Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 1. Februar 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/7652 19. Wahlperiode 08.02.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Michael Theurer, Grigorios Aggelidis, Renata Alt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/7155 – Batteriezellenfertigung in Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Das „Handelsblatt“ zitiert in der Ausgabe vom 14. November 2018 Aussagen des Bundesministers für Wirtschaft und Energie Peter Altmaier zur Batteriezellenfertigung in Deutschland wie folgt: „Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier ist bereit, den Aufbau einer Batteriezellenfertigung mit öffentlichen Mitteln in erheblichem Umfang zu unterstützen. Die Bundesregierung werde für die Förderung bis 2021 aus dem Etat des Wirtschaftsministeriums eine Milliarde Euro zur Verfügung stellen, sagte Altmaier nach einem Treffen mit EU-Kommissionsvizepräsident Maros Sefcovic am Dienstag in Berlin.“ Der Sachverständigenrat nimmt im Jahresgutachten 2018/2019 zu den industriepolitischen Vorstellungen von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier wie folgt Stellung: „Immer dann, wenn der Strukturwandel sichtbar wird und sich technologische Umbrüche abzeichnen, werden die Rufe nach industriepolitischen Eingriffen lauter. Dies war im aktuellen Jahr in Deutschland etwa mit Verweis auf die Produktion von Batterien (BMWi, 2018b) oder die Fusion von Banken zu hören. Oftmals sind die Rufe gepaart mit Hinweisen auf die vermeintlich erfolgreiche Industriepolitik anderer Staaten, derzeit insbesondere in Bezug auf China“ (S. 72, Sachverständigenrat – Jahresgutachten 2018/19). Und weiter: „Um nachhaltig erfolgreich zu sein, sollte ein Innovationsstandort jedoch auf eine lenkende Industriepolitik verzichten, die es als staatliche Aufgabe ansieht, Zukunftsmärkte und -technologien als strategisch bedeutsam zu identifizieren (JG 2009 Ziffern 323 ff.). Es ist unwahrscheinlich, dass die Politik hinreichend über verlässliches Wissen und genaue Kenntnis der künftigen technologischen Entwicklungen oder Nachfrageänderungen verfügt, um dieses Vorgehen zu einer sinnvollen langfristigen Strategie zu machen“ (S. 73, Sachverständigenrat – Jahresgutachten 2018/19). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7652 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Wie bewertet die Bundesregierung die Stellungnahme des Sachverständigenrats im Jahresgutachten 2018/2019 zu den industriepolitischen Eingriffen , im speziellen die Kritik an der Produktion von Batterien? 2. Verlässt die Bundesregierung den Konsens, der seit der Ordnungspolitik von Ludwig Erhard gilt, dass der Staat Infrastruktur bereitstellt und einen funktionierenden Wettbewerb sicherstellt, dabei jedoch auf die gezielte Unterstützung ausgewählter Technologien und Unternehmen – Beispiel Batteriezellenfabrikation – weitgehend verzichten? 3. Sind der Bundesregierung erfolgreiche industriepolitische Eingriffe der letzten 30 Jahre bekannt, die mit Bundesmitteln oder Bundesbürgschaften von mehr als 10 Mio. Euro gefördert wurden? Die Fragen 1 bis 3 werden gemeinsam beantwortet. In der Sozialen Marktwirtschaft unterstützt und flankiert der Staat die Entscheidungen privater Akteure und Marktprozesse durch die Gestaltung von verlässlichen Rahmenbedingungen, die den Wettbewerb sichern. Ein darüber hinausgehendes staatliches Engagement in einzelnen Branchen kann insbesondere dann gerechtfertigt sein, wenn es darum geht, im internationalen Vergleich faire Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten oder die Forschung zu fördern. Auch bei Schlüsseltechnologien, die maßgebliche Wertschöpfungseffekte für viele Branchen haben, muss es für die deutsche und europäische Wirtschaft Ziel sein, an diesen Technologien teilzuhaben. In Fällen, in denen das dezentrale Agieren von Unternehmen alleine keine hinreichenden Ergebnisse liefert, um die Wettbewerbsfähigkeit und damit auch Wachstum und Wohlstand langfristig zu sichern, setzt die Politik daher Anreize. Dieses ist unter anderem beim Aufbau einer europäischen Batteriezellfertigung der Fall. 4. Wie lässt sich das Vorhaben von Bundesminister Peter Altmaier, dass die Bundesregierung für die Förderung der Batteriezellenfabrikation bis 2021 aus dem Etat des Bundeswirtschaftsministeriums 1 Mrd. Euro zur Verfügung stellen wird, mit den beihilferechtlichen Vorgaben der Europäischen Union in Einklang bringen? Die beihilferechtliche Prüfung wird im Einzelfall und anhand der Vorhabenplanung der Investoren erfolgen. Die Bundesregierung bezieht die Europäische Kommission hierbei frühzeitig ein. 5. Wie schätzt die Bundesregierung die Erfolgsaussichten ein, die Batteriezellenfabrikation als sogenanntes Vorhaben von gemeinsamem europäischen Interesse (IPCEI) anzumelden? Ein IPCEI ist eine der zur Auswahl stehenden beihilferechtlichen Fördermöglichkeiten . Die Prüfung, ob die Voraussetzungen für ein sogenanntes wichtiges Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse (IPCEI) erfüllt sind, kann erst erfolgen, wenn konkrete Projektskizzen und -anträge der interessierten Unternehmen vorliegen. Erste Gespräche seitens interessierter Unternehmen und auch der Bundesregierung mit möglichen Partnern aus anderen europäischen Mitgliedstaaten haben begonnen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/7652 6. Wie ist der Verhandlungsstand zu Vorhaben von gemeinsamen europäischen Interesse (IPCEI), sowohl beim Investitionsprogramm zur Mikroelektronik als auch zu Vereinbarungen für ein Batteriezellenkonsortium? Bei der Fördermaßnahme IPCEI Mikroelektronik zur Unterstützung von Forschung und Entwicklung bis zum Ende der ersten gewerblichen Nutzung wurde Mitte Januar 2017 bei den deutschen Teilvorhaben die Erlaubnis zum förderunschädlichen vorzeitigen Maßnahmenbeginn erteilt. Mitte Dezember 2017 hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wegen der noch offenen beihilferechtlichen Genehmigung vorläufige Zuwendungsbescheide an die beteiligten Unternehmen ausgereicht. Am 18. Dezember 2018 hat die EU-Kommission die Zuwendungen beim IPCEI Mikroelektronik von Deutschland, Frankreich, Italien und dem Vereinigten Königreich beihilferechtlich genehmigt. Aktuell werden die finalen Zuwendungsbescheide unter Berücksichtigung der beihilferechtlichen Vorgaben durch die EU-Kommission erstellt. Die Gespräche der beteiligten Bundesministerien zu einem möglichen IPCEI Batteriezellfertigung dauern an. Im Hinblick auf die noch laufenden Verhandlungen und Entscheidungsvorbereitungen können keine Informationen über die Gesprächsinhalte bereitgestellt werden. 7. Wann erwartet die Bundesregierung, dass ein Konsortium einen konkreten Zeitplan zur Realisierung einer Batteriezellenfertigung in Deutschland vorlegen wird? Die Bundesregierung erwartet, dass sich noch in diesem Jahr im Rahmen der Initiativen zur Batterieforschung und Batteriezellproduktion eine industrielle Lösung im Rahmen eines Konsortiums bilden wird. Anschließend wird das Konsortium einen Zeitplan zur Realisierung einer Batteriezellenfertigung in Deutschland vorlegt. 8. Welche anderen Hersteller von Batteriezellen weltweit könnten durch den Aufbau einer Batteriezellenfabrikation in Deutschland vom Markt gedrängt werden? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. 9. Liegen der Bundesregierung Marktforschungsergebnisse vor, die ungefähre Nachfrage nach Batteriezellen in den nächsten Jahren prognostizieren könnte? Im kommenden Jahrzehnt wird die Nachfrage nach Batterien zunehmen, wenn sich Elektrofahrzeuge, mobile digitale Elektrogeräte sowie stationäre dezentrale Energiespeicher weiter durchsetzen. Zahlreiche Fachstudien haben Schätzungen vorgelegt, wonach allein Europa mit einem Anteil von 20 bis 30 Prozent der globalen Nachfrage dazu beitragen dürfte, dass im Jahr 2025 Zellproduktionskapazitäten von mindestens 200 GWh/a bis hin zu 600 GWh/a an europäischen Standorten aufgebaut werden müssen. Die derzeit für Europa angekündigten Kapazitäten können diese Nachfrage nicht bedienen. Für das Jahr 2030 rechnen diese Studien mit den dreifachen GWh-Kapazitäten (rund 600 bis 1500 GWh/a). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7652 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 10. Wie schätzt die Bundesregierung die Wahrscheinlichkeit ein, dass die aktuelle Generation an Batteriezellen, die in der geplanten Produktion in Deutschland produziert werden sollen, tatsächlich in der Zukunft nachgefragt werden? Aus Sicht der Bundesregierung steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Batteriezellen der aktuellen Generation, die in einer geplanten Produktion in Deutschland produziert werden sollen, nachgefragt werden, wenn diese qualitativ und wirtschaftlich wettbewerbsfähig sind. 11. Sind der Bundesregierung Forschungsergebnisse bekannt, welche anderen Batterien der Zukunft möglicherweise die aktuelle Generation an Batterien ablösen könnten? Von den bekannten chemischen Systemen von Akkumulatoren werden bis voraussichtlich 2030 die Lithium-Ionen-Systeme (mit flüssigem Elektrolyten und ggf. mit festem Elektrolyten) Anwendung finden. Danach könnten in Abhängigkeit der Ergebnisse bei Forschung und Entwicklung weitere chemische Systeme wie beispielsweise Natrium-Ionen, Magnesium-Ionen, Metall-Luft oder Metall- Schwefel zum Einsatz kommen. 12. Wie wird die Bundesregierung ein solches Konsortium unterstützen? Forschungsseitig unterstützt das Bundesministerium für Bildung und Forschung die Etablierung einer Batteriezellproduktion in Deutschland und Europa mit der Umsetzung des Dachkonzeptes „Forschungsfabrik Batterie“. Ziel der Forschungsaktivitäten ist es, Know-how und Technologie entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu entwickeln und industriell nutzbar zu machen, um eine geschlossene Wertschöpfungskette – von der Materialherstellung über den Maschinen - und Anlagenbau, die Zell- und Batteriefertigung bis hin zu den Endanwendern (beispielsweise Automobilherstellern) – abbilden zu können. Auch die Förderung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie sieht einen Schwerpunkt auf der Fortentwicklung und dem Einsatz neuerer Speichertechnologien vor. 13. Aus welchen Akteuren sollte sich ein solches Konsortium zusammensetzen? Die Gespräche der beteiligten Bundesministerien dauern an. Im Hinblick auf die noch laufenden Verhandlungen und Entscheidungsvorbereitungen können keine Informationen über die Gesprächsinhalte oder mögliche Konsortialpartner bereitgestellt werden. 14. Sind der Bundesregierung Forderungen der Konsorten bekannt, dass eine verpflichtende Abnahmegarantie von Originalausrüstungsherstellern oder direkt von den Automobilbauern vorliegen muss, damit ein Konsortium entstehen kann? Eine Beteiligung eines Automobilherstellers an einem Batteriezellkonsortium erhöht die Aussichten auf einen erfolgreichen Markteintritt eines Zellfertigers, weil dadurch Klarheit über Abnahmemengen geschaffen wird. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/7652 15. Wo soll aus Sicht der Bundesregierung die Batteriezellenfertigung in Deutschland angesiedelt werden, und warum? Die Realisierung einer angemessenen Anzahl an Batteriezellfertigungsstandorten mit der Umsetzung einer nachfrageadäquaten Speicherkapazität bleibt eine unternehmerische Aufgabe. Die Bundesregierung wird diesen marktwirtschaftlichen Prozess mit unterschiedlichen Instrumenten flankieren, zu denen insbesondere auch die Ausreichung von Zuwendungen zur Senkung des unternehmerischen Risikos im ersten Investitionsschritt zählen kann. Die Standortauswahl wird hinsichtlich der Wachstums- und Beschäftigungseffekte , der Wettbewerbsfähigkeit der beteiligten Unternehmen und des Konzepts sowie mit Blick auf die Beiträge zu gesellschaftlichen Herausforderungen beurteilt . Eine entscheidende Rollen spielt auch das Verwertungskonzept und das Verwertungspotenzial , der Beitrag zur Stärkung der Innovationskraft der Unternehmen am Standort Deutschland und Europa sowie zu weiteren Zielen und Strategien der Bundesregierung. Wünschenswert sind Spill-Over-Effekte, d. h. insbesondere systemrelevante Auswirkungen auf mehreren Ebenen der Wertschöpfungskette oder der vor- bzw. nachgelagerten Märkte sowie der Verwendung in anderen Wirtschaftszweigen. Eine wesentliches weiteres Kriterium ist die Berücksichtigung von Aspekten der Nachhaltigkeit und des Umwelt- und Klimaschutzes bei den anvisierten Technologien, Verfahren und Produkten. 16. Mit welchem Investitionsvolumen rechnet die Bundesregierung für den Aufbau der Batteriezellenfabrikation? 17. Strebt die Bundesregierung vor dem Hintergrund, dass das Unternehmen Bosch ein Investitionsvolumen von ca. 20 Mrd. Euro für den Aufbau einer nachhaltigen Batteriezellenfabrikation in Deutschland berechnet hat, ein Engagement an einem Konsortium an, das von einem ähnlich hohen Investitionsvolumen ausgeht? Die Fragen 16 und 17 werden gemeinsam beantwortet. Die konkrete Investitionsplanung bleibt in der Verantwortung der Unternehmen. Über eine Bundesförderung wird nach Vorlage konkreter Projektvorschläge entschieden . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333