Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 11. Februar 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/7707 19. Wahlperiode 13.02.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Renata Alt, Alexander Graf Lambsdorff, Nicole Bauer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/7107 – Modernisierung europäischer Infrastruktur im Rahmen der One-Belt- One-Road-Initiative V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Mit dem Projekt der „Neuen Seidenstraße“ (engl. One Belt, One Road Initiative) möchte die Kommunistische Partei der Volksrepublik China ein umfangreiches Entwicklungsprogramm umsetzen. Mit 900 Mrd. US-Dollar Investitionsvolumen in Infrastrukturprojekte plant Staatschef Xi Jinping, eurasische Länder enger an China zu binden. Vorrangig investiert das Land in Bahn-, See- und Straßeninfrastruktur sowie in Pipelines und Kraftwerke. Ziele dieser Investitionspolitik sind u. a. ein erleichterter Marktzugang für chinesische Unternehmen, Auftragsbeschaffungen für staatliche Konzerne sowie die Anwendung chinesischen Know-hows (www.spiegel.de/politik/ausland/china-entwicklungsprogrammneue -seidenstrasse-a-1147588.html). Die „Neue Seidenstraße“ hat längst auch Europa erreicht. Als Schwerpunkt gelten südost- und osteuropäische Staaten innerhalb und außerhalb der Europäischen Union. In Griechenland hat China bereits mehr als 7 Mrd. US-Dollar investiert . Die staatliche Elektrizitätsgesellschaft Chinas übernahm vor zwei Jahren 24 Prozent des teilprivatisierten Stromnetzbetreibers ADMIE. Mit der Übernahme des Hafens von Piräus durch die staatseigene China Ocean Shipping Company 2016 hat sich China ein „Tor nach Europa“ geschaffen, durch das chinesische Exporte nach Süd-, Ost- und Mitteleuropa transportiert werden (www.dw. com/de/schuldenfalle-neue-seidenstra%C3%9Fe/a-43467223). Mit elf mitteleuropäischen EU-Staaten und fünf Beitrittskandidaten hat China 2012 das „16+1-Format“ ins Leben gerufen. Ziel dieser Initiative ist eine engere wirtschaftliche Zusammenarbeit. China plant, bis zu 13 Mrd. Euro in den 16 Staaten zu investieren (www.derstandard.de/story/2000071428469/chinesischerdrache -ueber-dem-balkan). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7707 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Das chinesische Engagement trifft insbesondere in Westeuropa auf zunehmende Skepsis. (West-)Europäer bemängeln vor allem, dass nationale Firmen bei den Aufträgen kaum zum Zuge kommen. China knüpfe seine Kreditzusagen oft an die Bedingung, dass chinesische Firmen beauftragt werden. So auch im Fall der Modernisierung der Eisenbahnstrecke Budapest–Belgrad. Für umgerechnet 1,8 Mrd. Euro sollten die Firmen „China Railways International“ und „China Construction Company“ eine schnelle Bahnstrecke zwischen Belgrad und Budapest bauen (www.dw.com/de/schuldenfalle-neue-seidenstra%C3%9Fe/a-43 467223). Gegen die Idee, die Modernisierung und den Ausbau der bestehenden Strecke direkt zu vergeben, hatte die Europäische Kommission im Februar 2017 Widerspruch eingelegt und eine offizielle Untersuchung eingeleitet. Der Vorwurf: Ungarn habe die EU-Richtlinien zur Ausschreibung von solchen Großprojekten missachtet (www.mdr.de/heute-im-osten/ungarn-china-seidenstrasse-100.html). Ende November 2017 schrieb die ungarische Regierung den Auftrag öffentlich aus. Da die EU den Ausbau der Trassierung nicht finanziert, trägt das chinesisch -ungarische Joint Venture die Kosten (https://ted.europa.eu/TED/notice/ udl?uri=TED:NOTICE:475836-2017:TEXT:DE:HTML&src=0). 1. Welche europäischen Infrastrukturprojekte sind der Bundesregierung bekannt , die im Rahmen der chinesischen Initiative der Neuen Seidenstraße geschaffen oder unterstützt wurden und werden (bitte nach Zielländern und Infrastruktursparten aufschlüsseln und konkrete Investitionsziele nennen)? Der Bundesregierung liegen keine eigenen belastbaren und detaillierten Informationen vor, da die Initiative inhaltlich und geografisch nicht eindeutig definiert ist. Die Bundesregierung unterstützt die EU-Asien-Konnektivitätsstrategie, die auf einen nachhaltigen und regelbasierten Ausbau von Verkehrs- und Energieinfrastruktur sowie die Unterstützung der digitalen Vernetzung abzielt. Im Verkehrsbereich erfolgen darüber hinaus regelmäßig Gespräche zu Projekten zwischen Europäischer Kommission, EU-Mitgliedstaaten und China im Rahmen der EU-China Konnektivitätsplattform. 2. Ist der Bundesregierung die Praxis bekannt, chinesische Kreditzusagen an Konditionen wie die Beauftragung bestimmter Bauträger oder Unternehmen zu binden (www.dw.com/de/schuldenfalle-neue-seidenstra%C3%9Fe/a-434 67223)? Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung dagegen, und wie setzt sie sich für den Erhalt freier Ausschreibungen ein, sofern diese EU-Recht unterliegen ? Der Bundesregierung liegen hierzu keine eigenen belastbaren Informationen vor. Die Bundesregierung setzt sich unabhängig vom Ort des Infrastrukturprojekts für offene, transparente und diskriminierungsfreie Ausschreibungsverfahren und -bedingungen bei Infrastrukturprojekten ein. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/7707 3. Wie bewertet die Bundesregierung, vor dem Hintergrund der gemeinsamen Einschätzung der EU-Botschafter mit Ausnahme Ungarns, die chinesische Regierung wolle die Globalisierung nach ihren Vorstellungen umgestalten (www.zeit.de/2018/22/china-investitionen-deutschland-technologie-firmen/ seite-2), die strategische Investition chinesischer Firmen in europäische Verkehrs - und Logistikinfrastruktur, beispielsweise in den Hafen von Piräus und die daran anschließende Schienenverbindung, die auch das Teilstück des Bahnprojekts Budapest–Belgrad umfasst? Deutschland und Europa stehen ausländischen Investitionen offen gegenüber; dies folgt u. a. der im EU-Recht verankerten Kapitalverkehrsfreiheit. Inwieweit EU-Mitgliedstaaten unter Beachtung des unionsrechtlichen Rahmens Investitionen ausländischer Unternehmen einer Prüfung und ggf. einer Beschränkung unterwerfen , liegt in der Verantwortung des jeweiligen Mitgliedstaates. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 1 und 2 verwiesen. 4. Wie schätzt die Bundesregierung die Auswirkungen des seit 2012 existierenden „16+1-Formats“ auf Einigungsprozesse in den EU-Institutionen ein, insbesondere mit Blick auf eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und die Rolle des Europäischen Auswärtigen Dienstes? Für die Bundesregierung genießen die Einheit der Europäischen Union, deren kohärentes Außenhandeln sowie die Wahrung der in den EU-Verträgen festgeschriebenen EU-Kompetenzordnung eine hohe Priorität. Einschränkungen hiervon betrachtet die Bundesregierung mit Sorge. 5. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Engagement Chinas in EU-Beitrittsstaaten oder -kandidaten, vorrangig auf dem Westbalkan, insbesondere mit Blick auf die umfangreichen rechtsstaatlichen Anforderungen , welche die Europäische Kommission vor dem Beitritt von diesen Staaten verlangt? Der Annäherungsprozess an die Europäische Union und insbesondere die EU- Beitrittsverhandlungen setzen die sukzessive Anpassung an Politik bzw. Positionen der EU und ihrer Mitgliedstaaten gegenüber Drittstaaten sowie die Übernahme des gemeinschaftlichen Regelwerks voraus. Hierzu gehören auch die Gewährleistung eines fairen und transparenten öffentlichen Vergabesystems sowie Interoperabilität und Einhaltung von Umweltschutzvorgaben bei Infrastrukturprojekten . In diesem Rahmen erwartet die Bundesregierung eine sukzessive Angleichung der Haltung der jeweiligen EU-Beitrittskandidaten gegenüber Drittstaaten an die jeweilige Position der EU. 6. Kann die Bundesregierung nach jetzigem Kenntnisstand ausschließen, dass EU-Finanzmittel, z. B. aus den europäischen Struktur- und Investitionsfonds , für die Finanzierung des Bahnprojekts Belgrad–Budapest verwendet werden? 7. Hat es nach Kenntnis der Bundesregierung bereits eine Auftragsvergabe an Unternehmen gegeben, die auf der EU-Ausschreibung Bauleistung 475836- 2017 basiert? Falls ja, welche Unternehmen sind nach Kenntnis der Bundesregierung an diesem Projekt beteiligt, und liegen der Bundesregierung Kenntnisse über die Firmen und ihre Eigentümer vor, etwa Gründungsjahr, Mehrheitsbeteiligungen , Geschäftsführer u. Ä. (bitte nach vorhandenen Kriterien für jedes Unternehmen auflisten)? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/7707 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 8. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob auch deutsche Firmen am in der Vorbemerkung der Fragesteller genannten Ausbau und an der Modernisierung der Schienenverbindung Budapest–Belgrad beteiligt sind? Falls ja, verfügt die Bundesregierung über Kenntnisse zu den Eigentümern (s. o.) (bitte sowohl die Firmen aufführen als auch die jeweiligen Kriterien pro Firma aufschlüsseln)? 9. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Ankündigung, die Bahnstrecke werde nach der Modernisierung durch ein ungarisch-chinesisches Joint Venture betrieben, an dem der chinesische Anteil 85 Prozent betragen soll (www.mdr.de/heute-im-osten/ungarnchina -seidenstrasse-100.html)? 10. Ist eine solche Aufteilung einer europäischen Infrastrukturanlage nach Auffassung der Bundesregierung EU-rechtskonform? 11. Über welche Erkenntnisse verfügt die Bundesregierung hinsichtlich der Finanzierung des Projekts, das EU-weit ausgeschrieben ist, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus Medienberichten, wonach die Bauarbeiten durch ein chinesisches Konsortium ausgeführt werden sollen (www. mdr.de/heute-im-osten/ungarn-china-seidenstrasse-100.html)? 12. Für den Fall, dass es zur Finanzierung in Frage 11 eine Kreditvergabe gab, wer ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Kreditgeber und wer der Kreditnehmer ? Welche Konditionen liegen der Kreditvergabe zu Grunde, und wie beurteilt die Bundesregierung die Konditionen, insbesondere mit Blick auf die Konditionalität der Finanzmittel, Laufzeit und Zinsen, im Vergleich zu „handelsüblichen “ Krediten? Die Fragen 6 bis 12 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Nach Kenntnis der Bundesregierung ist die Vergabe der Bauleistung für den ungarischen Teil des Eisenbahnprojekts Budapest-Belgrad noch nicht erfolgt. Informationen über die Finanzierung, die technischen Einzelheiten und den künftigen Betrieb der Strecke liegen nicht vor. Nach Kenntnis der Bundesregierung laufen diesbezüglich Gespräche zwischen der EU-Kommission und der ungarischen Seite. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333