Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 30. Januar 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/7490 19. Wahlperiode 01.02.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Bettina Stark-Watzinger, Christian Dürr, Dr. Florian Toncar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/7103 – Steuer- und finanzpolitischer Gesetzgebungsbedarf durch das Brexit- Austrittsabkommen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 29. März 2019 wird das Vereinigte Königreich als Mitglied aus der Europäischen Union ausscheiden, demnach zwei Jahre nach der Anzeige des Austritts nach Artikel 50 EUV (=Vertrag über die Europäische Union) des Lissabon Vertrags. Die Verhandlungen dauerten sehr lange und ein halbes Jahr vor dem Ausscheiden des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union war nicht absehbar, ob eine Einigung über ein Austrittsabkommen überhaupt zustande kommen wird. Am 15. November 2018 berichteten Medien über eine Einigung bei den Brexit-Verhandlungen. Die Bundesregierung hat in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der FDP auf Bundestagsdrucksache 19/5143 betont, dass sie sich auf die verschiedenen Szenarien des Brexit, ob mit oder ohne Austrittsabkommen, vorbereitet. Insbesondere antwortete die Bundesregierung, dass sie beim nationalen Gesetzgebungsbedarf drei Kategorien von Vorhaben unterscheide: Erstens erforderliche Gesetzgebungsvorhaben , unabhängig vom Ausgang der Brexit-Verhandlungen; zweitens Gesetzgebungsvorhaben in Vorbereitung auf eine eventuelle Übergangsphase auf der Grundlage des Entwurfs des Austrittsabkommens und drittens Gesetzgebungsvorhaben, „die vom Regelungsumfang des Austrittsabkommens sowie von den Verhandlungen zum Rahmen des zukünftigen Verhältnisses und gegebenenfalls vom Willen des Gesetzgebers abhängen“. Das 584-seitige Austrittsabkommen liegt mittlerweile online in englischer Sprache vor (https://assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/ uploads/attachment_data/file/756374/14_November_Draft_Agreement_on_the_ Withdrawal_of_the_United_Kingdom_of_Great_Britain_and_Northern_Ireland_ from_the_European_Union.pdf). Die Europäische Union und das Vereinigte Königreich befürworteten bei einem EU-Sondergipfel am 25. November 2018 das Austrittsabkommen. Es bleibt abzuwarten, wie die Entscheidung über das Austrittsabkommen am Ende ausfällt. Der Entwurf des Brexit-Steuerbegleitgesetzes wurde Ende des Jahres 2018 im Kabinett beschlossen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7490 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Welche gesetzgeberischen Maßnahmen ergeben sich aus Sicht der Bundesregierung aus dem Austrittsabkommen für die Bereiche Steuern, Finanzen und Zoll? Welche gesetzlichen Änderungen sind aus Sicht der Bundesregierung auf Grundlage des Austrittsabkommens bis zum Ende der 19. Legislaturperiode erforderlich, und welche Änderungen ergeben sich beispielsweise im Entwurf des Brexit-Steuerbegleitgesetzes? 2. Welche gesetzgeberischen Maßnahmen für die Bereiche Steuern, Finanzen und Zoll ergeben sich aus Sicht der Bundesregierung, wenn das britische Unterhaus dem Austrittsabkommen nicht zustimmt? Die Fragen 1 und 2 werden zusammen beantwortet. Für den Fall des Abschlusses eines Austrittsabkommens sieht § 1 des vom Deutschen Bundestag am 17. Januar 2019 angenommenen Gesetzes für den Übergangszeitraum nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union (Brexit-Übergangsgesetz – BrexitÜG) vor, dass das Vereinigte Königreich während des Übergangszeitraums im Bundesrecht grundsätzlich als Mitgliedstaat der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft gilt. Darüber hinaus ergeben sich unmittelbar aus dem Austrittsabkommen für die Bereiche Steuern, Finanzen und Zoll keine weiteren gesetzgeberischen Maßnahmen. Das Gesetz über steuerliche und weitere Begleitregelungen zum Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirlands aus der Europäischen Union (Brexit-Steuerbegleitgesetz – Brexit-StBG) enthält notwendige Regelungen aus dem Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums der Finanzen sowohl für den Fall eines Austritts auf Basis des Austrittsabkommens als auch für den Fall, dass der Austritt ohne Austrittsabkommen erfolgt. 3. Wie bewertet die Bundesregierung das Brexit-Austrittsabkommen für die Bereiche Steuern, Finanzen und Zoll? a) Wie bewertet die Bundesregierung den Teil III, Titel I und Titel II Artikel 40 bis 50 im Austrittsabkommen hinsichtlich der in Verkehr gebrachten Waren und der Zollverfahren? c) Wie bewertet die Bundesregierung die Regelungen des Austrittsabkommens im Bereich Mehrwertsteuer und Verbrauchsteuern (Teil III, Titel III)? Die Fragen 3a und 3c werden zusammen beantwortet. Die durch den Entwurf des Abkommens vorgeschlagene Übergangsphase und die daraus resultierenden Erleichterungen werden von der Bundesregierung unterstützt . b) Wie bewertet die Bundesregierung die Regelungen in Teil V des Austrittsabkommens hinsichtlich der Finanzbestimmungen und des Finanzstandorts Deutschland? Die im Teil V des Austrittsabkommens zu den Finanzbestimmungen getroffenen Regelungen entsprechen aus Sicht der Bundesregierung dem allgemeinen Grundsatz der Vertragstreue. Die Regelungen werden daher von der Bundesregierung unterstützt. Aus Sicht der Bundesregierung besteht zwischen den Regelungen in Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/7490 Teil V zu den Finanzbestimmungen des Austrittsabkommens und dem Finanzstandort Deutschland kein unmittelbarer Zusammenhang. Eine Bewertung hinsichtlich des Finanzstandorts Deutschland ist daher nicht möglich. 4. Welche Pläne verfolgt die Bundesregierung um Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger über Veränderungen oder Konsequenzen, die sich hinsichtlich des Austrittsabkommens ergeben, zu informieren? Seit Beginn der Verhandlungen über den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union steht die Bundesregierung in einem engen Dialog mit der Zivilgesellschaft, Vertretern der betroffenen Bürgerinnen und Bürger, Wissenschaftsorganisationen und Wirtschaftsverbänden. Sie unterrichtet alle Betroffenen laufend über den Fortgang der Verhandlungen und über die Konsequenzen , die sich aus dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union ergeben können. Diese Unterrichtung erfolgt unter anderem durch regelmäßige Informationsveranstaltungen sowie durch Gespräche mit betroffenen Verbänden und Organisationen. Zudem haben die Bundesministerien Brexit-Hotlines und Bürgerservices eingerichtet, über die Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen jederzeit ihre Fragen zum Brexit und dessen Folgen stellen können. Darüber hinaus hält die Bundesregierung auf ihren Internetseiten (nachfolgend eine Auswahl) umfangreiche Informationen über den Brexit und dessen Folgen bereit, einschließlich Fragen-und-Antworten-Kataloge für Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen. Bundespresseamt: www.bundesregierung.de/breg-de/themen/europa/brexit Auswärtiges Amt: www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/europa/Brexit Deutsche Botschaft London: https://uk.diplo.de/uk-de/02/faq-informationen-brexit/610518 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Europa/brexit.html Bundesministerium der Finanzen: www.bundesfinanzministerium.de/brexit Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat: www.bmi.bund.de/SharedDocs/kurzmeldungen/DE/2018/12/brexit.html Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft: www.bmel.de/DE/Landwirtschaft/Markt-Handel-Export/_Texte/Brexit.html Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur: www.bmvi.de/DE/Themen/Mobilitaet/Brexit/brexit.htm Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7490 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit: www.reach-clp-biozid-helpdesk.de/de/Aktuelles/Aktueller-Monat_04_ REACH_Brexitseite%20ECHA.html Bundesministerium für Bildung und Forschung: www.bmbf.de/de/grossbritannien-292.html www.bmbf.de/de/grossbritannien-292.html www.bafög.de/de/617.php Bundesministerium für Gesundheit: www.bundesgesundheitsministerium.de/ministerium/meldungen/2019/brexitauswirkungen -gesundheitswesen.html Bundesministerium für Arbeit und Soziales: www.bmas.de/DE/Themen/Soziales-Europa-und-Internationales/Europa/Brexit/ brexit-artikel.html Neben dem Informationsangebot der Bunderegierung bieten auch zahlreiche Fachverbände Informationen zum Brexit an. Beispielsweise hat der Bundesverband der Deutschen Industrie ein Kompendium mit einem umfangreichen Leitfaden und praxisorientierten Fragen zur Vorbereitung von Unternehmen herausgegeben (https://bdi.eu/themenfelder/europa/#/publikation/news/der-brexit-kommtwas -ist-zu-tun). Mit seiner „Brexit Checkliste“ ist der Deutsche Industrie- und Handelskammertag ähnlich vorgegangen (www.ihk.de/brexitcheck). Um die Anliegen der deutschen Wirtschaft zu bündeln und so viele relevante Themenbereiche wie möglich in einer Art Nachschlagewerk zusammenzufassen, haben eine Reihe von deutschen Wirtschaftsverbänden ein „Brexit-Kompendium“ erstellt (www.brexit-kompendium.de/de/). 5. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass durch einzelfallbezogene gesetzliche Änderungen, zum Beispiel durch das Brexit-Steuerbegleitgesetz, alle Sachverhalte des Steuer- und Kapitalmarktrechts erfasst werden, die durch den Brexit erforderlich wären? Mit dem Entwurf eines Brexit-Steuerbegleitgesetzes greift die Bundesregierung den fachlich notwendigen Gesetzgebungsbedarf in verschiedenen Bereichen des deutschen Steuer- und Finanzmarktrechts zur Vorbereitung auf den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union auf. Ob über die im Entwurf enthaltenen Regelungen hinaus Bedarf für weitere Regelungen besteht, wird derzeit geprüft. 6. Hat die Bundesregierung geprüft, ob auch eine pauschale Regelung für das Steuerrecht sinnvoll wäre (bitte begründen, welche Argumente dafür- oder dagegensprechen)? Die Leitlinien des Rates vom 29. April 2017 sehen wie die Mitteilung der Europäischen Kommission vom 19. Dezember 2018 vor, dass es keine separaten Verhandlungen zwischen einzelnen Mitgliedstaaten und dem Vereinigten Königreich über Angelegenheiten geben wird, die den Austritt des Vereinigten Königreichs Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/7490 aus der Union betreffen. Zudem sollte dies in gleicher Weise für jedwede Übergangsregelung gelten. Eine pauschale Regelung, nach der das Vereinigte Königreich generell oder für eine Übergangszeit in steuerlicher Hinsicht trotz des Austritts wie ein Mitgliedstaat behandelt wird, wäre damit nach dem Verständnis der Bundesregierung nicht zu vereinbaren. 7. Wie und durch welche Stelle erfolgt die in der gemeinsamen Erklärung über das künftige Verhältnis zugesicherte Prüfung des Äquivalenzprinzips, um britischen Finanzdienstleistern den Zugang zum europäischen und damit auch deutschen Markt zu gewähren? Die vom Europäischen Rat indossierte „Gemeinsame politische Erklärung zum Rahmen künftiger Beziehungen“ erkennt mit Blick auf den Bereich Finanzdienstleistungen ausdrücklich an, dass beide Jurisdiktionen über autonom geschaffene Regelwerke verfügen bzw. verfügen werden, auf deren Basis die Beurteilungen der Gleichwertigkeit (Äquivalenz) von Regulierungs- und Aufsichtssystemen der jeweils anderen Partei künftig erfolgen sollen. Diese Beurteilungen sollen nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Union schnellstmöglich durchgeführt werden mit dem Ziel, die Bewertungen bis spätestens Ende Juni 2020 abzuschließen. Innerhalb der Europäischen Union ist im Bereich Finanzdienstleistungen die EU-Kommission für Entscheidungen über die Gleichwertigkeit von Regulierungs- und Aufsichtssystemen von Drittstaaten zuständig. 8. Werden die gezahlten Löhne der im Vereinigten Königreich ansässigen Tochtergesellschaften bei den Lohnsummenregelungen nach § 13a des Erbschaftsteuer - und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) berücksichtigt? Wenn nein, warum nicht (bitte begründen)? Bei der Lohnsummenregelung werden die Löhne und Gehälter berücksichtigt, die an Beschäftigte von Tochtergesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung im Vereinigten Königreich bezahlt werden, solange das Vereinigte Königreich als Mitgliedstaat der EU anzusehen ist. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333