Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 17. Januar 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/7253 19. Wahlperiode 21.01.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Reinhard Houben, Michael Theurer, Renata Alt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/6491 – Deutsche Lastentransporte in den Weltraum V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Das Raumfahrtunternehmen ArianeGroup hat am 12. November 2018 angekündigt , bis zum Jahr 2022 ca. 2 300 Arbeitsplätze streichen zu wollen. Die Gründe hierfür liegen am Ende der Entwicklung der Rakete Ariane 6, geänderten Marktbedingungen seit 2014 sowie ausbleibenden institutionellen Aufträgen von EU- Staaten (www.n-tv.de/wirtschaft/Arianegroup-streicht-Tausende-Stellen-article 20718111.html). Im Juli 2018 wurden vier Galileo-Satelliten mit einer Ariane-5-ES-Rakete in die Erdumlaufbahn gebracht. Im Jahr 2020 sollen die übrigen drei Satelliten folgen, um die Konstellation von 30 Satelliten zu vervollständigen. Trägerrakete soll dann die Ariane-6-Rakete sein (www.dlr.de/dlr/desktopdefault.aspx/tabid-10212/ 332_read-29070/#/gallery/31496). Die Bundeswehr wird bis 2019 drei Satelliten in die sonnensynchrone Erdumlaufbahn bringen lassen, um das satellitengestützte Radar- und Aufklärungssystem „SARah“, zur weltweit abbildenden Aufklärung, bis 2029 nutzen zu können . Hauptauftragnehmer ist hierbei die Bremer OHB System AG, die wiederum dem amerikanischen Unternehmen SpaceX den Auftrag zur Beförderung der Satelliten mit Falcon-9-Raketen erteilt hat (www.spacex.com/press/2013/08/08/ spacex-awarded-launch-german-radar-reconnaissance-satellite-system). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7253 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Wie viele institutionelle Aufträge gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung für die Ariane-6-Raketen innerhalb der EU bis jetzt? Zum heutigen Zeitpunkt wurden bereits drei feste Aufträge erteilt: für ein nationales französisches Projekt sowie für zwei Starts mit jeweils zwei Galileo-Satelliten im Auftrag der EU. Weitere Galileo-Starts gelten als sicher, die Anträge können aber erst im nächsten 7-jährigen Finanzrahmen der EU verbindlich erteilt werden. Zusätzlich stehen mehrere Missionen der Europäischen Weltraumorganisation ESA kurz vor der Antragsvergabe. 2. Welche volkswirtschaftlichen und sicherheitspolitisch-strategischen Auswirkungen hätte ein Aus des Ariane-Programms nach Einschätzung der Bundesregierung auf die deutsche und europäische Raumfahrt? Die direkten volkswirtschaftlichen Auswirkungen einer Beendigung des Ariane- Programms wären angesichts des damit verbundenen gesamteuropäischen Umsatzes von derzeit jährlich ca. 1 Mrd. Euro vergleichsweise gering. Zu den volkswirtschaftlichen Auswirkungen siehe auch die Antwort zu Frage 21. Hingegen wären alle europäischen zivilen und militärischen Satellitenprojekte im Erdbeobachtungs -, Telekommunikations-, Navigations- und im Forschungsbereich zukünftig auf den Start mit nicht-europäischen Trägerraketen angewiesen. Dabei wird angenommen, dass ein Ende des Ariane-Programms zwangsläufig auch ein Ende des europäischen „kleinen“ Raketenmodells Vega nach sich ziehen muss. 3. Ist die Bundesregierung der Meinung, dass es im nationalen Interesse ist, dass Deutschland und die EU einen eigenständigen und unabhängigen Zugang zum Weltraum haben? Falls ja, wie wird die Beibehaltung dieses Zugangs nach Ansicht der Bundesregierung gesichert? Die Bundesregierung ist der Ansicht, dass ein eigenständiger und unabhängiger Zugang zum Weltraum für Europa im nationalen Interesse ist. Die Bundesregierung wendet zu dessen Aufrechterhaltung und zukünftiger Sicherung im deutschen Beitrag zu den diesbezüglichen ESA-Programmen und im Nationalen Raumfahrtprogramm derzeit jährlich ca. 250 Mio. Euro auf. 4. Inwiefern könnte die Auftragsvergabe von Lastentransport in den Weltraum und die Erdumlaufbahn an außereuropäische Unternehmen, nach Meinung der Bundesregierung, diesen eigenständigen Zugang gefährden? Zur Aufrechterhaltung der technischen und industriellen Fähigkeiten als Grundlage des eigenständigen europäischen Zugangs ist eine jährliche Mindestanzahl von Startaufträgen notwendig. 5. Wie bewertet die Bundesregierung in diesem Zusammenhang die geringe Zahl an institutionellen Aufträgen an die europäische ArianeGroup sowie die gestiegene außereuropäische Konkurrenz, die auch für deutsche Weltraumtransporte genutzt wird? Die Anzahl von bisher erfolgten institutionellen Aufträgen an die ArianeGroup hängt auch wesentlich damit zusammen, dass die Ariane 6 nicht vor Ende 2020 flugbereit sein wird und demzufolge die notwendige Zuverlässigkeit des Systems noch nicht bewiesen werden konnte. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/7253 6. Welche EU-Mitgliedstaaten haben nach Kenntnis der Bundesregierung eine „nationale Präferenz“ in ihrer Weltraumtransportpolitik, die zum Ausschluss ausländischer Weltraumtransportdienstleister führt? Nach Kenntnis der Bundesregierung verfolgt nur Frankreich eine präferentielle Nutzung europäischer Trägerraketen bzw. eine Präferenz für die Nutzung des Startplatzes in Französisch-Guyana in ihren Programmen. 7. Inwiefern strebt die Bundesregierung eine bindende internationale Vereinbarung im Rahmen der Europäischen Weltraumorganisation ESA an, um von einer weltweiten Ausschreibung bei der Vergabe von Startleistungen abzusehen ? Wann wäre eine solche Vereinbarung realistisch? Auf der ESA-Ministerkonferenz am 25. Oktober 2018 in Madrid haben Deutschland und weitere interessierte Staaten als ersten Schritt eine gemeinsame Erklärung zur Nutzung europäischer Träger und zur Unterstützung des europäischen Zugangs zum All unterzeichnet (www.esa.int/ger/For_Media/Press_Releases/ Minister_befuerworten_Vision_fuer_die_Zukunft_Europas_in_der_Raumfahrt). 8. Zu welchem Zeitpunkt werden die SARah-Satelliten der Bundeswehr in die Umlaufbahn gebracht werden? Die Satelliten werden voraussichtlich im Zeitraum November 2020 bis September 2021 in die Umlaufbahn gebracht. 9. Gibt es einen standardisierten Kriterienkatalog, anhand dessen Beförderungsaufträge für Satelliten und andere Lasten durch Behörden der Bundesregierung vergeben werden? Wenn ja, welche Kriterien umfasst er? Ein derartiger Kriterienkatalog speziell für Satelliten-Startaufträge existiert nicht. 10. Nach welchen Kriterien wurde der Auftrag, die SARah-Satelliten zu befördern , vergeben? Die Beförderung der Satelliten in den Orbit ist Bestandteil der wirtschaftlichen Gesamtleistung, die vom Auftragnehmer erbracht werden muss. Damit liegt die eigentliche Auswahl des Startsystems in der Verantwortung des Auftragnehmers. Vertraglich wurde vereinbart, dass der Auftragnehmer gehalten ist, alle wettbewerbsfähigen Leistungen, die über die Management- und Systemführungsaufgabe hinausgehen, im Wettbewerb zu vergeben, soweit es sich nicht um Integrationsarbeiten handelt, die er für die gesamtverantwortliche Erbringung der Leistung selbst übernehmen muss (z. B. Endmontage). 11. Aus welchem Grund werden Satellitenprojekte bislang als Gesamtpaket, d. h. Entwicklung, Herstellung und Transport, ausgeschrieben? Die Vergabe als Gesamtpaket ist der risikoärmste und wirtschaftlichste Weg für den Auftraggeber. Die gemeinsame Beauftragung ermöglicht es dem Hauptauftragnehmer , Entwicklung, Herstellung und Start eines Satelliten optimal und flexibel zeitlich aufeinander abzustimmen. Ansonsten müssten die Verantwortungsbereiche des Auftragnehmers für die Satelliten und des Auftragnehmers für die Startdienstleistung voneinander abgegrenzt werden. Die Koordinierung beider Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7253 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Auftragnehmer und vor allem aller Schnittstellen und Anforderungen zwischen dem Satelliten und dem Träger läge dann beim Auftraggeber, was mit einem deutlich höheren Risiko für Zeitverzüge und ggf. Mehrkosten für den Auftraggeber einhergehen würde. 12. Existieren Kriterien, die einen durch den Hauptauftragnehmer ausgewählten Transportdienstleister disqualifizieren? Falls ja, welche sind dies, und wer überwacht die Einhaltung der Kriterien? Der Hauptauftragnehmer darf seinen Unterauftragnehmer grundsätzlich frei wählen . Von Hauptauftragnehmern darf insbesondere nicht verlangt werden, potenzielle Unterauftragnehmer anderer EU-Mitgliedstaaten aus Gründen der Staatsangehörigkeit zu diskriminieren. Auftraggeber dürfen einen vom Auftragnehmer ausgewählten Unterauftragnehmer nur auf Grundlage der Kriterien ablehnen, die für den Hauptauftrag gelten. 13. Plant die Bundesregierung, künftig Transportdienstleistungen bei Weltraumprojekten separat auszuschreiben und diese Ausschreibung auf nationaler Ebene nur europäischen Dienstleistern zugänglich zu machen? Falls nein, wieso nicht? Aus den in der Antwort zu Frage 11 genannten Gründen sollen bei militärischen Projekten Transportdienstleistungen auch in Zukunft nicht separat ausgeschrieben werden. Eine Beschränkung der Vergabe auf europäische Transportdienstleistungen wird derzeit geprüft. 14. Gibt es, nach Ansicht der Bundesregierung, Zeitpunkte vor dem Start der Falcon-9-Raketen, an denen außereuropäische Experten die SARah-Satelliten untersuchen könnten? Wenn ja, könnte dieser Umstand als Sicherheitsrisiko betrachtet werden, und wie plant die Bundesregierung, diese Risiken zu minimieren? Eine Untersuchung der Satelliten durch außereuropäische Experten vor dem Start ist grundsätzlich nicht möglich. Außerhalb Deutschlands ist eine Bewachung durch die Satelliten-Herstellerfirma bzw. die Feldjäger der Bundeswehr geplant. 15. Welche sicherheitspolitisch-strategischen Bedenken könnte es bei einer Benutzung von amerikanischen Falcon-9-Raketen zur Beförderung der SARah- Satelliten der Bundeswehr geben? In Bezug auf die Beförderung der SARah Satelliten hat das Bundesministerium der Verteidigung keine sicherheitspolitisch-strategischen Bedenken. 16. Gibt es, nach Ansicht der Bundesregierung, Zeitpunkte während des Transports der Satelliten zu den Falcon-9-Startabschussrampen, an denen außereuropäische Experten diese Satelliten untersuchen könnten? Wenn ja, könnte dieser Umstand als Sicherheitsrisiko betrachtet werden? Eine Untersuchung der Satelliten durch außereuropäische Experten während des Transports ist grundsätzlich nicht möglich. Außerhalb Deutschlands ist eine Bewachung durch die Satelliten-Herstellerfirma bzw. die Feldjäger der Bundeswehr geplant. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/7253 17. Welche Überprüfungen hat die Bundesregierung durchgeführt, um sicherzugehen , dass die Beförderung der Bundeswehr-Satelliten mit Falcon-9-Raketen nicht mit § 107 Absatz 2 Nummer 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) i. V. m. Artikel 346 Absatz 1a, § 145 Nr. 1 GWB, § 145 Nr. 7a GWB sowie § 117 GWB in Konflikt gerät, bzw. diese Paragraphen Anwendung finden sollten? Die Vergabe des Vertrages „SARah“ erfolgte im Jahr 2012 im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb nach § 100 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) (a. F.) i. V. m. § 99 Absatz 7 GWB (a. F.). Es handelte sich um einen verteidigungsrelevanten Auftrag, da das Radarsatellitensystem dem Anwendungsbereich des Artikel 346 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegt. Zur Risikominimierung erfolgte eine Gesamtvergabe, zu der auch die Beförderung der Satelliten in den Orbit gehört. Diese ist somit ebenfalls vom Anwendungsbereich der o. g. Vorschriften umfasst. 18. Bezieht die Bundesregierung bei der Vergabe von Beförderungsaufträgen von Satelliten die volkswirtschaftlichen Umsätze innerhalb der EU und Deutschland mit in Betracht? Falls nein, warum nicht? Die Bundesregierung beachtet bei der Vergabe von Aufträgen das geltende Vergaberecht und die damit einhergehenden Vorgaben. Bislang wurden keine Beförderungsaufträge für Satelliten separat vergeben. 19. Inwiefern wäre, wenn man die Kosten der Entwicklung der Ariane-5-Rakete, die dazugehörigen steuerzahlenden Arbeitsplätze, sowie Umsätze innerhalb Deutschlands miteinberechnen würde, eine Vergabe der Satellitenbeförderung mit Ariane-5-Raketen nach Einschätzung der Bundesregierung billiger und volkswirtschaftlich sinnvoller, als diese mit amerikanischen Falcon-9- Raketen zu befördern? Der Bundesregierung liegen keine diesbezüglichen quantitativen Informationen vor. 20. Wie viele Unternehmen sind, nach Kenntnis der Bundesregierung, in Deutschland an der Entwicklung und Herstellung der Ariane-5- und Ariane- 6-Raketen beteiligt? Wie viele davon sind sogenannte KMUs? An der Entwicklung und Herstellung von Ariane 5 und Ariane 6 sind die beiden großen Unternehmen ArianeGroup GmbH und die MT-Aerospace GmbH sowie ca. 50 KMU als direkte Zulieferer an diese beide Unternehmen beteiligt. Über die weitere Zuliefererkette in der nächsttieferen Ebene liegen der Bundesregierung keine konsolidierten Angaben vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7253 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 21. Wie viele Arbeitsplätze hängen, nach Kenntnis der Bundesregierung, von der Herstellung und Entwicklung der Ariane-5- und Ariane-6-Raketen in Deutschland und Europa ab (Informationstechnologie-Dienstleister und industrielle Zulieferer inbegriffen)? In Deutschland hängen nach Kenntnis der Bundesregierung in den beiden in der Antwort zu Frage 20 genannten Unternehmen sowie ihren direkten Zulieferern ca. 2 000 Arbeitsplätze von den mit Ariane (Entwicklung und Produktion) verbundenen Tätigkeiten ab. Dazu kommt eine schwer exakt spezifizierbare Anzahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Größenordnung von etwa 300 Personen , die indirekt über Forschungs- und Technologievorhaben des ESA-Programms , des Nationalen Raumfahrtprogramms sowie die F&E-Projekte des DLR als Großforschungseinrichtung und in Universitäten beschäftigt sind. In Europa liegt die Zahl der Beschäftigten, die von der Herstellung und Entwicklung abhängen , bei etwa 10 000 Personen. 22. Wie hoch waren die steuerlichen Einnahmen in Deutschland und Europa durch die Herstellung von Ariane-5-Raketen seit Inbetriebnahme? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 23. Welche Kriterien waren für die Entscheidung, vier europäische Galileo-Satelliten am 25. Juli 2018 mithilfe der Ariane-5-Rakete in die Umlaufbahn zu bringen, maßgeblich, und inwiefern unterscheiden sich diese von dem Vergabeverfahren bei den SARah-Satelliten der Bundeswehr? Die Beauftragung von Leistungen im Zusammenhang mit dem Galileo-System erfolgt durch die Europäische Union. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333