Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 1. Februar 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/7530 19. Wahlperiode 04.02.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Dr. André Hahn, Gökay Akbulut, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/6727 – Lage von Schutzsuchenden auf der Balkanroute V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Balkanroute stellt immer noch eine der wichtigsten Fluchtrouten nach Europa dar. Da sowohl die ungarisch-serbische als auch die serbisch-kroatische Grenze massiv durch Zäune und Grenzpolizei aufgerüstet wurden, verlagerte sich die Balkanroute Anfang 2018 auf die Länder Albanien, Bosnien und Herzegowina , Kroatien und Slowenien (vgl. https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/ homeaffairs/files/what-we-do/policies/european-agenda-migration/20180314_ progress-report-progress-report-european-agenda-migration_en.pdf). In Bosnien und Herzegowina, das eine lange Grenze mit dem EU-Mitgliedstaat Kroatien teilt, wird nach Angaben von Pro Asyl eine seit dem Frühjahr 2018 stetig ansteigende Zahl von Flüchtlingen registriert (www.proasyl.de/hintergrund/ grenzen-als-orte-der-gewalt-die-situation-an-der-kroatisch-bosnischen-grenze/). Insgesamt sollen seit Jahresbeginn 2018 mehr als 7 000 Schutzsuchende in Bosnien und Herzegowina registriert worden sein. Gut die Hälfte befindet sich im an Kroatien grenzenden Kanton Una-Sana. Die Zahl der Schutzsuchenden allein in dessen Hauptstadt Bihać soll aktuell bei knapp 3 000 liegen. An der westlichsten Grenze von Bosnien, in Velika Kladuša, sollen darüber hinaus mindestens 500 Schutzsuchende auf eine Möglichkeit zum Grenzübertritt nach Kroatien warten (www.zeit.de/politik/ausland/2018-07/bosnien-balkanroute-fluechtlingevelika -kladusa-grenze). Es mangelt Bosnien und Herzegowina an jeglicher Infrastruktur, um Schutzsuchende zu unterstützen. Zudem gilt die Reise durch diesen Balkanstaat als extrem gefährlich (www.proasyl.de/hintergrund/grenzen-als-orte-der-gewalt-diesituation -an-der-kroatisch-bosnischen-grenze/). Wenn es die Schutzsuchenden durch Bosnien und Herzegowina schaffen und an der EU-Außengrenze ankommen , sind sie von exzessiver Gewaltanwendung und illegalen Zurückweisungen durch die kroatische Polizei betroffen (ebd.). So heißt es: „Wenn Schutzsuchende irgendwo in Kroatien aufgegriffen werden, verweigern ihnen die dortigen Behörden das Recht, Asyl zu beantragen. Geflüchtete werden nicht registriert , sondern von der kroatischen Grenzpolizei direkt wieder nach Bosnien abgeschoben . In gleicher Weise übergibt die slowenische Polizei jene Flüchtlinge, die sie im Land aufgreift, der kroatischen Grenzpolizei, die sie dann direkt nach Bosnien abschiebt.“ Flüchtlinge werden demnach zur bosnisch-herzegowinischen Grenze gefahren und dort bestohlen und beraubt (ebd.). Dr. Sascha Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7530 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Schießl vom Flüchtlingsrat Niedersachsen berichtet für Pro Asyl, die kroatischen Grenzpolizisten zerstörten die Smartphones der Schutzsuchenden, nähmen ihnen ihr Geld weg und misshandelten insbesondere männliche Flüchtlinge , aber immer wieder auch Frauen und Jugendliche (https://yallayallaeurope. wordpress.com/2018/07/23/push-backs-und-polizeigewalt/). Im „The Guardian“ berichtet ein Geflüchteter von der bosnisch-kroatischen Grenze: „Wenn sie Geld finden, dann stehlen sie es. Wenn sie Telefone finden, dann zerstören sie diese, um zu vermeiden, gefilmt zu werden oder um uns einfach daran zu hindern , unsere Freunde zu kontaktieren. Und dann schlagen sie uns, vier oder fünf gegen einen. Sie werfen uns zu Boden, treten uns und schlagen uns mit ihren Knüppeln. Für sie scheinen wir uns kaum von ihren Hunden zu unterscheiden“ (www.theguardian.com/global-development/2018/nov/14/didnt-give-a-damnrefugees -film-croatian-police-brutality-bosnia). Die Nichtregierungsorganisation (NGO) „No Name Kitchen“, die in Bosnien, Serbien und Italien Nahrung an Schutzsuchende verteilt, spricht von 70 bis 100 Menschen, die wöchentlich einen Pushback aus Kroatien erfahren. 70 Prozent der Betroffenen geben an, im Rahmen der Festnahme und Zurückschiebung geschlagen worden zu sein. Die NGO Ärzte ohne Grenzen spricht von einer „systematischen und geplanten“ Form von Gewalt gegen Schutzsuchende (ebd.). Ende Oktober 2018 kam es am Grenzübergang zu heftigen Zusammenstößen zwischen mehreren hundert Schutzsuchenden und der kroatischen Polizei . Die Schutzsuchenden klagen über Übergriffe der kroatischen Polizei (www.mdr.de/heute-im-osten/ostblogger/fluechtlinge-in-bosnien-verpruegelthungrig -verlassen-100.html). Sowohl die Praxis der Pushbacks als auch die Polizeigewalt gegen Schutzsuchende stellen nach Auffassung der Fragestellerinnen und Fragesteller eine systematische Verletzung der Menschenrechte Schutzsuchender durch das EU- Grenzregime in Kroatien sowie einen Verstoß gegen das in der Genfer Konvention normierte Refoulementverbot dar (vgl. https://verfassungsblog.de/weshalbman -asylsuchende-nicht-an-der-grenze-abweisen-kann/). 1. Wie viele Schutzsuchende halten sich derzeit nach Kenntnis der Bundesregierung in Bosnien und Herzegowina auf (bitte wenn möglich konkret auch auf die Zahlen der Schutzsuchenden an der kroatischen Grenze eingehen)? Nach aktuellen Informationen des Sicherheitsministeriums von Bosnien und Herzegowina halten sich derzeit etwa 4 000 Schutzsuchende in Bosnien und Herzegowina auf. Davon sind ungefähr 3 300 in Aufnahmezentren im Una-Sana Kanton nahe der Grenze zu Kroatien registriert. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/7530 2. Wie viele der Schutzsuchenden in Bosnien und Herzegowina werden in welcher Art von Unterbringung versorgt, und wie viele leben nach Kenntnis der Bundesregierung in irregulären Lagern? Aktuell ist nach Kenntnis der Bundesregierung in den Aufnahmezentren in Bosnien und Herzegowina folgende Anzahl von Schutzsuchenden untergebracht (Stand: 7. Januar 2019): im Studentenwohnheim Borići in Bihać ca. 130 im Aufnahmezentrum Bira bei Bihać ca. 2.100 im Hotel Sedra bei Cazin ca. 380 im Aufnahmezentrum Miral bei Velika Kladuša ca. 730 im Aufnahmezentrum Ušivak bei Sarajewo ca. 520 im Aufnahmezentrum Salakovac bei Mostar ca. 240 im Asylzentrum in Delijaš ca. 40 im Asylzentrum bei Sarajewo ca. 55 Nach Aussage des zuständigen Sicherheitsministeriums gibt es in Bosnien und Herzegowina keine irregulären Unterkünfte mehr. 3. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung zu Übergriffen auf Schutzsuchende durch bosnisch-herzegowinische Sicherheitskräfte? Der Bundesregierung sind keine Übergriffe auf Schutzsuchende durch bosnische Sicherheitskräfte bekannt. 4. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Abschiebungen bzw. Zurückweisungen und Pushbacks von auf der Balkanroute reisenden Flüchtlingen durch die bosnisch-herzegowinischen Behörden? Nach Aussage der zuständigen Behörden in Bosnien und Herzegowina wurden im Jahr 2018 insgesamt 440 Rückführungen aus Kroatien sowie weitere 165 aus Serbien und Montenegro nach Bosnien und Herzegowina vorgenommen. Aus Bosnien und Herzegowina wurden insgesamt 36 Personen nach Kroatien, 603 Personen nach Montenegro und 416 nach Serbien rückgeführt. Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse über die Durchführung sogenannter „Pushbacks “ an den Grenzen von Bosnien und Herzegowina vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7530 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 5. Wie viele Schutzsuchende kamen nach Kenntnis der Bundesregierung monatlich seit dem 1. Januar 2018 in Bosnien an? Im Jahr 2018 wurden insgesamt 23.385 Schutzsuchende durch das Sicherheitsministerium in Bosnien und Herzegowina registriert. Eine monatliche Aufschlüsselung ist der nachstehenden Tabelle zu entnehmen: Januar 2018 148 Februar 2018 234 März 2018 513 April 2018 1.454 Mai 2018 2.368 Juni 2018 2.481 Juli 2018 2.183 August 2018 2.505 September 2018 3.807 Oktober 2018 4.740 November 2018 2.212 Dezember 2018 740 6. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Lage der in Bosnien und Herzegowina festsitzenden Schutzsuchenden, und welche Konsequenzen zieht sie daraus? Alle registrierten Schutzsuchenden, die sich derzeit in Bosnien und Herzegowina aufhalten, haben die Möglichkeit einer Unterbringung in winterfesten Aufnahmezentren . Die Verpflegung mit drei Mahlzeiten pro Tag sowie die medizinische Versorgung wird insbesondere durch die International Organization for Migration (IOM) und den Hochkommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR), aber auch weitere Nichtregierungsorganisationen vor Ort sichergestellt , die unter anderem aus Mitteln der Europäischen Union finanziert werden (siehe auch Antwort zu Frage 14). 7. Wie vielen Schutzsuchenden gelang es nach Kenntnis der Bundesregierung, die bosnische Grenze nach Kroatien seit dem 1. Januar 2018 zu überschreiten ? Es liegen keine gesicherten Erkenntnisse hinsichtlich der Anzahl der Schutzsuchenden vor, die den Grenzübertritt nach Kroatien vollziehen konnten. 8. Wie viele Asylsuchende halten sich derzeit nach Kenntnis der Bundesregierung in Kroatien auf? Die Zahl der in Kroatien untergebrachten Schutzsuchenden belief sich nach Angaben der kroatischen Behörden am 13. Dezember 2018 auf insgesamt 379 Personen . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/7530 a) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Unterbringung und Versorgung der Schutzsuchenden in Kroatien? b) Wie viele der Schutzsuchenden leben in Lagern, inwiefern sind diese geschlossen ? Die Fragen 8a und 8b werden gemeinsam beantwortet. Der Bundesregierung ist keine Kritik an Unterbringung und Versorgung von Schutzsuchenden bekannt. Asylantragsteller sind während des Asylverfahrens in Kroatien in Aufnahmezentren untergebracht. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen. c) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Asylverfahren in Kroatien , und werden diese von Vertretern europäischer Behörden auf welche Weise unterstützt? Nach Kenntnis der Bundesregierung werden in Kroatien Asylverfahren auf Antrag betrieben. Ob diese Asylverfahren von Vertretern europäischer Behörden unterstützt werden, ist der Bundesregierung nicht bekannt. 9. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung auch in ihrem Handeln auf EU-Ebene aus der Verlagerung der Balkanroute nach Bosnien? Die Bundesregierung verfolgt Routenverlagerungen auf dem westlichen Balkan aufmerksam. Die Europäische Union hat als Reaktion auf die Verlagerung der Route auf Bosnien und Herzegowina die finanzielle Unterstützung der bosnischen Behörden und internationalen Hilfsorganisationen angepasst. 10. Welche eigenen Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Zustände in den Lagern an der bosnischen Grenze, die von einem UN-Mitarbeiter im Fall des Lagers in Velika Kladuša als „absolut unzumutbar und unhygienisch“ beschrieben werden (www.zeit.de/politik/ausland/2018-07/bosnien-balkan route-fluechtlinge-velika-kladusa-grenze)? Die Lager an der bosnischen Grenze wurden bis Ende November 2018 von den zuständigen Behörden vollständig abgebaut. Alle sich dort aufhaltenden Schutzsuchenden erhielten die Möglichkeit, in Aufnahmezentren untergebracht zu werden . 11. Wie positioniert sich die Bundesregierung zu der Aussage von Bewohnerinnen und Bewohnern der informellen Lager an der bosnisch-herzegowinischen Grenzen, sie würden weder vom bosnisch-herzegowinischen Staat noch von der UN oder der EU unterstützt, und welche Konsequenzen und Handlungsoptionen zieht die Bundesregierung daraus (www.zeit.de/politik/ ausland/2018-07/bosnien-balkanroute-fluechtlinge-velika-kladusa-grenze)? Nach Auffassung der Bundesregierung hat sich die Koordination der Unterstützung seit Sommer 2018 verbessert. Insbesondere IOM und UNHCR haben mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union zur Verbesserung der Lage beigetragen und die Unterstützungsmaßnahmen gegenüber den Flüchtlingen und Migranten kommuniziert. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 6 und 10 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7530 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 12. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die vom bosnischen Winterwetter für die in den irregulären Lagern lebenden Geflüchteten ausgehenden gesundheitlichen Gefahren, und welche Konsequenzen zieht sie daraus (bitte insbesondere auch auf die Lage der Flüchtlinge in irregulären Lagern an der bosnisch-herzegowinisch-kroatischen Grenze eingehen)? Bezüglich der Situation in den Aufnahmeeinrichtungen und deren Kapazitäten wird auf die Antworten zu den Fragen 6 und 10 verwiesen. 13. Welche Aufnahmestellen für Flüchtlinge sind in Bosnien für den Winterzeitraum nach Kenntnis der Bundesregierung vorhanden, und reichen die vorhandenen Plätze ggfs. aus? Es sind nach Einschätzung der Behörden und international tätigen Organisationen aktuell ausreichend winterfeste Plätze für Schutzsuchende in Bosnien und Herzegowina vorhanden. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 14. Welche Unterstützungsprogramme bestehen oder sind nach Kenntnis der Bundesregierung für die in Bosnien gestrandeten Flüchtlinge von Seiten der EU und/oder der Bundesregierung geplant (bitte im Allgemeinen und mit Bezug auf den bevorstehenden Winter beantworten)? Die Europäische Union hat 2018 2 Mio. Euro im Rahmen der Humanitären Hilfe über ECHO sowie weitere 7,2 Mio. Euro als IPA-Sondermittel bereitgestellt, die unter anderem dafür verwendet wurden, Unterkünfte winterfest zu machen. 15. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (EBCG, ehemals Frontex) oder anderer europäischer Institutionen sind mit welchen Aufgaben im Kontext von Flucht und Migration in Bosnien und Herzegowina eingesetzt, wie viele davon kommen aus Deutschland, und welchen Aufgaben gehen sie nach? Die Europäische Grenz- und Küstenwache (Frontex) war im Jahr 2018 im Rahmen der „Frontex Joint Operation Coordination Points Air“ und „Frontex Joint Operation Coordination Points Land“ in Bosnien und Herzegowina vertreten. In diesem Rahmen wurden die bosnischen Grenzbehörden am Grenzübergang Zupci und am Flughafen Sarajewo von Beamtinnen und Beamten aus den Mitgliedstaaten unterstützt. Die Beamtinnen und Beamten hatten eine beratende und unterstützende Tätigkeit. Eine Gesamtübersicht über das von Frontex koordinierte Personal in Bosnien und Herzegowina liegt der Bundesregierung nicht vor. Die Bundespolizei hat sich im Jahr 2018 mit einer Beamtin an Frontex Einsatzmaßnahmen in Bosnien und Herzegowina beteiligt. Der Einsatz erfolgte im Rahmen der „Frontex Joint Operation Coordination Points Air 2018“ am Flughafen Sarajewo im Monat November. Die Beamtin war dort für die bosnische Grenzschutzbehörde in der zweiten Kontrolllinie bei der Einreise- und Ausreisekontrolle am Flughafen beratend und unterstützend tätig. Der Bundesregierung liegen darüber hinaus keine Informationen zu Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern anderer europäischer Institutionen im Kontext von Flucht und Migration in Bosnien und Herzegowina vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/7530 a) Wie viele der dort eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind wie und aus welchem Grund bewaffnet? Die in den Frontex-koordinierten Einsätzen tätigen Beamtinnen und Beamten der Mitgliedstaaten verrichten ihren Dienst gemäß der jeweils mit den aufnehmenden Staaten abgestimmten Operationspläne. Diese Operationspläne regeln auch den Einsatz von unmittelbarem Zwang, inklusive der Trage- und Führberechtigung von Schusswaffen. Der Einsatz der deutschen Beamtin erfolgte in Uniform, und gem. Artikel 54 der EU-VO 2016/1624 unbewaffnet sowie ohne Führungs- und Einsatzmittel. b) Hat die Bundesregierung Kenntnis über den Einsatz von unmittelbarem Zwang gegenüber Schutzsuchenden durch Angehörige der EBCG bzw. von Frontex in Bosnien und Herzegowina, und falls ja, in welchem Kontext und auf welche Weise (bitte alle Ereignisse ab Januar 2018 einzeln aufführen)? Der Bundesregierung liegen keine diesbezüglichen Erkenntnisse vor. 16. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der EBCG aus welchen europäischen Ländern sind an der EU-Außengrenze in Kroatien im Einsatz, und inwiefern haben diese über die in der Vorbemerkung der Fragesteller zitierten Rechtsverletzungen und Übergriffe auf Schutzsuchende auf der Balkanroute in Kroatien berichtet? Die Europäische Grenz- und Küstenwache war im Jahr 2018 im Rahmen der „Frontex Joint Operation Focal Points Air“ und „Frontex Joint Operation Focal Points Land“ sowie im Rahmen der „Joint Operation Flexible Operational Activities “ in Kroatien vertreten. Der Bundesregierung liegt keine Gesamtübersicht über die Anzahl der für die Europäische Grenz- und Küstenwache an der EU- Außengrenze in Kroatien tätigen Beamtinnen und Beamten der Mitgliedstaaten vor. Die Bundespolizei hat sich im Jahr 2018 mit insgesamt 17 Beamtinnen und Beamten an Frontex Einsatzmaßnahmen in Kroatien beteiligt. Der Einsatz erfolgte im Rahmen der „Frontex Joint Operation Focal Points Land 2018“ an den Standorten Bajakovo, Karasovici und Nova Sela sowie der „Frontex Joint Operation Focal Points Air 2018“ am Flughafen Zagreb. Der Bundesregierung liegen keine Berichte von im Rahmen des Frontex-Einsatzes in Kroatien eingesetzten Bundespolizisten vor, die über Rechtsverletzungen oder Übergriffe auf Schutzersuchende auf der sogenannten „Balkanroute“ in Kroatien berichten. a) Wie viele dieser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind wie bewaffnet? Die in den Frontex-koordinierten Einsätzen tätigen Beamtinnen und Beamten der Mitgliedstaaten verrichten ihren Dienst gemäß der jeweils mit den aufnehmenden Staaten abgestimmten Operationspläne. Diese Operationspläne regeln auch den Einsatz von unmittelbarem Zwang, inklusive der Trage- und Führberechtigung von Schusswaffen. Die Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei verrichteten hierbei ihren Dienst gemäß der mit Kroatien abgestimmten Operationspläne bewaffnet und in Uniform. Hierbei wurden die in Deutschland persönlich zugewiesenen Führungs- und Einsatzmittel zu Eigensicherungszwecken mitgeführt. Das Mitführen der Reizstoffsprühgeräte war nicht vorgesehen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7530 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode b) Hat die Bundesregierung Kenntnis über den Einsatz von unmittelbarem Zwang gegenüber Schutzsuchenden durch Angehörige der EBCG bzw. von Frontex in Kroatien, und falls ja, in welchem Kontext, und auf welche Weise (bitte alle Ereignisse ab Januar 2018 einzeln aufführen)? c) Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, dass sich Angehörige der EBCG bzw. von Frontex mittelbar oder unmittelbar an rechtswidrigen Handlungen der kroatischen Polizei gegen Schutzsuchende beteiligt haben (bitte alle Ereignisse ab Januar 2018 einzeln aufführen)? Zu den Fragen 16b und 16c liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. d) Welche Unterstützung leisten Behörden des Bundes oder der Europäischen Union oder Nicht-EU-Staaten nach Kenntnis der Bundesregierung bei der Unterstützung der Grenzsicherung Kroatiens? Die Bundespolizei unterstützt die kroatische Grenzpolizei im Rahmen des Informations - und Erfahrungsaustausches in grenzpolizeilichen Angelegenheiten sowie durch die Entsendung von grenzpolizeilichen Unterstützungsbeamten Ausland zum internationalen kroatischen Flughafen Split während der Hauptreisezeit in den Sommermonaten. Weiterhin hat die Bundespolizei einen permanenten Verbindungsbeamten bei der Deutschen Botschaft in Zagreb eingesetzt. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine weiteren Erkenntnisse vor. 17. Wie positioniert sich die Bundesregierung zur Aussage des UNHCR-Vertreters Jan Kapic, Bosnien und Herzegowina und Serbien seien für Schutzsuchende nicht sicher, denn dort gebe es kein Asylsystem (www.taz.de/ !5521293/), und welche Konsequenzen zieht sie daraus, insbesondere vor dem Hintergrund der Zurückschiebungen von Schutzsuchenden aus Kroatien ? Der Bundesregierung ist die Aussage bekannt, sie hat dazu aber keine eigenen Erkenntnisse, die den Vorwurf bestätigen würden. In Bosnien und Herzegowina wurde das Gesetz über Immigration und Asyl mit Unterstützung von UNHCR, IOM und dem Europarat ausgearbeitet und am 23. Dezember 1999 veröffentlich, vgl. www.unhcr.org/research/working/3b309df 07/interface-migration-asylum-bosnia-herzegovina-unhcr-office-chief-mission.html. In Serbien wurde im April 2018 im Rahmen der EU-Annäherung ein neues Gesetz über Asyl und temporären Schutz verabschiedet, vgl. www.unhcr.rs/media/ docs/2018/LawOnAsylumAnd TemporaryProtectionRS.pdf. 18. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus Kettenabschiebungen aus Slowenien nach Kroatien und dann nach Bosnien und Herzegowina, insbesondere vor dem Hintergrund des Refoulement-Verbots und des Verbots von Kettenabschiebungen (www.taz.de/!5521293/)? 19. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Asylverfahren von Schutzsuchenden, die aus anderen EU-Staaten nach Kroatien überstellt wurden (bitte ab Januar 2017 quartalsweise aufschlüsseln)? 20. Inwiefern hat die Bundesregierung Kenntnis von nach Kroatien überstellten Schutzsuchenden, die ohne ein Asylverfahren aus Kroatien in Drittstaaten abgeschoben wurden? Zu den Fragen 18 bis 20 liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/7530 21. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung zu Übergriffen der kroatischen Sicherheitskräfte auf Schutzsuchende? a) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Entwendung von Geld und die Zerstörung von Smartphones Schutzsuchender durch die kroatische Polizei? b) Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Vielzahl der Berichte zu Übergriffen der kroatischen Polizei auf Schutzsuchende, die versuchen, aus Bosnien kommend nach Kroatien einzureisen (siehe Vorbemerkung der Fragesteller)? c) Welche Schritte unternimmt die Bundesregierung auch auf europäischer Ebene, um gegen völkerrechtswidrige Pushbacks und andere schwere Übergriffe auf Schutzsuchende durch kroatische Behörden vorzugehen bzw. diese zu thematisieren (www.zeit.de/politik/ausland/2018-07/bosnienbalkanroute -fluechtlinge-velika-kladusa-grenze)? Die Fragen 21 bis 21c werden zusammengefasst beantwortet. Der Bundesregierung liegen hierzu keine eigenen Erkenntnisse vor. 22. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Situation von Schutzsuchenden in Albanien? In Albanien wurden im Juni 2017 zwei temporäre Aufnahmezentren für Flüchtlinge und Migranten in Gjirokaster (60 Plätze/durch IOM Albanien) und direkt am Grenzübergang zu Griechenland in Kakavija (20 Plätze/durch CARITAS Albanien ) eröffnet. Sie dienen der Kurzzeit-Aufnahme mit einer geplanten Verbleibdauer von ein bis drei Tagen. Mit von IOM beschafften vier neuen Transportfahrzeugen ist auch der Weitertransport in die offenen Asylzentren in Babrru bzw. Karrec (Nähe Tirana) sichergestellt. UNHCR Albanien ist ständig an den albanischen Außengrenzen (insbesondere zu Griechenland und Montenegro) präsent und überwacht stichprobenweise die Einhaltung der rechtlichen Standards. Verpflegung und medizinische Versorgung sind in den genannten Zentren sichergestellt. Die vorhandenen Kapazitäten decken den in Albanien bestehenden Bedarf. 23. Verfolgt die EU nach Kenntnis der Bundesregierung ihre Pläne weiter, Lager , Ausschiffungsplattformen und Ähnliches außerhalb der EU-Staaten einzurichten , und falls ja, wo und in welcher Form (www.spiegel.de/politik/ ausland/eu-asylzentren-albanien-will-nicht-europas-fluechtlingslager-werdena -1215258.html)? a) Haben nach Kenntnis der Bundesregierung weitere Gespräche mit Albanien über die Einrichtung von EU-Flüchtlingslagern trotz der Ablehnung durch den albanischen Regierungschef Rama stattgefunden, und falls ja, welchen Inhalt hatten diese Gespräche, und wie hat sich die Bundesregierung in diesem Rahmen positioniert (www.spiegel.de/politik/ausland/euasylzentren -albanien-will-nicht-europas-fluechtlingslager-werden-a- 1215258.html)? b) Mit welchen anderen Staaten finden Verhandlungen über die Unterbringung von an den EU-Außengrenzen gestrandeten bzw. zurückgewiesenen Schutzsuchenden statt oder befinden sich in Planung oder Vorbereitung, und welche Ergebnisse wurden hierzu bisher erzielt (bitte für das Jahr 2018 beantworten)? Die Fragen 23 bis 23b werden gemeinsam beantwortet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7530 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode In seinen Schlussfolgerungen vom 28. Juni 2018 hat der Europäische Rat den Rat und die Europäische Kommission beauftragt, ein Konzept sogenannter „regionaler Ausschiffungsplattformen“ auszuloten. Die Kommission hat hierzu in einem Non-Paper vom 24. Juli 2018 zunächst allgemeine Vorschläge als Grundlage für weitere Überlegungen formuliert, vgl. https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/ homeaffairs/files/what-we-do/policies/european-agenda-migration/20180724_nonpaper -controlled-centres-eu-member-states_en.pdf. Bislang hat sich noch kein Drittstaat offen für den Abschluss einer solchen Vereinbarung gezeigt und es gab nach Kenntnis der Bundesregierung keine formellen Gespräche der Kommission mit Drittstaaten. c) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Zusammenarbeit der EU mit Albanien beim Aufbau einer „albanischen Küstenwache“ insbesondere im Zusammenhang mit dem Thema „Flucht und Migration“, und mit welchen weiteren Nicht-EU-Staaten gibt es eine solche Zusammenarbeit , und welche Formen hat diese (http://europa.eu/rapid/pressrelease _IP-18-6004_de.htm)? Im Rahmen des Projekts „PAMECA V“ wird der Aufbau einer albanischen (grenzpolizeilichen) Küstenwache unterstützt. Der Prozess steht am Beginn und soll künftig auch mit EU-Geldern gefördert werden. Ein wichtiger Bestandteil ist der Ausbau der See-Radar-Funkmasten entlang der albanischen Küste. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333