Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 29. Januar 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/7448 19. Wahlperiode 30.01.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Götz Frömming, Dr. Michael Espendiller, Nicole Höchst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/6996 – Frühkindliche Betreuung und Bildung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 18. Oktober 2018 hat der Deutsche Bundestag in erster Lesung über den Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung (Gute-KiTa-Gesetz) beraten. Es ist geplant, das Gesetz zu Beginn des Jahres 2019 in Kraft treten zu lassen. Der Gesetzentwurf grenzt die frühkindliche Betreuung der Unter-Dreijährigen nicht von der frühkindlichen Bildung und Betreuung der Drei- bis Sechsjährigen ab. Es wird nicht nach Kinderkrippen und Kindergärten unterschieden. Im Fokus des Gesetzentwurfs stehen ausschließlich Kindertagesstätten (http://dipbt. bundestag.de/dip21/brd/2018/0469-18.pdf) als Ganztagsbetreuung für Kinder im Alter von einem Monat bis sechs Jahre. Der Aspekt der Bindungsforschung fehlt im Gesetz-entwurf. Die Bindungsforschung analysiert insbesondere die Bindung zwischen Eltern und Kleinkindern. Eine stabile Bindung zwischen Eltern und ihrem Kleinkind insbesondere in den ersten drei Lebensjahren ist der Schlüssel für eine gesunde körperliche und mentale Entwicklung des Kindes (M. Zemp, Die Bedeutung der Bindung für die kindliche Resilienz, www.szh.ch/bausteine.net/f/51475/Zemp_ 20180438.pdf?fd=3). Im Zeitraum von der Geburt bis zum dritten Lebensjahr ist es umso wichtiger, dem Zuwendungsbedürfnis des Kindes gerecht zu werden . Durch emotionale Nähe, Spenden von Trost, Geborgenheit und das Bieten von Schutz entwickelt das Kleinkind das Gefühl von Sicherheit und Vertrauen in die jeweilige Situation. Dieses Grundvertrauen ist essentiell für das spätere Erlernen von praktischen Fertigkeiten und sozialem Verhalten gegenüber Gleichaltrigen. Die NICHD-Studie in den USA (NICHD = Eunice Kennedy Shriver National Institute of Child Health and Human Development) und der National Longitudinal Survey of Children and Youth – NLSCY-Studie – in Kanada untersuchten , wie sich vermehrte elterliche Berufstätigkeit und außerfamiliäre Betreuung von Kleinkindern auf die elterliche Gesundheit, das Erziehungsverhalten und die familiäre Situation auswirken (www23.statcan.gc.ca/imdb/p2SV.pl?Function= getSurvey&Id=4632). Beide Studien führten zu identischen Ergebnissen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7448 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Kleinkinder, die bis zu neun Stunden täglich in Kinderkrippen betreut werden, weisen eine Zunahme von Hyperaktivität, Unaufmerksamkeit, Aggressivität, eine Verschlechterung sozialer und motorischer Kompetenzen sowie eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes auf. Eltern dieser Kinder zeigten eine Zunahme feindseliger und inkonsistenter Erziehung, eine schlechtere elterliche psychische Gesundheit und eine geringe Beziehungszufriedenheit (www.fachportal -bildung-und-seelische-gesundheit.de/hanns-seidel-stiftung-bildungbraucht -bindung-boehm.pdf). Für Kleinkinder bis zu drei Jahren und deren Eltern bedeutet eine frühe außerfamiliäre Kinderbetreuung Stress. Die wesentlichen Erkenntnisse der NICHD-Studie sind: Die Dauer früher Betreuung ist linear mit einer Zunahme aggressiven und impulsiven Verhaltens der Kleinkinder verbunden. Die Effekte elterlicher Erziehung sind wesentlich stärker als außerfamiliäre Betreuungen (www.psy.miami.edu/faculty/dmessinger/c_c/rsrcs/rdgs/childcare/ NICHD_EffectSizes_AmerPsy.2006.pdf, p. 114). Danach sollten die Rahmenbedingungen für Eltern so gesetzt werden, dass diese Zeit und Muße für eine Beschäftigung mit ihren insbesondere kleinen Kinder finden. Eine Betreuung in der Kinderkrippe sollte laut dieser Studie vier Stunden pro Tag nicht überschreiten. Nach Auffassung der Fragesteller kann eine Betreuung der Kinder in der Kinderkrippe die elterliche Betreuung nur in Maßen ergänzen und nicht ersetzen. Ebenso benötigen die drei- bis sechsjährigen Kinder für eine gute geistige, moralische , kulturelle und körperliche Entwicklung eine enge Bindung zu ihren Eltern. Darüber hinaus ist eine umfassende Betreuung im elterlichen Umfeld erforderlich, ergänzt durch qualitativ hochwertige Betreuung und Bildung im Kindergarten. Kognitive und analytische Fähigkeiten von Kindern entwickeln sich vor allem spielerisch in Verbindung mit geeigneten Anregungen. Dazu zählen Mal- und Schreibübungen während des Spiels, Zählspiele, Lern- und Fingerspielen , Entdeckung der Natur und körperliche Bewegung (www.bmfsfj. de/blob/114052/7efa11459acb72167142e29483b7375b/fruehe-bildungweiterentwickeln -und-finanziell-sichern-zwischenbericht-2016-von-bund-undlaendern -data.pdf). Die Anregungen werden vor allem durch menschlichen Kontakt während des Spiels zwischen Kindern untereinander und Kindern und Erziehern sowie Kindern und deren Eltern gesetzt. Dieser menschliche Kontakt fördert spielerisch die Sprachentwicklung, kognitive Fähigkeiten und die soziale Kompetenz eines Kindes. Die zwischenmenschliche Interaktion ist ein Schlüsselfaktor für eine gut balancierte Kindesentwicklung. Eine ausgewogene elterliche Erziehung und Betreuung ist hier prägend. 1. Wird die Bundesregierung den Gesetzentwurf des Gute-KiTa-Gesetzes erweitern , um eine differenzierte Betrachtung von Kinderkrippen und Kindergärten vorzunehmen? 2. Wie möchte die Bundesregierungen die Erkenntnisse der NICHD-Studie und der NLSCY-Studie zur Gruppentagesbetreuung für die Unter-Dreijährigen in Kinderkrippen im Gute-KiTa-Gesetz berücksichtigen? Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Das Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung („Gute-KiTa-Gesetz“) wurde am 14. Dezember 2018 vom Deutschen Bundestag und Bundesrat verabschiedet und ist am 1. Januar 2019 in Kraft getreten. Einschlägige Studien und Erkenntnisse fanden im Gesetzgebungsprozess Berücksichtigung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/7448 3. Welche Konzepte hat die Bundesregierung entwickelt, um die elterliche Erziehung besonders zu unterstützen und zu fördern? Familie ist der wichtigste Ort des Aufwachsens von Kindern und für deren gute Entwicklung und Bildung von zentraler Bedeutung. Wie viele internationale Studien zeigen, sind die Chancen und Bildungswege von Kindern eng an die Voraussetzungen in den Familien geknüpft. Niedrigschwellige Unterstützungsangebote können dabei für die Eltern eine besondere Hilfe sein. Durch Elternbegleitung als Angebot der Familienbildung vor Ort sollen Eltern und Erziehungsverantwortliche dabei gestärkt werden, ihre Kinder bestmöglich zu unterstützen. Hier setzt die Bundesregierung an: Seit dem Jahr 2011 wurden im Rahmen des Bundesprogramms „Elternchance ist Kinderchance “ (2011 bis 2015) und des ESF-Programms „Elternchance II“ (2015 bis 2020) bundesweit mehr als 10 000 (früh-)pädagogische Fachkräfte in der Familienbildung zu Elternbegleiterinnen und Elternbegleitern (weiter-)qualifiziert. Durch diese Weiterqualifizierung erwerben die Fachkräfte vertiefte Kenntnisse im Bereich von Entwicklungs- und Bildungsprozessen im Kindesalter und stärken ihre Kompetenzen in der Zusammenarbeit mit Familien. Als Elternbegleiterinnen und Elternbegleiter stehen sie den Familien in Kitas, Familienbildungsstätten , Familienzentren, Mehrgenerationenhäusern und anderen Einrichtungen der Familienbildung mit Rat und praktischer Unterstützung insbesondere bei Fragen zu Entwicklung und Bildung der Kinder zur Seite. Sie beraten Eltern beim Eintritt der Kinder in Bildungsinstitutionen wie Kita oder Schule und sind Brückenbauer zwischen Familien und (Bildungs-)Institutionen vor Ort. 4. Inwieweit verfolgt die Bundesregierung Konzepte, die eine echte Wahlfreiheit für Eltern ermöglichen, ob sie ihre Kinder selbst- oder fremdbetreuen lassen? Der seit August 2013 geltende Rechtsanspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung oder Kindertagespflege ab Vollendung des ersten Lebensjahres bietet Eltern eine echte Wahlmöglichkeit hinsichtlich der Frage, ob sie ihre Kinder selbst betreuen oder betreuen lassen möchten. § 24 SGB VIII regelt insoweit einen Anspruch auf und keinen Zwang zur Betreuung in einer Tageseinrichtung oder Kindertagespflege. Das Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung nimmt diesbezüglich keine Änderungen vor. 5. Inwieweit sind neue berufliche Konzepte angedacht, um erwerbstätigen Eltern beides zu ermöglichen, eine zeitlich eingeschränkte Erwerbstätigkeit und eine umfassende elterliche Erziehung insbesondere der Unter-Dreijährigen ? Ziel der Bundesregierung ist es, Eltern in Deutschland eine Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familie zu ermöglichen, die ihren individuellen Wünschen in verschiedenen Lebensphasen entspricht. Daher unterstützt die Bundesregierung Eltern mit vielfältigen Maßnahmen, die ihnen verschiedene Wahlmöglichkeiten bieten. Das Elterngeld sichert die finanzielle Lebensgrundlage von Eltern, wenn sie nach der Geburt ihres Kindes zeitweise weniger oder gar nicht mehr arbeiten. Zugleich erhalten Eltern mit den drei Varianten des Elterngeldes mehr Spielraum, um Beruf und Familie nach ihren Wünschen individuell zu vereinbaren. Mit dem El- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7448 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode terngeldPlus werden insbesondere Eltern unterstützt, die bereits während des Elterngeldbezugs in Teilzeit arbeiten möchten. Der Partnerschaftsbonus unterstützt Eltern, die parallel in Teilzeit arbeiten, um sich Beruf und Familie partnerschaftlich zu teilen. Mit dem Unternehmensprogramm „Erfolgsfaktor Familie“ setzt sich die Bundesregierung zudem in enger Kooperation mit den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft (Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Zentralverband des Deutschen Handwerks) und dem Deutschen Gewerkschaftsbund für eine familienfreundliche Arbeitszeitgestaltung in den Unternehmen ein, die Eltern Zeit für die Familie und Zeit für den Beruf ermöglicht. Mit den Aktivitäten werden Arbeitgeber motiviert und dabei unterstützt, mehr familienfreundliche Angebote wie Teilzeitmodelle, Gleitzeit, Langzeitkonten, betrieblich unterstützte Kinderbetreuung oder Homeoffice-Lösungen bereitzustellen. Derzeit entwickelt das BMFSFJ den „Fortschrittsindex Vereinbarkeit“, der Unternehmen zeigt, wie familienfreundlich sie bereits sind und wie sie sich konkret verbessern können (www.erfolgsfaktor-familie.de). Darüber hinaus verfolgt die Bundesregierung eine moderne Arbeitszeitpolitik. Sie ermöglicht erwerbstätigen Eltern die beruflichen Anforderungen und die familiären Aufgaben in Einklang zu bringen. Da solche Bedarfe je nach Lebensphase variieren können, hat die Bundesregierung eine Weiterentwicklung des Teilzeitrechts beschlossen. Das zum 1. Januar 2019 in Kraft getretene „Gesetz zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts – Einführung einer Brückenteilzeit“ ermöglicht Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zeitlich begrenzt in Teilzeit zu arbeiten und danach wieder zur vorherigen Arbeitszeit zurückzukehren. So können unter anderem auch individuelle Arbeitszeitpräferenzen von Eltern besser verwirklicht werden. 6. Welche steuerlichen Konzepte, die über die Zahlung des Kindergeldes hinausgehen , sieht die Bundesregierung vor, um Familien mit kleinen Kindern ein zeitlich ausgewogenes Familienleben und dadurch eine umfassendere elterliche Betreuung zu ermöglichen? Der steuerliche Familienleistungsausgleich gewährleistet die Freistellung des Existenzminimums eines Kindes einschließlich der Bedarfe für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung durch die Freibeträge für Kinder nach § 32 Absatz 6 EStG oder das Kindergeld. Damit erfolgt eine steuerliche Berücksichtigung der betreuungsbedingten Minderung der steuerlichen Leistungsfähigkeit bei allen Eltern – unabhängig von der Art der Betreuung. 7. Wie möchte die Bundesregierung die Länder unterstützen, die Qualität der Betreuung in den Kinderkrippen und Kindergärten zu erhöhen? Die Bundesregierung unterstützt die Länder mit dem am 14. Dezember 2018 verabschiedeten Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung (BGBl., Nr. 49 vom 31. Dezember 2018) mit insgesamt 5,5 Mrd. Euro bis 2022 bei Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität und der Teilhabe in der Kindertagesbetreuung. Ziel des Gesetzes ist, nachhaltig und dauerhaft die Qualität der frühen Bildung, Erziehung und Betreuung in Tageseinrichtungen und der Kindertagespflege bundesweit weiterzuentwickeln und bestehende Unterschiede zwischen den Ländern anzugleichen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/7448 Flankierend hierzu hat der Bund verschiedene Bundesprogramme aufgelegt, welche die Weiterentwicklung der Qualität in spezifischen Bereichen der Kindertagesbetreuung unterstützen. Hierzu gehören die Bundesprogramme „KitaPlus: Weil gute Betreuung keine Frage der Uhrzeit ist“, „Kita-Einstieg: Brücken bauen in frühe Bildung“, „Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ sowie „ProKindertagespflege: Wo Bildung für die Kleinsten beginnt“. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333