Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 13. Februar 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/754 19. Wahlperiode 14.02.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten René Springer, Uwe Witt, Jürgen Pohl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/562 – Kindergeld für ausländische EU-Bürger in Deutschland, deren Kinder im Ausland leben V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In verschiedenen Medienberichten ist über unrechtmäßige Zahlungen von Kindergeld an EU-Ausländer für deren im Ausland lebende Kinder berichtet worden . So schreibt u. a. „welt.de“ am 30. Mai 2017 in einem Artikel von einem Anstieg von Leistungsmissbrauch in organisierter Form sowie dass sich die Zahl der begünstigten Kinder seit 2010 auf fast 170 000 verfünffacht habe. Darüber hinaus sollen dem Bundesministerium der Finanzen darüber Erkenntnisse aus Stichproben und Überprüfungen vorliegen. Geplante Maßnahmen der Bundesregierung , den Missbrauch zu unterbinden, sollen wegen Bedenken der EU- Kommission eingestellt worden sein (www.welt.de/politik/deutschland/article 171106923/Mehr-Kinder-im-EU-Ausland-erhalten-Kindergeld.html; www.welt. de/politik/deutschland/article165058846/Organisierter-Betrug-bei-Kindergeldfuer -EU-Auslaender.html). 1. Wie viel Kindergeld hat die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2017 an wie viele im Ausland lebende Kinder von EU-Bürgern gezahlt? 2. Welche konkreten Kindergeldzahlungen flossen dabei in welche EU-Staaten ? 3. Wie viel Kindergeld hat die Bundesrepublik Deutschland im Zeitraum von 2010 bis 2016 an im Ausland lebende Kinder von EU-Bürgern gezahlt (bitte jährlich aufschlüsseln)? Die Fragen 1 bis 3 werden zusammen beantwortet. Zu den Zahlbeträgen für im Ausland lebende Kinder liegen der Bundesregierung keine Angaben vor. Die Bestandsstatistik der Bundesagentur für Arbeit (BA), deren Familienkassen für die Bearbeitung von Kindergeldfällen mit Bezug zum über- und zwischenstaatlichen Recht zuständig sind, weist lediglich Zahlungen aus, die auf ausländi- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/754 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode sche Konten erfolgen – ohne Differenzierung nach einzelnen Ländern. Darin enthalten sind auch Kindergeldzahlungen an deutsche Kindergeldberechtigte mit einem Konto im Ausland. Umgekehrt können Zahlungen für Kinder, die im EU- Ausland leben, auf deutsche Konten erfolgen. Die Wohnsitzstaaten der Kinder werden unter der Staatsangehörigkeit der Kindergeldberechtigten lediglich wie folgt differenziert ausgewiesen: Deutschland, restliche europäische Union, restlicher europäischer Wirtschaftsraum, Türkei, ehemaliges Jugoslawien und „übrige Staaten“. Hierunter sind auch im Ausland lebende Kinder von deutschen Kindergeldberechtigten erfasst. Es ist nicht bekannt , in welchem konkreten Mitgliedstaat der EU die Kinder ihren Wohnsitz haben. Eine Auswertung der Zahlbeträge nach einzelnen Ländern innerhalb der EU ist daher nicht möglich. Laut Bestandsstatistik der BA für den Monat Dezember 2017 erhielten Berechtigte mit einer ausländischen EU-Staatsbürgerschaft bzw. Berechtigte, für die das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, für 179 567 im EU-Ausland bzw. im Europäischen Wirtschaftsraum lebende Kinder Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz und für 31 321 Kinder Kindergeld nach Bundeskindergeldgesetz. 4. Wie ist die aktuelle Situation hinsichtlich des vom Bundesfinanzministerium festgestellten Missbrauchs von Kindergeldzahlungen an im Ausland lebende Kinder von EU-Bürgern? Bei der Inanspruchnahme von Kindergeld für Kinder, die nicht in Deutschland wohnen, handelt es sich regelmäßig nicht um Missbrauch. Nach geltendem Europarecht haben Unionsbürgerinnen und -bürger, die in Deutschland wohnen oder arbeiten, einen Kindergeldanspruch nach dem Einkommensteuergesetz auch für Kinder, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen. Unabhängig vom Wohnsitz der Kinder gelten für Fälle, in denen eine ungerechtfertigte Beantragung von Kindergeld festgestellt wurde, die Vorschriften der Abgabenordnung zu Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten bzw. die Vorschriften über Ordnungswidrigen nach dem Bundeskindergeldgesetz. Diese sind in der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz des Bundeszentralamts für Steuern im Kapitel S (auf den Seiten 139 bis 156) und in der Dienstanweisung zum Bundeskindergeldgesetz zusammengefasst. 5. In welchen Ländern leben die Kinder, denen missbräuchlich Kindergeld gezahlt worden ist? Besteht ein Anspruch auf Kindergeld in Deutschland, sind Kinder zu berücksichtigen , die im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, leben. Daten, in welchen Ländern die Kinder leben, für die ungerechtfertigt Kindergeld gezahlt wird, werden nicht erhoben. 6. Beabsichtigt die Bundesregierung ihren Plan, das Kindergeld auf den im jeweiligen Land geltenden Kindergeldsatz anzupassen, umzusetzen, und falls ja, wann genau? Das Bundeskabinett hat am 12. April 2017 Eckpunkte zur Einführung einer Kindergeld -Indexierung beschlossen. Die Bundesregierung bekennt sich darin zur Personenfreizügigkeit in der Europäischen Union. Sie stellt aber fest, dass das Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/754 europäische Recht zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (Verordnung (EG) Nr. 883/2004) aufgrund unterschiedlicher Lebenshaltungskosten in den Mitgliedstaaten beim Kindergeld zu Ungleichgewichten führt und fordert daher die Europäische Kommission auf, einen Vorschlag zur Änderung des europäischen Koordinierungsrechts vorzulegen, der die Indexierung von Kindergeld entsprechend den Lebenshaltungskosten im Wohnsitzstaat des Kindes ermöglicht . Eine nationale Regelung soll dem Gesetzgeber vorgeschlagen werden, nachdem das europäische Recht geändert wurde und eine Anpassung der Höhe des Kindergeldes an die Lebenshaltungskosten in dem Wohnsitzstaat des Kindes zulässt. 7. Was hat die Bundesregierung konkret gegen den bisher festgestellten Missbrauch in Sachen Kindergeld für im Ausland lebende Kinder von EU-Bürgern unternommen? Zur umfänglichen Bekämpfung einer unberechtigten Inanspruchnahme von Kindergeld allgemein hat der Gesetzgeber auf Vorschlag des Bundesministeriums der Finanzen in jüngster Zeit eine ganze Reihe von Maßnahmen verabschiedet. Hierzu gehören neben Regelungen zur Verbesserung des Datenabgleichs zwischen dem Ausländerzentralregister und den Familienkassen durch das Gesetz zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen im SGB II und SGB XII vom 22. Dezember 2016 (Bundesgesetzblatt Teil I Seite 3155) und der am 1. Januar 2018 in Kraft getretenen Verkürzung der Frist für Kindergeldanträge sowie der Beschleunigung des Informationsaustausches zwischen Meldebehörden und Familienkassen durch das Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 23. Juni 2017 (Bundesgesetzblatt Teil I Seite 1682) auch die bereits zum 1. Januar 2016 erfolgte Verbesserung der Identifizierung von Antragsteller und Kind durch die Einführung der Steueridentifikationsnummer bei der Beantragung von Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz durch das Gesetz zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU vom 2. Dezember 2014 (Bundesgesetzblatt Teil I Seite 1922). Alle Maßnahmen verfolgen das Ziel, ungerechtfertigte Kindergeldanträge insgesamt rascher zu erkennen und Überzahlungen effektiver zu vermeiden. 8. Sollte eine nationale Regelung zum Schutz vor weiterem Missbrauch des Bezugs von Kindergeld für im Ausland lebende Kinder von EU-Bürgern am Einspruch der EU-Kommission scheitern, was beabsichtigt die Bundesregierung dann zu unternehmen? Der Gesetzgeber hat bereits die in der Antwort zu Frage 7 genannten Maßnahmen ergriffen, um der unberechtigten Inanspruchnahme von Kindergeld entgegenzuwirken . Außerdem bestehen die in der Antwort zu Frage 4 genannten Sanktionsmöglichkeiten bei Straftaten und Ordnungswidrigkeiten. Die in der Antwort zu Frage 6 angesprochene nationale Regelung zur Anpassung der Höhe des Kindergeldes an die Lebensverhältnisse im Wohnsitzland des Kindes dient nicht dazu, der unberechtigten Inanspruchnahme von Kindergeld entgegenzuwirken. Der Vorschlag hat zum Ziel, Kindergeld zu indexieren, also eine Anpassung des Kindergeldes in der Höhe an die Lebenshaltungskosten im Wohnsitzmitgliedsstaat des Kindes vorzunehmen. Ein Anspruch auf Familienleistungen besteht entsprechend den Regelungen des europäischen Rechts zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (Verordnung (EG) Nr. 883/2004) auch für die in einem anderen EU-Mitgliedstaat ansässigen Familienangehörigen. Hierbei ist das Kindergeld nach dem Recht des EU-Mitgliedstaates zu gewähren, in dem die Eltern Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/754 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode bzw. ein Elternteil erwerbstätig sind bzw. ihren Wohnsitz haben. Unionsbürgerinnen und -bürger, die in Deutschland arbeiten und unbeschränkt steuerpflichtig sind, haben deshalb einen Anspruch auf Kindergeld auch für Kinder, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen. 9. Wie sehen nach Kenntnis der Bundesregierung die Regelungen in den anderen EU-Ländern hinsichtlich Kindergeldzahlungen für im Ausland lebende Kinder von EU-Bürgern aus? Die grenzüberschreitende Zahlung von Familienleistungen in Europa unterliegt dem europäischen Recht zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (Verordnung (EG) Nr. 883/2004). Der Bundesregierung sind keine Regelungen in anderen europäischen Mitgliedstaaten bekannt, die von den dort festgelegten Grundsätzen abweichen, nach denen Unionsbürgerinnen und -bürger, die in einem Mitgliedstaat steuerpflichtig sind, einen Kindergeldanspruch auch für Kinder haben, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333