Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 6. Februar 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/7648 19. Wahlperiode 08.02.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Christian Dürr, Dr. Florian Toncar, Frank Schäffler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/7071 – Aufruf von 30 europäischen Start-ups für bessere Bedingungen für Mitarbeiter- Kapitalbeteiligungen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Vorstandsvorsitzenden (CEOs) von 30 europäischen Tech-Start-ups haben einen Aufruf unterzeichnet und Verbesserungen bei der Mitarbeiter-Kapitalbeteiligung angemahnt (https://techcrunch.com/2018/11/27/30-european-startupceos -call-for-better-stock-option-policies/?guccounter=2). Dieser Aufruf soll am 7. Januar 2019 an die politischen Entscheidungsträger Europas versandt werden. Die CEOs anderer Tech-Start-ups seien aufgerufen, sich bis zu diesem Zeitpunkt dem Aufruf anzuschließen. So seien die sog. Tech-Start-ups („Europe's leading tech businesses“) darauf angewiesen, in den kommenden Monaten über 100 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für den Technologie-Bereich einzustellen. An dieser Stelle wäre ein Engpass, der das Wachstum von Start-ups in Europa nachhaltig gefährden könne. Damit auch Start-ups im Wettbewerb um die besten Talente erfolgreich bestehen können, bedarf es aus Sicht der Fragesteller Verbesserungen bei der Mitarbeiterbeteiligung am Unternehmen. Ein sog. brain drain müsse verhindert werden. Die Beteiligung der Mitarbeiter am Kapital des Unternehmens sei für viele junge, aufstrebende Start-ups eine wichtige Möglichkeit, um erfolgreich Talente zu rekrutieren. Durch eine Kapitalbeteiligung könnten beispielsweise Nachteile gegenüber tradierten Unternehmen bei der Höhe der Entlohnung ausgeglichen werden. Zudem würden die Mitarbeiter durch die Kapitalbeteiligung am langfristigen Erfolg des Unternehmens beteiligt. Und solche Programme verfolgen das Ziel, Mitarbeiter zu motivieren und zugleich dauerhaft an das Unternehmen zu binden. Das Handbuch von Index Ventures „Rewarding Talent – Updated and Expanded Edition. A guide to stock options for European entrepreneurs“ vom Dezember 2018 (Handbuch) weist auf folgende, wesentliche Feststellungen hin: Arbeitnehmer seien in der sog. later stage durchschnittlich zu rund 10 Prozent an europäischen Start-ups, in den USA zu 20 Prozent beteiligt. Die Beteiligungsquote von Arbeitnehmern variiere bei den europäische Start-ups sehr viel stärker (zwischen 4 bis 20 Prozent) als bei amerikanischen . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7648 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Die Eigentums- bzw. Beteiligungsvorschriften würden sich in Europa stärker als in den USA unterscheiden. Das Bewusstsein der Arbeitnehmer von europäischen Start-ups, am Kapital des Unternehmens beteiligt zu werden, sei nicht so stark entwickelt wie in den USA. 1. Teilt die Bundesregierung die Aussage der CEOs, die Vorschriften für Mitarbeiterbeteiligungen in Europa seien ineffektiv? a) Wenn nein, aus welchen Gründen sieht die Bundesregierung keinen Verbesserungsbedarf ? b) Wenn ja, in welchen Bereichen wären aus Sicht der Bundesregierung Verbesserungen sinnvoll? Die Rahmenbedingungen für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen werden im Wesentlichen von den steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Rahmenbedingungen einerseits und den Regeln des Gesellschaftsrechts andererseits geprägt. Diese werden in der EU weitgehend auf Ebene der Mitgliedstaaten gesetzt und sind deshalb von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich. Die Verfasser des Schreibens benennen selbst in Ziffer 1 der von ihnen vorgeschlagenen Prinzipien die Regelungen in Frankreich, Großbritannien und Estland als mögliche Vorbilder. 2. Wie beurteilt die Bundesregierung die Forderung der CEOs, europaweit ein System der Mitarbeiter-Kapitalbeteiligung zu schaffen, das eine begünstigte Behandlung bei der Regulierung sowie bei der Besteuerung vorsieht? a) Welche Begünstigungen bestehen in Deutschland für Formen der Mitarbeiter -Kapitalbeteiligung in Bereich der Regulierung? b) Welche Begünstigungen bestehen in Deutschland für Formen der Mitarbeiter -Kapitalbeteiligung in Bereich der Besteuerung? Da die für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen maßgeblichen Regelungsgebiete – wie in der Antwort zu Frage 1 erläutert – nach wie vor weitgehend in der Verantwortung der Mitgliedstaaten liegen, dürften nur begrenzte Möglichkeiten für eine europäische Harmonisierung bestehen. In Deutschland bestehen für Vorteile aus eingeräumten Mitarbeiterkapitalbeteiligungen in begrenztem Umfang Steuerfreiheit im Rahmen des § 3 Nummer 39 des Einkommensteuergesetzes sowie Sozialabgabenfreiheit gemäß § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 der Sozialversicherungsentgeltverordnung. Im Aktienrecht bestehen für Mitarbeiteraktien Sonderregeln im Zusammenhang mit dem Erwerb eigener Aktien (§ 71 des Aktiengesetzes), der Schaffung von Belegschaftsaktien im Wege der bedingten Kapitalerhöhung (§ 192 des Aktiengesetzes ) sowie der Ausgabe von Belegschaftsaktien durch genehmigtes Kapital (§§ 202 Absatz 4, 204 Absatz 3 des Aktiengesetzes). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/7648 3. Wie beurteilt die Bundesregierung die Forderung der CEOs, europaweit Start-ups zu erlauben, stimmrechtlose Aktienbezugsrechte zu begeben? a) Bestehen in Deutschland Beschränkungen bei stimmrechtlosen Aktienbezugsrechten bzw. Aktien? b) Wenn ja, welche Verbesserungen könnten aus Sicht der Bundesregierung sinnvoll sein? Das Aktiengesetz sieht in §§ 139 ff. die Möglichkeit vor, Vorzugsaktien ohne Stimmrecht auszugeben. Diese Aktien müssen mit einem Vorzug bei der Verteilung des Gewinns ausgestattet werden. Aktienbezugsrechte vermitteln kein Stimmrecht. Aus Sicht der Bundesregierung ist ein Vorzug der Mitarbeiterkapitalbeteiligung gerade, dass sie den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Mitsprache im Unternehmen vermittelt. Dieser Vorzug entfällt, wenn die Kapitalbeteiligung nicht mit einem Stimmrecht verbunden ist. Es kann auch Sinn der Mitarbeiterbeteiligung sein, die Mitarbeiter an einer positiven Entwicklung des Unternehmens zu beteiligen und dadurch zu motivieren. Auch eine Mitarbeiterkapitalbeteiligung ohne Stimmrecht ist in Deutschland allerdings auf vielfältige Weise realisierbar. Neben den vorgenannten Vorzugsaktien ohne Stimmrecht kommt etwa eine stille Beteiligung in Betracht. 4. Wie beurteilt die Bundesregierung die Forderung der CEOs, europaweit die Besteuerung beim Arbeitnehmer bis zu dem Punkt aufzuschieben, bis dieser die Aktien veräußert? a) Welche Regelung gilt im Hinblick auf die Besteuerung von Aktienbezügen als Arbeitslohn bislang in Deutschland? b) Welche Regelungen bestehen nach Kenntnis der Bundesregierung hierzu in den Mitgliedstaaten? Da die steuerlichen Rahmenbedingungen für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen weitgehend in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, dürften einer Forderung nach europaweiter Harmonisierung dieser Regeln Grenzen gesetzt sein. Konkret können die steuerlichen Rahmenbedingungen für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen nur in einer Gesamtschau des Steuer- und Sozialversicherungsrechts dargestellt werden. Eine solche Darstellung für andere Mitgliedstaaten würde den Rahmen dieser Antwort sprengen. In Deutschland besteht für Vorteile aus eingeräumten Mitarbeiterkapitalbeteiligungen in Höhe von 360 Euro pro Jahr Steuerfreiheit im Rahmen des § 3 Nummer 39 des Einkommensteuergesetzes. 5. Wie beurteilt die Bundesregierung die Forderung der CEOs, europaweit Start-ups zu erlauben, Aktien nach einem akzeptierten „fair market value“ an Mitarbeiter zu begeben? Da die steuerlichen Rahmenbedingungen für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen weitgehend in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, dürften einer Forderung nach europaweiter Harmonisierung dieser Regeln Grenzen gesetzt sein. In Deutschland wird für Zwecke des § 3 Nummer 39 des Einkommensteuergesetzes ein Vorteil aus der Einräumung von Mitarbeiteraktien grundsätzlich aus dem Kurswert – sofern eine Börsennotierung besteht – und im Übrigen aus Verkäufen abgeleitet. Es bestehen somit Bewertungsregeln, die sich grundsätzlich am Marktwert orientieren. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7648 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 6. Ist der Bundesregierung das umfassende Handbuch bekannt? a) Wie beurteilt die Bundesregierung die im Handbuch getroffenen Feststellungen ? b) Wie bewertet die Bundesregierung, dass die Situation aus Entrepreneur- Sicht als „reif für einen Wandel“ eingestuft wird? Teilt die Bundesregierung – zumindest teilweise – die Sicht? Die Untersuchung war Gegenstand der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Möglichkeiten für Mitarbeiterbeteiligung in Start-ups und anderen Unternehmen auf Bundestagsdrucksache 19/6843. Auf die Antwort der Bundesregierung zu dieser Kleinen Anfrage, insbesondere zu Frage 10 auf Bundestagsdrucksache 19/7496, wird verwiesen. Im Einzelnen befasst sich die Untersuchung mit den steuer- und gesellschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen (in Form von echten Aktienoptionen und sog. Virtual Stock Options) an Start-up-Unternehmen . Großenteils handelt es sich dabei um Rahmenbedingungen, die generell im Steuerrecht und Gesellschaftsrecht gelten, für bestehende wie neu gegründete Unternehmen gleichermaßen. Des Weiteren nimmt die Studie bei ihrer Forderung nach steuerlichen Anreizen die Gewinnung von ausgewählten, besonders wichtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Start-ups in den Blick. Allerdings ist eine steuerliche Förderung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung in Deutschland bisher gerade davon abhängig, dass ein Mitarbeiterkapitalbeteiligungs-Programm inklusiv allen Mitarbeitern offen steht. c) Welche Maßnahmen zur Stärkung von Entrepreneurship plant die Bundesregierung ? Welche Maßnahmen sollen aus Sicht der Bundesregierung zu welchen Zeitpunkten ergriffen werden? Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat im November 2018 gemeinsam mit der Wirtschaft eine Gründungsoffensive gestartet. Ziel ist es, den Gründer- und Unternehmergeist in Deutschland zu stärken und zur Selbständigkeit zu ermutigen. Die Gründungsoffensive setzt insbesondere an 10 Punkten an, um ein kraftvolles Zeichen für mehr Gründungen in Deutschland zu setzen: Gründergeist stärken, unternehmerische Kompetenzen vermitteln, Mut für eine zweite Chance machen, Gründungsumfeld verbessern, Unternehmensnachfolgen erleichtern, mehr Frauen für die unternehmerische Selbständigkeit gewinnen, passgenaue Finanzierungsinstrumente anbieten, für Start-ups mehr Wagniskapital bereitstellen, Start-ups und Mittelstand enger vernetzen, mehr internationale Kooperationen von Start-ups ermöglichen, unternehmerische Kompetenzen von Migrantinnen und Migranten stärken, soziales Unternehmertum stärker fördern. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/7648 Weitere Informationen zur Gründungsoffensive und den konkreten Maßnahmen finden sich auf der Internetseite www.existenzgruender.de/GO. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333