Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 14. März 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/8446 19. Wahlperiode 15.03.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Dr. André Hahn, Gökay Akbulut, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/8017 – Folgen eines „harten“ Brexits für die öffentliche Sicherheit in der Europäischen Union und der Bundesrepublik Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Ergebnis eines „harten“ Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union stünde auch ein unmittelbares Ende der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit und der Beteiligung britischer Behörden an den zahlreichen Datenbanken, die in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten im „Raum der Sicherheit, der Freiheit und des Rechts“ aufgebaut wurden. „ZEIT ONLINE“ berichtete am 23. Januar 2019 unter der Überschrift „Angst vor dem Sicherheitsgau“ über ein Papier aus dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat in dem „die schlimmsten Sicherheitsprobleme eines harten Brexits“ aufgelistet wurden. Großbritannien habe „eine zentrale Rolle als Informationsund Impulsgeber“ im EU-Sicherheitsbereich. Aus Großbritannien stammen demnach viele der Daten, die im Europol-Informationssystem EIS und im Schengener Informationssystem SIS gespeichert sind. Großbritannien nimmt am SIS teil, obwohl es nicht Teil des Schengenraums ist. Auch andere Datenbanken und Systeme zum Informationsaustausch wären von einem „harten“ Brexit betroffen: das Europäische System zur Speicherung der Fingerabdrücke von Asylsuchenden EURODAC, das System zum Austausch von Fluggastdaten aller innereuropäischen und internationalen Flüge in die EU (PNR). Auch könnten in einem anderen EU-Staat ausgestellte Europäische Haftbefehle in Großbritannien ohne weitere Rechtshilfeersuchen und gerichtliche Verfahren nicht mehr vollstreckt werden. Ausgenommen, so der Bericht, sei nur die Zusammenarbeit im nachrichtendienstlichen Bereich, weil diese ohnehin nicht im EU- Rechtsrahmen geregelt sei. Das Papier aus dem Bundesinnenministerium, Äußerungen des Bundesministers des Innern, für Bau und Heimat, Horst Seehofer, und hoher Ministeriumsbeamten unter anderem gegenüber dem Innenausschuss des Deutschen Bundestages und in der Öffentlichkeit sowie die auf Basis von Hintergrundgesprächen mit Ministeriums- und Behördenvertretern entstandenen Presseberichte gehen im Kern von der Prämisse aus, allein der Verlust von Daten führe zu Sicherheitsrisiken . Diese Prämisse folgt der Erzählung, allein schon die Verfügung über möglichst viele Daten, die Sicherheitsbehörden erheben und analysieren könnten, erhöhe die Sicherheit. Die Fragestellerinnen und Fragesteller können Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8446 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode nicht erkennen, dass in dieser Debatte Zahlen und Fakten zur Unterfütterung dieser Erzählung eine Rolle spielen. Dem soll mit dieser Kleinen Anfrage abgeholfen werden. 1. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass tatsächlich alle von britischen Stellen in den Datenbanken der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit der EU eingespeicherten Daten unmittelbar gelöscht werden müssen , wenn Großbritannien ohne Abkommen aus der EU austritt? a) Welche rechtlichen Vorgaben liegen dem zugrunde? b) Welche Übergangsregelungen sind aus Sicht der Bundesregierung denkbar , einschließlich eines „Einfrierens“ der Datenbestände, bis neue Vereinbarungen mit Großbritannien hinsichtlich der Teilnahme an diesen Datenbanken bzw. den zugrunde liegenden Verordnungen per Opt-in getroffen sind? c) Welche Vorgaben sind dazu im ausgehandelten, aber nicht von britischer Seite ratifizierten Austrittsabkommen zwischen der EU und Großbritannien vorgesehen, die generell die polizeiliche Zusammenarbeit und die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen sowie das Grenzmanagement betreffen? Die Fragen 1 bis 1c werden gemeinsam beantwortet. Die rechtlichen Grundlagen zur Teilnahme des Vereinigten Königreiches (GBR) am Schengener Informationssystem (SIS) kommen ohne ein Austrittsabkommen ab dem 30. März 2019, 0:00 Uhr nicht mehr zur Anwendung. Konkret bildet der „Durchführungsbeschluss (EU) 2015/215 des Rates zur Inkraftsetzung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands über Datenschutz und zur vorläufigen Inkraftsetzung von Teilen der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands über das Schengener Informationssystem für das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland“ in Verbindung mit Protokoll Nr. 19 des Vertrags von Lissabon die rechtliche Grundlage. In der Folge ergibt sich eine Löschungsverpflichtung in GBR und den Schengen-Staaten. Zugleich sind durch die Europäische Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Raum der Freiheit , der Sicherheit und des Rechts (eu-LISA) die Verbindungen des SIS II sowie der SIRENE-Kommunikationsinfrastruktur von und nach GBR zu trennen. Für die britischen Daten bei Europol besteht nach der Europol-Verordnung (VO (EU) 2016/794) eine Löschungspflicht, sofern das Vereinigte Königreich dies wünscht. Bis zu einer anderweitigen Regelung können nicht-personenbezogene Daten weiterhin zwischen Europol und dem Vereinigten Königreich ausgetauscht und personenbezogene Daten vom Vereinigten Königreich an Europol übermittelt werden . Eine Übermittlung von Europol an das Vereinigte Königreich ist dann, wie an andere Drittstaaten, in den Fällen des Artikels 25 Absatz 5 und 6 der Europol- Verordnung möglich. Für Instrumente, Informationssysteme und Agenturen der EU-Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres liegt es an der Europäischen Kommission, Vorbereitungen für den Fall eines Ausscheidens des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union ohne Austrittsabkommen zu schaffen; insoweit wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 46 des Abgeordneten Konstantin Kuhle auf Bundestagsdrucksache 19/7585 verwiesen . Der Entwurf des Austrittsabkommens sieht eine bis Ende 2020 befristete Übergangsphase vor (einmalig verlängerbar bis Ende 2022), während der der EU- Acquis auch im JI-Bereich vollumfänglich fortgelten, das Vereinigte Königreich aber keine institutionellen Rechte mehr genießen würde. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/8446 Darüber hinaus würde das Vereinigte Königreich im Falle eines Brexit ohne Austrittsabkommen unmittelbar aus Eurojust ausscheiden. Die Aufbewahrung und Löschung der Daten aus dem Vereinigten Königreich richtet sich nach den Regelungen des Eurojust-Beschlusses, da die neue Eurojust-Verordnung, mit der das Vereinigte Königreich jedenfalls aus Eurojust ausscheidet, erst ab dem 12. Dezember 2019 gilt. Grundsätzlich hat der Mitgliedsstaat, der die Daten übermittelt hat, die Kompetenz zur Löschung seiner Fälle im Case Management System von Eurojust. Insoweit muss im Falle eines Brexit ohne Austrittsabkommen das Vereinigte Königreich in den von dort übermittelten Fällen vorbereitend die Löschung der Daten veranlassen. Daten, die vom Vereinigten Königreich zu Fällen anderer Mitgliedsstaaten bereits vorher übermittelt wurden, unterliegen den normalen Aufbewahrungsregelungen von Eurojust. Das Vereinigte Königreich ist dabei wie ein Drittstaat zu behandeln. 2. Wie viele der aktuell vorhandenen personenbezogenen Daten bzw. Datensätze im EIS sind nach Kenntnis der Bundesregierung a) durch britische Behörden dort gespeichert worden und b) müssten im Falle einer fehlenden Übergangslösung mit dem Austritt Großbritanniens gelöscht werden? Zu wie vielen dieser Datensätze sind nach Kenntnis der Bundesregierung von deutschen Stellen weitere Daten „hinzugespeichert“ worden, die dann ebenfalls verloren gingen? Die Fragen 2 bis 2b werden gemeinsam beantwortet. Eine Auskunft über die seitens anderer Staaten im EIS eingestellten personenbezogenen Daten bzw. Datensätze kann die Bundesregierung nicht erteilen. Eine Weitergabe dieser Informationen liegt in der Hoheit des jeweiligen Staates. Die seitens des Vereinigten Königreichs eingestellten personenbezogenen Daten bzw. Datensätze müssten bei einem Austritt auf britischen Wunsch gelöscht werden (s. Antwort zu Frage 1). Deutsche Daten sind von etwaigen Löschungen britischer Daten unmittelbar nicht betroffen. 3. Wie viele Daten wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in den Jahren 2016, 2017 und 2018 durch deutsche Polizeibehörden im EIS abgerufen, die durch britische Behörden dort gespeichert worden waren? Hierzu liegen der Bundesregierung keine entsprechenden Statistiken vor. 4. Wie viele der von britischen Behörden nach aktuellem Stand im EIS gespeicherten Daten betreffen nach Kenntnis der Bundesregierung a) britische Staatsangehörige, b) EU-Staatsangehörige, c) Drittstaatsangehörige? Die Fragen 4 bis 4c werden gemeinsam beantwortet. Eine Auskunft hierzu kann seitens der Bundesregierung nicht erteilt werden. Auf die Antwort zu den Fragen 2 bis 2b wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8446 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 5. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung vor, in wie vielen Gefahrenabwehrvorgängen und Strafverfolgungsmaßnahmen in den Jahren 2016, 2017 und 2018 diese Daten eine Rolle gespielt haben und ohne diese Daten die Ermittlungen aussichtslos gewesen oder wesentlich erschwert worden wären? Hierüber liegen der Bundesregierung keine Aufzeichnungen oder Statistiken vor. 6. Welche Einschätzung vertritt die Bundesregierung zu den Auswirkungen eines „harten“ Brexits ohne Übergangsregelungen auf die innere Sicherheit und die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden Deutschlands bzw. anderer EU-Mitglieder mit den britischen Sicherheitsbehörden? Deutschland und das Vereinigte Königreich unterhalten eine sehr enge und vertrauensvolle Partnerschaft in Sicherheitsthemen, die von dem Brexit unberührt bleiben und, sofern angezeigt, noch weiter ausgebaut und intensiviert werden soll. Die bilaterale Zusammenarbeit kann jedoch nicht die Möglichkeiten der Zusammenarbeit auf EU-Ebene auffangen, die mit dem britischen Austritt wegfallen, wodurch das Vereinigte Königreich zu einem nicht-schengenassoziierten Drittstaat wird. Insbesondere das durch den EU-Austritt des Vereinigten Königreichs bedingte Ausscheiden aus dem Schengener Informationssystem wird zu einer Einschränkung der Möglichkeiten bei der Personen- und Sachfahndung und damit zu potentiellen Sicherheitslücken führen. 7. Welche Übergangsregelungen sind aus Sicht der Bundesregierung denkbar, um jedenfalls die von Großbritannien im EIS gespeicherten Daten zu erhalten und auch weiterhin Übermittlungen von Daten an das EIS zu ermöglichen ? Es wird auf die Antwort zu den Fragen 1 bis 1c und 6 verwiesen. 8. Auf welchen Wegen und unter welchen Voraussetzungen ist nach Kenntnis der Bundesregierung ein Zugriff auf das EIS oder eine Abfrage von Informationen aus dem EIS für britische Behörden auch weiterhin möglich oder könnte durch Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen und Voraussetzungen geschaffen werden? Der Zugriff auf das EIS ist in der Europol-Verordnung geregelt. Nicht-EU-Staaten , haben hiernach keinen Zugriff auf das EIS. 9. Welche Schritte hat die Bundesregierung in diese Richtung bereits unternommen ? Die Bundesregierung setzt sich im Rahmen der europäischen Diskussion für die Vermeidung von Sicherheitslücken durch den Brexit ein. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/8446 10. Wie viele der aktuell vorhandenen personenbezogenen Daten bzw. Datensätze im SIS sind nach Kenntnis der Bundesregierung a) durch britische Behörden dort gespeichert worden b) und müssten im Falle einer fehlenden Übergangslösung mit dem Austritt Großbritanniens gelöscht werden (bitte einzeln nach Ausschreibungen nach Artikel 24, 26, 32, 36, 38 der SIS-II-VO auflisten)? Die Fragen 10 bis 10b werden gemeinsam beantwortet. Eine Auskunft hierzu kann seitens der Bundesregierung nicht erteilt werden. Auf die Antwort zu den Fragen 2 bis 2b wird verwiesen. 11. Wie viele der von britischen Behörden nach aktuellem Stand im SIS II gespeicherten Daten betreffen nach Kenntnis der Bundesregierung a) britische Staatsangehörige, b) EU-Staatsangehörige, c) Drittstaatsangehörige? Die Fragen 11 bis 11c werden gemeinsam beantwortet. Eine Auskunft hierzu kann seitens der Bundesregierung nicht erteilt werden. Auf die Antwort zu den Fragen 2 bis 2b wird verwiesen. 12. In wie vielen Fällen ergaben Abfragen deutscher Polizeibehörden im SIS II in den Jahren 2016, 2017 und 2018 nach Kenntnis der Bundesregierung einen Treffer in Daten, die von britischen Behörden dort gespeichert worden waren (bitte nach den einzelnen Ausschreibungstatbeständen wie in Frage 9 auflisten)? In der nachfolgenden Tabelle wird die Anzahl hier eingegangener Treffermitteilungen , welche im weiteren Verlauf an SIRENE GBR weitergeleitet wurden, dargestellt : 2016 2017 2018 Personenfahndung Art. 26 SIS II-Ratsbeschluss 16 17 16 Art. 32 SIS II-Ratsbeschluss 113 81 90 Art. 34 SIS II-Ratsbeschluss 394 463 693 Art. 36 SIS II-Ratsbeschluss 1.199 1.304 1.642 Sachfahndung Art. 36 SIS II-Ratsbeschluss 52 33 35 Art. 38 SIS II-Ratsbeschluss 104 189 292 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8446 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 13. Welche Übergangsregelungen sind aus Sicht der Bundesregierung denkbar, um jedenfalls die von Großbritannien im SIS II gespeicherten Daten zu erhalten und auch weiterhin Übermittlungen von Daten an das SIS II zu ermöglichen ? Unter welchen rechtlichen Voraussetzungen könnte Großbritannien aus Sicht der Bundesregierung weiterhin am SIS II partizipieren? Datenübermittlungen bzw. Speicherungen britischer Fahndungen würde die weitere , auch befristete Anbindung des Vereinigten Königreichs an das SIS II voraussetzen . Auf die Antwort zu den Fragen 1 bis 1c und 6 wird verwiesen. 14. Wie viele der aktuell vorhandenen personenbezogenen Daten bzw. Datensätze in EURODAC sind nach Kenntnis der Bundesregierung a) durch britische Behörden dort gespeichert worden b) und müssten im Falle einer fehlenden Übergangslösung mit dem Austritt Großbritanniens gelöscht werden? Die Fragen 14 bis 14b werden gemeinsam beantwortet. Eine Auskunft hierzu kann seitens der Bundesregierung nicht erteilt werden. Auf die Antwort zu den Fragen 2 bis 2b wird verwiesen. 15. In wie vielen Fällen ergaben a) Abfragen durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in den Jahren 2016, 2017 und 2018 einen Treffer im EURODAC-System aufgrund einer Speicherung durch britische Stellen, In der nachstehenden Tabelle sind die Treffer des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit Datensätzen von GBR aufgeschlüsselt nach Kategorien1 und Jahr zu entnehmen. 2016 2017 2018 Kat1-Kat1 740 369 298 Kat1-Kat2 6 1 2 Gesamt 746 370 300 b) Abfragen durch berechtigte deutsche Behörden zu Zwecken der Verhütung , Aufdeckung oder Ermittlung von terroristischen oder anderen schwerwiegenden Straftaten nach Kenntnis der Bundesregierung einen Treffer im EURODAC-System aufgrund einer Speicherung durch britische Stellen und In den Jahren 2016 und 2017 wurden jeweils zwei Treffer mit Datensätzen von GBR erzielt. Im Jahr 2018 wurden keine Treffer mit Datensätzen von GBR erzielt . 1 EURODAC-Kategorien: „Kategorie 1“= Asylsuchende (Speicherfrist zehn Jahre); „Kategorie 2“ = AusländerInnen, die bei der irregulären Einreise an den Außengrenzen aufgegriffen werden (Speicherfrist 18 Monate); „Kategorie 3“ = optional können die Teilnehmerstaaten zusätzlich die Fingerabdrücke von Irregulären erheben, die auf ihrem Territorium im Hinterland aufgegriffen werden (keine Speicherung ) Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/8446 c) Abfragen durch britische Behörden nach Kenntnis der Bundesregierung Treffer aufgrund von Daten, die durch deutsche Stellen in EURODAC gespeichert waren (bitte für die Fragen 15a und 15b getrennt angeben)? In der nachstehenden Tabelle sind die Treffer der GBR Behörden mit Datensätzen aus Deutschland aufgeschlüsselt nach Kategorien und Jahr zu entnehmen: 2016 2017 2018 Kat1-Kat1 1.654 1417 2.031 Kat1-Kat2 11 4 51 Kat3-Kat1 178 176 197 Gesamt 1.843 1.597 2.279 Die GBR Behörden haben keine Abfragen zu Zwecken der Verhütung, Aufdeckung oder Ermittlung von terroristischen oder anderen schwerwiegenden Straftaten in EURODAC in den Jahren 2016, 2017 und 2018 durchgeführt. 16. Gibt es bereits einen Austausch zwischen dem Passenger Information Unit von Großbritannien und dem Passenger Information Unit auf deutscher Seite, in welchem Umfang, und mit welchen Daten findet ein solcher Austausch statt? Der Austausch von Fluggastdaten zwischen den Mitgliedstaaten der EU richtet sich nach § 7 des Fluggastdatengesetzes (FlugDaG). Zum Zeitpunkt der Beantwortung der vorliegenden Anfrage erfolgte nur in zwei Fällen ein Informationsaustausch mit GBR. In diesen Fällen erfolgte auf Basis eines begründeten Einzelfallersuchens ein Abgleich der angefragten Personendaten mit den im Fluggastdaten -Informationssystem gespeicherten Daten. Nach dem Austritt aus der Europäischen Union (EU) würde GBR im Sinne der EU-Richtlinie 2016/681 bzw. des FlugDaG als Drittstaat gewertet werden. Für den Austausch von Fluggastdaten mit Drittstaaten ist § 10 FlugDaG einschlägig, wonach eine Weitergabe im Einzelfall auf Ersuchen unter den dortigen Voraussetzungen möglich ist. 17. In welchem Umfang übermitteln britische Behörden nach Kenntnis der Bundesregierung Erkenntnisse aus der Analyse von Fluggastdatensätzen an deutsche Behörden (bitte für die Jahre 2016, 2017 und 2018 getrennt angeben), und inwiefern ist ein solcher Austausch auf einen EU-Rechtsrahmen angewiesen oder findet ohnehin außerhalb davon statt? Über die in der Antwort zu Frage 16 genannten Einzelfallersuchen hinaus haben die britischen Behörden bis zur Beantwortung der vorliegenden Anfrage keine weiteren Erkenntnisse aus der Analyse von Fluggastdaten an die deutsche Fluggastdatenzentralstelle zwecks Weiterleitung an die zuständigen Behörden im Inland übermittelt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8446 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 18. An wie vielen Gemeinsamen Ermittlungsteams (Joint Investigation Teams – JIT) von Europol, an denen deutsche Polizeibehörden beteiligt waren, waren in den vergangenen drei Jahren auch britische Behörden beteiligt, und was war ihr wesentlicher Beitrag (bitte nach JIT mit Zuordnung zu Deliktsfeldern auflisten)? Die Teilnahme von Europol an justiziellen gemeinsamen Ermittlungsgruppen ist möglich und erfolgt in der Praxis auch. Die Bundesregierung kann zu laufenden Ermittlungsgruppen grundsätzlich keine Angaben machen, weil dadurch die Ermittlungen gefährdet würden. Insoweit tritt hier trotz der grundsätzlich verfassungsrechtlichen Pflicht der Bundesregierung, Informationsansprüche des Deutschen Bundestages zu erfüllen, nach sorgfältiger Abwägung das Informationsinteresse des Parlaments hinter berechtigten Interessen zurück, nämlich den Grundsatz , das Ermittlungsgeheimnis zu wahren, wenn das Gesetz nicht entgegensteht, den Grundsatz der Vertraulichkeit der grenzüberschreitenden strafrechtlichen Zusammenarbeit und das Interesse der Allgemeinheit an der Gewährleistung einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege. Dieses Interesse leitet sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ab und hat damit ebenfalls Verfassungsrang. Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse dazu vor, ob Ermittlungsgruppen, die in den letzten drei Jahren errichtet wurden, bereits beendet wurden. 19. In wie vielen Fällen hat Europol in den vergangenen drei Jahren Ermittlungen eingeleitet oder angestoßen, bei denen Deutschland und Großbritannien (sowie ggf. weitere EU-Staaten) betroffen waren, und bei denen der Impuls von britischer Seite ausging (bitte soweit wie möglich nach Deliktsfeldern auflisten)? Hierüber liegen der Bundesregierung keine Aufzeichnungen oder Statistiken vor. Eine Auswertung im Hinblick auf die genannte Konstellation ist nicht möglich. 20. Wie viele britische Staatsangehörige sind derzeit nach Kenntnis der Bundesregierung a) als Verbindungsbeamte zu Europol abgestellt bzw. b) bei Europol als Beschäftigte angestellt, und welche Planungen sind der Bundesregierung bekannt, wie nach einem Austritt Großbritanniens mit diesen Verbindungsbeamten und Beschäftigten verfahren werden wird, und welche eigenen Überlegungen hat die Bundesregierung dazu ggf. angestellt? Die Fragen 20a und 20b werden gemeinsam beantwortet. Aktuell sind 17 britische Verbindungsbeamte im GBR-Verbindungsbüro bei Europol tätig. Mit Stand vom 31. Dezember 2018 waren 39 Personen aus dem Vereinigten Königreich bei Europol beschäftigt, darunter fünf Entsandte Nationale Experten (SNE). Für die britischen Verbindungsbeamten und SNE endet der Zugang zu den Räumlichkeiten und IT-Systemen von Europol zum Zeitpunkt des Austritts, insbesondere das britische Verbindungsbüro muss zuvor geräumt werden. Die Verträge von SNEs mit britischer Staatsangehörigkeit enden zum Zeitpunkt des Austritts, da nur Mitgliedstaaten Personal entsenden können. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/8446 Für die weiteren britischen Beschäftigten bei Europol (Beschäftigte auf Zeit, Vertragsbeschäftigte ) besteht die Möglichkeit, dass Europol als Anstellungsbehörde eine Ausnahme vom Erfordernis der Staatsangehörigkeit erteilt. Europol hat, wie andere EU Einrichtungen, ein entsprechendes Prüfverfahren eingeleitet und entscheidet dies als Dienstherr für sein Personal in eigener Zuständigkeit. 21. In welchem Umfang wird sich nach Einschätzung der Bundesregierung nach einem „harten“ Brexit der Informationsaustausch im Bereich Terrorismusbekämpfung von Europol auf die Counter Terrorism Group (CTG) der Inlandsgeheimdienste von EU- und weiteren Staaten verlagern, und gibt es hierzu bereits (auch informelle) Absprachen zwischen Vertretern beider Seiten bzw. zwischen britischer und deutscher Seite? Eine Verlagerung des polizeilichen Informationsaustauschs bei Europol im Bereich Terrorismusbekämpfung auf die Counter Terrorism Group (CTG) der Inlandsnachrichtendienste wird nicht erwartet. Demnach bestehen auch keine diesbezüglichen Absprachen. 22. Ist in diesem Zusammenhang nach Kenntnis der Bundesregierung eine engere Zusammenarbeit zwischen der CTG und dem Counter Terrorism Center von Europol geplant, die über einen Austausch strategischer Informationen hinausgeht? Wenn ja, welche Planungen oder Ideen existieren hierzu? Es ist keine Ausweitung der Zusammenarbeit im Sinne der Frage geplant. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333