Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 17. Januar 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/7229 19. Wahlperiode 21.01.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Renata Alt, Alexander Graf Lambsdorff, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/6804 – Die „neue europäische Ostpolitik“ der Bundesregierung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Ausbau der bilateralen und multilateralen Beziehungen innerhalb der Europäischen Union (EU) wird angesichts politischer Differenzen im Innern sowie sicherheitspolitischer Herausforderungen von außen immer relevanter. Die jüngsten Spannungen im Asowschen Meer haben erneut gezeigt, dass die Sicherheit und Stabilität im Osten Europas gefährdet sind. In seiner Europarede im Juni 2018 forderte der Bundesminister des Auswärtigen Heiko Maas eine „neue europäische Ostpolitik“ (www.auswaertiges-amt.de/de/ newsroom/maas-europeunited/2106420). Bislang blieb allerdings offen, was die Bundesregierung konkret unter einer neuen europäischen Ostpolitik versteht und wie sie diese umsetzen will. Die teils historisch, kulturell und geographisch bedingten unterschiedlichen außenpolitischen Prioritäten der EU-Mitgliedstaaten stellen aus Sicht der Fragesteller eine Herausforderung für die Formulierung einer gesamteuropäischen Haltung gegenüber Mittel- und Osteuropa dar. Die Ereignisse im Asowschen Meer sowie die Rede des Bundesaußenministers anlässlich der internationalen Konferenz „Ein Jahrhundert deutsche Polenpolitik “ am 15. November 2018 bieten die Gelegenheit, die Strategie und Zielsetzung der Bundesregierung bzgl. einer neuen europäischen Ostpolitik in den Blick zu nehmen (www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/maas-ein-jahrhundertdeutsche -polenpolitik/2161660). 1. Welches strategische Ziel verfolgt die Bundesregierung mit ihrer Initiative für „eine neue europäische Ostpolitik“? Mit welchen EU-Partnern wird diese vorrangig abgestimmt? 2. Was sind nach Auffassung der Bundesregierung neue Elemente an der „neuen europäischen Ostpolitik“? Die Fragen 1 und 2 werden gemeinsam beantwortet. Die „europäische Ostpolitik“ soll den Konsens in der EU und die Handlungsfähigkeit der EU in der Ostpolitik stärken. Ostpolitik kann nicht allein nationale Politik sein, sondern muss immer auch europäisch angelegt sein. Nur eine einige Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7229 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode und geschlossene EU kann aktiv Einfluss auf Entwicklungen in der östlichen Nachbarschaft nehmen. Hierzu gilt es, innerhalb der EU den ostpolitischen Austausch zu intensivieren und dabei unter anderem Sicherheitsinteressen, wirtschaftliche Kooperation und die Zusammenarbeit in kulturellen und wissenschaftlichen Fragen aufzugreifen. Auch wenn Russland als größtem Nachbarn der EU im Osten eine besondere Rolle zukommt, sind Adressaten der „europäischen Ostpolitik“ alle östlichen Nachbarn der EU, insbesondere auch die Länder der Östlichen Partnerschaft und Zentralasiens. Die Bundesregierung sucht die stärkere Abstimmung mit allen EU-Partnern, die sich in die Formulierung einer gemeinsamen Politik für diesen Raum einbringen wollen. 3. Welche Länder und regionale Konflikte adressiert die „neue europäische Ostpolitik“, mit welcher Priorisierung, und in welchem zeitlichen Rahmen? 4. Welchen zeitlichen Rahmen hat sich die Bundesregierung für die Entwicklung und Umsetzung der „neuen Ostpolitik“ gesetzt? Die Fragen 3 und 4 werden gemeinsam beantwortet. Die „europäische Ostpolitik“ strebt eine stärkere gemeinsame EU-Politik gegenüber den Nachbarn der Östlichen Partnerschaft, Zentralasiens sowie Russlands ohne zeitliche Zielvorgaben an. Ungelöste Territorialkonflikte in Georgien und der Republik Moldau sowie der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan müssen Gegenstand einer „europäischen Ostpolitik“ sein, besondere Bedeutung kommt der Lösung des Ukraine-Konflikts zu. Generell geht es um eine an den Bedürfnissen des jeweiligen Partnerlandes ausgerichtete Zusammenarbeit auf der Grundlage von Konditionalität (Umsetzung gemeinsam vereinbarter Reformen als Voraussetzung für fortgesetzte Unterstützung durch die EU). Darüber hinaus kann die „europäische Ostpolitik“ einen Beitrag zur Prävention von Konflikten in der Region leisten. 5. Welche Bedeutung wird die Bundesregierung der „neuen europäischen Ostpolitik “ während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2020 beimessen? Das zehnjährige Jubiläum der Östlichen Partnerschaft in diesem Jahr sowie die deutsche EU-Ratspräsidentschaft 2020 bieten Möglichkeiten, den ostpolitischen Austausch sowohl innerhalb der EU als auch mit der östlichen Nachbarschaft im Rahmen der „europäischen Ostpolitik“ zu intensivieren. Die Bundesregierung wird sich hier mit eigenen Initiativen einbringen und stimmt sich dazu mit ihren EU-Partnern ab. 6. Was bedeutet für die Bundesregierung „ein europäischer Reflex“ in der „neuen Ostpolitik“, und wie soll dieser entwickelt werden? Von zentraler Bedeutung ist die Geschlossenheit der EU in ihrem Handeln gegenüber ihren östlichen Nachbarn. Zu diesem Zweck ist ein intensiver Austausch innerhalb der EU zu ostpolitischen Themen maßgeblich. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/7229 7. Wie ist der ostpolitische „Minimalkonsens“, der laut Bundesminister Heiko Maas in Brüssel derzeit vorherrscht, definiert? Wie soll aus der Sicht der Bundesregierung das Ziel dessen Überwindung konkret gelingen? Den Rahmen für insbesondere die Russlandpolitik der EU-Mitgliedstaaten setzen die fünf sogenannten „Mogherini-Prinzipien“, die der Rat für Außenbeziehungen im April 2018 bestätigt hat: (1) Umsetzung des Minsker Maßnahmenpakets, (2) Stärkung der Östlichen Partnerschaft und der Zusammenarbeit mit Zentralasien, (3) Stärkung der EU-Resilienz (hybride Bedrohungen, strategische Kommunikation ), (4) selektives Engagement mit Russland in Politikbereichen von EU-Interesse und (5) Stärkung der zivilgesellschaftlichen Kontakte. Die Bundesregierung tritt dafür ein, das Potential dieser Prinzipien noch stärker auszuschöpfen und besonders in den Bereichen selektives Engagement und zivilgesellschaftliche Kontakte auszuweiten. Wichtig bleibt die weitere Stärkung der Östlichen Partnerschaft durch fortgesetzte Unterstützung der Transformationsanstrengungen interessierter Partner unter strikter Anwendung des Konditionalitätsprinzips (vgl. Antwort zu den Fragen 3 und 4). Die EU sollte mit allen Staaten der Östlichen Partnerschaft, die dies wünschen, ein Rahmenabkommen abschließen. 8. Wie gedenkt die Bundesregierung, die nord-, west-, und südeuropäischen Staaten bei der Entwicklung sowie Umsetzung einer „neuen Ostpolitik“ einzubinden ? Gibt es hier schon konkrete Absprachen auf diplomatischer Ebene? Die Bundesregierung sucht die stärkere Abstimmung mit allen EU-Partnern, die sich in die Formulierung einer gemeinsamen Politik für die östlichen Nachbarn der EU, insbesondere auch die Länder der Östlichen Partnerschaft und Zentralasiens einbringen wollen. Schlüsselpartner bei der Umsetzung sind die nord- und ostmitteleuropäischen Partner sowie Frankreich, mit denen die Bundesregierung bereits hierzu im Austausch steht. 9. Wie bewertet die Bundesregierung die Entwicklung einer „neuen europäischen Ostpolitik“ in Hinblick auf die in den EU-Mitgliedstaaten vorherrschenden politischen Meinungsverschiedenheiten über die Nord-Stream-2- Pipeline? Ziel der „europäischen Ostpolitik“ ist, das wechselseitige Verständnis für die jeweiligen Interessen und Positionen zu erhöhen. Die Bundesregierung nimmt die Sorgen und Bedenken ihrer Partner mit Blick auf Nord Stream 2 ernst. Daher setzt sie sich gemeinsam mit der EU-Kommission für eine Konsortiallösung ein, die sicherstellen soll, dass substanzieller Gastransit durch die Ukraine erhalten bleibt. Darüber hinaus begrüßt die Bundesregierung jede Gasinfrastruktur, die zur Energiesicherheit Europas beiträgt. So hat sie einen ungebundenen Finanzkredit in Höhe von 1,5 Mrd. Euro für den südlichen Gaskorridor zur Verfügung gestellt, mit dem Gas aus Aserbaidschan transportiert werden soll. Gleichzeitig unterstützt die Bundesregierung Pläne für den Bau eines LNG-Terminals in Deutschland. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7229 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 10. Soll nach Auffassung der Bundesregierung die „neue europäische Ostpolitik “ die bestehende Politik der Östlichen Partnerschaft berücksichtigen, ergänzen oder gar ersetzen? Wenn ja, inwiefern? Die „europäische Ostpolitik“ ist eine Initiative, die den Dialog über Fragen der Ostpolitik verstärkt und dabei auch die Östliche Partnerschaft umfasst. Sie zielt darauf ab, die Östliche Partnerschaft zu stärken, indem der europäische Konsens, etwa zur Unterstützung von Reformen und Transformations-prozessen in den östlichen Partnerländern erhöht wird. 11. Wie bewertet die Bundesregierung eine mögliche Zusammenarbeit mit der Regierung Polens bei der gemeinsamen Entwicklung einer „europäischen Ostpolitik“? Gibt es hier schon konkrete Absprachen auf diplomatischer Ebene? Der Zusammenarbeit mit Polen kommt eine Schlüsselrolle zu. Die Bundesregierung betrachtet Polen als engen Partner und Impulsgeber in diversen Formaten wie dem Weimarer Dreieck, „Visegrad plus Deutschland“ und der Östlichen Partnerschaft , und steht dazu in direktem Austausch mit ihren polnischen Partnern. 12. Inwieweit bieten nach Auffassung der Bundesregierung das Weimarer Dreieck oder die Dreimeere-Initiative einen adäquaten politischen Rahmen, um die „neue europäische Ostpolitik“ zu entwickeln und zu verwirklichen? Welche multilateralen Formate sind außerdem denkbar für deren erfolgreiche Entwicklung und Umsetzung? Formate wie das Weimarer Dreieck, die Dreimeere-Initiative oder auch „Visegrad plus Deutschland“ bilden mit ihren differenzierten Zusammensetzungen Foren , die einen verstärkten Austausch über Perspektiven, Erfahrungen und Interessen ermöglichen und als Impulsgeber für die „europäische Ostpolitik“ dienen können. Bundesaußenminister Heiko Maas hat am letzten Treffen der Drei- Meere-Initiative im September 2018 in Rumänien teilgenommen und damit das Interesse der Bundesregierung an der Region unterstrichen. 13. Sieht die Bundesregierung eine Einbeziehung der NATO allgemein sowie des NATO-Russland-Rats im Besonderen in die Entwicklung und Umsetzung einer „neuen europäischen Ostpolitik“ vor? Wenn ja, wie konkret? Die „europäische Ostpolitik“ richtet sich in ihrer internen Dimension an die Länder der EU, in ihrer externen Dimension an die Länder der Östlichen Partnerschaft , Zentralasiens und Russland. Darüber hinaus setzt sich die Bundesregierung im Rahmen der NATO für regelmäßige Sitzungen des NATO-Russland- Rats als zentralem Dialogformat der Allianz mit Russland sowie der NATO-Ukraine -Kommission und der NATO-Georgien-Kommission ein. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333