Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung vom 26. Februar 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/8046 19. Wahlperiode 27.02.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Tobias Pflüger, Dr. André Hahn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/7551 – Umsetzung des neuen Traditionserlasses der Bundeswehr V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Ende März 2018 ist der neue Traditionserlass der Bundeswehr in Kraft getreten. Er folgte auf mehrere Vorfälle in der Bundeswehr mit Bezug zu Rechtsextremismus bzw. zur Wehrmacht. Die Bundesministerin der Verteidigung Dr. Ursula von der Leyen hatte der Truppe in diesem Zusammenhang unter anderem ein „Haltungsproblem“ und „falsch verstandenen Korpsgeist“ vorgeworfen (Frankfurter Rundschau, 2. Mai 2017). Der neue Erlass führt zwar aus, die Wehrmacht sei als Institution nicht vorbildlich , zugleich enthält er aber erstmals – im Unterschied zu früheren Traditionserlassen – die Feststellung, dass einzelne Offiziere der Wehrmacht sehr wohl vorbildstiftend für die Bundeswehr sein könnten. Eine eindeutige Abkehr von der Wehrmacht als Traditionsgeberin können die Fragestellerinnen und Fragesteller auch deswegen nicht erkennen, weil die Bundeswehr an der Rommel- Kaserne festhalten will (Antwort zu Frage 9 auf Bundestagsdrucksache 18/13284). Dabei ist Erwin Rommels Rolle unter Historikern strittig. Als gesichert anzunehmen, Rommel sei Teil des militärischen Widerstands gewesen, halten die Fragestellerinnen und Fragesteller geradezu für Geschichtsklitterung. Der Traditionserlass nennt als Bedingung für eine Vorbildlichkeit von historischen Persönlichkeiten, dass diese eine Leistung erbracht hätten, die „vorbildlich oder sinnstiftend in die Gegenwart wirkt“, als Beispiele werden die Beteiligung am Widerstand oder Verdienste um die Wiederaufrüstung genannt. Da es durchaus denkbar ist, dass ein Wehrmachtsoffizier sowohl Verbrechen begangen hat als auch am Umsturzversuch des 20. Juli 1944 beteiligt war und/oder die Wiederaufrüstung der Bundesrepublik Deutschland unterstützt hat, hatten die Fragestellerinnen und Fragesteller sich erkundigt, ob eine persönliche Schuld der Offiziere ein Ausschlussgrund oder durch andere Leistungen relativierbar sei. Die Bundesregierung hat hierauf mehrfach klargestellt, für eine Vorbildfunktion sei das „Fehlen persönlicher Schuld Voraussetzung“ (Antwort zu Frage 10 auf Bundestagsdrucksache 19/379), und „Das Vorliegen ‚persönlicher Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8046 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Schuld‘ schließt eine Traditionswürdigkeit aus“ (Antwort zu Frage 20 auf Bundestagsdrucksache 19/2200). Der Begriff der Schuld wurde dabei nicht von einem rechtskräftigen Gerichtsurteil abhängig gemacht, sondern auf den Stand der historischen Erkenntnisse bezogen (Antwort zu Frage 21 auf Bundestagsdrucksache 19/2200). Unter diesem Aspekt scheinen den Fragestellerinnen und Fragestellern sehr viele Namenspatrone von Kasernen überprüfungsbedürftig, unter ihnen auch Angehörige des 20. Juli 1944, die sich teilweise ebenfalls Kriegsverbrechen schuldig gemacht bzw. diese unterstützt oder angeordnet haben (vgl. etwa zur Übersicht „NS-Verbrechen und der militärische Widerstand gegen Hitler“, Darmstadt 2000, hg. von Gerd R. Ueberschär). Die Bundesregierung selbst schrieb in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 16/2358, die Erfahrung, „durch den rassenideologischen Vernichtungskrieg auch persönlich schuldig geworden zu sein“, sei für einige der Verschwörer ein wesentlicher Antrieb ihres widerständigen Handelns gewesen. Deren Tauglichkeit als Namenspatrone von Kasernen wäre aber angesichts der Aussage der Bundesregierung, das Fehlen einer persönlichen Schuld sei dafür die Voraussetzung, heute zu bestreiten. Kritik am Traditionserlass aus einer Binnensicht heraus wird umfangreich im Sammelband „Tradition in der Bundeswehr. Zum Erbe des deutschen Soldaten und zur Umsetzung des neuen Traditionserlasses“ (Miles-Verlag 2018) geübt. Hier steht vor allem der Aspekt im Vordergrund, dass insbesondere für die Angehörigen kämpfender Bundeswehreinheiten die für sie zentrale Frage des Kämpfens nicht ausreichend im Traditionserlass thematisiert werde, was auf politische Rücksichten zurückgeführt wird. Mehrere Autoren, darunter ausweislich des Autorenverzeichnisses Mitarbeiter der Bundeswehr (insbesondere des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwesen der Bundeswehr, ZMSBw) plädieren dafür, die Vorbildwürdigkeit nicht auf demokratiekompatible Personen einzuengen. Für extrem bedenklich halten die Fragestellerinnen und Fragesteller einen Beitrag mit dem Titel „Tradition und Ethik“, dessen Autor laut Autorenverzeichnis „Abteilungsleiter Weiterentwicklung Innere Führung am Zentrum Innere Führung in Koblenz“ ist. In dem Beitrag werden ausführlich – und zustimmend – Positionen des Generalmajors der Bundeswehr a. D. Gerd Schultze-Rhonhof dargelegt. Gerd Schultze-Rhonhof gilt nach Presseberichten als Geschichtsrevisionist (www.sueddeutsche.de/bayern/ingolstadt-unterstuetzer-des-armeemuseumsverbreiten -rechtsradikale-thesen-1.3705573), der in der Vergangenheit beispielsweise bei Veranstaltungen der rechtsextremen „Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger“ auftrat (vgl. Bundestagsdrucksache 17/6201). In einem Beitrag der Zeitschrift „Treue Kameraden“ empfahl er im Juni 2005 das Buch „Freispruch für die Deutsche Wehrmacht“ und führte aus, der Zweite Weltkrieg habe „sich gegen Hitlers Willen“ ausgedehnt (vgl. Bundestagsdrucksache 16/1282). In seinem Buch „Der Krieg, der viele Väter hat“, bezweifelt Gerd Schultze-Rhonhof die deutsche Kriegsschuld (vgl. www.faz.net/aktuell/feuilleton/ politik/im-generalsblick-1135031.html). Gerd Schultze-Rhonhof wird in dem genannten Beitrag im Sammelband zur Traditionspolitik unter anderem mit den Worten zitiert, es gebe „keinen Grund, einzelne Soldaten, Verbände oder militärische Ereignisse der Vergangenheit aus der Tradition der Bundeswehr auszuschließen, nur weil sie nicht dem Kontext des Grundgesetzes entsprechen.“ Gerd Schultze-Rhonhof wendet sich gegen „ein Überbewerten von modernen Verfassungszielen verbunden mit einer Unterbewertung von Berufszielen und einer durchgehenden Ächtung früherer Soldatengenerationen .“ Der Kontext des Artikels lässt aus Sicht der Fragestellerinnen und Fragesteller eindeutig darauf schließen, dass der Autor sich diese Äußerungen zu eigen macht (er nennt es „wünschenswert, wenn diese dezidierte Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/8046 Kritik […] ausführlich diskutiert“ werde). Die Fragestellerinnen und Fragesteller halten es für extrem bedenklich, dass ein Bundeswehrangehöriger, der für die „Weiterentwicklung Innere Führung“ verantwortlich ist, es für angezeigt hält, davor zu warnen, Verfassungsziele „überzubewerten“. Der Autor des Textes spricht weiter davon, ein „exkludierender Legitimationsansatz , der Tugenden gegen Werte ausspielt“, führe „in die Irre“. Die Fragestellerinnen und Fragesteller sehen sich in der Skepsis bestätigt, dass innerhalb der Bundeswehr die enge Bindung des Auftrages an das Grundgesetz nicht durchweg ernst genommen wird. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g In seinem 60. Jahresbericht lobt der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages (Bundestagsdrucksache 19/7200 vom 29. Januar 2019, S. 8 und 53) ausdrücklich die neuen Richtlinien zum Traditionsverständnis und zur Traditionspflege der Bundeswehr und stellt fest, dass diese nicht nur ihren Zweck erfüllen, sondern darüber hinaus auch die Grundlagen für eine zeitgemäße „historisch-politische Bildung“ legen. Die Bundesregierung teilt diese positive Bewertung. Vor allem bekräftigt die Bundesregierung die Einschätzung des Wehrbeauftragten, wonach sich aufgrund der im Erlass dargelegten Ableitung des verfassungsmäßigen Wertefundaments „Erinnerungs- und Bewahrungswürdiges aus allen Epochen der deutschen Militärgeschichte in das Traditionsgut der Bundeswehr übernehmen“ lasse. Darüber hinaus unterstreicht sie die Aussage, wonach „nunmehr die eigene Geschichte der Bundeswehr der zentrale Bezugspunkt für die Bundeswehrtradition “ sei. Dies schließt jedoch nicht aus, dass auch einzelne Angehörige ehemaliger deutscher Armeen nach einer eingehenden Einzelfallprüfung und nach Abwägung persönlicher und institutioneller Verantwortung traditionsstiftend sein können. Ein solches Abwägen stellt immer eine Einzelfallprüfung dar und berücksichtigt die Frage nach einer persönlichen Schuld und deren Bewertung. Sie macht eine Leistung zur Bedingung, die vorbildlich oder sinnstiftend in die Gegenwart wirkt. Hierunter fallen insbesondere solche Leistungen, die sich um Recht und Freiheit verdient gemacht haben. Die Bundesregierung würdigt vor allem die Leistung derjenigen Männer und Frauen, die durch das Schaffen einer verteidigungs- und sicherheitspolitischen Konzeption für die Bundesrepublik Deutschland und durch den Aufbau der Bundeswehr ihren Teil zur Errichtung eines demokratischen Rechtsstaats leisteten. Die Bundesregierung begrüßt ferner, die durch den Herrn Wehrbeauftragten gewürdigte erfolgreiche Implementierung des neuen Traditionserlasses in der Truppe, wie sie sich beispielsweise in zahlreichen vor Ort geführten Meinungsbildungsprozessen zur Benennung von Liegenschaften äußert. Die Bundesregierung ist zuversichtlich, dass der neue Traditionserlass Handlungssicherheit schafft, ein werteorientiertes Selbstverständnis fördert und der Geschichte der Bundeswehr als zentralem Bezugspunkt ihrer Tradition den notwendigen Raum schafft, ohne dabei den Blick auf für heute noch sinnstiftende Momente deutscher Geschichte auszublenden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8046 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Wie ist die Formulierung im Traditionserlass zu verstehen, die deutschen Streitkräfte vor 1918 seien eine „Quelle erinnerungs- und damit bewahrwürdiger Vorbilder und Geschehnisse“, angesichts der Tatsache, dass der Erlass diese nicht nennt, sondern lediglich militärische bzw. militärorganisatorische Techniken, Verfahren, Strukturen und Prinzipien anspricht? Was haben aus Sicht der Bundesregierung das Führen von vorne, das Führen mit Auftrag, die Einrichtung eines Generalstabes mit der Werteordnung des Grundgesetzes zu tun? Welche bewahrwürdigen Vorbilder und welche bewahrwürdigen Geschehnisse bieten die deutschen Streitkräfte vor 1918 aus ihrer Sicht (bitte vollständig aufzählen)? Soldatische Leistungen wie beispielsweise Tapferkeit sowie militärische Verfahren und Strukturen wie beispielsweise die Auftragstaktik stehen in keinem Widerspruch zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Die in Ziffer 2.2 des Traditionserlasses beispielhaft aufgeführten erinnerungs- und bewahrwürdigen Vorbilder und Geschehnisse sind in ihrer historischen Erscheinung so mannigfaltig , dass sie sich einer Aufzählung mit Anspruch auf Vollzähligkeit entziehen. 2. Welches genau waren nach Ansicht der Bundesregierung die im Traditionserlass abstrakt genannten „Höhen“ der deutschen Militärgeschichte (bitte vollständig aufzählen)? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 3. Warum wird im Traditionserlass die Wehrmacht lediglich als „Instrument“ der NS-Führung und deren verbrecherischer Kriegführung genannt und davon gesprochen, die Wehrmacht sei in Verbrechen „verstrickt“ gewesen, anstatt auszuführen, dass die Wehrmacht auch aus eigener Initiative heraus Kriegsverbrechen begangen hat? Hält die Bundesregierung die Rede von einer „Verstrickung“ der Wehrmacht in NS-Verbrechen tatsächlich für angemessen (bitte begründen)? Der Traditionserlass spricht in Ziffer 2.3 von einer „schuldhaften“ Verstrickung in die Verbrechen des nationalsozialistischen Unrechtsregimes, „die in ihrem Ausmaß, in ihrem Schrecken und im Grad ihrer staatlichen Organisation einzigartig in der Geschichte sind.“ Die gewählte Formulierung enthält sowohl den Vorwurf einer Teilverantwortung der militärischen Führung für die Instrumentalisierung der Wehrmacht durch das nationalsozialistische Regime als auch die Feststellung der Beteiligung von Angehörigen und Verbänden der Wehrmacht an deren Verbrechen. Die Bundesregierung hält die Formulierung für zutreffend und angemessen. 4. In Hinsicht auf welche Kasernenbenennungen wurden seit 2017 Gutachten, Expertisen, Ausarbeitungen und Ähnliches angefordert, und was sind jeweils deren Aussagen (nach Möglichkeit bitte vollständig anführen und auch darlegen , wer diese Ausarbeitungen usw. jeweils veranlasst und vorgenommen hat)? Ist die Bundesregierung bereit, diese Ausarbeitungen usw. dem Deutschen Bundestag zugänglich zu machen? In Hinblick auf Kasernenbenennungen wurden in den Jahren 2017 und 2018 auf Anfrage unterschiedlicher Adressanten durch das Bundesministerium der Verteidigung und für Dienststellen der Bundeswehr folgende Namen (Einzelpersonen und Regionen) im Sinne der Fragestellung behandelt: Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/8046 Ernst-Moritz Arndt Peter Bamm, i.e. Curt Emmerich Cambrai Otto von Emmich Heinz Kraft Haeseler Reinhard Hauschild Paul von Hindenburg Kurt-Georg Kiesinger Georg Leber Helmut Lent Tobias Lagenstein Dietrich Lilienthal Hans-Joachim Marseille Andreas von Mirbach Bruno von Mudra Niedersachsen Ostmark Karl von Rettberg Erwin Rommel Karl Günther Fürst von Schwarzburg-Sondershausen Hans Speidel Johannes Steinhoff Harro Schulze-Boysen Franz Stigler Südtondern Carl Philipp von Wrede Gutachten und Stellungnahmen des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr enthalten historische Expertise zu bestehenden oder möglichen Namensgebern. Sie treffen keine Aussagen zu deren Traditionswürdigkeit . Insofern den genannten Vorgängen Gutachten und Stellungnahmen des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr zugrunde liegen, können diese auf Anfrage zugänglich gemacht werden, wie bereits im Jahre 2017 geschehen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8046 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 5. Wie ist die Aussage der Bundesregierung in Ihrer Antwort auf Bundestagsdrucksache 19/2200 zu verstehen, es werde, falls eine infolge des neuen Erlasses vorgenommene Überprüfung des Kasernennamens zum Ergebnis komme, dass eine Umbenennung notwendig sei, „ein neuer und offener Dialogprozess initiiert werden“? a) Welche Kasernennamen wurden nach Inkrafttreten des Traditionserlasses einer Überprüfung unterzogen? b) Wer genau hat jeweils die Überprüfung vorgenommen bzw. mit jeweils welchen Kompetenzen an der Überprüfung mitgewirkt, ob an den bestehenden Kasernenbenennungen festgehalten werden kann oder ein Umbenennen erforderlich ist, und welche Mitsprache- bzw. Entscheidungsbefugnisse hatten hierbei die Belegschaft vor Ort bzw. deren Vertreter (bitte angeben, wer genau)? c) Zu welchem Ergebnis kam die Überprüfung, und wer hat dieses Ergebnis letztlich festgelegt? Inwiefern ist ein Diskussionsprozess um eine Umbenennung eingeleitet worden, und wie ist der Stand dieser Diskussion (bitte für sämtliche betroffenen Kasernen angeben)? d) Bezieht sich die zitierte Offenheit des Dialogprozesses in diesem Zusammenhang auf das „Ob“ einer Umbenennung (so dass denkbar ist, dass der Standort der zuvor festgestellten Notwendigkeit des Umbenennens widerspricht und kein Umbenennen erfolgt) oder lediglich auf das „Wie“, also auf die Auswahl eines neuen Namens? e) Gab es in den Fällen, in denen ein Umbenennen seitens vorgesetzter Dienststellen für notwendig erachtet wurde, jeweils Zustimmung seitens der Liegenschaften, oder gab es auch Widerspruch, und wie wurde in diesen Fällen ggf. verfahren (bitte vollständig angeben)? Die Fragen 5 bis 5e werden zusammengefasst beantwortet. Im Übrigen verweist die Bundesregierung auf die Bundestagsdrucksachen 18/12353, 18/12736 und 18/13284, in denen der grundsätzliche Verlauf des Verfahrens der Benennung von Liegenschaften dargestellt wurde. Der neue Traditionserlass legt fest, dass bestehende Benennungen diesem Erlass entsprechen müssen (Ziffer 4.15). Alle Verantwortlichen in den Standorten, in der Regel die Kommandeure und Standortältesten, sind deshalb aufgefordert zu prüfen, ob dies im Einzelfall zutrifft. Kommt die Truppe vor Ort im Zuge ihrer Prüfung – in die auch die Kommunen zu diesem Zeitpunkt schon eingebunden sein können – zu dem Schluss, dass eine Umbenennung notwendig ist oder wird von der Truppe aus anderen Gründen eine Umbenennung gewünscht, setzt der in den oben genannten Bundesdrucksachen erläuterte Namensfindungsprozess ein. Personalvertretungen und/oder Gremien der Vertrauenspersonen sind zu beteiligen . Die Verantwortlichen vor Ort können fachliche Unterstützung durch die Ansprechstelle militärhistorischer Rat des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr erhalten. Die Offenheit im Meinungsbildungsprozess vor Ort wird lediglich insoweit eingeschränkt , als die Namensvorschläge den Richtlinien des Traditionserlasses entsprechen müssen. Die Bundesregierung sieht keine Veranlassung, in die laufenden Meinungsbildungsprozesse vor Ort einzugreifen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/8046 6. Wie genau erfolgte die Entscheidung zur Umbenennung der Lent-Kaserne? a) Wurde in Zusammenhang mit der Entscheidung zur Umbenennung ebenfalls das ZMSBw bemüht, und wenn ja, inwiefern, und mit welchem Ergebnis ? b) Inwiefern treffen Berichte zu (www.kreiszeitung.de/lokales/rotenburg/ rotenburg-ort120515/suche-nach-sinnstiftung-10211477.html), denen zufolge der Standortälteste ein Gutachten angefordert hat (bitte ggf. angeben , wer dieses Gutachten erstellt hat, und was seine wesentlichen Inhalte sind und inwiefern die Bundesregierung es dem Deutschen Bundestag zugänglich zu machen bereit ist)? c) Trifft die Angabe (www.kreiszeitung.de/lokales/rotenburg/rotenburgort 120515/suche-nach-sinnstiftung-10211477.html) zu, das Kommando Heer habe eine Empfehlung bzw. eine „Entscheidung“ zur Namensänderung abgegeben, und wenn ja, auf welcher Grundlage, und inwiefern war diese Empfehlung bzw. Entscheidung zuvor mit dem Standort abgestimmt ? d) Wer genau hat die Entscheidung zur Namensänderung getroffen, aus welchen Gründen, und wie genau erfolgte die Einbindung der Soldaten am Standort? Es wird auf die Bundestagsdrucksachen 18/13284 sowie 19/2200 (Vorbemerkung der Bundesregierung) verwiesen. Der Inspekteur des Heeres als Verantwortlicher des Organisationsbereiches hat nach Auswertung des neuen Traditionserlasses in die laufende Überprüfung am Standort eingegriffen und die Umbenennung der „Lent-Kaserne“ angewiesen, woraufhin ein unabhängiger Namensfindungsprozess vor Ort einsetzte. Dieser ist gegenwärtig noch nicht abgeschlossen. 7. Wie viel Zeit ist durchschnittlich im Rahmen der soldatischen Ausbildung vorgesehen, um über Verbrechen der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg zu sprechen (auf Antwort zu Frage 18 auf Bundestagsdrucksache 18/12736 wird verwiesen), und inwiefern ist beabsichtigt, diese Zeit auszudehnen und dem Thema der Wehrmachtsverbrechen mehr Raum zu geben? Es wird auf die Bundestagsdrucksache 18/12736 verwiesen. Derzeit ist keine Änderung des Zeitrahmens der politischen Bildung beabsichtigt. 8. Inwiefern wird bei der Ausbildung von Soldatinnen und Soldaten (bitte ggf. nach Dienstgraden trennen) erörtert, wie viele Nazis und ehemalige Wehrmachtsoffiziere am Aufbau der Bundeswehr beteiligt waren? Es wird auf die Bundestagsdrucksache 18/12736 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8046 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 9. Hält die Bundeswehr am Namensgeber Erwin Rommel fest, und wenn ja, warum? a) Was genau sind nach Ansicht der Bundesregierung die historisch verbürgten widerständischen Aktivitäten Rommels, und hält sie diese tatsächlich für historisch verbürgt oder lediglich für eine Ansicht unter zahlreichen historischen Expertisen? Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung mehr als einen von ihr für seriös eingeschätzten wissenschaftlichen Text, der eine widerständische Rolle Rommels annimmt (bitte ggf. angeben)? Inwiefern kann eine historisch ungesicherte Annahme bezüglich widerständischer Aktivitäten Rommels bereits dessen Tauglichkeit als Namenspatron begründen? b) Ist Rommel nach Auffassung der Bundesregierung frei von persönlicher Schuld im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit für das faschistische Regime bis August 1944, und wenn nein, inwiefern sieht sie dann dennoch seine Vorbildtauglichkeit gegeben angesichts ihrer Aussage, das „Fehlen“ persönlicher Schuld sei Voraussetzung für Traditionswürdigkeit? c) Ist die Bunderegierung der Ansicht, Rommel habe im Frühjahr und Sommer 1944 versucht, die Invasion der westlichen Alliierten in Frankreich zu unterstützen, um einen rascheren Sturz des NS-Regimes zu ermöglichen (bitte ggf. begründen), und falls sie vielmehr der Ansicht ist, Rommel habe auf Geheiß der Naziführung die Abwehr der Invasion angestrebt , was genau ist daran aus ihrer Sicht vorbildlich? Die Fragen 9 bis 9c werden zusammenhängend beantwortet. Für die Frage nach traditionsstiftendem Verhalten wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Es muss stets eine sorgfältige Abwägung im Einzelfall erfolgen, die Form und Schwere persönlicher Schuld berücksichtigt sowie eine Leistung zur Bedingung macht, die vorbildlich oder sinnstiftend in die Gegenwart wirkt. Der von den Fragestellern konstruierte Widerspruch ergibt sich aus einer unzulässig verkürzten Wiedergabe des Erlasstextes. Das Missachten verbrecherischer Befehle und die Missachtung des vom NS-Regime geforderten ideologischen Feindbildes, sowie der soldatische Mut und die gezeigte Verantwortung durch Generalfeldmarschall Erwin Rommel, die Beendigung des Krieges gegenüber dem Diktator auch unter Gefahr für Leib und Leben persönlich einzufordern, sind sinn- und traditionsstiftend für die Bundeswehr. Im Übrigen wird auf die Bundestagsdrucksache 18/13085 verwiesen. 10. Welche Bedeutung hat die Aussage der Bundesregierung in der Antwort zu Frage 18 auf Bundestagsdrucksache 18/13085, Rommel sei wegen seines erzwungen Selbstmordes „selbst Opfer des NS-Regimes“, für seine Vorbildhaftigkeit ? Will die Bundesregierung sagen, jeder, der vom NS-Regime zum Selbstmord gezwungen oder ermordet wurde, sei als Opfer des NS-Regimes vorbildstiftend , und würde dies ihrer Auffassung nach auch für den SS-Gruppenführer Arthur Nebe gelten, der als Befehlshaber der Einsatzgruppe B zehntausende Zivilisten ermorden ließ und im März 1945 wegen seiner Verstrickung in die Militäropposition des 20. Juli 1944 hingerichtet wurde (bitte begründen)? Es wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/8046 11. Sollen die Freiherr-von-Boeselager-Kaserne, die Henning-von-Tresckow- Kasernen, und die General-Heussinger-Kaserne umbenannt werden, und wenn nein, a) ist die Bundesregierung der Ansicht, Henning von Tresckow sei angesichts seiner Rolle im Rahmen der sog. Partisanenbekämpfung und der von ihm unterzeichneten Befehle, sowjetische Bürger, die sich dem Abtransport zur Zwangsarbeit zu entziehen suchten (vgl. Christian Gerlach, Kalkulierte Morde, S. 499), „als bandenverdächtig anzusehen“, frei von persönlicher Schuld (bitte begründen), und falls nein, inwiefern kann dann aus ihrer Sicht Tresckow als Namenspatron einer Bundeswehrkaserne geeignet sein, obwohl die Bundesregierung aussagte, das Vorliegen persönlicher Schuld schließe eine Traditionswürdigkeit aus? b) Ist die Bundesregierung der Ansicht, Georg Freiherr von Boeselager sei angesichts des von ihm in seiner Eigenschaft als Kommandeur des Kavallerieregiments Mitte mit Brief an das Oberkommando der Heeresgruppe Mitte vom 23. Juni 1944 übermittelten Vorschlages, „tote Zonen“ einzurichten , in denen ab einem bestimmten Zeitpunkt alle Männer erschossen werden sollten (Christian Gerlach, Kalkulierte Morde. Die deutsche Wirtschafts - und Vernichtungspolitik in Weißrussland 1941 – 1944, Hamburg 1999, S. 1028 f.), frei von persönlicher Schuld (bitte begründen), und falls nein, inwiefern kann dann aus ihrer Sicht Boeselager als Namenspatron einer Bundeswehrkaserne geeignet sein, obwohl die Bundesregierung aussagte, das Vorliegen persönlicher Schuld schließe eine Traditionswürdigkeit aus? c) Ist die Bundesregierung der Ansicht, Adolf Heusinger sei angesichts seiner Rolle als Chef der Operationsabteilung des Generalstabes im Oberkommando des Heeres von 1940 bis 1944 und Verantwortlicher für die Koordination der sog. Partisanenbekämpfung und den damit zusammenhängenden „Richtlinien für die Bandenbekämpfung“ frei von persönlicher Schuld (bitte begründen), und falls nein, inwiefern kann dann aus ihrer Sicht Heusinger als Namenspatron einer Bundeswehrkaserne geeignet sein, obwohl die Bundesregierung aussagte, das Vorliegen persönlicher Schuld schließe eine Traditionswürdigkeit aus? d) Bleibt die Bundesregierung bei ihrer Aussage, jedenfalls einige Offiziere des 20. Juli 1944 hätten aus der Erfahrung heraus, „persönlich schuldig geworden zu sein“ (Vorbemerkung der Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache 16/2358), eine Motivation für ihr widerständisches Verhalten bezogen, und falls ja, wie verträgt sich die persönliche Schuld und die Tauglichkeit als Namenspatron für die Bundeswehr mit der Aussage der Bundesregierung „Das Vorliegen ‚persönlicher Schuld‘ schließt eine Traditionswürdigkeit aus“? Die Fragen 11 bis 11d werden zusammenhängend beantwortet. Es wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. 12. Hält die Bundesregierung deswegen an der Heusinger-Kaserne fest, weil sie eine Umbenennung als Eingeständnis betrachten würde, dass die Bundeswehr in ihrer Gründungsphase von treuen Dienern Hitlers geprägt wurde? Nein. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8046 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 13. Stimmt die Bundesregierung der Aussage des Historikers Hans Mommsen zu, dass eine beträchtliche Anzahl derjenigen, die am 20. Juli 1944 aktiv mitgewirkt und dabei vielfach ihr Leben geopfert haben, zuvor am Rassenvernichtungskrieg teilgenommen, ihn jedenfalls streckenweise gebilligt und in einigen Fällen aktiv vorangetrieben hätten (vgl. „Alternative zu Hitler, Studien zur Geschichte des deutschen Widerstandes“, München 2000, S. 377 f.), und wenn ja, geht sie davon aus, dass dies eine persönliche Schuld der Betreffenden mit sich brachte, und wie begründet sie dann deren Traditionswürdigkeit ? Es wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. 14. Warum zieht die Bundesregierung nicht einen klaren Trennstrich zur Wehrmacht und verzichtet auf jegliche positive Anknüpfung zumindest an hochrangige Offiziere und Generale der Wehrmacht? Der verbrecherische NS-Staat kann keine Tradition der Bundeswehr begründen. Als Institution ist die Wehrmacht nicht traditionswürdig. Dies schließt ihre Truppenverbände , ihre Organisationen, ihre Militärverwaltung und ihren Rüstungsbereich ein. Die Aufnahme einzelner Angehöriger der Wehrmacht in das Traditionsgut der Bundeswehr entspricht hingegen dem Menschenbild des Grundgesetzes, das den einzelnen Menschen und seine Würde in den Mittelpunkt aller seiner Regelungen stellt und das Prinzip der Kollektivschuld nicht kennt, sondern von einer individuellen Verantwortlichkeit ausgeht. 15. Welche Kritik aus den Reihen der Bundeswehr sowie verbündeter Militärs am Traditionserlass ist der Bundesregierung bekannt (bitte möglichst nach Themengebieten zusammenfassen), und welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus? Von Einzelmeinungen abgesehen, ist der Bundesregierung grundsätzliche Kritik am Traditionserlass nicht bekannt. In der Truppe wird anerkannt, dass die neuen Richtlinien für mehr Handlungssicherheit sorgen und gleichzeitig großzügige Freiräume bei der Traditionspflege eröffnen. 16. Wie bewertet die Bundesregierung, dass ein für die Weiterentwicklung der Inneren Führung verantwortlicher Mitarbeiter des ZMSBw den umstrittenen Autor Gerd Schultze-Rhonhof mit den Worten zitiert, man solle moderne Verfassungsgrundsätze nicht „überbewerten“, und welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus? Inwiefern will sie sicherstellen, dass diese Meinung nicht die neue Leitlinie bei der Weiterentwicklung der Inneren Führung wird? Der in den Vorbemerkungen der Fragesteller genannte Oberst i. G. Reinhold Janke ist nicht Mitarbeiter des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, wie in Frage 16 behauptet, sondern Angehöriger des Zentrums Innere Führung. Bei der in Rede stehenden Veröffentlichung handelt es sich um keine Publikation der Bundeswehr. Der Aufsatz von Herrn Janke ist deshalb als private, grundgesetzlich gedeckte und mit den im Soldatengesetz definierten Rechten und Pflichten des Soldaten nicht im Widerspruch stehende Meinungsäußerung zu werten. Die konzeptionelle Weiterentwicklung der Inneren Führung obliegt dem BMVg. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/8046 17. Welche weiteren Schritte zur konkreten Umsetzung des Traditionserlasses sind bislang erfolgt? Inwiefern betrifft dies auch Namensgebungen von Straßen, Einrichtungen, Plätzen, Molen usw. innerhalb von Bundeswehrliegenschaften, in Verantwortung der Bundeswehr liegenden Wettbewerben usw.? Die Erarbeitung des neuen Traditionserlasses erfolgte im Jahr 2017 und 2018 unter breiter Beteiligung der Angehörigen der Bundeswehr sowie der Öffentlichkeit. Auch seine Umsetzung und Implementierung vollzog sich unter konsequenter Beteiligung des nachgeordneten Bereiches. Die Vertreter der Organisationsbereiche und der Standorte wurden 2018 und 2019 in insgesamt vier Veranstaltungen über Inhalte und Konsequenzen des neuen Traditionserlasses informiert. Die Organisationsbereiche haben, wie im Traditionserlass (Ziffer 4.4) gefordert, mit der Erarbeitung von Hilfsmitteln und Handreichungen zur spezifischen Traditionspflege begonnen. Die Handreichung der Streitkräftebasis ist im November 2018 bereits in Kraft gesetzt und verteilt worden. Alle Angehörigen der Bundeswehr hatten die Möglichkeit, in einem „Bw-Chat“ ihre Fragen zur Tradition im Intranet mit dem fachlich zuständigen Referat im Bundesministerium der Verteidigung zu diskutieren. Es sind zudem drei Sonderausgaben bundeswehreigener Zeitschriften zum Thema Tradition erschienen. Als Konsequenz aus der im Traditionserlass geforderten Stärkung der historischen Bildung in der Bundeswehr ist im November 2018 die Zentrale Dienstvorschrift „Historische Bildung in der Bundeswehr“ in Kraft gesetzt worden. Darüber hinaus plant das BMVg zur Werteorientierung eine Zentrale Dienstvorschrift „Ethische Bildung“. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333