Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 2. Februar 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/7565 19. Wahlperiode 05.02.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Achim Kessler, Susanne Ferschl, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/7156 – Altersarmut durch die 9/10-Regelung in der gesetzlichen Krankenversicherung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die 9/10-Regelung besagt, dass in die Krankenversicherung der Rentner (KVdR) nur die Personen pflichtversichert aufgenommen werden dürfen, die mindestens 9/10 ihrer zweiten Lebensarbeitshälfte in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versichert waren (vgl. § 5 Absatz 1 Nummer 11 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – SGB V). Weil es in Deutschland die Möglichkeit gibt, sich voll privat zu versichern, sind nicht wenige Personen von der 9/10- Regelung betroffen. Und ebenso gibt es auch nur wegen der Existenz der privaten Krankenversicherung die Notwendigkeit der freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung statt einer Versicherungspflicht für alle Einwohnerinnen und Einwohner. Die 9/10-Regelung soll vor allem verhindern, dass Personen, die die private Krankenversicherung (PKV) gewählt und sich so über einen langen Zeitraum in jüngeren Jahren dem Solidarprinzip in der GKV entzogen haben, später im Alter nicht von ihren Vorteilen profitieren, insbesondere nicht vom einkommensabhängigen Beitrag. Es soll also ein Vorteils-Hopping – als junger Mensch in der PKV und im Ruhestand in der GKV – vermieden werden. Dies hat aber zugleich zur Folge, dass die 9/10-Regelung das Risiko für Altersarmut merklich erhöht. Denn die Betroffenen können sich, auch wenn sie zuvor gesetzlich krankenversichert waren, im Rentenalter nur freiwillig gesetzlich krankenversichern. Die wesentlichen Unterschiede zur Krankenversicherung der Rentner sind in der freiwilligen Versicherung, dass für Kranken- und Pflegeversicherung ein Mindestbeitrag von rund 190 Euro pro Monat gezahlt werden muss – unabhängig vom tatsächlichen Einkommen. Im Vergleich dazu beträgt der Beitrag in der KVdR bei einer Rente von 1 000 Euro etwa 105 Euro, bei einer Rente von 500 Euro dementsprechend nur gut 50 Euro. In der freiwilligen Versicherung werden die Beiträge nicht zur Hälfte von der Rentenversicherung übernommen und zudem auch andere Einkommensarten zur Berechnung der Beiträge herangezogen . Die 9/10-Regelung erfüllt ihren Zweck aus Sicht der Fragesteller nur mangelhaft , weil sie nicht zielgenau ist. Außerdem führt sie regelmäßig zu unbilligen sozialen Härten, weil sie auch Menschen mit geringem Alterseinkommen be- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7565 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode trifft. Ein typischer Fall sind Gattinnen und Gatten von Beamtinnen und Beamten , die sich für eine gewisse Zeit wegen der für sie möglichen Beihilfe über ihre Ehepartnerinnen und Ehepartner privat versichert haben. Wenn dieser Zeitraum in die zweite Lebensarbeitshälfte fiel, sind auch Konstellationen vorstellbar , in denen die temporär in der PKV Mitversicherten über 40 Jahre Mitglied der GKV waren, und trotzdem die geforderte Vorversicherungszeit nicht erfüllen . Meist betrifft dies Frauen, seltener Männer. Dabei ist für Frauen generell das Rentenalter mit einem höheren Armutsrisiko verbunden als für Männer, aufgrund von strukturell geringerer Entlohnung, unbezahlten Kindererziehungsund Pflegezeiten sowie einer höheren Teilzeitquote. Auch Personen, die niemals in der PKV und stets gesetzlich versichert waren, trifft die Regelung. Das gilt beispielsweise für Menschen, die im Ausland gearbeitet haben, deshalb überhaupt nicht in der deutschen GKV Mitglied sein konnten und weniger als ihre zweite Lebensarbeitshälfte in Deutschland verbracht haben, zumindest, wenn kein entsprechendes Sozialversicherungsabkommen mit dem entsprechenden Land besteht. Das gilt z. B. auch für damalige DDR- Bürgerinnen und Bürger, die in Mitgliedstaaten des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe gearbeitet haben, da es in der DDR keine entsprechende Regelung gab, und weil völkerrechtliche Abkommen der DDR mittlerweile außer Kraft sind (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. April 2017 – L 16 KR 793/15). Ferner trifft die 9/10-Regelung auch Soldatinnen und Soldaten auf Zeit, die während ihrer Dienstzeit Anspruch auf freie Heilfürsorge haben. Bei einigen dieser Gruppen lässt sich das Problem mit Abschluss einer Anwartschaftsversicherung in der GKV vermeiden, die knapp 60 Euro pro Monat kostet . Dies ist in der Realität allerdings oft nicht praktikabel aus Sicht der zu Versichernden , sei es aufgrund knapper finanzieller Mittel, einem nicht vorhersehbaren Lebenslauf oder schlicht, weil diese Regelung nicht bekannt ist. Schließlich ist auch ein Problem, dass die 9/10-Regelung als „Alles-oder-nichts- Regelung“ völlig unflexibel ist. Wer die Rahmenfrist um nur einen Tag unterschreitet , zahlt oft einen deutlichen Aufschlag, teilweise ein Mehrfaches des KVdR-Beitrags. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ist eine solidarisch finanzierte Versicherung , die das Risiko einer Erkrankung, das mit höherem Alter zunimmt, abdeckt . Der Gesetzgeber beschränkt bereits seit dem Jahr 1977 den Zugang zur Krankenversicherung der Rentner (KVdR), indem bestimmte Vorversicherungszeiten in der GKV erfüllt sein müssen. Gemäß § 5 Absatz 1 Nummer 11 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) werden Personen mit Anspruch auf eine gesetzliche Rente Mitglied der KVdR, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens 9/10 der zweiten Hälfte des Zeitraums (Vorversicherungszeit) selbst Mitglied in der GKV oder familienversichert waren. Bei der Ermittlung der Vorversicherungszeit werden sowohl Zeiten der Pflichtversicherung als auch Zeiten einer freiwilligen Mitgliedschaft und Zeiten der Familienversicherung über ein pflicht- oder freiwillig versichertes Mitglied berücksichtigt. Zeiten einer PKV werden nicht als Vorversicherungszeit für die GKV anerkannt. Die gesetzlichen Regelungen haben zur Folge, dass Personen, die in der zweiten Hälfte ihres Erwerbslebens zeitweise nicht gesetzlich versichert waren, die erforderliche Vorversicherungszeit in der Regel nicht erfüllen können. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/7565 Rentnerinnen und Rentner, die nicht die Vorversicherungszeit zur KVdR erfüllen und freiwillig in der GKV versichert sind, haben Beiträge auf alle beitragspflichtigen Einnahmen zu entrichten. Die freiwillige Mitgliedschaft in der GKV führt dabei nicht zwangsläufig zu einer höheren Beitragsbelastung gegenüber pflichtversicherten Rentnern in der KVdR. Beitragsmehrbelastungen treten im Wesentlichen nur dann ein, wenn die Betroffenen neben der Rente noch über Einnahmen aus Vermietung, Verpachtung oder Kapitalvermögen verfügen oder wenn das Einkommen des privat krankenversicherten Ehegatten oder Lebenspartners unter bestimmten Voraussetzungen bei der Beitragsbemessung anteilig zu berücksichtigen ist. Während KVdR-Mitglieder von vornherein nur die Hälfte der aus der Rente zu entrichtenden Krankenversicherungsbeiträge tragen, erhalten Rentenbezieherinnen bzw. Rentenbezieher, die freiwillig in der GKV versichert sind, einen Beitragszuschuss zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung nach § 106 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in entsprechender Höhe. Somit werden freiwillig versicherte Rentnerinnen bzw. Rentner in Bezug auf die Beiträge zur Krankenversicherung aus der gesetzlichen Rente nicht schlechter gestellt als pflichtversicherte Rentnerinnen bzw. Rentner. Eine Mindestbeitragsbemessungsgrundlage wird dann angenommen, wenn die oder der Betroffene nicht über diese Mindesteinnahmen verfügt. Damit wird dem Versicherungsprinzip in der GKV Rechnung getragen. Kann der oder die Betroffene die Krankenversicherungsbeiträge nicht aus den eigenen beitragspflichtigen Einnahmen leisten, können die Beiträge vom zuständigen Sozialhilfeträger übernommen werden. Der Staat kommt damit seiner Verantwortung für die materiellen Bedingungen menschenwürdiger Existenz nach. Hinsichtlich möglicher Fälle von unbilligen sozialen Härten im Zusammenhang mit den im Rentenalter zu entrichtenden Krankenversicherungsbeiträgen geht es im Kern nicht um ein krankenversicherungsrechtliches Problem, sondern um eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung zur Vermeidung von Altersarmut. Innerhalb der PKV gelten eigene Regeln, die bei Hilfebedürftigkeit im Sinne des Sozialrechts greifen. Außerdem gibt es verschiedene Möglichkeiten der Prämienreduzierung, die besonders ältere Versicherte entlasten können. Privat versicherte Rentnerinnen und Rentner erhalten einen Zuschuss zu den Krankenversicherungsbeiträgen vom Rentenversicherungsträger. 1. Was ist 2019 der Mindestbeitrag in der freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung bei durchschnittlichem Zusatzbeitrag und Kinderlosigkeit? Der Mindestbeitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung liegt bei 195,20 Euro bei Anwendung des allgemeinen Beitragssatzes. 2. Was ist der durchschnittliche Beitrag der pflichtversicherten Rentnerinnen und Rentner (z. B. auf Basis der im Schätztableau veranschlagten Rentensumme und den Versichertenzahlen aus der Statistik KM1 oder auf Basis der durchschnittlichen Rente)? Wie unterscheiden sich die durchschnittlichen Beiträge von Männern und Frauen hierbei? Der durchschnittliche Beitragsanteil zur GKV einschließlich des Zusatzbeitrags der pflichtversicherten Rentnerinnen und Rentner auf Einnahmen aus der gesetzlichen Rentenversicherung betrug auf Basis der Jahresrechnungsergebnisse des Gesundheitsfonds für das Jahr 2017 rund 104 Euro monatlich. Einschließlich des Beitragsanteils der Rentenversicherungsträger lag der durchschnittliche Beitrag einschließlich Zusatzbeitrags bei monatlich 195 Euro. Eine Differenzierung der Beitragseinnahmen nach Geschlecht erfolgt in der Finanzstatistik der GKV nicht. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7565 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 3. Wäre eine gleitende oder stufenweise Regelung, die zwischen Personen ohne Vorversicherungszeit und langjährigen Versicherten, die dennoch die Rahmenfrist knapp verfehlen, möglichst gleitend unterscheidet, verwaltungsmäßig mittlerweile besser umsetzbar als in der Zeit des Entstehens der 9/10- Regelung? 4. Wäre eine solche Regelung nach Auffassung der Bundesregierung gerechter ? 5. Weshalb macht die Bundesregierung keinen in diese Richtung gehenden Vorschlag? Die Fragen 3 bis 5 werden auf Grund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Hintergrund der gesetzlichen Regelungen zum Zugang zur KVdR ist, dass nur Personen, die zuvor eine ausreichend lange Zeit aktives Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung waren oder über ein aktives Mitglied familienversichert waren, Zugang zur beitragsgünstigen KVdR haben. Die Beiträge zur KVdR decken bereits heute schon weniger als die Hälfte der Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen für Rentnerinnen und Rentner. Folglich müssen die aktiven Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen mit ihren Beiträgen die KVdR mitfinanzieren . Mit den Regelungen zur KVdR wird verhindert, dass diejenigen, die in der ersten Hälfte ihres Erwerbslebens mit in der Regel geringerem Einkommen versicherungspflichtig in der GKV waren, dann aber z. B. mit höherem Einkommen bei Überschreiten der Versicherungspflichtgrenze in die PKV gewechselt sind, im Rentenalter wieder versicherungspflichtig in der günstigeren KVdR werden . Die bestehende Vorversicherungszeit der KVdR ist ein historisch gewachsenes, etabliertes Element in der GKV, das auch durch die Rechtsprechung bestätigt ist. Alternative Ansätze mit der Folge, erwerbstätige Versicherte in noch stärkerem Maß als heute schon zur Finanzierung der Leistungsausgaben für die versicherungspflichtigen Rentnerinnen und Rentner heranzuziehen, sind abzulehnen, so dass der Bundesregierung auch keine Informationen zu deren möglichem Verwaltungsaufwand vorliegen. 6. Könnte ein nachträglich zu zahlender, möglicherweise einkommensabhängiger Einmalbetrag nach Ansicht der Bundesregierung eine mögliche Alternative zu einer nichtbestehenden Anwartschaftsversicherung sein, wenigstens für Personen mit wesentlichem Anteil an GKV-Absicherung in ihrer Biographie ? Die nachträgliche Zahlung von Einmalbeträgen mit dem Ziel, Beiträge zu reduzieren , wird abgelehnt, da dies zu einem Hin- und Herwechseln zwischen den Systemen GKV und PKV nach dem in der jeweiligen Lebensphase günstigsten Beitragssatz führen würde. Das Solidaritätsprinzip der GKV fußt auf einer kontinuierlichen Mitgliedschaft mit durchgehender Beitragszahlung auf Basis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. 7. Ist es gerecht, dass „Stiefkinder“ in unehelichen Partnerschaften keine Berücksichtigung finden, selbst wenn der uneheliche „Stiefelternteil“ maßgeblich an der Erziehungsleistung beteiligt ist? Die Anrechnung von Kindererziehungszeiten nach § 5 Absatz 2 Satz 3 SGB V auf die für die Versicherungspflicht in der KVdR erforderliche Vorversicherungszeit erfolgt für jedes Kind, Stiefkind oder Pflegekind. Damit wird grundsätzlich Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/7565 an die Kategorisierung der Kindschaftsverhältnisse im Sinne des § 56 Absatz 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) angeknüpft. Stiefkinder sind dabei die nur zu dem Ehegatten des Berechtigten bzw. Versicherten in einem Kindschaftsverhältnis stehenden leiblichen oder angenommenen Kinder. Das im Haushalt einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft lebende Kind ist kein Stiefkind der (unverheirateten) Partnerin bzw. des (unverheirateten) Partners. Hingegen sind bei einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, die im Rahmen des § 56 SGB I auch im Übrigen der Ehe gleichgestellt ist, die Kinder der eingetragenen Lebenspartnerin bzw. des eingetragenen Lebenspartners wie die (leiblichen oder adoptierten) Kinder der Ehegattin bzw. des Ehegatten zu behandeln. Im Zusammenhang mit der Waisenversorgung hat das Bundesverfassungsgericht beschlossen, dass der Ausschluss eines "faktischen Stiefkindes" nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot des Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes vorstößt (siehe Beschluss vom 10. Dezember 2004 – 1 BvR 2320/98). 8. Sieht die Bundesregierung das „Problem der geschiedenen Beamtengattinnen und -gatten“ mit der neuen Drei-Jahres-Regelung als gelöst an? Wenn sie dieses Problem nicht als vollständig gelöst sieht, welche Maßnahmen bieten sich nach Ansicht der Bundesregierung an? Mit dem Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz vom 4. April 2017 wurde eine gesetzliche Änderung beschlossen, um eine Benachteiligung für Kinder erziehende Partnerinnen und Partner abzumildern, wenn die Ehepartnerin bzw. der Ehepartner nicht in der GKV versichert ist. Danach werden Vätern und Müttern, die zeitweise ihre Mitgliedschaft in der GKV unterbrochen haben und währenddessen nicht die Möglichkeit der beitragsfreien Familienversicherung hatten, für jedes Kind pauschal drei Jahre auf die Vorversicherungszeit der KVdR angerechnet . Davon zu trennen ist, dass Soldatinnen und Soldaten, Richterinnen und Richter, Beamtinnen und Beamte sowie sonstige Beschäftigte von öffentlich-rechtlichen Körperschaften, die nach beamtenrechtlichen Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben, versicherungsfrei in der GKV sind. Zur Absicherung im Krankheitsfall wird für diesen Personenkreis Beihilfe oder Heilfürsorge nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen gewährt. Auch die Ehegattinnen und Ehegatten dieser Personengruppen sind zur Absicherung im Krankheitsfall bei der Beihilfe nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen als Angehörige berücksichtigungsfähig. Sofern sie nicht selbst versicherungspflichtig in der GKV sind, haben sie daher die Möglichkeit, der Versicherungspflicht durch eine Absicherung im Krankheitsfall über die Beihilfe und eine PKV für den von der Beihilfe nicht umfassten Teil der Krankheitskosten nachzukommen. Sie können aber auch eine bestehende Versicherung in der GKV als freiwilliges Mitglied fortsetzen. Das bislang allgemein anerkannte Prinzip der Trennung der Sicherungssysteme für Beamtinnen und Beamte sowie gleichgestellte Beschäftigte einerseits und für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer andererseits lässt Ausnahmen im Falle der Scheidung grundsätzlich nicht zu. Entscheiden sich Ehegatten für eine Absicherung über die Beihilfe und einen Beihilfeergänzungstarif in der PKV, bedeutet dies zugleich auch eine Entscheidung für das System der PKV und gegen das System der GKV. Das bedeutet, dass sie, auch im Falle der durch Ehescheidung endenden Berücksichtigungsfähigkeit bei der Beihilfe dem System der PKV zugeordnet bleiben. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7565 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Eine Mitgliedschaft in der KVdR ist somit auch nach einer Scheidung von einer Beamtin oder einem Beamten nur dann möglich, wenn die Vorversicherungszeit erfüllt ist. 9. Wie viele Frauen und wie viele Männer sind aktuell in der KVdR versichert? Wie vielen Personen wurde nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten 3 Jahren eine Aufnahme in die KVdR aufgrund der 9/10-Regelung verwehrt (bitte nach Geschlecht aufschlüsseln)? Zum 1. Dezember 2018 waren in der KVdR 6,8 Millionen Rentner und 9,8 Millionen Rentnerinnen (insgesamt 16,6 Millionen) pflichtversichert. Im Übrigen liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. 10. Ist es gerechtfertigt, dass Menschen, die erst kurz nach der Hälfte ihrer Lebensarbeitszeit nach Deutschland kamen, z. B. Aussiedlerinnen und Aussiedler aus den Staaten der ehemaligen UdSSR, keine Chance haben, in die Krankenversicherung der Rentner aufgenommen zu werden? Für Spätaussiedler hat der Gesetzgeber besondere Regelungen im Hinblick auf den Zugang zur KVdR vorgesehen. Nach § 5 Absatz 1 Nummer 12 SGB V werden Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, Pflichtmitglied in der KVdR, wenn sie ihren Wohnsitz innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Stellung des Rentenantrags in das Inland verlegt haben. Die Erfüllung einer Vorversicherungszeit in der GKV ist in diesem Fall nicht erforderlich. Liegen die Voraussetzungen des § 5 Absatz 1 Nummer 12 SGB V nicht vor, weil die Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung ihren Wohnsitz in Deutschland bereits länger als 10 Jahre inne haben, ist die Pflichtmitgliedschaft in der KVdR gemäß § 5 Absatz 1 Nummer 11 SGB V zu prüfen. Voraussetzung hierfür ist eine Vorversicherungszeit in der GKV. Diese ist erfüllt, wenn die betreffende Person seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags (Rahmenfrist) mindestens 9/10 der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied der GKV oder dort familienversichert war. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutschen Rentenversicherung Bund haben sich in einem gemeinsamen Rundschreiben vom 5. Dezember 2017 zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung der Rentnerinnen und Rentner, darauf verständigt, dass die Rahmenfrist in diesen Fällen erst mit dem Zuzug nach Deutschland gebildet wird. Somit können die Voraussetzungen zur KVdR bei Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedlern auch in diesem Fall einfacher erfüllt werden. 11. Sieht die Bundesregierung aufgrund der in der Vorbemerkung der Fragesteller beschriebenen Konstellation Personen, die als DDR-Bürgerinnen und DDR-Bürger in anderen RGW-Staaten gearbeitet haben gegenüber Personen , die als BRD-Bürgerinnen und BRD-Bürger in anderen EG- bzw. EWG- Staaten gearbeitet haben, als benachteiligt an? Eine Berücksichtigung von ausländischen Versicherungszeiten auf Grund einer Erwerbstätigkeit im Ausland sowie eine Zusammenrechnung von ausländischen mit deutschen Versicherungszeiten für die KVdR kommt nur dann in Betracht, Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/7565 wenn sie durch über- oder zwischenstaatliches Recht für den sachlichen Geltungsbereich der gesetzlichen Krankenversicherung gleichgestellt sind. Eine solche Gleichstellung sehen u. a. die Verordnungen (EG) Nr. 883/2004, (EWG) Nr. 1408/71 sowie einige ältere Sozialversicherungsabkommen vor. Für eine Anerkennung von ausländischen Versicherungszeiten ohne ein gegenseitiges Abkommen besteht keine Rechtsgrundlage. Dies gilt auch für Beschäftigungszeiten in Ländern, mit denen die damalige Deutsche Demokratische Republik (DDR) völkerrechtliche Verträge im Bereich der sozialen Sicherheit getroffen hat. Durch die Verordnung zur Änderung der Verordnung über die vorübergehende weitere Anwendung verschiedener völkerrechtlicher Verträge der Deutschen Demokratischen Republik im Bereich der sozialen Sicherheit vom 18. Dezember 1992 (BGBl. II S. 1231) finden diese mit Ablauf des 31. Dezember 1992 im Wesentlichen keine Anwendung mehr. Aufgrund einer Übergangsregelung erfolgte bis zum 31. Dezember 1995 weiterhin die Berücksichtigung von Versicherungszeiten der ehemaligen Vertragsstaaten. Die von diesen Abkommen erfassten Rentenbezieherinnen und Rentenbezieher sind unabhängig von ihren Vorversicherungszeiten grundsätzlich in der KVdR versichert. Die ehemaligen DDR-Vertragsstaaten sind heute überwiegend die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 anwendende Mitgliedstaaten der Europäischen Union, wodurch es grundsätzlich auch zur Berücksichtigung der mitgliedstaatlichen Versicherungszeiten bei der Prüfung der Voraussetzungen kommt. 12. Wie hoch in etwa schätzt die Bundesregierung den Teil der Personen ein, die zum entscheidenden Zeitpunkt über die Möglichkeit einer Anwartschaftsversicherung informiert sind? Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dieser Schätzung? Hierzu liegen der Bundesregierung keine ausreichenden Informationen vor, auf deren Grundlage eine Schätzung möglich wäre. 13. Besteht für Versicherungsvermittler der PKV die Pflicht, ihre Klientinnen und Klienten über die 9/10-Regelung, deren möglichen Nachteile und wie diese zu vermeiden sind, zu informieren? Wenn nein, was spräche gegen eine derartige zu protokollierende Aufklärungspflicht ? Könnten auch die gesetzlichen Krankenkassen bei Austritt informieren? Die Verordnung über Informationspflichten bei Versicherungsverträgen (VVG- Informationspflichtenverordnung – VVG-InfoV) enthält Vorgaben zu Informationspflichten bei der Krankenversicherung, die der Versicherer und damit auch der Vermittler zu erfüllen hat. Den Versicherten müssen demnach Informationen zur Verfügung gestellt werden, die einen Hinweis enthalten, dass ein Wechsel von der PKV in die GKV in fortgeschrittenem Alter ausgeschlossen ist. In Bezug auf die Informationspflichten der gesetzlichen Krankenkassen bei einem Austritt aus der GKV wird auf die Antwort zu Frage 17 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7565 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 14. Wie viele Anwartschaftsversicherungen gibt es in der GKV? Wie hat sich diese Zahl in den vergangenen 10 Jahren entwickelt? Die nachfolgende Zahlen stellen die jahresdurchschnittliche Anzahl von Anwartschaftsversicherungen in der GKV von 2008 bis 2018 dar: Jahr Anwartschaftsversicherungen 2008 24.637 2009 23.926 2010 24.375 2011 24.968 2012 25.956 2013 27.211 2014 28.132 2015 28.915 2016 29.430 2017 29.605 2018 29.794 Bei der Zahl für das Jahr 2018 handelt es sich um eine vorläufige Angabe, da die jahresdurchschnittliche Statistik noch nicht verfügbar ist. Eine freiwillige Versicherung kann als Anwartschaft fortgeführt werden, wenn der Leistungsanspruch des Mitglieds aufgrund eines Auslandsaufenthaltes, der durch die Berufstätigkeit des Mitglieds, seiner Ehegattin bzw. seines Ehegatten, seiner Lebenspartnerin bzw. seines Lebenspartners oder eines seiner Elternteile bedingt ist, oder nach § 16 Absatz 1 Nummer 3 SGB V ruht. Diese Mitglieder zahlen einen nach § 240 Absatz 4b SGB V reduzierten Beitrag. 15. Weshalb macht die Bundesregierung keinen Vorschlag, wonach die erste Lebensarbeitshälfte auch eine Rolle in der Bemessung der Vorversicherungszeit erfüllen könnte, zumal gerade in dieser Zeit Solidarität mit den älteren und kränkeren Versicherten stattfindet? 16. Weshalb hat die Bundesregierung per Formulierungshilfe einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen ausgelöst, wonach in der ersten Lebensarbeitshälfte geborene oder adoptierte Kinder zwar eine Rolle für die Rahmenfrist spielen, nicht aber eine Mitgliedschaft in der GKV in der ersten Lebensarbeitshälfte ? Die Fragen 15 und 16 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die bestehende Vorversicherungszeit der KVdR ist ein historisch gewachsenes, etabliertes Element in der GKV, das auch durch die Rechtsprechung bestätigt ist. Alternative Ansätze mit der Folge, erwerbstätige Versicherte in noch stärkerem Maß als heute schon zur Finanzierung der Leistungsausgaben für die versicherungspflichtigen Rentnerinnen und Rentner heranzuziehen, sind abzulehnen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/7565 Der Gesetzgeber hat mit dem Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz vom 4. April 2017 beschlossen, dass für jedes Kind pauschal drei Jahre auf die Vorversicherungszeit der KVdR angerechnet werden. Die Vorschrift geht in einer typisierenden Betrachtung davon aus, dass nach Unterbrechung der Berufstätigkeit wegen Kindererziehung die GKV-Mitgliedschaft fortgeführt wird. Im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit hat der Gesetzgeber sich damit im Sinne der Betroffenen für eine einfach umzusetzende, pauschale Regelung entschieden. 17. Erhält die Bundesregierung wie auch die fragestellende Fraktion Berichte, wonach bei Rentenantragsstellung nicht über die möglicherweise bestehende Relevanz des Datums der Rentenantragsstellung bzw. des Rentenbeginns aufgeklärt wird, so dass bei einer unerheblich späteren Antragstellung eine Aufnahme in die Krankenversicherung der Rentner erfolgen könnte, aber aufgrund mangelhafter Aufklärung nicht verwirklicht wird? Der Bundesregierung ist es ein wichtiges Anliegen, dass die Versicherten auf die Relevanz der Rentenantragstellung hingewiesen werden. Es wird daher begrüßt, dass der zuständige Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutschen Rentenversicherung Bund folgende Maßnahmen vereinbart haben, um die Information und Beratung der Versicherten zu verbessern: Personen, die aus der GKV austreten oder ausscheiden, um sich privat zu versichern , werden von den Krankenkassen aus dem sich daraus ergebenden Beratungsanlass regelmäßig darauf hingewiesen, dass bei einer späteren Rentenantragstellung die Vorversicherungszeit unter Umständen nicht erfüllt wird. Dabei wird auch auf die Möglichkeit der freiwilligen Weiterversicherung hingewiesen . Personen, die sich in relativer Nähe zur Rentenantragstellung an ihre Krankenkasse wenden, um zu erfahren, ob und ggf. wann sie die geforderte Vorversicherungszeit erfüllen, können von ihrer Krankenkasse eine – ggf. schriftliche – Auskunft darüber erhalten, ob sie die Vorversicherungszeit zum aktuellen Zeitpunkt erfüllen bzw. wenn dies noch nicht der Fall ist, zu welchem Zeitpunkt diese frühestmöglich erfüllt wäre. In Fällen, in denen die Vorversicherungszeit nur knapp verfehlt wird, besteht die Möglichkeit, den Rentenantrag zurückzunehmen, um durch eine spätere Rentenantragstellung doch noch eine Erfüllung der Vorversicherungszeit zu ermöglichen. Diese Möglichkeit besteht nur, solange der Rentenbewilligungsbescheid noch nicht unanfechtbar geworden ist. Die Krankenkassen werden die betroffenen Versicherten in geeigneten Fällen auch auf diese Möglichkeit hinweisen. Die Bundesregierung wird die Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen im Blick behalten. 18. Stimmt die Bundesregierung den Fragestellern zu, dass die 9/10-Regelung entbehrlich wäre, wenn es keine private Krankenvollversicherung gäbe? Für das bestehende Krankenversicherungssystem hat die 9/10-Regelung eine berechtigte Funktion. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333