Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 18. Januar 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/7289 19. Wahlperiode 22.01.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Clemens Hocker, Frank Sitta, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/6650 – Formaldehydbonus bei Biogasanlagen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Laut einem Bericht auf „top agrar online“ vom 2. Oktober 2018 könnten Biogasanlagenbetreiber den Anspruch auf den Formaldehydbonus für die Zukunft verlieren und schon erhaltene Bonuszahlungen aus der Vergangenheit zurückzahlen müssen (www.topagrar.com/news/Energie-Energienews-Rueckzahlungdes -Formaldehydbonus-Wer-ist-betroffen-9839881.html). Dies gehe aus einem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart vom 17. Mai 2018 (Aktenzeichen 2 U 129/17) hervor, das noch nicht rechtskräftig sei. Beim Formaldehydbonus handelt es sich um eine Vergütung, mit der in Deutschland der Bau und der Betrieb von Biogasanlagen mit einem niedrigen Ausstoß an Formaldehyd gefördert wird. Betroffen vom Urteil des OLG Stuttgart seien Betreiber mit einer Biogasanlage, die in den Jahren 2009, 2010 oder 2011 in Betrieb gegangen sei und zunächst keiner Genehmigung gemäß Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) bedurft habe. Der niedersächsische Netzbetreiber EWE Netz GmbH habe als erster Netzbetreiber bereits entsprechende Rückforderungsschreiben an die betroffenen Biogasanlagenbetreiber übersandt. Sofern die OLG-Entscheidung rechtskräftig werde, drohten bundesweit allen betroffenen Anlagenbetreibern entsprechende Rückforderungen. 1. Wie viele Biogasanlagenbetreiber wären nach Kenntnis der Bundesregierung bei Rechtskraft des Urteils des OLG Stuttgart von Rückforderungen des Formaldehydbonus sowie von einem Verlust entsprechender Ansprüche für die Zukunft betroffen? Um die Aufwendungen für Biogasanlagen abzudecken, die bestimmte anspruchsvollere Grenzwerte beim Formaldehyd einhalten und dies nachweisen, sah das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2009 eine Anhebung der EEG-Vergütung um 1 Cent/kWh (Formaldehydbonus) vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7289 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Bereits 2015 entschied der Bundesgerichtshof (Urteil vom 6. Mai 2015, Az. VIII ZR 255/14), dass ein Anspruch auf den in § 27 Absatz 5 EEG 2009 geregelten Formaldehydbonus für den in einer Biomasseanlage aus Biogas erzeugten Strom nur entstehe, wenn die Anlage bereits bei ihrer Inbetriebnahme immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig sei. Dem Urteil lag ein Fall zu Grunde, in dem eine Biomasseanlage unverändert fortbetrieben wurde und nur aufgrund einer Änderung der Rechtslage (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen – 4. BImSchV) immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig geworden ist. Durch die Entscheidung des Oberlandesgericht Stuttgart wurde jetzt entschieden , dass dieser Konstellation einer nachträglichen Rechtsänderung auch der Fall einer nachträglichen Anlagenmodifikation gleichstehen soll (Urteil vom 17. Mai 2018, Az. 2 U 129/17). Nicht von der aktuellen Rechtsprechung betroffen sind alle Anlagen, die vor dem 1. Januar 2009 und nach dem 1. Januar 2012 in Betrieb gegangen sind, sowie in den Jahren 2009 bis 2011 in Betrieb gegangene Anlagen, die von Anfang an entweder eine Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz hatten oder aber zumindest nach diesem Gesetz genehmigungsbedürftig waren. Die Anzahl der Biogasanlagen, die einen Formaldehydbonus bezog, sank gemäß Stamm- und Bewegungsdaten der Übertragungsnetzbetreiber seit 2013 von 2 100 auf 866 Anlagen im Jahr 2017. Darüber wie viele Anlagenbetreiber von Rückforderungen betroffen wären, liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 2. Wie groß wäre nach Kenntnis der Bundesregierung bei Rechtskraft des Urteils des OLG Stuttgart die durchschnittliche Summe der Rückforderungen, die die betroffenen Biogasanlagenbetreiber begleichen müssten, und wie groß wäre die durchschnittliche Summe der Ansprüche, die die betroffenen Biogasanlagenbetreiber für die Zukunft verlieren würden? 3. Wie groß wäre nach Kenntnis der Bundesregierung bei Rechtskraft des Urteils des OLG Stuttgart die Spannbreite der Rückforderungssummen, die die betroffenen Biogasanlagenbetreiber begleichen müssten, und wie groß wäre die Spannbreite der Summen der Ansprüche, die die betroffenen Biogasanlagenbetreiber für die Zukunft verlieren würden (bitte jeweils die größte und die kleinste Summe angeben)? Die Fragen 2 und 3 werden gemeinsam beantwortet. Zur Höhe von Ansprüchen auf den Formaldehydbonus bzw. von Rückforderungen liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 4. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem Urteil des OLG Stuttgart im Hinblick auf die Zukunftsfähigkeit des Betriebs von Biogasanlagen in Deutschland? 5. Besteht nach Auffassung der Bundesregierung politischer Handlungsbedarf, um eventuelle Rückforderungen des Formaldehydbonus sowie einen Verlust entsprechender Ansprüche für die Zukunft auf der Grundlage des Urteils des OLG Stuttgart zu verhindern und auf diese Weise die Zukunftsfähigkeit der betroffenen Betriebe weiterhin zu gewährleisten? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/7289 6. Wenn Frage 5 mit Ja beantwortet wird, was tut die Bundesregierung, um eventuelle Rückforderungen des Formaldehydbonus sowie einen Verlust entsprechender Ansprüche für die Zukunft zu verhindern, und wenn Frage 5 mit nein beantwortet wird, warum nicht? Die Fragen 4 bis 6 werden gemeinsam beantwortet. Mit dem Energiesammelgesetz hat der Deutsche Bundestag entschieden, den Anspruch auf den Formaldehydbonus rückwirkend für die von der Rechtsprechung betroffenen Anlagen zu erweitern. Ausgenommen sind die Fälle, in denen vor dem 1. Januar 2019 ein Rechtsstreit zwischen Anlagenbetreiber und Netzbetreiber rechtskräftig entschieden wurde. Somit kann der Anspruch in den meisten Fällen weiter geltend gemacht werden. Die Neuregelung steht allerdings unter dem Vorbehalt der beihilferechtlichen Genehmigung durch die Europäische Kommission. Es ist ungewiss, ob die Regelung inhaltlich genehmigungsfähig ist. Darüber hinaus wird das Genehmigungsverfahren längere Zeit in Anspruch nehmen . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333