Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 4. Februar 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/7559 19. Wahlperiode 06.02.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Gesine Lötzsch, Lorenz Gösta Beutin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/7355 – Details zum Ende des Kükentötens und dessen Alternativen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 8. November 2018 verkündete das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) öffentlich den „Durchbruch“ bei der Beendigung des Kükentötens gemeinsam mit dem Geschäftsführer des zur Lösung vorgestellten SELEGGT-Verfahrens, Dr. Ludger Breloh und Jan Kunath, stellvertretendem Vorstandsvorsitzenden der REWE Group. Bereits im Sommer 2015 hatte der damalige Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt das Ende des Kükentötens im Jahr 2017 angekündigt (www.zeit.de/wirtschaft/2015-07/kueken-schreddernlandwirtschaftsminister -schmidt-in-ovo). Die Universität Leipzig und ihre Partnerinnen und Partner wurden beauftragt, an Alternativen zu forschen und schließlich – mit zwei Jahren Verzögerung – wurde das nun beworbene Verfahren vom BMEL als „marktreif“ angekündigt (www.bmel.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/ 2018/171-BMEL_Seleggt-Methode.html). Dagegen bewertet der Zentralverband Deutscher Geflügelzüchter e. V. (ZDG) das Verfahren als „nicht zu Ende gedacht “ (www.zdg-online.de/presse/detailansicht/?user_zdgdocs_pi2[entry]=947). 45 Millionen männliche Eintagsküken aus Legelinien werden bislang jährlich aus Gründen ökonomischer Rentabilität getötet (vgl. www.tagesspiegel.de/wirtschaft/ gegen-kuekenschreddern-kein-mensch-will-tiere-am-ersten-tag-toeten/11578688. html). „SELEGGT“ ist ein Joint Venture der REWE Group mit einem Technologie -Unternehmen, gefördert durch das BMEL, und soll nun durch die Geschlechterbestimmung im Ei am neunten Tag (also vor dem Schlupf) die männlichen Küken der Legelinien, bevor sie ausgebrütet werden, aussortieren. Diese werden dann zu Tierfutter weiterverarbeitet. Die Rückverfolgbarkeit soll mithilfe von Blockchain-Technologie und einer App sichergestellt werden. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster bestätigte 2016, dass das Töten männlicher Eintagsküken aus betriebswirtschaftlichen Gründen nicht gegen geltendes Recht verstoße. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7559 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Eine Alternative zum Töten der Küken nach dem Schlupf oder nach der Geschlechtsbestimmung im Ei ist die Aufzucht der männlichen Eintagsküken der Legelinien und die Querfinanzierung der Mehrkosten durch einen höheren Verkaufspreis der Eier durch sogenannte Bruderhahn-Initiativen. Die Mehrkosten entstehen aufgrund der genetisch bedingten geringeren Fleischleistung bei den Zuchtlinien, die auf Legeleistung orientiert gezüchtet wurden. Eine weitere Alternative sind Zuchtlinien mit einer ausgewogenen Lege- und Mastleistung bei den so genannten Zweinutzungsrassen. Die geringen Erträge in beiden einzelnen Produktionsbereichen werden durch die breitere, flexiblere Nutzungsmöglichkeit mit großer ethischer Verantwortung für alle Küken ausgeglichen . Die Förderung dieser beiden alternativen Verfahren zur technischen Alternative der Geschlechtsselektion der Eier wurden durch das BMEL erst auf Nachfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit 2 Mio. Euro in Aussicht gestellt, allerdings ohne konkrete Details und wenig beworben. Die Förderung des SELEGGT-Verfahrens betrug 6,5 Mio. Euro. Eine Unterstützung für Brütereien beim Umstieg sei laut Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Julia Klöckner nicht notwendig. Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD ist das Verbot des Kükentötens festgeschrieben. V o r b e me r k u n g e n d e r B u n d e s r e g i e r u n g Das Prinzip der Geschlechtsbestimmung im Brut-Ei als Alternative zum Kükentöten wird in den Vorbemerkungen der Bundesregierung zu ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 19/6783 erläutert. Zu den Vorbemerkungen der Fragesteller merkt die Bundesregierung Folgendes an: Die Bundesregierung hat keine Universität beauftragt, an Alternativen zum Kükentöten zu forschen, sondern die Bundesregierung hat Förderanträge für entsprechende Projekte mit universitärer Beteiligung bewilligt. Im Zusammenhang mit der Geschlechtsbestimmung im Brut-Ei wurden und werden die Firmen SELEGGT und REWE GROUP nicht von der Bundesregierung gefördert. Richtig ist, dass sich diese (und weitere) Firmen mit Personal -, Sach- und Geldleistungen in von der Bundesregierung geförderte Projekte eingebracht sowie von Universitäten Schutzrechte erworben haben. Das von der Firma SELEGGT eingesetzte endokrinologische Verfahren zur Geschlechtsbestimmung hat die Bundesregierung nicht mit 6,5 Millionen Euro gefördert. Bei dieser Summe handelt es sich um die gesamten Fördermittel, welche die Bundesregierung seit dem Jahr 2008 für verschiedene Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Brut-Ei bereitgestellt hat. 1. In welcher Form und in welcher finanziellen Höhe förderte die Bundesregierung Bruderhahn-Initiativen und Zweinutzungsrassen als Alternativen zum Kükentöten in den letzten fünf Jahren? Im fraglichen Zeitraum hat die Bundesregierung eine Machbarkeitsstudie zum Einsatz des Zweinutzungshuhns für Fleisch- und Eierproduktion aus Sicht des Tier-, Verbraucher- und Umweltschutzes sowie der Wirtschaftlichkeit mit rund 1,8 Mio. Euro gefördert. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/7559 2. Welchen Zeitplan hat die Bundesregierung zur Umsetzung des im Koalitionsvertrags zwischen CDU, CSU und SPD verankerten Verbots des Kükentötens , und welche konkreten begleitenden Maßnahmen sind geplant (informationell , gesetzlich, fördertechnisch)? Die Bundesregierung arbeitet daran, dass das Kükentöten schnellstmöglich beendet wird. Schnellstmöglich heißt aus Sicht der Bundesregierung, dass die Brütereien mit dem Kükentöten aufhören müssen, sobald ihnen praxistaugliche Alternativen zur Verfügung stehen. Zur Einführung von Alternativen befindet sich die Bundesregierung im stetigen und engen Austausch mit allen Beteiligten. Die jüngsten Entwicklungen hat Bundesministerin Julia Klöckner bei einer Pressekonferenz am 8. November 2018 vorgestellt. Die begleitenden Maßnahmen der Bundesregierung umfassen auch die Finanzierung eines laufenden Projekts zur Optimierung des bereits im Markt befindlichen Verfahrens zur Geschlechtsbestimmung im Brut-Ei. 3. Welche Ziele in der Marktdurchdringung strebt die Bundesregierung für den Prozess der Geschlechtsselektion der Eier kurz-, mittel- und langfristig an sowie für die alternativen Verfahren? 4. Welche konkreten Ziele hat die Bundesregierung hinsichtlich der Erhöhung des Anteils der Eiproduktion aus Haltungen mit Zweinutzungsrassen oder Bruderhahn-Initiativen (bitte Höhe des Anteils in welchem Zeitraum angeben )? Wenn sie solche Alternativen nicht unterstützt, mit welcher Begründung? Die Fragen 3 und 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Ziel der Bundesregierung ist die Beendigung des Kükentötens. Hinsichtlich der derzeit in Frage kommenden Alternativen zum Kükentöten – Bruderhähne, Zweinutzungshühner und Geschlechtsbestimmung im Brut-Ei – hat die Bundesregierung keine Präferenz und folglich auch keine Ziele in Bezug auf deren Marktanteile. Sie ist jedoch der Ansicht, dass sich das Kükentöten in der Breite am schnellsten durch die Geschlechtsbestimmung im Brut-Ei beenden lassen dürfte. Die Bundesregierung hat für die Entwicklung aller genannten Alternativen Fördermittel bereitgestellt. 5. Wer entwickelt die App, die für die Rückverfolgbarkeit der Küken bei SELEGGT genutzt werden soll, und wie ist die genaue Funktionsweise? Wurde die Entwicklung der App öffentlich gefördert? Wenn ja, in welcher Form und Höhe? Wie, und von wem wird die dezentrale Datenspeicherung organisiert und verwaltet, und von welchen Kosten ist dafür auszugehen? Nach Kenntnis der Bundesregierung hat die Firma SELEGGT ein Verfahren entwickelt , das auf einer Blockchain-Technologie basiert und mit dem jederzeit nachvollziehbar sein soll, ob ein Konsum-Ei mit dem Prädikat „ohne Kükentöten “ von einer mittels SELEGGT-Verfahren in-ovo-geschlechtsbestimmten Legehenne stammt. Die Bundesregierung hat Kenntnis von einer App, die SELEGGT in diesem Zusammenhang entwickelt hat. Zur Funktionsweise der App oder zur Datenspeicherung liegen der Bundesregierung keine weiteren Erkenntnisse vor. Die Entwicklung der App hat die Bundesregierung nicht gefördert . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7559 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 6. Wie teilen sich die 6,5 Mio. Euro Fördersumme auf, die die Bundesregierung für die Forschung und Entwicklung des Verfahrens bereitstellte (bitte einzelne Positionen auflisten)? Für die Entwicklung von Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Brut-Ei als Alternative zum Kükentöten hat die Bundesregierung bislang insgesamt rund 6,5 Mio. Euro an Fördergeldern bereitgestellt, beginnend im Jahr 2008. Davon entfallen rund 4,9 Mio. Euro auf vier Projekte zum spektroskopischen bzw. endokrinologischen Verfahren, deren Förderzeiträume in der Vergangenheit liegen. Rund 1,6 Mio. Euro entfallen auf das in der Antwort zu Frage 2 genannte Projekt, das im November 2018 begonnen hat und nach derzeitigem Stand im Jahr 2021 endet. 7. Wie kam laut Kenntnis der Bundesregierung die Zusammenarbeit mit der REWE-Group als Teilnehmerin des Lebensmitteleinzelhandels zustande? Wie wurden andere Marktteilnehmerinnen und Marktteilnehmer eingebunden ? Die Involvierung der Firma REWE GROUP in von der Bundesregierung geförderte Projekte zur Geschlechtsbestimmung im Brut-Ei kam nach Kenntnis der Bundesregierung dadurch zustande, dass REWE Kontakt zur Koordinatorin der Projekte an der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig Kontakt aufnahm und sich in der Folge in die Projekte einbrachte. Die den Projekten zugrundeliegenden Instrumente zur Innovationsförderung setzen auf eine Zusammenarbeit von Wissenschaft und Industrie. Dabei entscheiden die Antragsteller bzw. Zuwendungsempfänger selbst darüber, wer an ihrem Projekt beteiligt ist. 8. Mit welcher Begründung entschied sich die Bundesregierung für die Durchsetzung des Verfahrens im Rahmen einer Testphase durch die REWE-Group, und wird sie darauf aufbauend auch anderen Marktteilnehmerinnen und Marktteilnehmern diesen Schritt empfehlen? Welche Strategie wird für die handelsübergreifende Marktdurchdringung des Verfahrens verfolgt? Die Bundesregierung hat keine entsprechende Entscheidung getroffen, sondern die Universität Leipzig – an der die Grundlagen des endokrinologischen Verfahrens zur Geschlechtsbestimmung im Brut-Ei entwickelt wurden – ist eine Kooperation mit der Firma SELEGGT eingegangen. Im Rahmen dieser Kooperation hat SELEGGT Schutzrechte der Universität Leipzig erworben. SELEGGT hat sich dann entschieden, die Markteinführung des Verfahrens gemeinsam mit der Firma REWE GROUP vorzunehmen. Nach Kenntnis der Bundesregierung verfolgt SELEGGT folgende Strategie zur Marktdurchdringung: Derzeit sind mittels SELEGGT-Verfahren „ohne Kükentöten“ erzeugte Konsum-Eier ausschließlich in Berliner Einzelhandelsfilialen der REWE GROUP erhältlich. Bis Ende des Jahres 2019 sollen alle Filialen der Firma in Deutschland die Eier anbieten. Ab dem Jahr 2020 soll das Verfahren auch anderen Marktteilnehmern zugänglich gemacht werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/7559 Aus der Förderung der Bundesregierung ist neben dem endokrinologischen auch ein spektroskopisches Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Brut-Ei hervorgegangen . Auch dieses Verfahren wurde wirtschaftsseitig aufgegriffen und soll zur Praxisreife gebracht werden. Diesbezüglich wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 7 der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 19/6783 verwiesen. 9. Wird die Technologie des SELEGGT-Verfahrens auch anderen Herstellerinnen und Herstellern zur Verfügung gestellt, um eine breite und flächendeckende Marktdurchdringung auf Seiten der Herstellerinnen und Hersteller zu sichern, und zu welchen finanziellen und organisatorischen Bedingungen? Wie wird das Verfahren in kleinen bzw. großen Brütereien umgesetzt, und welche Kosten entstehen nach Kenntnis oder Schätzung der Bundesregierung für Organisation, Verwaltung und Logistik seitens der Produzenten? Nach Kenntnis der Bundesregierung hat SELEGGT Schutzrechte an dem Verfahren , die eine exklusive Nutzung ermöglichen. Den Brütereien will SELEGGT das Verfahren als kostenneutrale Dienstleistung zur Verfügung stellen. Diesbezüglich wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 11 auf Bundestagsdrucksache 19/6783 verwiesen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass es zwischen verschiedenen Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Brut-Ei zu einer Konkurrenzsituation kommen wird. Diesbezüglich wird auf das in der Antwort zu Frage 8 genannte spektroskopische Verfahren sowie weitere diesbezügliche Vorhaben im In- und Ausland verwiesen. 10. Wie begründet die Bundesregierung ihre Aussage zur Praxistauglichkeit des SELEGGT-Verfahrens, obwohl laut Angaben der Entwicklerin bzw. des Entwicklers damit nur bei 3 500 Eiern pro Stunde das Geschlecht bestimmt werden kann, während der ZDG davon ausgeht, dass 100 000 Eier notwendig wären für eine gesicherte Praxistauglichkeit (vgl. www.zdg-online.de/uploads/ tx_userzdgdocs/Geschlechtserkennung_im_Ei_-_Praxisreife_muss_Massstab_ sein.pdf)? Auf welcher Grundlage haben die Bundesregierung und die zuständigen Behörden die Praxistauglichkeit bewertet? Auf die Antworten der Bundesregierung zu den Fragen 4 und 12 der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 19/6783 wird verwiesen. 11. Welche Möglichkeiten bestehen gemäß Einschätzung der Bundesregierung im Rahmen der Verordnung der Europäischen Union EU-V0 834/2007, eine praxisnahe Auslegung für sogenannte Bruderhahn-Initiativen zu ermöglichen und eine Kennzeichnung umzusetzen? Die derzeitige EU-Öko-Verordnung enthält eine Reihe von Regelungen für die Geflügelhaltung. Spezielle Regelungen, die besondere Rahmenbedingungen für die Mast von Bruderhähnen berücksichtigen, sieht die Verordnung nicht vor. Zwecks einer Weiterentwicklung des Rechtsrahmens für die Geflügelhaltung im ökologischen Landbau hat sich die Bundesregierung im Rahmen der Beratungen zu den Durchführungsbestimmungen zur Revision der EU-Öko-Verordnung dafür eingesetzt, dass die zukünftigen Rechtsvorschriften auch gesonderte Regelungen für Bruderhähne umfassen. Das Ergebnis der Beratungen bleibt abzuwarten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333