Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 19. Februar 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/814 19. Wahlperiode 20.02.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Bettina Stark-Watzinger, Nicola Beer, Britta Katharina Dassler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/638 – Einlagensicherung – Roadmap V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Beim Treffen der EU-Finanzminister am 22. und 23. Januar 2018 in Brüssel ging es auch um die Bankenunion. Der geschäftsführende Bundesminister der Finanzen Peter Altmaier hat sich in seinem Pressestatement zu den bisherigen Plänen der Bundesregierung bekannt, nach denen die Bundesregierung konstruktiv an der Roadmap der Bankenunion mitarbeite, aber politische Arbeiten über die Vollendung der Haftungsgemeinschaft erst geführt würden, wenn es einen Konsens über die Risikoreduzierung gäbe. Laut Medienberichten könne diese Roadmap bis Juni 2018 stehen, in der Schritt für Schritt der Weg zur Vollendung der Vergemeinschaftung der Einlagensicherung vollzogen wird (vgl. u. a. www.faz.net/aktuell/wirtschaft/peter-altmaieroeffnet -tuer-zur-einlagensicherung-15413748.html). Die Bundesregierung hat bislang die Linie vertreten, dass die Risiken in den Bankenlizenzen ausreichend gesenkt werden müssen. 1. Was heißt dies für die Bundesregierung konkret? Die Position der geschäftsführenden Bundesregierung zur Fortentwicklung der Bankenunion und insbesondere im Hinblick auf eine gemeinsame europäische Einlagensicherung ist unverändert. Ohne eine erhebliche Reduktion der bestehenden Risiken und Fehlanreize gibt es keine belastbare Grundlage für politische Verhandlungen über eine europäische Einlagensicherung. Den Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Europäische Einlagensicherung (EDIS) vom November 2015 lehnt die geschäftsführende Bundesregierung weiterhin ab. 2. Welche Risiken müssen für die Bundesregierung auf welches Zielniveau bis wann gesenkt werden? Die Maßnahmen zur Risikoreduktion, auf die sich der Ministerrat in seinem Fahrplan vom Juni 2016 verständigt hat und die die geschäftsführende Bundesregierung unterstützt, umfassen insbesondere Maßnahmen Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/814 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode zur Gewährleistung ausreichender Verlustabsorptionspuffer, die zu einem effizienten und geordneten Abwicklungsprozess beitragen, zu einem gemeinsamen Ansatz für die Hierarchie der Gläubiger einer Bank, um die Rechtssicherheit im Falle einer Abwicklung zu erhöhen, zur Weiterentwicklung des Bankaufsichtsrechts inklusive einer Umsetzung der verbleibenden Baseler Reformen, zur Mindestharmonisierung des Insolvenzrechts, die auch dazu beitragen könnte, das künftige Ausmaß notleidender Kredite zu reduzieren, zur Harmonisierung der Regeln von Instrumenten für den Zahlungsaufschub zur Stabilisierung eines Instituts vor und möglicherweise auch nach einer Intervention , zur regulatorischen Behandlung von Staatsanleihen. Darüber hinaus sind Maßnahmen zum Abbau bestehender notleidender Kredite wichtiger Bestandteil der Risikoreduktion, wozu der Ministerrat am 11. Juli 2017 auch einen Aktionsplan für den Abbau notleidender Kredite in Europa verabschiedet hat. Die Kommission hat am 23. November 2016 ein Paket mit Gesetzgebungsvorschlägen zur Reduktion von Risiken im Bankensektor vorgelegt, mit denen mehrere dieser in dem Fahrplan des Ministerrats vereinbarten Maßnahmen umgesetzt werden sollen. Die geschäftsführende Bundesregierung begrüßt grundsätzlich die Vorlage des Paketes. Zur Hierarchie für die Gläubiger einer Bank gab es bereits im letzten Jahr eine Einigung zwischen dem Europäischen Parlament und dem Ministerrat, die am 27. Dezember 2017 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurde. Die Verhandlungen zu den übrigen Vorschlägen der Europäischen Kommission im Ministerrat dauern an. Die geschäftsführende Bundesregierung vertritt die Position, dass zu den genannten Maßnahmen im Ministerrat konkrete, messbare Zielvorgaben entwickelt werden müssen, die in allen Mitgliedstaaten zu einem vergleichbaren, niedrigen Risikoniveau führen. 3. Welchen Zeitplan verfolgt die Bundesregierung bei der Umsetzung der Roadmap? Für die Umsetzung der einzelnen Maßnahmen sieht der Fahrplan des Ministerrats keinen Zeitplan bzw. keine Fristen vor. Auch in zeitlicher Hinsicht gilt insoweit, dass erst nach effektiven Maßnahmen zur Risikoreduzierung politische Verhandlungen über eine weitere Risikoteilung erfolgen können. Dabei kommt es aus Sicht der geschäftsführenden Bundesregierung maßgeblich auf Substanz, Sorgfalt und Nachhaltigkeit in der Risikoreduktion an. 4. Hat die Bundesregierung Kenntnis über die Erfüllung der Kriterien in den einzelnen Mitgliedsländern, insbesondere was den Bestand und die Entwicklung sog. fauler Kredite, den Bestand und die Entwicklung von Staatsanleihen in den Bankbilanzen sowie das Vorhalten von „Bail-in-fähigem“ Kapital angeht (bitte ausführliche Darlegung nach Risikokriterium und Mitgliedsland )? Der nachhaltige Abbau notleidender Kredite ist nach Auffassung der geschäftsführenden Bundesregierung von zentraler Bedeutung für den Risikoabbau in Europa . Die geschäftsführende Bundesregierung unterstützt daher den Aktionsplan für den Abbau notleidender Kredite in Europa, den der Ministerrat am 11. Juli 2017 verabschiedet hat. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/814 Wichtig ist, beim weiteren Vorgehen die objektive Datenlage und Einschätzung von Experten zu berücksichtigen: Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) hält aktuelle Daten über den Bestand und die Entwicklung notleidender Kredite in den einzelnen Mitgliedstaaten vor (siehe dazu: EBA, Risk Dashboard, zuletzt aktualisiert am 16. Januar 2018, abrufbar über die Internetseite der EBA). Die EBA hat am 20. Dezember 2017 auch einen Bericht („Quantitative Update of the EBA MREL Report“) mit Angaben zur Höhe der Mindestanforderungen an Eigenmitteln und berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten (MREL) veröffentlicht , der ebenfalls über die Internetseite der EBA abrufbar ist. Daten zu den offenen Positionen einzelner signifikanter Institute gegenüber Staaten in den einzelnen Mitgliedstaaten veröffentlicht die EBA im Rahmen ihres jährlichen Transparency Exercises (zuletzt aktualisiert am 24. November 2017, abrufbar über die Internetseite der EBA). 5. Ein nicht geringer Teil der Schulden der einzelnen Mitgliedsländer wird von den jeweils heimischen Banken gehalten. Geraten die Staaten in Schwierigkeiten , geraten insbesondere auch die Banken in Schwierigkeiten und umgekehrt (vgl. www.handelsblatt.com/my/meinung/gastbeitraege/gastbeitragvon -joerg-rocholl-die-eu-einlagensicherung-waere-ein-grosses-risiko/20879 560.html?ticket=ST-1906831-cczcGJQajKJouO9mB5Jv-ap4). a) Sieht die Bundesregierung in der engen Verknüpfung von Banken und Staaten ein Risiko, ein Transfermechanismus innerhalb Europas aufzubauen ? b) Wenn ja, wie hoch schätzt die Bundesregierung das Risiko ein, dass die gemeinsame Einlagensicherung am Ende für die Überschuldung einzelner Staaten geradestehen muss? c) Plant die Bundesregierung in den Verhandlungen zur Bankenunion und zur Einlagensicherung die enge Verknüpfung von Banken und Staaten anzugehen ? Wenn ja, welche Maßnahmen zieht sie in Betracht? d) Ganz konkret zur vorherigen Frage 5c nachgefragt: Wie stellt sich die Bundesregierung vor, in den Verhandlungen auf die Eigenkapitalunterlegung von Staatsanleihen zu bestehen? Die Teilfragen 5a bis 5d werden zusammen beantwortet. Die geschäftsführende Bundesregierung setzt sich auch und gerade in den derzeit stattfindenden Verhandlungen zur Vollendung der Bankenunion dafür ein, Risiken sowohl auf Seiten der Banken als auch auf Seiten der Staaten nachhaltig zu reduzieren und den Nexus zwischen Banken und Staaten abzuschwächen. Dazu setzt sie sich für die in dem Fahrplan des Ministerrats enthalten Maßnahmen zur Risikoreduktion, inklusive einer adäquaten regulatorischen Behandlung von Staatsanleihen in Europa, und den nachhaltigen Abbau notleidender Kredite ein. Eine erhebliche Reduktion der bestehenden Risiken ist eine notwendige Voraussetzung für den Start politischer Verhandlungen über eine weitere Risikoteilung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/814 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 6. Die Insolvenzordnungen der Mitgliedstaaten gelten teilweise als zu schwach (vgl. www.handelsblatt.com/my/meinung/gastbeitraege/gastbeitrag-vonjoerg -rocholl-die-eu-einlagensicherung-waere-ein-grosses-risiko/20879560. html?ticket=ST-1906831-cczcGJQajKJouO9mB5Jv-ap4). Welche konkreten Änderungen hinsichtlich einer Harmonisierung sind hier seitens der Bundesregierung geplant? Die geschäftsführende Bundesregierung strebt an, dass Insolvenzverfahren in den Mitgliedstaaten, in denen dies erforderlich ist, effizienter werden. Änderungen werden derzeit im Rahmen der Verhandlungen zu einem Richtlinienvorschlag der Kommission über präventive Restrukturierungsrahmen, die zweite Chance und Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren (COM(2016) 723) verhandelt. Zu diesen gehören Vorgaben für einen präventiven Restrukturierungsrahmen sowie zur Qualifikation und Spezialisierung von Insolvenzgerichten und -verwaltern. Nach Ansicht der geschäftsführenden Bundesregierung ist der Vorschlag nach derzeitigem Stand jedoch nicht geeignet, einen wesentlichen Beitrag zur Risikoreduktion im Bankensektor zu leisten. 7. Eine Alternative zur Vollendung der Haftungsgemeinschaft bei der Einlagensicherung wäre nach Auffassung der Fragesteller die Eigenverantwortung der jeweiligen Mitgliedstaaten. Wird diese Alternative von der Bundesregierung noch in die Verhandlungen eingebracht? Wenn ja, weshalb besteht die Bundesregierung nicht auf diese Alternative? Die Sicherheit der Spareinlagen ist ein wesentliches Element stabiler Finanzmärkte . Die Harmonisierung des Einlagenschutzes in Europa ist daher ein weiterer wichtiger Baustein der Bankenunion. Die 2014 in Kraft getretene Neufassung der Einlagensicherungsrichtlinie stärkt die nationalen Einlagensicherungssysteme und führt dadurch zu einem verbesserten einheitlichen Schutzniveau für Spareinlagen in Europa. Eine darüberhinausgehende Vergemeinschaftung der Einlagensicherung setzt eine vorherige signifikante Risikoreduktion voraus. 8. Wurden am Rande der Gespräche der Finanzminister andere Maßnahmen besprochen, die die Eigenverantwortung der Mitgliedstaaten zugunsten einer Solidargemeinschaft schwächen? Wenn ja, wie hat sich die Bundesregierung positioniert? In den vergangenen Monaten wurden bei der Eurogruppe, der Eurogruppe im erweiterten Format, beim ECOFIN-Rat und in bilateralen Gesprächen über Elemente der Bankenunion diskutiert. Als weitere Maßnahmen der Risikoteilung sind auch das Vorziehen der gemeinsamen Letztsicherung für den Einheitlichen Abwicklungsfonds (Common Backstop) und die Schaffung von staatsanleihebesicherten Wertpapieren (Sovereign Bond-Backed Securities) im Gespräch. Auch ein Vorziehen des Common Backstop setzt aus Sicht der geschäftsführenden Bundesregierung eine vorherige signifikante Risikoreduktion voraus. Aus Sicht der geschäftsführenden Bundesregierung ist das von der EU Kommission ins Gespräch gebrachte Konzept der Sovereign Bond-Backed Securities als Ersatz für eine angemessene regulatorische Behandlung von Staatsanleihen in Bankbilanzen nicht zielführend. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/814 9. In dem Sondierungsergebnis zwischen CDU, CSU und SPD wird die „Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten“ stark betont. a) Wie interpretiert und was versteht die Bundesregierung unter „Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten“ (bitte ausführliche Antwort bei den Punkten , bei denen die Bundesregierung Änderungen zur bisherigen Politik erwartet )? b) Hat die Bundesregierung aufgrund der Sondierungs- und Koalitionsgespräche zwischen CDU, CSU und SPD ihre Verhandlungsstrategie geändert und Zugeständnisse gemacht, die sie bislang nicht gemacht hat? Die Teilfragen 9a und 9b werden zusammen beantwortet. Die geschäftsführende Bundesregierung war nicht beteiligt an den Sondierungsund Koalitionsgesprächen zwischen den genannten Parteien und interpretiert deren Ergebnisse nicht. Die Gespräche haben zu keiner Änderung der Position der geschäftsführenden Bundesregierung geführt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333