Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 23. Januar 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/7379 19. Wahlperiode 28.01.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Martina Renner, Dr. André Hahn, Gökay Akbulut, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/6958 – Tötungsdelikte im Phänomenbereich „Politisch motivierte Kriminalität rechts“ in den Jahren 2017 und 2018 V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Für die Jahre 2016 und 2017 sprach die Bundesregierung in ihrer Antwort vom 11. Dezember 2017 von insgesamt 20 extrem rechten Tötungsdelikten, davon 19 Versuchsdelikte und ein vollendeter Mord (Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 33 der Abgeordneten Martina Renner auf Bundestagsdrucksache 19/280, S. 25 f.). Medienberichte haben in der Vergangenheit allerdings mehrfach auf die Fehleranfälligkeit solcher Polizeistatistiken aufmerksam gemacht (vgl. www.tagesspiegel.de/politik/rechtsextremismus-in-deutschland-20- rechte-toetungsdelikte-seit-anfang-2016/20712344.html, www.spiegel.de/politik/ deutschland/rechte-toetungsdelikte-warum-versuchter-mord-und-totschlag-ausder -statistik-fallen-a-1120081.html). Unter anderem wurde in der o. g. Antwort der neunfache Mord im Zusammenhang mit dem OEZ-Attentat vom 22. Juli 2016 in München nicht aufgeführt, obwohl mehrere Gutachter bereits Ende 2017 einhellig von einer rassistischen und rechtsextremen Tat ausgingen (vgl. www.tz.de/muenchen/stadt/amoklauf-in-muenchen-ere694995/gutachten-zumoez -amok-taeter-leitete-rechtsextremer-hass-8751934.html). Ebenso fehlte in der Statistik ein versuchter Mord am 7. Juli 2017 in Torgau (Sachsen). Ein 44- jähriger und bereits wegen Mordes vorbestrafter Rechtsextremist hatte aus nächster Nähe auf einen 22-jährigen Flüchtling geschossen, der nur durch eine Notoperation gerettet werden konnte. Der Täter muss 13 Jahre ins Gefängnis und anschließend in Sicherungsverwahrung (vgl. www.lvz.de/Region/Polizeiticker/Mordversuchin -Torgau-13-Jahre-Haft-fuer-44-Jaehrigen-und-Sicherungsverwahrung). Laut Medienberichten plant das sächsische Innenministerium die Tat einer 70- Jährigen in Döbeln (Sachsen) nachträglich als politisch motivierte Kriminalität (PMK)-rechts einzustufen. Sie soll aus „Ausländerhass“ im auch von ihr bewohnten Mehrfamilienhaus mehrfach Feuer gelegt haben, um einen Flüchtling einzuschüchtern und den Verdacht gezielt auf Migrantinnen und Migranten zu lenken. Bei einem der Brände am 1. März 2017 starb dann eine 85-jährige Hausbewohnerin . Das Landgericht Chemnitz verurteilte die Angeklagte u. a. wegen versuchter schwerer Brandstiftung mit Todesfolge zu neun Jahren Haft (vgl. Drucksache 19/7379 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode www.tagesspiegel.de/politik/rechtsextremismus-brandserie-in-doebeln-sachsenprueft -neuen-fall-eines-todesopfers-rechter-gewalt/23202106.html, www.tagesspiegel. de/politik/rechtsextremismus-die-stille-nach-dem-brand/23139172.html). Am 17. Dezember 2017, eine Woche nach der o. g. Antwort der Bundesregierung , kam es auf dem S-Bahnhof Hamburg-Veddel zu einer Sprengstoffexplosion . Ein ebenfalls wegen Mordes vorbestrafter Neonazi wurde dafür wegen versuchten Mordes zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt (vgl. www.ndr.de/nachrichten/ hamburg/Explosion-auf-S-Bahnhof-Veddel-Zehn-Jahre-Haft,veddel184.html). Bei einer Straftat gegen Flüchtlinge, die sich am 30. Januar 2018 in Leipzig zugetragen hat, sollen laut Bundesregierung „mehrere Feuerwaffen, darunter Maschinenpistolen und eine Kalaschnikow“ (vgl. Bundestagsdrucksache 19/2912) als Tatmittel verwendet worden sein. Ob es sich bei dem Fall um ein Tötungsdelikt handelt, ist bisher öffentlich nicht bekannt. Die Polizeidirektion Leipzig schrieb via Kurznachrichtendienst Twitter, dass sie und das sächsische Landeskriminalamt keine Kenntnis über den Sachverhalt habe (vgl. https:// twitter.com/PolizeiSachsen/status/1012700195128147972). Am 17. Februar 2018 stach ein 70-Jähriger in Heilbronn auf mehrere Männer ein, die er für Asylbewerber hielt. Nach seiner Verhaftung gab er an, er hätte „ein Zeichen gegen die Flüchtlingspolitik in Deutschland setzen“ wollen. Da er zur Tatzeit betrunken war, wurde ihm verminderte Schuldfähigkeit attestiert. Das Landgericht Heilbronn verurteilte ihn u. a. wegen versuchten Mordes in drei Fällen zu fünf Jahren Haft (vgl. www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/ fuenf-jahre-haft-fuer-70-jaehrigen-der-fluechtlinge-mit-messer-attackierte-1586 6944.html). Seit dem 7. Dezember 2018 muss sich vor dem Schwurgericht Karlsruhe ein 24- Jähriger wegen zwölffachen versuchten Mordes verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, dass er am 19. Juli 2018 eine Geflüchtetenunterkunft in Wiernsheim (Baden-Württemberg) mit einer Spritzpistole und Brandbeschleuniger anzünden wollte (vgl. www.pz-news.de/muehlacker_artikel,-Attackeauf -Wiernsheimer-Fluechtlinge-Anklage-sieht-versuchten-Mord-_arid,1265271. html). V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Erfassung und Bewertung politisch motivierter Straftaten obliegt den zuständigen Landesbehörden, nicht dem Bundeskriminalamt (BKA). Die Fallzahlen der „Politisch Motivierten Kriminalität“ (PMK) aus dem Jahr 2018 sind durch Nach-/Änderungsmeldungen der Länder noch Veränderungen unterworfen und haben damit vorläufigen Charakter. 1. Wie viele und welche Tötungsdelikte wurden dem Bundeskriminalamt seit dem 1. Januar 2018 im Phänomenbereich PMK-rechts gemeldet (bitte nach Datum, Tatort, Delikt aufschlüsseln)? a) Bei welchen der Taten handelt sich um vollendete Tötungsdelikte? b) Bei welchen der Taten handelt es sich um versuchte Tötungsdelikte? Die Fragen 1 bis 1b werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Im Rahmen des „Kriminalpolizeilichen Meldedienstes in Fällen Politisch Motivierter Kriminalität“ (KPMD-PMK) sind bisher bundesweit ein vollendetes und sechs versuchte politisch rechts motivierte Tötungsdelikte gemeldet worden (Stichtag: 1. Januar 2019). Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/7379 Der nachfolgenden Übersicht sind Tatzeitpunkt, Tatort, Delikt, Versuch/Vollendung und Anzahl der ermittelten Tatverdächtigen zu entnehmen: Lfd. Nr. Datum Tatort Delikt Versuch/ vollendet Tatverdächtige 1 23. Januar 2018 Bremen § 211 StGB* Mord Versuch 1 2 17. Februar 2018 Heilbronn § 211 StGB Mord Versuch 1 3 17. April 2018 Aue § 212 StGB Totschlag vollendet 3 4 14. Mai 2018 Wetter (Ruhr) § 212 StGB Totschlag Versuch 0 5 7. September 2018 Mosbach § 212 StGB Totschlag Versuch 2 6 12. September 2018 Geislingen § 211 StGB Mord Versuch 1 7 18. September 2018 Bad Überkingen § 211 StGB Mord Versuch 1 * StGB: Strafgesetzbuch. c) Welche der in der Vorbemerkung der Fragesteller genannten Tötungsdelikte in Heilbronn und Wiernsheim wurden nach Kenntnis der Bundesregierung für das für das Jahr 2018 im Phänomenbereich PMK-rechts gemeldet ? d) Welche der in der Vorbemerkung der Fragesteller genannten Tötungsdelikte im Jahr 2018 in Heilbronn und Wiernsheim wurden nicht im Phänomenbereich PMK-rechts gemeldet, und warum unterlieb dies nach Kenntnis der Bundesregierung? e) Wenn die in der Vorbemerkung der Fragesteller genannten Tötungsdelikte im Jahr 2018 in Heilbronn und Wiernsheim nicht im Phänomenbereich PMK-rechts gemeldet wurden, erfolgte stattdessen eine Meldung einer oder beider Taten in einem anderen PMK-Phänomenbereich? Die Fragen 1c bis 1e werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Erfassung und Bewertung politisch motivierter Straftaten obliegt den zuständigen Landesbehörden. Das in der Vorbemerkung der Fragesteller genannte versuchte Tötungsdelikt in Heilbronn wurde dem BKA im Jahr 2018 für den Phänomenbereich Politisch motivierte Kriminalität (PMK)-rechts gemeldet. Das in der Vorbemerkung der Fragesteller genannte Tatgeschehen in Wiernsheim hat die sachbearbeitende Dienststelle in Baden-Württemberg bislang nicht als PMK -rechts eingestuft und auch keinem Phänomenbereich der PMK zugeordnet (Stand: 10. Januar 2019). 2. Zu welchen Tötungsdelikten, die seit dem 1. Januar 2018 im Phänomenbereich PMK-rechts verzeichnet wurden, konnten nach Kenntnis der Bundesregierung wie viele Tatverdächtige ermittelt werden? Insgesamt konnten seit dem 1. Januar 2018 neun Tatverdächtige im Phänomenbereich PMK-rechts ermittelt werden. Auf die Antwort zu den Fragen 1a bis 1b wird insoweit verwiesen. Drucksache 19/7379 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 3. Zu welchen Tötungsdelikten, die seit dem 1. Januar 2018 im Phänomenbereich PMK-rechts verzeichnet wurden, werden nach Kenntnis der Bundesregierung wie viele Tatverdächtige per Haftbefehl gesucht? Zum Stichtag 14. Januar 2019 lagen dem BKA in dem Polizeilichen Informationssystem (INPOL-Z) zu den neun gemeldeten Tatverdächtigen keine Fahndungen aufgrund von offenen Haftbefehlen vor. 4. Bei welchen Tötungsdelikten seit dem 1. Januar 2018 im Phänomenbereich PMK-rechts sind nach Kenntnis der Bundesregierung wie viele Tatverdächtige Mitglieder oder Sympathisanten extrem rechter Organisationen, und um welche Vereinigungen handelt es sich konkret (bitte einzeln auflisten)? Die Organisationszugehörigkeiten von Tatverdächtigen sind kein Erfassungskriterium im KPMD-PMK des BKA. 5. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die in der Vorbemerkung der Fragesteller genannte Straftat mit mehreren Tatwaffen in Leipzig? a) Wie lautet der genaue Tatvorwurf? b) Wurde die Straftat im Phänomenbereich PMK-rechts gemeldet? c) Wenn die Straftat nicht im Phänomenbereich PMK-rechts gemeldet wurden , erfolgte stattdessen eine Meldung dieser Tat in einem anderen PMK- Phänomenbereich? d) Wurden bei der Straftat aus den Tatwaffen Schüsse abgegeben, und wenn ja, wie viele Schüsse aus welchen Tatwaffen? e) Wurden zu der Straftat Tatverdächtige ermittelt, und wenn ja, wie viele (bitte einzeln auflisten)? f) Wurden zu der Straftat Tatverdächtige ermittelt, die nach Kenntnis der Bundesregierung Mitglieder oder Sympathisanten extrem rechter Organisationen sind, und um welche Vereinigungen handelt es sich konkret (bitte einzeln auflisten)? g) Wurden zu der Straftat Geschädigte ermittelt, und wenn ja, wie viele? Die Fragen 5 bis 5g werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Gemäß der dem BKA vorliegenden Erkenntnisse aus dem KPMD-PMK wurden zu dem in der Vorbemerkung der Fragesteller genannten Sachverhalt am 30. Januar 2018 in Leipzig mutmaßliche Verstöße gegen das Waffengesetz und das Kriegswaffenkontrollgesetz angezeigt. Die zuständige Landesbehörde ordnete die Straftat dem Phänomenbereich PMKrechts zu. Es wurde ein Tatverdächtiger ermittelt. Bislang wurden keine Geschädigten gemeldet. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung hierzu keine Erkenntnisse vor. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/7379 6. Wie viele und welche Tötungsdelikte wurden dem Bundeskriminalamt im Phänomenbereich PMK-rechts für das Jahr 2017 nachgemeldet (bitte nach Datum, Tatort, Delikt und Anzahl Geschädigte aufschlüsseln)? a) Welche der in der Vorbemerkung der Fragesteller genannten Tötungsdelikte in Torgau, Döbeln und Hamburg wurden nach Kenntnis der Bundesregierung für das Jahr 2017 im Phänomenbereich PMK-rechts nachgemeldet ? b) Welche der in der Vorbemerkung der Fragesteller genannten Tötungsdelikte im Jahr 2017 in Torgau, Döbeln und Hamburg wurden nicht im Phänomenbereich PMK-rechts nachgemeldet, und warum unterlieb dies nach Kenntnis der Bundesregierung? c) Wenn die in der Vorbemerkung der Fragesteller genannten Tötungsdelikte im Jahr 2017 in Torgau, Döbeln und Hamburg nicht im Phänomenbereich PMK-rechts nachgemeldet wurden, erfolgte stattdessen eine Nachmeldung einer oder mehrerer dieser Taten in einem anderen PMK- Phänomenbereich? Für das Jahr 2017 wurden dem BKA keine Tötungsdelikte im Phänomenbereich PMK-rechts nachgemeldet. Zu den Tötungsdelikten in Torgau, Döbeln und Hamburg sind dem BKA keine Nachmeldungen im Phänomenbereich PMK -rechts in der Deliktsqualität versuchter /vollendeter Mord/Totschlag bekannt. Zu dem Sachverhalt in Döbeln erfolgte eine Nachmeldung im Phänomenbereich PMK-rechts als Brandstiftung mit Todesfolge. Die Taten in Hamburg und Torgau wurden keinem Phänomenbereich der PMK zugeordnet (Stand: 10. Januar 2019). 7. Wurde der sechsfache Mord im Zusammenhang mit dem OEZ-Attentat 2016 in München nach Kenntnis der Bundesregierung mittlerweile vom Bayerischen Staatsministerium des Innern bzw. vom Bayerischen Landeskriminalamt als Tötungsdelikt im Phänomenbereich PMK-rechts nachgemeldet? a) Wenn ja, wann erfolgte diese Nachmeldung? b) Wenn nein, warum unterbleibt diese Nachmeldung nach Kenntnis der Bundesregierung weiterhin? Die Fragen 7 bis 7b werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Bisher erfolgte keine Meldung an das BKA über eine Einstufung des OEZ-Attentats in München als Straftat der PMK-rechts-. Die Klassifizierung sowie ggf. Neubewertung des Attentats von München obliegt ausschließlich den zuständigen Behörden in Bayern. Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird insoweit verwiesen. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333