Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien vom 6. Februar 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/7625 19. Wahlperiode 11.02.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Thomas Hacker, Katja Suding, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/7063 – Gesamtbetrachtung audiovisueller Industrien V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Medienstandort Deutschland ist für das Land an sich, aber insbesondere für die Kreativen und die dahinterstehende Kreativwirtschaft, von herausgehobener Bedeutung. In Zeiten der Medienkonvergenz sind technische Übertragungen keine rein nationale Angelegenheit mehr, sodass verschiedene Rechtsrahmen auf europäischer sowie auf Bundes- und Landesebene gesetzt werden. Im Lichte unterschiedlicher Kompetenzen ist die Schaffung eines sogenannten Level- Playing-Fields besonders wichtig. Die Kreativen und die Kreativwirtschaft brauchen einheitliche Regelungen und Rechtsklarheit. Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD heißt es jedoch unter der Überschrift Film, Games und Musikwirtschaft wie folgt: „Wir wollen eine Gesamtbetrachtung der audiovisuellen Industrien von Bund und Ländern“ (Randnummer 8123 bzw. 8124). Diese Aussage muss sich an der Kulturhoheit der Länder sowie an nationalen und europarechtlich anerkannten Begrifflichkeiten messen lassen. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Bundesregierung weist darauf hin, dass der Koalitionsvertrag eine Verabredung zwischen den Parteien CDU, CSU und SPD ist, der vor der Aufnahme der Arbeit dieser Bundesregierung geschlossen wurde. Die zitierten Worte aus dem Koalitionsvertrag stehen im Kontext des einschlägigen Unterkapitels „Film, Games und Musikwirtschaft“ und werden durch die dem Zitat folgenden beiden Absätze genauer beschrieben resp. inhaltlich spezifiziert. 1. Was versteht die Bundesregierung unter einer Gesamtbetrachtung audiovisueller Industrien von Bund und Ländern? Die Konvergenz von Medien (= Zusammenwachsen verschiedener Dienste, Geräte und Medieninhalte), sich ändernde Wertschöpfungsketten und Unternehmensstrukturen des Film- und Medienmarktes sowie die sich zunehmend überschneidenden Gesetzgebungskompetenzen auf Bundes-, Landes- und EU-Ebene stellen die Verwirklichung einer zukunftsfähigen Medienordnung vor besondere Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7625 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Herausforderungen. Die Produktions- und Verwertungsbedingungen für audiovisuelle Industrien sowie die Akteure, die hieran beteiligt sind, nähern sich konvergenzbedingt stark an oder sind sogar identisch. Ein kohärentes Vorgehen von Bund und Ländern bietet zur Verbesserung der Produktions- und Verwertungsbedingungen einen bedeutenden Mehrwert für die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Film- und Medienstandorts. Im Interesse der kulturellen und wirtschaftlichen internationalen Wettbewerbsfähigkeit des audiovisuellen Medienstandorts Deutschland, aber auch mit Blick auf das kulturstaatliche Selbstverständnis (s. auch BVerfG, Urteil vom 28. Januar 2014 – 2 BvR 1561/12 –, BVerfGE 135, 155-234, Rn. 105) der Bundesrepublik Deutschland ist daher eine Gesamtbetrachtung der Wettbewerbslage sowie der regulatorischen und förderpolitischen Rahmenbedingungen erforderlich. Unter Gesamtbetrachtung wird hierbei eine umfassende, wenngleich ggf. auch differenzierende Betrachtung audiovisueller Industrien unter Berücksichtigung ihrer Interdependenzen , Arbeitsteilung und Interessen verstanden. Bund und Länder haben sich in der vergangenen Legislaturperiode in der Bund- Länder-Kommission zur Medienkonvergenz auf einen Prozess zur intensiveren Zusammenarbeit im Medienbereich verständigt, der auch einer Gesamtbetrachtung regulatorischer Aspekte audiovisueller Industrien dienen soll. Dieser Prozess wird in der laufenden Legislaturperiode fortgesetzt. Zum Beispiel sind die Ausgestaltung der Rahmenbedingungen für globale Plattformbetreiber und die Suche nach Antworten auf Fragen zum richtigen Umgang mit Sozialen Netzwerken sind Querschnittsaufgaben, denen Bund und Länder nur in gemeinsamer Verantwortung gerecht werden können. Auf europäischer und internationaler Ebene hat Deutschland vor allem dann Gewicht, wenn es seine Positionen rasch verbindlich formulieren kann, um aktiv mitzugestalten. 2. Wer nimmt in Anbetracht der Kulturhoheit der Länder nach Ansicht der Bundesregierung die Gesamtbetrachtung vor? Eine sachorientierte Gesamtbetrachtung audiovisueller Industrien ist aus Sicht der Bundesregierung eine kompetenzrechtliche Querschnittsaufgabe, der sich sowohl Bund und Länder als auch die europäischen Institutionen im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständig-keiten stellen. Die Zuständigkeit für eine Gesamtbetrachtung der Produktions- und Verwertungsbedingungen durch den Bund scheidet nicht bereits deshalb aus, weil es sich bei audiovisuellen Industrien um Bereiche handelt, die stets auch mit der Produktion und Verwertung kultureller Produkte befasst sind. Vielmehr handelt es sich bei Kino- bzw. sonstigen Filmen, Games und Serien um Kultur- und Wirtschaftsgüter. Der Bund besitzt daher die verfassungsgerichtlich bestätigte Kompetenz zur Regelung der entsprechenden Wirtschaftszweige , soweit dies erforderlich ist (vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 28. Januar 2014 – 2 BvR 1561/12 –, BVerfGE 135, 155 ff., Rn. 108). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/7625 3. Fühlt sich die Bundesregierung bei einer „Gesamtbetrachtung audiovisueller Industrien“ – und damit wohl auch audiovisueller Medien – noch an das durch das 1. Rundfunkurteil zur Deutschland-Fernsehen-GmbH ausgeurteilte Prinzip der Bundestreue gebunden? Falls nein, warum nicht? Die Bundesregierung berücksichtigt bei der Wahrnehmung ihrer Kompetenzen auch im Kontext einer Gesamtbetrachtung audiovisueller Industrien den Grundsatz der Bundestreue. Die erforderlichen gesetzlichen, staatsvertraglichen oder untergesetzlichen Maßnahmen erfolgen im Rahmen der grundgesetzlichen Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern. 4. Wie wird eine solche Gesamtbetrachtung der Bundesregierung ausgestaltet sein? Welche inhaltlichen, personellen, zeitlichen oder finanziellen Parameter wird eine solche Gesamtbetrachtung besitzen? Eine Gesamtbetrachtung audiovisueller Industrien ist ein stetig fortschreitender Arbeitsprozess, in dem die teils disruptiven technischen, wirtschaftlichen und wettbewerbsbedingten Entwicklungen zu berücksichtigen sind. Er findet für die beteiligten Ressorts der Bundesregierung innerhalb der allgemeinen personellen und finanziellen Rahmenbedingungen statt. 5. Werden die Ergebnisse einer solchen Gesamtbetrachtung veröffentlicht und künftigen statistischen Erhebungen zugeführt? Der Deutsche Bundestag hat die Bundesregierung angesichts der Bedeutung der Medien für die Entwicklung der demokratischen Gesellschaft bereits durch Beschluss vom 12. März 1976 (Bundestagsdrucksache 7/4770) gebeten, fortlaufend einen Medienbericht zu erstatten. Er hat diesen Beschluss mehrfach aktualisiert (Bundestagsdrucksachen 14/8689 und 14/8151). Den aktuellen Medien- und Kommunikationsbericht 2018 hat die Bundesregierung am 9. Januar 2019 vorgelegt . Der Bericht fasst die aktuellen Herausforderungen an die Medienordnung zusammen. Er stützt sich auf ein unabhängiges wissenschaftliches Gutachten des Hans-Bredow-Instituts an der Universität Hamburg zur Entwicklung der Medien in Deutschland zwischen 2013 und 2016. Im Auftrag der Bundesregierung wurde hierin eine Gesamtbetrachtung aller Medien (inklusive der audiovisuellen Industrien ) vorgenommen. Als weitere Wissensgrundlage diente darüber hinaus erstmals eine von der Gemeinsamen Geschäftsstelle der Medienanstalten erstellte Zusammenfassung der wesentlichen Erkenntnisse der vielfältigen Forschungsaktivitäten der Landesmedienanstalten im Berichtszeitraum. 6. Was versteht die Bundesregierung unter audiovisuellen Industrien, und welche Maßstäbe werden an die Beurteilung als audiovisuelle Industrie geknüpft ? Wesensmerkmal audiovisueller Industrien ist im Allgemeinen die gleichzeitige Bereitstellung von Ton und bewegten Bildern. Audiovisuelle Industrien umfassen dabei alle Filmschaffenden und Unternehmen, die audiovisuelle Produktionen schwerpunktmäßig herstellen, an ihrer Herstellung beteiligt sind oder verwerten. Hierzu gehören etwa (Kino-)Filmproduktionsfirmen, (film-)technische Betriebe, Unternehmen der Games- und Virtual Reality- Branche, Verleiher, Vertriebe, Kinos , DVD-Hersteller, Programmvermarkter, Fernsehsender etc. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7625 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 7. Gibt es aus Sicht der Bundesregierung Unterschiede zwischen audiovisuellen Industrien, audiovisuellen Medien entsprechend der audiovisuellen Mediendienste -Richtlinie (AVMD-RL) oder der nationalen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien? Falls ja, worin bestehen die Unterschiede konkret? Falls nein, weshalb dann die unterschiedliche Terminologie im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD? Bei dem Begriff Audiovisuelle Industrie handelt es sich um einen umfassenden Begriff, der neben den Wirtschaftsteilnehmern, deren audiovisuelle Angebote sich unmittelbar an Zuschauerinnen und Zuschauer richten (wie z. B. Fernsehveranstalter , Video-on-Demand-Anbieter, Kinobetreiber) auch die dahinterliegenden Wirtschaftsteilnehmer umfasst (wie z. B. Filmproduktionsfirmen und deren Zulieferbetriebe, Studios, Games-Hersteller, VFX-Anbieter, Verleiher etc.). Der Begriff Audiovisuelle Mediendienste nach der AVMD-Richt-linie umfasst hingegen nur Fernsehprogramme und audiovisuelle Mediendienste auf Abruf. Der Begriff Rundfunk umfasst lineare Informations- und Kommunikationsdienste, die für die Allgemeinheit zum zeitgleichen Empfang bestimmt sind. Umfasst sind sowohl Fernsehen als auch Hörfunk. Telemedien umfassen alle Informations- und Kommunikationsdienste, die weder Rundfunk noch Telekommuníkationsdienste oder telekommunikationsgestützte Dienste darstellen. Der Begriff umfasst auch Dienste, die andere als audiovisuelle Inhalte anbieten. Der Begriff Audiovisuelle Mediendienste nach der AVMD-Richtlinie umfasst daher sowohl Teile dessen, was unter Rundfunk zu verstehen ist, als auch Teile dessen , was unter Telemedien zu verstehen ist. Der Begriff Audiovisuelle Industrie ist hingegen deutlich weiter. 8. Welchen Mehrwert verspricht sich die Bundesregierung aus einer Gesamtbetrachtung audiovisueller Industrien von Bund und Ländern? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333