Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 17. Januar 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/7230 19. Wahlperiode 21.01.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten René Springer, Jörg Schneider, Martin Sichert und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/6806 – Brexit – Auswirkungen auf das deutsche Sozialsystem, den Arbeitsmarkt und den Haushalt V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g „DIE WELT“ veröffentlichte am 25. November 2018 einen Artikel (https://bit. ly/2AGjimi), der drei mögliche Optionen für den weiteren Fortgang der Verhandlungen über einen Austritt Großbritanniens aus der EU beleuchtete. Nach der genannten „Option 2“ (Ablehnung des EU-Abkommens im britischen Unterhaus ) könnte „die Wirtschaft auf beiden Seiten des Ärmelkanals […] massiven Schaden nehmen“, was nach Ansicht der Fragesteller implizit Auswirkungen auf die Sozialsysteme und den Arbeitsmarkt hätte. Nach einer ifo-Studie (vgl. https://bit.ly/2Urjz5U) betrugen die deutschen Güterexporte in das Vereinigte Königreich im Jahr 2016 ca. 86 Mrd. Euro, was 2,6 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) wären. Inklusive der Dienstleistungsexporte schätzt das ifo Institut das Gesamtvolumen im Jahr 2016 auf ca. 116 Mrd. Euro, was insgesamt 3,7 Prozent des deutschen BIP entspricht . Im Jahr 2014 hingen ca. 556 000 Arbeitsplätze direkt und indirekt am Export nach Großbritannien (vgl. „6 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen “ der Studie). Nach einem Bericht des Auswärtigen Amts äußerte sich der EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger auf der 126. Plenartagung des Ausschusses der Regionen vom 30. November bis 1. Dezember 2017 in Brüssel dahingehend, dass mit dem Datum des Austritts Großbritanniens aus der EU am 29. März 2019 mit einer Finanzierungslücke im EU-Haushalt gerechnet werden müsse. Interessant sei nach Günther Oettinger, ob Großbritannien die im Rahmen des mehrjährigen Finanzrahmens der EU (MFR) zugesagten Gelder weiterhin bis Ende 2020 zahlen werde (vgl. AA, Diplomatische Korrespondenz, ID: BRUEEU_2017-12- 15_36040). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7230 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Welche Austrittsszenarien hat die Bundesregierung während der Verhandlungen über das Austrittsabkommen als Grundlage für eine Verhandlungsstrategie für möglich gehalten (bitte einzeln ausweisen)? 2. Welche Austrittsszenarien hält die Bundesregierung zum gegenwärtigen Zeitpunkt für wahrscheinlich (bitte einzeln ausweisen)? 3. Welche Studien hat die Bundesregierung zur Simulation möglicher Austrittsszenarien herangezogen (bitte einzeln ausweisen)? 4. Welche Vorkehrungen hat die Bundesregierung für den Fall eines Scheiterns der Verhandlungen (Ablehnung des im EU-Rat verhandelten Austrittsabkommens durch das Vereinigte Königreich) mit dem Vereinigten Königreich (VK) und eines Rückfalls auf WTO-Regeln (WTO = Welthandelsorganisation ) getroffen? Die Fragen 1 bis 4 werden zusammen beantwortet. Grundsätzlich hat die Bundesregierung größtes Interesse an einem durch ein Austrittsabkommen geordneten Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union und einer möglichst engen Partnerschaft der Europäischen Union mit dem Vereinigten Königreich in der Zukunft. Die Bundesregierung trifft seit Sommer 2016 Vorkehrungen sowohl für den Austritt mit einem Austrittsabkommen, als auch für den Fall eines Austritts ohne Austrittsabkommen . Sie unterscheidet dabei zwischen notwendigem nationalem Gesetzgebungsbedarf im Zusammenhang mit dem Austritt und Verwaltungshandeln (zum Beispiel Aufstockung von Personal in der Zollverwaltung) sowie sonstigem Handlungsbedarf (zum Beispiel dem fortlaufenden Austausch mit Wirtschaft und Zivilgesellschaft). Die Bundesregierung hat den Bundestag regelmäßig über den Stand der legislativen Planungen unterrichtet. Die Bundesregierung überprüft den Stand der Planungen fortlaufend und entwickelt ihre Planungen zu den Austrittsszenarien entsprechend dem Fortgang der Verhandlungen weiter. Die Bundesregierung stimmt sich in dieser Frage eng mit den europäischen Partnern und der Europäischen Kommission ab. Über den Fortgang der Verhandlungen sowie zu den Vorbereitungen auf den Austritt besteht in den entsprechenden Ratsgremien im Artikel 50-Format (zu 27 ohne das Vereinigte Königreich) ein enger Austausch zwischen den EU27 und der Europäischen Kommission als Verhandlungsführerin. Der Deutsche Bundestag wird auch hierüber regelmäßig im Einklang mit den Vorgaben des EUZBBG unterrichtet . Im Übrigen wird verwiesen auf die Antworten der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion der FDP zu den Folgen des Brexit für Deutschland und Europa auf Bundestagsdrucksache 19/5892, die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. zum Stand der Brexit-Vorbereitungen der Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache 19/4398 (neu), die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN zum Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union auf Bundestagsdrucksache 19/4389 und auf die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP zu den Folgen des Brexit für Deutschland und Europa: Arbeit und Soziales auf Bundestagsdrucksache 19/4803. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/7230 a) Welche Konsequenzen für die deutsche Volkswirtschaft erwartet die Bundesregierung im Falle einer Ablehnung des EU-Abkommens? Nach der Ablehnung des Verhandlungsergebnisses im britischen Unterhaus am 15. Januar 2019 besteht das Risiko eines ungeordneten Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU. In diesem Fall dürften sich negative kurz- und langfristige Auswirkungen auf die deutsche Volkswirtschaft ergeben. b) Welche Auswirkungen für den deutschen Arbeitsmarkt wären nach Ansicht der Bundesregierung zu erwarten? Zu den Auswirkungen des Brexit auf den deutschen Arbeitsmarkt wird auf die Antworten der Bundesregierung zu den Fragen 3 und 4 der Kleinen Anfrage der Fraktion der FDP zu den Folgen des Brexit für Deutschland und Europa: Arbeit und Soziales auf Bundestagsdrucksache 19/4803 verwiesen. c) Welche Auswirkungen auf die deutschen Sozialsysteme wären nach Ansicht der Bundesregierung zu erwarten? Die möglichen Auswirkungen eines ungeregelten Brexit auf die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit und damit verbundenen Handlungsbedarf hat die Bundesregierung in ihrem „Entwurf eines Gesetzes zu Übergangsregelungen in den Bereichen Arbeit, Bildung, Gesundheit, Soziales und Staatsangehörigkeit nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union“ umfassend erläutert. 5. Sind für den Fall eines ungünstigen Verlaufs der Austrittsverhandlungen Rücklagen im Bundeshaushalt gebildet worden, und wenn ja, in welchen Titeln ? 6. Welche Kosten können nach Ansicht der Bundesregierung auf den Bundeshaushalt ggf. zukommen a) im Falle eines harten Brexits (Rückfall auf WTO-Regeln) bzw. b) im Falle einer Einigung auf das mit der EU27 ausgehandelte Austrittsabkommen ? Die Fragen 5 bis 6b werden gemeinsam beantwortet. Das Vereinigte Königreich hat bereits im Dezember 2017 bei den Austrittsverhandlungen akzeptiert, die von ihm eingegangenen finanziellen Verpflichtungen vollständig zu erfüllen. Zu weiteren Auswirkungen wird auf die übrigen Antworten verwiesen. Im Übrigen beteiligt sich die Bundesregierung nicht an Spekulationen . Eine sich gegebenenfalls ändernde Sachlage wird im Rahmen der jährlichen Haushaltsaufstellung berücksichtigt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7230 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 7. Hält es die Bundesregierung den Aussagen von EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger folgend für möglich, dass das VK seinen eingegangenen Zahlungsverpflichtungen für den MFR 2014 bis 2020 ab seinem Austritt am 29. März 2019 nicht mehr erfüllt und damit eine Finanzierungslücke im aktuellen MFR entsteht, und wenn ja, wie groß wäre diese Finanzierungslücke nach Schätzung der Bundesregierung? Die Bundesregierung weist darauf hin, dass der Mehrjährige Finanzrahmen der EU (MFR) für die einzelnen Haushaltsjahre stets nur Obergrenzen, also ein jährliches maximal mögliches Ausgabevolumen, bestimmt. Das konkret anzuwendende Ausgabevolumen für das einzelne Haushaltsjahr wird erst im Rahmen des Jährlichen Haushalts der EU festgelegt. Im Dezember 2018 ist durch die europäischen Institutionen der Jahreshaushalt 2019 verabschiedet worden. Er geht davon aus, dass das Vereinigte Königreich auch nach seinem Austritt für das Jahr 2019 seine Zahlungsverpflichtungen weiter erfüllen wird, wie dies auch im zwischen der Europäischen Kommission und dem Vereinigten Königreich ausgehandelten Austrittsvertrag vorgesehen ist. Grundsätzlich erwartet die Bundesregierung, dass bei einer möglichen Finanzierungslücke die Europäische Kommission einen ausgewogenen Berichtigungshaushalt für 2019 vorlegen wird, der neben einer Anpassung der Einnahmeseite auch eine Absenkung der Ausgabenseite vorsehen kann. Für das Jahr 2020 und damit für das letzte Jahr des geltenden MFR sind keine Angaben zu einer Finanzierungslücke möglich, da kein Entwurf zum Jahreshaushalt 2020 mit einem Ausgabevolumen vorliegt. 8. Aus welchen Erwägungen hält es die Bundesregierung angesichts der Unwägbarkeiten für den EU-Haushalt im Zusammenhang mit dem Austritt des VK für gerechtfertigt, aktuell über EU-Vorhaben zu verhandeln, welche die EU-Haushalte ab 2019 betreffen, und auf welcher Basis erstellt die Bundesregierung für diese eine Kostenfolgenabschätzung für Deutschland? Generell gilt: Die EU muss unabhängig von einem Austritt des Vereinigten Königreiches die ihr übertragenen Aufgaben wahrnehmen und auf neue Herausforderungen reagieren können. Alle aus EU-Vorhaben folgenden Ausgaben werden im Rahmen der Aufstellung des jährlichen EU-Haushalts verhandelt. An diesen Verhandlungen sind alle Mitgliedstaaten der EU beteiligt. Dasselbe gilt auch für die Verhandlungen des zukünftigen MFR (2021-2027). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333