Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 6. Februar 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/7658 19. Wahlperiode 08.02.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Carl-Julius Cronenberg, Michael Theurer, Jens Beeck, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/7302 – Pläne zur Einführung eines europäischen Mindestlohnrahmens V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD wurde vereinbart, einen Rahmen für Mindestlohnregelungen in den EU-Staaten zu entwickeln. Im Rahmen einer Grundsatzrede an der Berliner Humboldt-Universität am 28. November 2018 hat der Bundesminister der Finanzen Olaf Scholz diese Überlegungen konkretisiert. Laut seiner Aussage sollten nationale Mindestlöhne mindestens 60 Prozent des Medianlohns, also des mittleren Einkommens, betragen (Quelle: www.zeit.de/politik/deutschland/2018-11/olaf-scholz-europa-rede-finanzministereu -populismus-mindestlohn). Auch der Bundesminister für Arbeit und Soziales Hubertus Heil hat die Pläne der Bundesregierung bestätigt, einen einheitlichen Rechtsrahmen für einen europäischen Mindestlohn schaffen zu wollen. Dieser sollte im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2020 eingebracht werden (www.moz.de/nachrichten/ deutschland/artikel-ansicht/dg/0/1/1689054/). 1. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung der Median der monatlichen Bruttoarbeitsentgelte aller Beschäftigten in Deutschland seit 2010 bis heute entwickelt (bitte alle verfügbaren Einkommen einbeziehen)? Angaben zu Bruttoverdiensten weist das Statistische Bundesamt in den Fachserien zur alle vier Jahre durchgeführten Verdienststrukturerhebung (VSE) aus. Durch die Ausweitung der Erhebung auf die Landwirtschaft und die Einbeziehung von Kleinbetrieben (unter zehn Beschäftigte) sind die Daten ab der VSE 2014 mit den Ergebnissen der Vorerhebungen nicht mehr vergleichbar und werden hier einer Sonderauswertung des Statistischen Bundesamtes mit der Abgrenzung der VSE 2010 entnommen. Die vorliegenden Daten sind der nachfolgenden Tabelle 1 zu entnehmen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7658 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Tab. 1: Mittlere monatliche Bruttoverdienste (Median) aller Beschäftigten: Oktober 2010 2.330 Euro April 2014 2.527 Euro Quelle: Statistisches Bundesamt Wird für den April 2014 die Gesamtwirtschaft (also einschließlich Kleinstbetriebe und Land- und Forstwirtschaft) zugrunde gelegt, beziffert sich der Median für Beschäftigte insgesamt auf 2 196 Euro pro Monat. 2. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung der Median des Bruttostundenlohns aller Beschäftigten in Deutschland seit 2010 entwickelt (bitte alle verfügbaren Einkommen einbeziehen)? Im April 2014 betrug der Median der Bruttostundenverdienste für alle Beschäftigungsverhältnisse in der Gesamtwirtschaft 14,65 Euro. Entsprechende Angaben zum Median des Bruttostundenverdienstes für 2010 liegen der Bundesregierung nicht vor. 3. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung der Median der monatlichen Bruttoarbeitsentgelte von sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten in Deutschland seit 2010 bis heute entwickelt? Nach Angaben aus der Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit lag der Median des monatlichen Bruttoarbeitsentgeltes der Vollzeitbeschäftigten der Kerngruppe zum Stichtag 31. Dezember 2017 in Deutschland bei 3 209 Euro. Im Jahr 2010 lag das monatliche Medianentgelt bei 2 704 Euro. Allerdings ist der Vergleich mit den Jahren vor 2011 eingeschränkt. Für methodische Hinweise und weitere Auswertungen zu Medianentgelten wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Niedriglöhne in der Bundesrepublik Deutschland “ auf Bundestagsdrucksache 19/6067 verwiesen. Eine Zeitreihe kann der nachfolgenden Tabelle 2 entnommen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/7658 Tab. 2: Median der monatlichen Bruttoarbeitsentgelte von sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten der Kerngruppe Deutschland Zeitreihe Stichtag Sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigte der Kerngruppe Insgesamt darunter mit Angabe zum Entgelt Median in Euro 1 2 3 31.12.2010 20.053.820 19.766.328 2.704 31.12.2011 19.780.644 19.530.087 2.802 31.12.2012 19.843.938 19.591.742 2.876 31.12.2013 19.995.227 19.796.201 2.954 31.12.2014 20.245.189 20.048.977 3.024 31.12.2015 20.562.821 20.372.912 3.083 31.12.2016 20.895.291 20.707.738 3.133 31.12.2017 21.271.075 21.069.446 3.209 Hinweise: Ab 2011 Modernisierung des Meldeverfahrens. Vergleichbarkeit mit den Jahren davor eingeschränkt. Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit 4. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung der Median des Bruttostundenlohns von sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten in Deutschland seit 2010 entwickelt (bitte auch die Berechnungsgrundlage angeben)? Im April 2014 betrug der Median der Bruttostundenverdienste für sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Vollzeit für die Gesamtwirtschaft 16,98 Euro auf Basis der VSE. Entsprechende Angaben zum Median des Bruttostundenverdienstes für sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Vollzeit im Jahr 2010 liegen der Bundesregierung nicht vor. Die Berechnungsgrundlagen beruhen vor allem auf internationalen Standards (ILO, EU), die vom Statistischen Bundesamt berücksichtigt wurden. Als Rechtsgrundlagen sind die Verordnung (EG) Nr. 530/1999 sowie das Verdienststatistikgesetz (VerdStatG) vom 21. Dezember 2006 zu nennen. 5. Wo liegt nach Kenntnis der Bundesregierung der aktuelle Median der monatlichen Bruttoarbeitsentgelte in den einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union? Die aktuellsten verfügbaren Werte für den Median der monatlichen Bruttoverdienste in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union liegen für das Jahr 2014 vor und können der nachfolgenden Tabelle 3 entnommen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7658 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Tab. 3: Median der monatlichen Bruttoverdienste in der Europäischen Union (in Euro) Hinweis: Die Angaben beziehen sich auf die Bereiche Industrie, Baugewerbe und Dienstleistungen (ohne Öffentliche Verwaltung, Verteidigung und Sozialversicherung) in Unternehmen mit 10 und mehr Mitarbeitern. Quelle: Eurostat 6. Wo liegt nach Kenntnis der Bundesregierung der aktuelle Median der Bruttostundenlöhne in den einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (bitte auch die jeweiligen Berechnungsgrundlagen angeben, wenn möglich)? Die aktuellsten verfügbaren Werte für den Median der Bruttostundenverdienste in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union liegen für das Jahr 2014 vor und können der nachfolgenden Tabelle 4 entnommen werden. 2014 Dänemark 3.627 Luxemburg 3.240 Schweden 3.065 Irland 2.813 Finnland 2.797 Belgien 2.719 Deutschland 2.343 Vereinigtes Königreich 2.326 Österreich 2.232 Frankreich 2.205 Niederlande 2.135 Italien 2.022 Europäische Union (28) 1.919 Spanien 1.570 Zypern 1.410 Malta 1.386 Griechenland 1.336 Slowenien 1.295 Kroatien 873 Portugal 867 Estland 845 Tschechien 775 Polen 755 Slowakei 752 Ungarn 590 Lettland 528 Litauen 514 Rumänien 375 Bulgarien 302 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/7658 Tab. 4: Median der Bruttostundenverdienste in der Europäischen Union (in Euro) Hinweis: Die Angaben beziehen sich auf die Bereiche Industrie, Baugewerbe und Dienstleistungen (ohne Öffentliche Verwaltung, Verteidigung und Sozialversicherung) in Unternehmen mit 10 und mehr Mitarbeitern. Quelle: Eurostat Die Berechnungsgrundlagen beruhen vor allem auf internationalen Standards (ILO, EU), die vom Statistischen Bundesamt berücksichtig wurden. Als Rechtsgrundlagen sind die Verordnung (EG) Nr. 530/1999 sowie das Verdienststatistikgesetz (VerdStatG) vom 21. Dezember 2006 zu nennen. 7. Wo liegen nach Kenntnis der Bundesregierung die nationalen Mindeststundenlöhne der einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (falls der Mindestlohn auf Wochen- oder Monatsbasis festgelegt ist, bitte entsprechend angeben)? Die Höhe der Mindeststundenlöhne in den einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, basierend auf Angaben des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Boeckler-Stiftung (WSI) zum Stand Januar 2018, kann der folgenden Tabelle 5 entnommen werden. 2014 Dänemark 25,37 Irland 20,16 Schweden 18,46 Luxemburg 18,27 Belgien 17,31 Finnland 17,24 Niederlande 16,00 Deutschland 15,30 Frankreich 14,80 Vereinigtes Königreich 14,72 Österreich 13,78 Europäische Union (28) 12,93 Italien 12,34 Spanien 9,83 Malta 8,48 Zypern 8,35 Griechenland 8,00 Slowenien 7,32 Portugal 5,12 Estland 4,91 Kroatien 4,90 Tschechien 4,56 Slowakei 4,40 Polen 4,29 Ungarn 3,59 Lettland 3,35 Litauen 3,11 Rumänien 2,03 Bulgarien 1,67 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7658 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Tabelle 5: Mindestlöhne in der Europäischen Union zum 01.01.2018 pro Stunde in Euro zuletzt verändert Luxemburg 11,55 01.01.2017 Frankreich 9,88 01.01.2018 Niederlande 9,68 01.01.2018 Irland 9,55 01.01.2018 Belgien 9,47 01.06.2017 Deutschland 8,84 01.01.2017 Großbritannien 8,56 01.04.2017 Slowenien 4,84 01.01.2018 Spanien 4,46 01.01.2018 Malta 4,31 01.01.2018 Portugal 3,49 01.01.2018 Griechenland 3,39 01.03.2012 Estland 2,97 01.01.2018 Polen 2,85 01.01.2018 Tschechien 2,78 01.01.2018 Slowakei 2,76 01.01.2018 Kroatien 2,66 01.01.2018 Ungarn 2,57 01.01.2018 Lettland 2,54 01.01.2018 Rumänien 2,50 01.01.2018 Litauen 2,45 01.01.2018 Bulgarien 1,57 01.01.2018 Hinweis: Umrechnung in Euro anhand des Durchschnittskurses des Jahres 2017 Quelle: WSI-Tarifarchiv; WSI-Mindestlohndatenbank International – Länderübersicht In Dänemark, Finnland, Italien, Österreich, Schweden und Zypern existiert kein gesetzlich festgelegter Mindestlohn. Der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2019 auf 9,19 Euro pro Stunde erhöht (Zweite Mindestlohnanpassungsverordnung – MiLoV2 – vom 13. November 2018). 8. Wie weit sind die Pläne der Bundesregierung zur Entwicklung eines europäischen Mindestlohnrahmens fortgeschritten? Die Bundesregierung arbeitet an der Umsetzung des Vorhabens im Koalitionsvertrag , einen Rahmen für Mindestlohnregelungen sowie für nationale Grundsicherungssysteme in den EU-Staaten zu entwickeln. Die Arbeiten laufen noch, die Meinungsbildung innerhalb der Bundesregierung ist noch nicht abgeschlossen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/7658 Ein Vorschlag zu einem solchen Rahmen kann anschließend zusammen mit der Europäischen Kommission und den anderen Mitgliedstaaten weiterentwickelt werden. 9. Welche Rechtsgrundlage im Rahmen der EU-Verträge ist für die Einführung eines europäischen Mindestlohnrahmens vorgesehen? 10. Welche Kriterien sollen der Berechnung des Medianeinkommens für einen europäischen Mindestlohnrahmen zugrunde gelegt werden? 11. Inwieweit sollen Bruttoeinkommen aus Beschäftigungsverhältnissen, bei denen es sich nicht um sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigungen handelt, in die Berechnung des Medianeinkommens für einen europäischen Mindestlohnrahmen miteinbezogen werden? Die Fragen 9 bis 11 werden gemeinsam beantwortet. Auf die Antwort zu Frage 8 wird verwiesen. 12. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung ähnliche Bestrebungen zur Einführung eines europäischen Mindestlohnrahmens auch in anderen Mitgliedstaaten ? Grundsätze für angemessene und mit ausreichenden Arbeitsanreizen verbundene Mindestlöhne sind bereits in der Europäischen Säule sozialer Rechte (ESSR) niedergelegt , die im November 2017 von der Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union verabschiedet wurde. Die Umsetzung der ESSR ist Gegenstand fortlaufender Gespräche zwischen der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten. 13. Welche Auswirkung hätte die Kopplung des gesetzlichen Mindestlohns an das Medianeinkommen auf die Arbeit der Mindestlohnkommission gemäß § 9 Absatz 2 des Mindestlohngesetzes nach Einschätzung der Bundesregierung ? Das Mindestlohngesetz sieht eine Kopplung des Mindestlohns an das Medianeinkommen nicht vor, so dass eine Gesetzesänderung hierfür erforderlich wäre. Die daraus folgenden Konsequenzen für die Arbeit der Mindestlohnkommission würden von der konkreten Ausgestaltung der Gesetzesänderung abhängen. 14. Inwieweit plant die Bundesregierung die Entwicklung weiterer europäischer Rechtsrahmen im Bereich von nationalen Grundsicherungssystemen? Auf die Antwort zu Frage 8 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333