Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit vom 18. Januar 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/7234 19. Wahlperiode 22.01.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Judith Skudelny, Frank Sitta, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/6838 – Reduktion innerstädtischer NOx-Belastung durch passiven Immissionsschutz V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Zur Reduzierung städtischer NOx-Belastungen können neben aktiven Maßnahmen des Immissionsschutzes, die auf eine Verminderung der NOx-Emissionen an der Quelle ansetzen, auch passive Maßnahmen herangezogen werden. Solche Maßnahmen können gleichermaßen wie Emissionsminderungen geeignet sein, die Bevölkerung vor Luftschadstoffen zu schützen. Verkehrliche und bauliche Maßnahmen können zu einer besseren Verteilung der Schadstoffe und dadurch zur Reduzierung der Schadstoffkonzentration führen. Aufenthaltsräume und -orte der städtischen Bevölkerung lassen sich so gestalten, dass eine größere Entfernung zu Belastungsschwerpunkten realisiert wird. Schließlich lassen sich Schadstoffe durch technische und bauliche Maßnahmen der Luft entziehen. Passive Maßnahmen des Immissionsschutzes, die geeignet sind, NOx-Konzentrationen nachsorgend zu vermindern, werden zwar regelmäßig in kommunalen Luftreinhalteplänen angeführt. In der politischen Diskussion spielen neue und innovative Verfahren zur Einhaltung der NO2-Immissionsgrenzwerte eine untergeordnete Rolle. Generell ist wenig über innovative Verfahren der Immissionsminderung und ihre praktische Relevanz bekannt. Zur Vermeidung von Fahrverboten für Dieselfahrzeuge, aber auch zur Reduzierung der gesamtwirtschaftlichen Kosten der Luftreinhaltung, sollten die Potentiale passiver Maßnahmen des Immissionsschutzes näher untersucht, bewertet und letztlich auch genutzt werden. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Photokatalytische Oberflächen, beispielsweise bei beschichteten Pflastersteinen oder Fahrbahnbelägen, werden insbesondere von Herstellern dieser Produkte als Ansatz zur Verringerung der NO2-Belastung vorgeschlagen. Bisher gibt es keine Ergebnisse, die eine dauerhafte signifikante Reduktion beim praktischen Einsatz von beschichteten Oberflächen im Außenbereich belegen. Dies hat auch ein Öffentliches Fachgespräch zum Thema „Luftbelastung durch Stickoxide in Ballungsräumen – Ursachen und Lösungsmöglichkeiten“ im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit am 8. März 2017 ergeben. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7234 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Die Bundesanstalt für Straßenwesen hat ein umfangreiches Projekt durchgeführt, in dem gute Laborwerte im Außenbereich nicht annähernd widergespiegelt wurden . Auch Versuche in Städten haben keine signifikanten Reduktionen nachgewiesen . Mit dem Ansatz erfolgt zudem keine Minderung der NO2-Belastung bei den verantwortlichen Emittenten, den Diesel-Fahrzeugen. Passiver Immissionsschutz hilft somit auch nicht, das generelle Problem der Einbringung von reaktivem Stickstoff in die Umwelt zu beheben. Im Fall von photokatalytischen Oberflächen wird der Stickstoff nur von einer reaktiven Form in die andere überführt. Bei vollständiger Umwandlung von atmosphärischem NOx entsteht Nitrat, das bei Auswaschung den Boden, Grundwasser und Gewässer belastet. Teilweise bedeutet aber Photokatalyse auch Umwandlung von NO in NO2. Auch aus diesem Grund ist eine Verminderung der Emissionen an der Quelle immer einer Maßnahme auf Immissionsseite vorzuziehen. Gemäß § 47 Absatz 4 BImSchG ist daher verbindlich vorgegeben, dass Maßnahmen entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu ergreifen sind, die zur Überschreitung der Immissionsgrenzwerte beitragen. 1. Welche Maßnahmen des passiven Immissionsschutzes werden nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit bereits durchgeführt? Welche Minderungen der NOx-Konzentrationen an Verkehrsschwerpunkten werden dadurch jeweils erreicht? Der Bundesregierung sind einzelne Feldversuche bekannt. Dabei konnten bislang geringfügige Minderungen der NOx-Belastung nachgewiesen werden. 2. Welche Studien oder Pilotprojekte hat die Bundesregierung einschließlich der ihr nachgeordneten Behörden zu passivem Immissionsschutz in Auftrag gegeben? Welche Ergebnisse haben diese Studien jeweils konkret erbracht? Wie schätzt die Bundesregierung das Verhältnis von Kosten zur Wirksamkeit dieser Maßnahmen aufgeschlüsselt nach einzelnen Möglichkeiten ein? 3. Welche dieser Studien bzw. Ergebnisse von Pilotprojekten sind wo veröffentlicht , und falls sie z. T. nicht veröffentlicht sein sollten, warum jeweils nicht, und wann hat die Bundesregierung vor, die betreffenden Ergebnisse auch ggf. noch laufender Studien oder Pilotprojekte jeweils zu veröffentlichen ? Die Fragen 2 und 3 werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) hat von 2011 bis 2014 die Wirkung einer Titandioxid-Suspension auf einer Lärmschutzwand an der A 1 im Bereich Osnabrück im Hinblick auf die Stickstoffdioxidbelastung untersucht. Ergebnis dieser Studie ist, dass im Bereich der behandelten Lärmschutzwände eine geringfügige Minderung der Stickstoffdioxidbelastungen festzustellen war. Diese Ergebnisse gelten nur für diesen speziellen Standort mit dem dort aufgetragenen Material und für die Dauer der Messung, da die Ergebnisse von mehreren Faktoren , wie z. B. der Lage oder dem (mikro-)klimatischen Einfluss abhängig sind. Übertragbar sind Ergebnisse dieser Pilotstudie somit nicht ohne weiteres. Die Studie ist in der Unterreihe Verkehrstechnik der Berichte der BASt mit dem Titel „Photokatalytische Oberflächen zur Minderung von Stickoxidbelastungen an Straßen – TiO2-Pilotstudie Lärmschutzwand“ im Heft V-309 elektronisch abrufbar unter https://bast.opus.hbz-nrw.de veröffentlicht. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/7234 Weiterhin hat die BASt im Rahmen einer Erprobung einer photokatalytisch aktiven Straßenoberfläche auf der B 433 in Hamburg unter Federführung der DEGES Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und –bau GmbH mitgewirkt. Einen Teil der Ergebnisse hat die BASt im Rahmen des Projektes F1100.6311005 „TiO2 Pilotstudie Krohnstieg“ beigesteuert. Die Gesamtheit der Messergebnisse zur Schadstoffminderung dieser Maßnahme werden der DEGES zugeleitet und dort ausgewertet. In einem weiteren Forschungsvorhaben wurde ein Verfahren entwickelt, bei dem Titandioxid-Partikel im Abstreumaterial vermischt und auf die Fahrbahnoberfläche aufgebracht werden kann. Die Studie mit dem Titel „Umweltfreundlicher Straßenbelag – photokatalytischer Stickoxidabbau unter Nutzung der Nanotechnologie “ ist in der Unterreihe Verkehrstechnik der Berichte der BASt im Heft V- 310 veröffentlicht. Vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) wurde von 2014 bis 2017 das Verbundvorhaben „PureBau: Untersuchung von Werkstoffsystemen für photokatalytisch hocheffiziente Baustoffe“ gefördert. Nähere Informationen zu diesem Verbundvorhaben sind unter der Webseite www.purebau.com/ verfügbar . Alle Abschlussberichte liegen bei der Technischen Informationsbibliothek in Hannover (TIB) vor. Ebenfalls vom BMBF wurde das Projekt „NaHiTAs – Nachhaltiger HighTech- Asphalt: Schadstoff- und lärmmindernd mit neuer Verarbeitung und Überwachung “ gefördert. Dieses Projekt lief erst im Dezember 2018 aus, so dass Abschlussberichte erst im Laufe des Jahres 2019 vorliegen werden. 4. Welche konkreten Pläne für Pilotprojekte und neue Studien gibt es? Eine Untersuchung zum Einsatz von Titandioxid zum Schadstoffabbau in Tunneln ist derzeit in Vorbereitung. 5. Welche weiteren Erkenntnisse (im Rahmen von Expertengesprächen, eigener und fremder Pilotprojekte oder Studien etc.) hat die Bundesregierung zur Durchführbarkeit, zu den Kosten und/oder zur Wirksamkeit der folgenden Möglichkeiten des passiven Immissionsschutzes: a) Beschichtungen bzw. anderweitige Verarbeitungen von Bauzusatzstoffen b) Nutzung von anderen Begrünungen c) Luftabsaugungen in die Kanalisation oder nach oben sowie andere Möglichkeiten der besseren Luftdurchmischung d) Stickoxid-reduzierende Asphalte bzw. Nachhaltige HighTech-Asphalte? Wo sind diese Studien bzw. weiteren Ergebnisse ggf. veröffentlicht? Neben den in der Antwort zu den Fragen 2 und 3 genannten Studien wurde folgende Untersuchung zum passiven Immissionsschutz durchgeführt: Im Rahmen des 7. Forschungsrahmenprogramms der Europäischen Kommission wurde das Vorhaben Visible LIGHT Active PhotoCATalytic Concretes for Air pollution Treatment (LIGHT2CAT) durchgeführt. Der Abschlussbericht ist auf der Webseite https://cordis.europa.eu/project/rcn/102057/reporting/en verfügbar. Das Vorhaben wurde im Zeitraum von 2012 bis 2015 durchgeführt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7234 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 6. Welche weiteren Möglichkeiten des passiven Immissionsschutzes sind der Bundesregierung bekannt, und inwieweit wurden diese bisher erforscht? Auf die Antwort zu den Fragen 2 und 3 wird verwiesen. 7. Welche Maßnahmen des passiven Immissionsschutzes fördert die Bundesregierung jeweils im Rahmen welcher Fördermaßnahmen? Die Bundesregierung fördert derzeit keine Maßnahmen des passiven Immissionsschutzes . 8. Werden Maßnahmen des passiven Immissionsschutzes auch im „Sofortprogramm Saubere Luft 2017 bis 2020“ berücksichtigt? Wenn ja, welche, und wie hoch ist der Anteil dafür zur Verfügung gestellter Mittel? Nein. 9. Warum hat die Bundesregierung vor dem Hintergrund der nur punktuellen Belastung einzelner Städte bzw. einzelner Straßenzüge in den Städten den zielgenau wirkenden passiven Immissionsschutz nicht stärker gefördert? Bisher gibt es keine Ergebnisse, die eine dauerhafte signifikante Reduktion beim praktischen Einsatz von beschichteten Oberflächen im Außenbereich belegen. 10. Plant die Bundesregierung, den passiven Immissionsschutz in Zukunft stärker zu fördern? Wie begründet die Bundesregierung ihre Entscheidung hierzu? Derzeit ist keine Förderung des passiven Immissionsschutzes geplant, da bisherige Untersuchungen keine signifikante Reduktion ergeben haben. 11. Wie wird die Bundesregierung sicherstellen, dass wirksame passive Immissionsschutzmaßnahmen in kommunalen Luftreinhalteplänen als gleichwertige Maßnahmen zur Reduzierung der Schadstoffemissionen Anerkennung finden? Der Vollzug des Immissionsschutzrechts liegt in der Zuständigkeit der Länder. Dies umfasst auch die Aufstellung von Luftreinhalteplänen nach § 47 des Bundes- Immissionsschutzgesetzes. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333