wollen. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333