Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 21. Januar 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/7265 19. Wahlperiode 23.01.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Florian Toncar, Christian Dürr, Frank Schäffler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/6550 – Mutmaßliche Mehrfacherstattung von Kapitalertragsteuer mittels „Phantom-Aktien“ V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In der 20. Sitzung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages berichtete das Bundesministerium der Finanzen (BMF) am 7. November 2018 zu dem jüngsten Auskunftsverlangen des Königreichs Dänemark gegenüber der Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf Cum-Ex-Transaktionen (vgl. statt vieler www.tagesschau.de/wirtschaft/cum-ex-betrug-103.html). Es steht der Vorwurf im Raum, Deutschland habe seit 2012 von Cum-Ex-Transaktionen zu Lasten des dänischen Fiskus gewusst, aber diesen nicht informiert. Erst ein Hinweis der Bank of England aus dem Jahr 2015 habe dazu geführt, dass der dänische Staat hierauf aufmerksam wurde (www.zeit.de/wirtschaft/2018-10/cum-ex-betrugdaenemark -deutschland-europa). Im Finanzausschuss wurde am 7. November 2018 hierzu vom BMF Folgendes sinngemäß vorgetragen: 1. Es handele sich bei den seitens Dänemarks beanstandeten Transaktionen um vergangene Sachverhaltskonstellationen und damit ein Stück weit um „Vergangenheitsbewältigung “. 2. Seit 2012 seien umfangreiche Abhilfemaßnahmen gegen Cum-Ex ergriffen worden. 3. Insbesondere durch die Umgestaltung des Erstattungsverfahrens bei der Kapitalertragsteuer zu einem Verfahren „in einer Hand“ seien aus Sicht des BMF Vorkehrungen gegen Cum-Ex-Transaktionen geschaffen worden. 4. Unter Verweis auf den Untersuchungsausschuss zu Cum-Ex in der 18. Wahlperiode müsse jedoch konstatiert werden, dass Steuergestaltungen allein durch äußeres Betrachten der Transaktion nicht feststellbar seien. 5. Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) würde einschlägige Erstattungsbeträge stichenprobenartig prüfen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7265 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Nunmehr berichtet die „Süddeutsche-Online“ am 21. November 2018 (www. sueddeutsche.de/wirtschaft/steuerdiebstahl-cum-ex-adr-1.4220788), dass nach Recherchen des „Westdeutschen Rundfunks“ (WDR) und der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ), die seitens der Finanzverwaltung 2012 geschlossen geglaubte Regelungslücke bei Cum-Ex-Transaktionen mit „Phantom-Aktien“ „verfeinert und fortgesetzt worden“ sei. So seien American Depositary Receipts (ADR) ausgegeben worden, ohne dass die Finanzinstitute die entsprechenden Wertpapiere hinterlegt hätten. Die Erwerber dieser sog. Vorab-ADR hätten sodann bei den deutschen Steuerbehörden erfolgreich Steuererstattungen beantragt , obgleich zuvor keine Dividende gezahlt worden sei. Weiter verweist die „SZ“ darauf, das BMF versuche derzeit, „die Notbremse zu ziehen“. Diese Geschäfte seien offenbar bis zuletzt weiter ausgenutzt worden. Die US-Börsenaufsicht SEC habe die deutschen Finanzbehörden wegen dieser Geschäfte informiert. Bisher habe die SEC rund 173 Mio. USD an Rückzahlungen und Bußgeldern im Zusammenhang mit diesen Vorgängen eingenommen. Ein deutsches Finanzinstitut habe laut „SZ“ beispielsweise entsprechende Zahlungen in Höhe von 75 Mio. USD wegen entsprechender Finanzgeschäfte im Zeitraum 2011 bis 2016 geleistet. 2016 habe das Institut diese Geschäfte eingestellt . Offenbar erst auf Anfrage von „WDR“ und „SZ“ soll das BMF ein spezielles Erstattungsverfahren gestoppt haben, dass es „Kriminellen leicht machte“, sich Steuererstattungen zu verschaffen. Die „SZ“ äußert den Verdacht, auch nach 2012 seien ADR-Papiere genutzt worden , um in den Genuss von Steuererstattungen zu gelangen. In diesem Zusammenhang bestünden laut „SZ“ Zweifel, ob das BMF-Schreiben vom 24. Mai 2013 (VV DEU BMF 2013-05-24 IV C 1-S 2204/12/100039) umfassend genug gewesen sei, „um sämtliche Schlupflöcher zu schließen“. 1. Wann hat die Steuerabteilung des BMF erstmals von den von „WDR“ und „SZ“ geschilderten Transaktionen mit sog. Phantom-Aktien erfahren (Zeitpunkt einer entsprechenden Veraktung in DOMEA (= Dokumentenmanagement und elektronische Archivierung im IT-gestützten Geschäftsgang))? 2. Wann hat die Bankenabteilung des BMF erstmals von den von „WDR“ und „SZ“ geschilderten Transaktionen mit sog. Phantom-Aktien erfahren (Zeitpunkt einer entsprechenden Veraktung in DOMEA)? Die Fragen 1 und 2 werden zusammen beantwortet. Gegenstand der Berichterstattung waren die Vergleichsvereinbarungen der USamerikanischen Börsenbehörde SEC mit Banken im Zusammenhang mit der Ausgabe von ADRs an US-Börsen im Zeitraum von 2011 bis 2016. Die Vergleichsvereinbarungen mit der Deutschen Bank, der Citibank und der ING wurden am 19. November 2018 in Domea veraktet. Am 6. November 2018 wurde das BMF von einer Finanzbehörde auf die mögliche Relevanz von unberechtigten Kapitalertragsteuererstattungen im Zusammenhang mit ADRs auch für den Zeitraum nach 2011 hingewiesen. 3. Wann hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) erstmals von den von „WDR“ und „SZ“ geschilderten Transaktionen mit sog. Phantom-Aktien erfahren? Die BaFin wurde durch das Institut am 29. Januar 2016 über eine interne Untersuchung bei der betroffenen Bank informiert. Diese interne Untersuchung wurde durch eine Dokumentenanforderung der SEC zu „American Depository Receipts“ Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/7265 (ADR) ausgelöst, deren Gegenstand nicht näher erläutert wurde. Die betroffene Bank gab an, mögliche Auswirkungen auch auf nationales Recht zu untersuchen. Die Informationen hatten einen allgemeinen und vorläufigen Charakter. Weitere Informationen erhielt die BaFin am 8. November 2016 aus Presseberichten, konkrete Informationen am 18. November 2016 von der betroffenen Bank. 4. Wann haben Behörden der deutschen Steuerverwaltung auf Bundes- und/ oder Landesebene nach Kenntnis der Bundesregierung erstmals von den von „WDR“ und „SZ“ geschilderten Transaktionen mit sog. Phantom-Aktien erfahren ? Das Bundeszentralamt für Steuern hat im November 2018 von den Vergleichsvereinbarungen erfahren, die Gegenstand der Berichterstattung waren. Ende 2016 hatte es eine allgemein gehaltene Information darüber erhalten, dass die SEC Untersuchungen im Zusammenhang mit ADRs durchführt. Danach erhielt es im Zusammenhang mit einem Ermittlungsverfahren im September 2017 Kenntnis über eine interne Untersuchung einer Bank zur Praxis der Ausgabe von ADRs. Dieses Ermittlungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Das Bundeszentralamt für Steuern ist an den weiteren Ermittlungen beteiligt. Darüber hinaus ist im Zusammenhang mit Ermittlungen zu Cum/Ex-Gestaltungen aufgefallen, dass für Dividendenzuflussjahre bis 2011 eine Abwandlung zum Cum-/Ex-Modell auch unter Nutzung von vorab ausgegebenen ADRs möglich gewesen sein könnte. Wann Behörden der Landesverwaltung erstmals von den von „WDR“ und „SZ“ geschilderten Transaktionen erfahren haben, ist der Bundesregierung nicht bekannt . Derzeit erfolgt eine Betriebsprüfung durch eine Steuerbehörde eines Bundeslandes für den Prüfungszeitraum 2011 bis 2013. Gegenstand dieser Prüfung sind auch ADRs. In diesem Zusammenhang wurden 2016 Prüfungsanfragen durch die Steuerbehörde gestellt. Die Prüfung ist nach Kenntnis der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen. 5. Welche Behörden der deutschen Steuerverwaltung der Bundes- und/oder Landesebene wurden nach Kenntnis der Bundesregierung von der SEC zu welchem Zeitpunkt erstmals über die von „WDR“ und „SZ“ geschilderten Transaktionen mit sog. Phantom-Aktien informiert? Der Bundesregierung ist nicht bekannt, dass Behörden der deutschen Steuerverwaltung von der SEC über die von „WDR“ und „SZ“ geschilderten Transaktionen informiert wurden. 6. Wann wurde die BaFin erstmals von der SEC erstmals über die von „WDR“ und „SZ“ geschilderten Transaktionen mit sog. Phantom-Aktien informiert? Die BaFin wurde von der SEC nicht über die von „WDR“ und „SZ“ geschilderten Transaktionen mit sogenannten Phantom-Aktien informiert. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7265 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 7. Trifft der von der „SZ“ geschilderte Eindruck zu, die Informationen der SEC hätten dazu geführt, dass die von „WDR“ und „SZ“ geschilderten Transaktionen mit sog. Phantom-Aktien in den Fokus der deutschen Steuerverwaltung gelangten? Die durch die US-amerikanische Börsenaufsichtsbehörde veröffentlichten Vergleichsvereinbarungen stellten eine wichtige Informationsquelle dar. Dies betrifft insbesondere die Feststellungen, dass nicht mit Aktien unterlegte ADRs unter Verstoß gegen die US-amerikanischen Wertpapierregelungen ausgegeben wurden und die Papiere auch für Steuergestaltungen genutzt worden sein könnten. Davon unabhängig wurde das Bundesministerium der Finanzen am 6. November 2018 durch eine Finanzbehörde auf die mögliche Relevanz von unberechtigten Kapitalertragsteuererstattungen im Zusammenhang mit ADRs hingewiesen. 8. Gab es seit dem Jahr 2012 Treffen zwischen der BaFin und Vertretern der Steuerabteilung des BMF zu dem speziellen Themenbereich Cum-Ex bzw. zu den von „WDR“ und „SZ“ geschilderten Transaktionen mit sog. Phantom -Aktien? a) Wenn ja, wie viele, und zu welchen Zeitpunkten? b) Und falls zutreffend, welche Arbeitsergebnisse wurden jeweils erzielt? 9. Gab es seit 2012 Treffen zwischen der BaFin und Vertretern der Finanzverwaltungen der Länder zu dem speziellen Themenbereich Cum-Ex bzw. zu den von „WDR“ und „SZ“ geschilderten Transaktionen mit sog. Phantom- Aktien? a) Wenn ja, wie viele, und zu welchen Zeitpunkten? b) Und falls zutreffend, welche Arbeitsergebnisse wurden jeweils erzielt? Die Fragen 8 und 9 werden gemeinsam beantwortet. Die BaFin hatte ihren Austausch bzgl. Cum-Ex institutionalisiert und hierbei insbesondere mit den zuständigen Staatsanwaltschaften und dem BZSt einen Austausch inklusive persönlicher Treffen begonnen. Nachfolgende Treffen fanden hierzu mit den Landesfinanzverwaltungen statt: − 17. Dezember 2013: Treffen mit Vertretern des Finanzamtes (FA) München zu Meldedaten nach § 9 WpHG. − 22. Februar 2016: Termin mit dem FA Wuppertal: Auf Initiative der BaFin wurde die Finanzverwaltung in NRW um Amtshilfe bzgl. einer Daten-CD mit Informationen zur möglichen Steuerhinterziehung ersucht. − 16./17. Juni 2016: Die BaFin war zu einer Fortbildungsveranstaltung des FA Wuppertal eingeladen. Ziel war es, die BaFin zu befähigen, steuerstrafrechtlich relevante Informationen zu erkennen, um sie im Anschluss an das BZSt melden zu können. − 23. Juni 2016: Austausch mit dem FA Wuppertal über aktuelle steuerstrafrechtliche und bankaufsichtliche Fälle. − 5. August 2016: Treffen initiiert durch FA Wuppertal bzgl. einer einzelnen Bank und steuerlichen Vorwürfen. Neben FA Wuppertal und BaFin hat das BZSt teilgenommen. − 17. Mai 2017: Treffen mit dem Finanzamt Wuppertal sowie mit dem Bundeszentralamt für Steuern zu Meldedaten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/7265 − 9. Juni 2017: Treffen mit Staatsanwaltschaft, BZSt, Bundeskriminalamt, Steuerfahndung Wuppertal: Austausch zu derzeitig laufenden Ermittlungen zu einzelnen Banken. − 4. August 2017: Treffen mit Vertretern der Steuerfahndung des FA Stuttgart II zu Geschäften in Finanzinstrumenten und Stimmrechten und wie diese Informationen abgerufen und aufbereitet werden können. − 19. September 2017: Fachlicher Austausch mit der Oberfinanzdirektion (OFD) Hessen: Das Arbeitsergebnis war ein gemeinsames Verständnis zwischen OFD Hessen und BaFin hinsichtlich der steuerstrafrechtlichen Relevanz von steuerlichen Sachverhalten und bzgl. § 9 Kreditwesengesetz. − 1. März 2018: Treffen mit Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Düsseldorf wegen des Anfangsverdachts des Betreibens von Cum-Ex- Geschäften durch eine von der BaFin beaufsichtigte Kapitalverwaltungsgesellschaft . Zu dem Themenbereich Transaktionen mit sog. Phantom-Aktien fanden keine Treffen mit den Finanzverwaltungen der Länder statt. 10. Wann ging die Pressenanfrage von „WDR“ und „SZ“ zu den von ihnen geschilderten Transaktionen mit sog. Phantom-Aktien beim BMF ein? Eine erste Presseanfrage zu ADRs ging am 5. November 2018 ein. 11. Wann hat das BMF die von der „SZ“ als „Notbremse“ geschilderten Maßnahmen ergriffen? Mit Erlass vom 15. November 2018 wurde das Bundeszentralamt für Steuern angewiesen , das Datenträgerverfahren gemäß § 50d Absatz 1 Satz 7 EStG für ADRs auszusetzen. Mit Schreiben vom 16. November 2018 wurde mit den Obersten Finanzbehörden der Länder die Abstimmung zusätzlicher Anforderungen bei der Ausstellung von Steuerbescheinigungen im Zusammenhang mit ADRs begonnen. Das Schreiben wurde mit Datum vom 18. Dezember 2018 veröffentlicht. a) Beziehungsweise, trifft die Aussage der „SZ“ zu, das BMF habe erst auf die Anfrage von „WDR“ und „SZ“ zu den Transaktionen mit den sog. Phantom-Aktien ein spezielles Erstattungsverfahren „gestoppt“, das es „Kriminellen leicht machte“, sich Steuererstattungen zu verschaffen? Das Bundesministerium der Finanzen nimmt alle Hinweise auf rechtswidrige Steuergestaltungen ernst. Dies gilt auch für Informationen, die die bloße Möglichkeit rechtswidriger Steuergestaltungen zum Gegenstand haben. Auf Grundlage der Informationen aus den Vergleichsvereinbarungen der SEC und den sich seit Anfang November 2018 weiter verdichtenden Hinweisen, dass auch Deutschland von Gestaltungen im Zusammenhang mit Pre-Release-ADRs auf dem US- Wertpapiermarkt betroffen sein könnte, wurden am 15. und 16. November 2018 die entsprechenden Maßnahmen ergriffen. Dabei hält das Bundesministeriums der Finanzen das Datenträgerverfahren gemäß § 50d Absatz 1 Satz 7 EStG keineswegs für missbrauchsanfällig. Das Verfahren ist erprobt und verfügt über spezielle Sicherungen durch den limitierten Teilnehmerkreis, der zudem für zu Unrecht erstattete Kapitalertragsteuer haftet, Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7265 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode sowie durch automatisierte und manuelle Prüfungen. Die Aussetzung dieses Verfahrens für Erstattungsanträge auf der Basis von ADRs erfolgte rein vorsorglich, um die genannten Hinweise eingehend überprüfen zu können. b) Und wenn ja, welche Maßnahmen wurden konkret ergriffen? Auf die Antwort zu Frage 11 wird verwiesen. c) Trifft es zu, dass beispielsweise das Datenträgerverfahren mit den Finanzinstituten ausgesetzt wurde? Auf die Antwort zu Frage 11 wird verwiesen. d) Trifft es zu, dass die betreffenden Institute aufgefordert wurden, Listen mit den entsprechenden Erstattungsanträgen an das BZSt zu übersenden? Es trifft zu, dass Ermittlungsmaßnahmen auch gegenüber Teilnehmern des Datenträgerverfahrens ergriffen wurden. e) In welchem Zeitraum wird das BZSt die Prüfung beendet haben, ob es zu Mehrfach- bzw. nicht gerechtfertigten Erstattungen kam, und wenn ja, wie viele? Zum jetzigen Zeitpunkt liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, ob und wenn ja, in welchem Umfang Verstöße gegen die Börsenvorschriften in den USA zu unberechtigten Erstattungen von deutscher Kapitalertragsteuer geführt haben. Hierzu sind Auslandssachverhalte näher zu beleuchten unter Mitwirkung externer Personen und Institutionen. Es kann keine Prognose abgegeben werden, bis wann belastbare Ergebnisse dieser Ermittlungen vorliegen. f) Wie hoch ist das jährliche Volumen dieses Erstattungsverfahrens, und wie hoch ist der Anteil von ADR oder verwandten Finanzprodukten daran (bitte Zahlen seit dem Jahr 2010 angeben)? Das jährliche Volumen der Kapitalertragsteuer-Erstattungen im Datenträgerverfahren (ohne Solidaritätszuschlag) ist in nachfolgender Tabelle dargestellt. Das Jahr der Erstattung ist nicht gleichbedeutend mit dem Jahr, in dem die Dividende ausgezahlt wurde. Zum Anteil der ADR oder verwandter Finanzprodukte liegen der Bundesfinanzverwaltung keine Daten vor. 2010 574.875.219 € 2011 352.447.971 € 2012 649.037.070 € 2013 181.601.316 € 2014 660.040.815 € 2015 569.217.965 € 2016 598.256.097 € 2017 1.108.844.004 € Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/7265 g) Welche Umstände haben es im Zusammenhang mit den von „WDR“ und „SZ“ geschilderten Transaktionen mit sog. Phantom-Aktien gegebenenfalls erleichtert, sich die beschriebenen Steuererstattungen zu verschaffen ? Es ist nach derzeitigem Sachstand nicht erwiesen, dass auch Deutschland von Steuergestaltungen im Zusammenhang mit Pre-Release-ADRs betroffen ist. 12. Trifft die Aussage der „SZ“ zu, dass das oben genannte BMF-Schreiben vom 24. Mai 2013 nicht umfassend genug war, „um sämtliche Steuerschlupflöcher zu schließen“? a) Und wenn ja, an welchen Stellen musste nachgebessert werden bzw. ist noch nachzubessern? b) Und wenn nein, aus welchen Gründen trifft die Aussage der „SZ“ nicht zu? Sofern tatsächlich unter Verwendung von Pre-Release-ADRs Erstattungsanträge gestellt worden sein sollten, handelt es sich nicht um die Nutzung eines „Steuerschlupflochs “, sondern um die Beantragung einer rechtswidrigen Steuererstattung . Nach den Feststellungen der US-Börsenaufsichtsbehörde wurden für die Inhaber dieser ADRs durch den Emittenten gar keine Aktien bei inländischen Hinterlegungsstellen verwahrt. Die durch die inländische Hinterlegungsstelle auf die dort hinterlegten Aktien abgeführte Kapitalertragsteuer wurde demzufolge nicht für Rechnung des Inhabers eines Pre-Release-ADRs abgeführt. Der Inhaber dieses ADRs wäre nicht berechtigt, einen Antrag auf Erstattung der abgeführten Kapitalertragsteuer zu stellen. Der Emittent dieser ADRs ist nicht befugt, bei der inländischen Hinterlegungsstelle eine Steuerbescheinigung für Inhaber der ADRs zu beantragen. Mit den zusätzlichen Voraussetzungen zur Ausstellung von Steuerbescheinigungen bei ADRs soll zukünftig die Ermittlung einschlägiger Sachverhalte erleichtert werden. Die Möglichkeiten, durch vorbeugende gesetzgeberische Maßnahmen oder Verwaltungsanweisungen Regelverstöße von vorneherein zu unterbinden, sind begrenzt. Dies betrifft insbesondere Fallgestaltungen mit Auslandsbezug. Sofern sich aber bei Aufklärung der Sachverhalte weiterer Regelungsbedarf ergibt, werden entsprechende Maßnahmen mit den Obersten Finanzbehörden der Länder abgestimmt. c) Inwiefern ist oder könnte zumindest die Vorgabe aus dem oben genannten BMF-Schreiben, dass „[das] Gesamtvolumen der zu bescheinigenden Kapitalerträge [...] auf die Dividendenzahlung der insgesamt im Rahmen des ADR-Programms verwahrten Aktien beschränkt [ist]“, durch die von „WDR“ und „SZ“ geschilderten Transaktionen mit sog. Phantom-Aktien missachtet bzw. umgangen worden sein? Der Bundesregierung liegen derzeit keine Erkenntnisse vor, dass durch inländische Hinterlegungsstellen von Aktien mehr Kapitalertragsteuer bescheinigt als tatsächlich abgeführt wurde und durch die Verwendung von Pre-Release-ADRs wie bei Cum/Ex-Gestaltungen die Erstattung zuvor niemals abgeführter Kapitalertragsteuer geltend gemacht wurde. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7265 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 13. Wie bewertet die Bundesregierung die von von „WDR“ und „SZ“ geschilderten Transaktionen mit sog. Phantom-Aktien aus steuerlicher Sicht? Nach den Feststellungen der US-Börsenaufsichtsbehörde wurden am US-Wertpapiermarkt ADRs ausgegeben, für die keine Aktien hinterlegt waren. Sofern auch Aktien deutscher Emittenten betroffen wären, ist für Rechnung der Empfänger dieser ADRs keine Kapitalertragsteuer durch eine inländische Hinterlegungsstelle abgeführt worden. Steuerbescheinigungen aus ADR-Programmen können nur durch die inländische Hinterlegungsstelle der Aktien auf Antrag des Emittenten der ADRs ausgestellt werden. Der Emittent ist nicht berechtigt, für ADRs eine Steuerbescheinigung zu beantragen, die gar nicht mit Aktien unterlegt sind. Würde der Emittent in diesem Fall bei der inländischen Hinterlegungsstelle des ADR-Programms eine Steuerbescheinigung beantragen und infolge des Antrags erhalten, würde die Steuerbescheinigung auf den falschen Empfänger ausgestellt. Dies hat zur Folge, dass der aus dem ADR-Programm berechtigte ADR-Inhaber keine Steuerbescheinigung mehr erhält, da der Emittent der ADRs bei der inländischen Hinterlegungsstelle keine Steuerbescheinigung mehr beantragen kann. Im Ergebnis erschleichen sich die Inhaber der nicht mit Aktien unterlegten ADRs unter Mitwirkung des Emittenten Steuerbescheinigungen zu Lasten der aus dem ADR-Programm tatsächlich berechtigten ADR-Inhaber. 14. Wie bewertet die Bundesregierung die von von „WDR“ und „SZ“ geschilderten Transaktionen mit sog. Phantom-Aktien aus strafrechtlicher Sicht? Die Strafbarkeit eines konkreten Verhaltens ist von den Strafverfolgungsbehörden und Gerichten zu beurteilen. Die Bewertung ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig. Nach Maßgabe der Tatbeiträge könnte eine Steuerhinterziehung oder eine Teilnahme an einer Steuerhinterziehung in Betracht kommen. 15. Sieht das BMF vor dem Hintergrund der von „WDR“ und „SZ“ geschilderten Transaktionen mit sog. Phantom-Aktien einen Anlass dafür, die im Finanzausschuss am 7. November 2018 als umfassend dargestellten Abhilfemaßnahmen gegen Cum-Ex zu überprüfen? 16. Und wenn ja, welche (weiteren) Maßnahmen sind seitens des BMF geplant? 17. Und wenn nein, kann das BMF ausschließen, dass es künftig zu weiteren, ähnlich gelagerten Fällen kommt? Die Fragen 15 bis 17 werden gemeinsam beantwortet. Es liegen derzeit keine Hinweise vor, dass durch Ausgabe von nicht mit Aktien unterlegten ADRs wie bei den Cum/Ex-Gestaltungen die Erstattung von zuvor niemals abgeführter Kapitalertragsteuer erreicht werden konnte. Allerdings zeigen die Feststellungen der US-Börsenaufsichtsbehörde, dass weiterhin durch Banken und Kapitalmarktakteure versucht wird, über Gestaltungsmodelle auch unter Verstoß gegen Wertpapierregelungen unberechtigte Steuervorteile zu erlangen . Vor diesem Hintergrund prüft das Bundesministerium der Finanzen derzeit, in einer besonderen Einheit die Erkenntnisse aus dem Bereich der Banken- und Steueraufsicht zusammenführen, um wirksamer und schlagkräftiger gegen kapitalmarktgetriebene Gestaltungen vorzugehen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/7265 18. Bieten die von „WDR“ und „SZ“ geschilderten Transaktionen mit sog. Phantom -Aktien für das BMF einen Anlass auch den Vorgang mit den von Dänemark beanstandeten Transaktionen nochmals zu überprüfen? Oder kann das BMF insoweit einen Zusammenhang ausschließen? Dem Bundesministerium der Finanzen ist nicht bekannt, dass nicht mit Aktien unterlegte ADRs auf dänische Aktien ausgegeben wurden. 19. Inwiefern hat die vom BMF im Finanzausschuss am 7. November 2018 geschilderte Umgestaltung des Erstattungsverfahrens bei der Kapitalertragsteuer im Jahr 2012 nicht dazu geführt, die von „WDR“ und „SZ“ geschilderten Transaktionen mit sog. Phantom-Aktien zu verhindern bzw. einzudämmen ? Es liegen derzeit keine Hinweise vor, dass durch Ausgabe von nicht mit Aktien unterlegten ADRs wie bei den Cum/Ex-Gestaltungen die Erstattung von zuvor niemals abgeführter Kapitalertragsteuer erreicht werden konnte. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 13 verwiesen. 20. Wenn die im Finanzausschuss am 7. November 2018 geschilderte Darstellung des BMF zutrifft, dass einer Transaktion nicht angesehen werden könne, ob ihr eine (ggf. auch missbräuchliche) Steuergestaltung innewohne, nach welchen Kriterien bzw. Risikomanagementparametern richtet sich dann die ebenso im besagten Finanzausschuss geschilderte stichprobenweise Prüfung von einschlägigen Erstattungsbeträgen durch das BZSt? a) Hat das BZSt ein der Qualität in den Länderfinanzverwaltungen entsprechendes (automatisiertes) Risikomanagementsystem im Hinblick auf Cum-Ex und ähnliche Transaktionen installiert? b) Und wenn ja, wie sieht dieses in Grundzügen aus? Die Bearbeitung aller Erstattungsanträge erfolgt anhand eines automatisiert unterstützten Risikomanagements. Fälle, in denen der Verdacht auf Cum/Ex-Gestaltungen vorliegt, werden intensiv geprüft. Anträge, die nach § 50j EStG das Vorliegen besonderer zusätzlicher Voraussetzungen erfordern, sind mit erweiterten Angaben und Nachweispflichten versehen und werden bereits seit Inkrafttreten des § 50j EStG nur im schriftlichen Verfahren bearbeitet. Speziell beim Datenträgerverfahren besteht ein differenziertes Risikomanagementsystem, das sowohl zufällige Stichproben als auch Stichproben anhand von bestimmten Parametern vorsieht, wie etwa der Höhe des Erstattungsbetrags oder festgelegter Prüfungsschwerpunkte . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333