Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 21. Januar 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/7311 19. Wahlperiode 24.01.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jürgen Braun, Waldemar Herdt, Markus Frohnmaier, Dr. Axel Gehrke und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/6733 – Schwere Menschenrechtsverletzungen durch Ermordung Inhaftierter zum Zwecke der Organentnahme in China V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Jahr 2006 erschien eine groß angelegte Studie mit dem Vorwurf, in ganz China würden Gefangene zur Organentnahme getötet. In Straflagern und Kliniken würde eine lukrative Transplantationsindustrie „on demand“ betrieben (Kilgour/Matas: Bloody Harvest, 2006). Seit der Studie wurden weitere Untersuchungen erbracht, und sie alle kommen zum selben Ergebnis: Die chinesische Regierung betreibt ein landesweites Konzept zur Beseitigung und gleichzeitiger Kapitalisierung ihrer Regimegegner, durch systematisch organisierte Organentnahmen . Bei den Opfern handelt es sich um politische Gefangene, Tibeter, Uiguren, Christen, die sich in Hauskirchen treffen, vor allem aber Anhänger der Falung-Gong-Bewegung (Ethan Gutmann: The Slaughter, 2014; Kilgour, Gutman, Matas: Bloody Harvest/The Slaughter, an Update 2016, https:// endtransplantabuse.org/wp-content/uploads/2017/05/Bloody_Harvest-The_ Slaughter-2016-Update-V3-and-Addendum-20170430.pdf; China Organ Harvest Research Center: Update on Medical Genocide, 2018, = COHRC Report 2018 www.chinaorganharvest.org/app/uploads/2018/10/EN-booklet-web-20181014.pdf). Laut dieser Berichte ist der gesamte Prozess des Organraubes von schwersten Menschenrechtsverletzungen begleitet: Die Opfer erleiden fürchterliche Qualen , da die Organentnahmen oft ohne ausreichende Betäubung geschehen, um die Qualität der Organe zu verbessern. Gefangene werden in einer Organdatenbank erfasst. Die chinesischen Behörden verfügen über die DNA-Daten von insgesamt 40 Millionen Einwohnern, darunter sind hunderttausende Gefangene. Ärzte untersuchen regelmäßig Blut und Gewebe der Häftlinge. Kommt dann eine Organanfrage, werden dem passenden Häftling alle Organe entnommen, der übrige Körper wird verbrannt. Den Angehörigen wird danach ein Totenschein zugeschickt, auf dem die Todesursache mit „Herzinfarkt“ oder Ähnlichem vermerkt ist. Die oben genannten neuen Berichte aus den Jahren 2014 bis 2018 haben den Druck auf die chinesischen Behörden erhöht, denn sie sprechen von 60 000 bis 100 000 Transplantationen jährlich. Sie wurden landesweit in über 1 000 Kliniken (Stand: 2007) und in den 169 staatlich zertifizierten Transplantationszentren (seit 2007) durchgeführt, heißt es in diesen Berichten. Die starke Zunahme von Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7311 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Transplantationskliniken von 150 vor 1999 auf über 1 000 im Jahr 2007 (www. dfmhp.com.cn/a/dongfengyilin/Xingyedongtai/2010/1222/3020.html) geht parallel mit der Verfolgung von Falung Gong. Falun Gong wurde im Jahr 1999 verboten , und seitdem wurden jährlich mehr ihrer Mitglieder verhaftet und eingesperrt . Schätzungsweise sitzen derzeit 150 000 Anhänger dieser spirituellen Bewegung in Arbeitslagern ein (COHRC Report 2018, S. 17-19). Das kommunistische Regime gibt die Zahl der Transplantationen mit 10 000 pro Jahr an, die Spender seien Freiwillige oder zum Tode Verurteilte. Bedenkt man, dass es in China traditionell keine Kultur der Organspende gibt – nur 363 000 offiziell eingetragene Organspender (Ende 2017) und landesweit nur 130 vollendete Transplantationen durch freiwillige Spender (bis zum Jahr 2009), und die Zahl der Hingerichteten nach Schätzungen von Experten von Amnesty International 2000 bis 6000/Jahr beträgt, ist selbst die offizielle genannte Zahl noch zu hoch (Allison KC, Caplan A, Shapiro ME, Els C, Paul NW, Li H. Historical development and current status of organ procurement from death-row prisoners in China. BMC Med Ethics. 2015; 16: 85. https://doi.org/ 10.1186/s12910-015-0074-0, Huang J, Mao Y, Millis JM. Government policy and organ transplantation in China. Lancet. 2008; 372: 1937-8. https://doi.org/ 10.1016/S0140-6736(08)61359-8). Als starker Beleg für den Organraub ohne freiwillige Spender kann die Wartezeit für Organe in China gelten: Während ein Patient in den USA (mit ca. 10 000 Organspenden pro Jahr) auf eine Niere 3,6 Jahre warten muss, sind es in China nur zwei Wochen, manchmal nur wenige Tage (COHRC Report 2018, S. 9). Es gibt Berichte von einem Krankenhaus, welches 16 Organe an einem Tag transplantierte, ein anderes rühmte sich, bereits 4 000 Leber- und Nierentransplantationen im laufenden Jahr erfüllt zu haben (COHRC Report 2018, S. 11). 1. Sind der Bundesregierung die Vorgänge der systematisch organisierten Organentnahmen bei Sträflingen in Gefängnissen und Arbeitslagern in China bekannt? Falls ja, wie viele Fälle sind dies nach Einschätzung der Bundesregierung in den Jahren von 2000 bis 2018 gewesen (bitte pro Jahr auflisten)? Der Bundesregierung sind Berichte über systematische Organentnahmen bei Gefangenen in China bekannt. Diese Berichte sind aber in ihrem Wahrheitsgehalt aufgrund mangelnder Transparenz seitens der chinesischen Regierung und fehlenden Zugangs zu verlässlichen Daten nicht überprüfbar. Offizielle Angaben zur jährlichen Zahl von Transplantationen unter anderem in China sind unter www.transplant-observatory.org/summary/ verfügbar. Nachprüfbare Informationen zur Herkunft der Organe hat die chinesische Regierung trotz wiederholter Aufforderung auch durch die Bundesregierung bislang nicht zur Verfügung gestellt . 2. Sind der Bundesregierung die in der Vorbemerkung genannten Quellen, insbesondere Kilgour/Gutmann/Matas 2016 und COHRC Report 2018, bekannt , und hält sie diese für glaubwürdig? Der Bundesregierung sind die genannten Quellen bekannt. Sie können aus den in der Antwort zu Frage 1 genannten Gründen nicht überprüft werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/7311 3. Will die Bundesregierung die in Frage 1 genannten Vorgänge und in Frage 2 genannten Quellen in Regierungskontakten mit China zur Sprache bringen, um die nach Meinung der Fragesteller ungeheuerlichen Menschenrechtsverletzungen zu lindern? Die Bundesregierung hat die Vorwürfe des Organraubs gegenüber der chinesischen Regierung wiederholt thematisiert, zuletzt unter anderem im Rahmen des universellen Staatenüberprüfungsverfahrens im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen in Genf im Herbst 2018. Sie wird darin nicht nachlassen. 4. Wurden diese Menschenrechtsverletzungen von der Bundesregierung in den vergangenen zwölf Jahren angesprochen? a) Wenn ja, mit welchem Ergebnis? b) Wenn nein, warum nicht? Es wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. 5. Ist die Bundesregierung bereit, sich den Resolutionen des Europäischen Parlamentes (Entschließung 2013/2981(RSP)) und des US-Kongresses (H.Res. 343 6/13/2016) anzuschließen und die dort angeklagte Praxis der systematischen Organentnahmen zu verurteilen? Die Bundesregierung hat sich, wie in der Resolution des Europäischen Parlaments gefordert, der Thematik angenommen. Des Weiteren wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. 6. Wie lässt sich nach Ansicht der Bundesregierung der forcierte Ausbau der deutsch-chinesischen Handelsbeziehungen mit schwersten Menschenrechtsverletzungen im Rahmen von Massentötungen zur Organentnahme rechtfertigen ? Die Bundesregierung setzt in ihren Beziehungen mit China auf umfassenden Dialog , der unter anderem auch die Themen Menschenrechte und Handel einschließt . Der bilaterale Menschenrechtsdialog mit China, der zuletzt am 7. Dezember 2018 in China stattgefunden hat, ist dabei eines der zentralen Instrumente neben öffentlichen Erklärungen zur Menschenrechtslage in China im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen in Genf. 7. Ist der Bundesregierung bekannt, ob Organe aus China nach Deutschland eingeführt werden? Wenn ja, welche, und wie viele? Nach Kenntnis der Bundesregierung werden keine Organe aus China nach Deutschland vermittelt. 8. Ist der Bundesregierung bekannt, ob es einen Transplantationstourismus, d. h. Reisen zur Transplantation von Deutschen nach China, gibt? Falls ja, wie viele Vorgänge sind dies? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, ob Deutsche nach China zur Transplantation reisen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333