Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 29. Januar 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/7501 19. Wahlperiode 31.01.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Thomas Seitz, Corinna Miazga, Udo Theodor Hemmelgarn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/7002 – Energieversorgung in Deutschland: Katastrophenschutzübung LÜKEX 18, Flüssigerdgas LNG und die Pipeline Nord Stream 2 V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Ende November 2018 fand die achte länder- und ressortübergreifende Krisenmanagementübung LÜKEX 18 unter Federführung des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) statt. Der Titel des Szenarios lautete „Gasmangellage in Süddeutschland“. Bereits im Vorfeld wurde durch Planuntersuchungen eine Risikobewertung durch das BBK als Grundlage für die Übung durchgeführt, deren Ergebnisse auch teilweise veröffentlicht wurden (www.bbk.bund.de/DE/AufgabenundAusstattung/Krisenmanagement/Luekex/ LUEKEX_18/LUEKEX_18_node.html). Der Konflikt zwischen dem wichtigsten Erdgaslieferstaat aus deutscher Sicht, der Russischen Föderation, und dem Transitland Ukraine befindet sich aktuell in einer Eskalationsphase, wobei die Bundesregierung aus Sicht der Fragesteller Partei für die ukrainische Sichtweise auf den Streitpunkt – die Zufahrt für ukrainische Schiffe zum Asowschen Meer – ergreift (www.tagesschau.de/ ausland/putin-ukraine-russland-101.html). Der Unsicherheit des Erdgastransits durch die Ukraine wird durch den Bau der Erdgaspipeline „Nord Stream 2“ begegnet. Dieses Projekt wird jedoch dafür kritisiert, dass es geeignet sei, die Abhängigkeit Deutschlands von russischen Erdgaslieferungen weiter zu vertiefen und dass es einen unfreundlichen Akt gegenüber unserem Nachbarland Polen darstelle (www.zeit.de/2018/41/nordstream- 2-konflikt-polen-usa-deutschland-gaspipeline). Die privatwirtschaftlichen deutschen Versorgungsunternehmen legen derweil ihre Erdgasspeicher aufgrund von Unwirtschaftlichkeit teilweise still (www. tagesspiegel.de/berlin/energieversorgung-in-berlin-gasag-legt-gasspeicher-imgrunewald -still/19163648.html). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7501 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Auswertung der achten länder- und ressortübergreifenden Krisenmanagementübung (LÜKEX 18), die im November 2018 durchgeführt wurde, ist noch nicht abgeschlossen. Die Bundesregierung kann deshalb nur vorläufige Aussagen zu den Fragen 1 bis 5 treffen. 1. Welche allgemeinen Schlussfolgerungen zur Erdgasversorgung in Deutschland zieht die Bundesregierung aus den Analysen und Ergebnissen der Katastrophenschutzübung LÜKEX 18? Deutschland kann ausreichend über unterschiedlichste Lieferwege mit Erdgas versorgt werden und die Erdgasspeicher auf dem Territorium der Bundesrepublik haben das größte Arbeitsvolumen in der EU. Die Erdgasversorgung von Bevölkerung und Wirtschaft ist sicher. Trotzdem müssen die bestehenden Notfallmechanismen der Gaswirtschaft sowie die Risiko- und Krisenkommunikation geübt werden. Die Krisenmanagementübung LÜKEX 18 hat gezeigt, dass Bund und Länder gut aufgestellt sind, um auf eine Krise bei der Erdgasversorgung Deutschlands reagieren zu können. Der Notfallplan Gas für die Bundesrepublik Deutschland bietet hierfür eine gute Grundlage. 2. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den Analysen und Ergebnissen der Katastrophenschutzübung LÜKEX 18 für die Versorgung von Privathaushalten mit Erdgas? Privathaushalte, die mit Erdgas versorgt werden, zählen zu den geschützten Kunden , deren Versorgung im Krisenfall vorrangig sicherzustellen ist. Nach Feststellung der Notfallstufe führt die Bundesnetzagentur als Bundeslastverteiler hoheitliche Maßnahmen durch, mit dem Ziel der Sicherung des lebenswichtigen Bedarfs an Gas unter besonderer Berücksichtigung der geschützten Kunden und der Minimierung der Folgeschäden. Die Übung hat gezeigt, dass eine Betroffenheit der Bevölkerung nur eintritt, wenn eine beträchtliche Verschlechterung der Gasversorgung vorliegt, alle marktbasierten Maßnahmen nicht ausreichen, um die Gasnachfrage zu decken, und zusätzliche nicht marktbasierte Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die Versorgung der geschützten Kunden sicherzustellen. Falls eine Abschaltung der Gasversorgung notwendig ist, müssen Maßnahmen des Katastrophen- und Bevölkerungsschutzes eingesetzt werden, um eine Notversorgung der Bevölkerung sicherzustellen . 3. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den Analysen und Ergebnissen der Katastrophenschutzübung LÜKEX 18 für die Versorgung kritischer Infrastruktur (Krankenhäuser etc.) mit Erdgas? Die Verordnung zur Bestimmung Kritischer Infrastrukturen nach dem BSI-Gesetz (BSI-Kritisverordnung – BSI-KritisV) definiert in den verschieden Bereichen Größe und Art der kritischen Infrastrukturen. Im KRITIS-Sektor Energie ist die KRITIS-Branche Gas eine wichtige eigene kritische Infrastruktur. Bei einer Störung der Gasversorgung würden auch Einrichtungen anderer kritischer Infrastrukturen versorgt, wenn diese zur Sicherung des lebenswichtigen Bedarfs an Gas unter Berücksichtigung der „geschützten Kunden“ beitragen. Die Vorbereitung der Übung und die Durchführung der Übung haben gezeigt, dass der geltende Begriff des „geschützten Kunden“ überarbeitet werden muss. Die neue SoS-VO (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX: Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/7501 32017R1938&from=EN) enthält in Artikel 2 Nummer 6 Buchstabe b bereits die grundlegenden sozialen Dienste, soweit diese in den Mitgliedstaaten als „geschützte Kunden“ gelten. Das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) sieht dies bisher in § 53a Satz 1 nicht vor. Die Bundesregierung beabsichtigt, den Begriff der „geschützten Kunden“ im EnWG entsprechend um die sozialen Dienste zu erweitern. 4. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den Analysen und Ergebnissen der Katastrophenschutzübung LÜKEX 18 für die Versorgung von Industriebetrieben mit Erdgas? Die Krisenmanagementübung LÜKEX 18 hat bestätigt, dass es bei einer Versorgungskrise mit Gas im Rahmen der marktbasierten Maßnahmen sowie der hoheitlichen Maßnahmen zur Abschaltung von Industriebetrieben kommen kann. Dabei wurde festgestellt, dass im Bereich des Krisen- und Notfallmanagements nach dem Energiewirtschaftsgesetz und dem EnWG in einzelnen Fragen ein zusätzlicher Regelungsbedarf für die Umsetzung von Abschaltmaßnahmen besteht. 5. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den Analysen und Ergebnissen der Katastrophenschutzübung LÜKEX 18 für die Versorgung von Gaskraftwerken mit Erdgas, auch im Hinblick auf ein mögliches Zusammenkommen eines Lieferengpasses bei Erdgas mit einer geringen Stromerzeugungsmenge durch Sonnen- und Windenergieanlagen, insbesondere im Winter? Die Bundesregierung hat in der Übung auch die Bedeutung von systemrelevanten Gaskraftwerke nach § 13f EnWG überprüft. Zusätzliche Erkenntnisse über das Zusammenspiel eines Lieferengpasses bei Erdgas mit einer geringeren Stromerzeugung durch Sonnen- und Windenergieanlagen wurden nicht gewonnen, da die Krisenmanagementübung LÜKEX 18 den Schwerpunkt auf die Gasversorgung gelegt hat und nicht auf einen Ausfall der Stromversorgung. 6. Wie bewertet die Bundesregierung im Hinblick auf Frage 5 aktuell die Bedeutung der Kohlekraft und der Kernkraft für die Sicherheit der Energieversorgung Deutschlands, ggf. in Abweichung zu Einschätzungen und Verlautbarungen der jüngsten Vergangenheit? Die Bundesregierung geht davon aus, dass mit abnehmender Bedeutung der Stromerzeugung aus Kohle und Kernenergie die Bedeutung von Erdgas kurz- bis mittelfristig zunehmen könnte, bis der Energiebedarf aus erneuerbaren Energieträgern gedeckt wird. 7. Sieht die Bundesregierung im aktuellen Konflikt zwischen der Russischen Föderation und der Ukraine das Potential für eine Gefährdung der Erdgasversorgung Deutschlands? Die Bundesregierung hat zur Kenntnis genommen, dass der Erdgastransit durch die Ukraine seit dem Ende der UdSSR wiederholt Anlass zu politischen Auseinandersetzungen zwischen beiden Staaten gewesen ist. Sie hat aber auch zur Kenntnis genommen, dass dies nur in wenigen Einzelfällen zu einer tatsächlichen Einschränkung des physischen Erdgasflusses geführt hat. Vor diesem Hintergrund sieht die Bundesregierung aktuell keine besondere Gefährdung der Erdgasversorgung Deutschlands oder anderer EU-Mitgliedstaaten durch den andauernden Konflikt zwischen der Russischen Föderation und der Ukraine. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7501 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Unabhängig davon unterstützt die Bundesregierung die Bemühungen der EU- Kommission um Diversifizierung von Bezugsquellen und -routen mit dem Ziel des Abbaus einseitiger Abhängigkeiten. Sie engagiert sich des Weiteren aktiv für einen erfolgreichen Abschluss der laufenden trilateralen Gespräche zwischen der EU-Kommission, der Ukraine und der Russischen Föderation über die Fortsetzung des Erdgastransits ab 1. Januar 2020. 8. Ist die Bundesregierung dazu bereit oder plant sie, den Bezug von Flüssigerdgas (LNG) durch deutsche Unternehmen trotz des Baus der Erdgaspipeline Nord Stream 2, etwa durch Bau neuer entsprechender Terminals, zu subventionieren , um die Abhängigkeit Deutschlands von Erdgaslieferungen aus der Russischen Föderation in einem möglichen Konfliktfall zu verringern (bei gleichzeitiger Möglichkeit, bei russischem Wohlverhalten das subventionierte Flüssigerdgas auch aus der Russischen Föderation zu beziehen)? Die Bundesregierung ist grundsätzlich bereit, den Bau von Import-Infrastruktur für verflüssigtes Erdgas (Liquefied Natural Gas, LNG) zu unterstützen. Die Importentscheidungen werden durch private Unternehmen getroffen. Hinsichtlich der Form und Höhe einer möglichen Förderung von LNG-Infrastrukturprojekten in Deutschland wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 73 des Abgeordneten Klaus Ernst vom Oktober 2018 auf Bundestagsdrucksache 19/5282 verwiesen. 9. Wie bewertet die Bundesregierung – unter Einbeziehung der neuesten Erkenntnisse – die bereits begonnene Stilllegung des Berliner Erdgasspeichers im Hinblick auf die Energiesicherheit Deutschlands? Der Speicher war zur Zeit der deutschen Teilung zur Sicherstellung der Gasversorgung West-Berlins in Betrieb genommen worden. In ihm kann Erdgas im Umfang von 1,581 GWh gespeichert werden. Das entspricht ca. 0,57 Prozent des gesamten deutschen Speichervolumens. Er hat damit keine Bedeutung für die Gasversorgungssicherheit Gesamtdeutschlands und auch nicht für Berlin, das heute in das Gesamtversorgungsnetz Deutschlands eingebunden ist. 10. Hält die Bundesregierung die Vergütung der Versorgungsunternehmen für die Speicherung von Erdgas in jedem Fall für ausreichend, und wenn nein, wo sieht die Bundesregierung Änderungsbedarf? Erdgasspeichern kommt eine wichtige Rolle beim saisonalen Ausgleich von Produktions - und Verbrauchsschwankungen und für die Gewährleistung der Versorgungssicherheit mit Gas zu. Perspektivisch kann Erdgasspeichern auch Bedeutung für die Umsetzung der Energiewende und die Erreichung der Klimaschutzziele zukommen, da viele Erdgasspeicher auch als Langzeitspeicher für aus Erneuerbaren Energien erzeugte Gase genutzt werden können. Vor diesem Hintergrund wird die Vergütung für die Speicherung als derzeit angemessen angesehen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333