Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 13. März 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/8449 19. Wahlperiode 15.03.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Stefan Keuter, Franziska Gminder, Kay Gottschalk und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/8042 – Anrechnung des Nebenverdienstes auf das Elterngeld V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 1. Januar 2007 ist das Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld - und Elternzeitgesetz (BEEG)) vom 5. Dezember 2006, zuletzt geändert durch Artikel 6 Absatz 9 des Gesetzes vom 23. Mai 2017 in Kraft getreten. Ziele dieses Gesetzes sind insbesondere die finanzielle Sicherung eines Schonraums , damit alle Eltern die Betreuung ihres Kindes in dessen erstem Lebensjahr selbst übernehmen können, mehr Wahlfreiheit für Männer und Frauen durch eine einkommensabhängige Leistung, die eine Betreuung auch durch den besser verdienenden Partner erlaubt und eine nachhaltige Stärkung der wirtschaftlichen Grundlage der Familie (vgl. Deutscher Bundestag, Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, Bundestagsdrucksache 16/1889). Dieses Elterngeld bemisst sich am Nettoeinkommen der letzten zwölf Monate vor der Geburt des Kindes und beträgt zwischen 300 bis maximal 1 800 Euro. Das Elterngeld soll helfen, die wirtschaftliche Selbständigkeit und Unabhängigkeit vor allem von jungen Eltern zu bewahren, weswegen auch die Aufnahme einer zeitlich begrenzten Tätigkeit erlaubt wird (vgl. Bundestagsdrucksache 16/1889, S. 95). Gemäß § 15 Absatz 4 Satz 1 BEEG dürfen Elternzeitnehmer generell nicht mehr als 30 Stunden pro Woche arbeiten. Nach Einschätzung der Fragesteller lohnt sich die Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses während der Elternzeit in finanzieller Hinsicht allerdings nicht, da der Verdienst auf das Elterngeld angerechnet wird. Verdient der Elternzeitnehmer beispielsweise 1 500 Euro netto, bekommt dieser ohne Teilzeitbeschäftigung ein monatliches Elterngeld von 920 Euro. Bei einem Verdienst von zusätzlich 700 Euro durch eine Teilzeitstelle, verringert sich nach Berechnungen der Fragesteller das Elterngeld auf nur noch 520 Euro. Durch die Aufnahme des Nebenverdienstes erhält der Elternzeitbezieher nach Berechnungen der Fragesteller 1 220 Euro anstatt der 920 Euro (Berechnungen mit https:// familienportal.de/familienportal/rechner-antraege/elterngeldrechner). Nach Ansicht der Fragesteller wird die Aufnahme einer geringfügigen Beschäftigung des Elterngeldbeziehers, der den Bezug zur Arbeitswelt auch während der Elternzeit aufrechterhalten möchte, nicht ausreichend gewürdigt, er wird vielmehr bestraft. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8449 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Aus welchem Grund wird der Nebenverdienst so hoch angerechnet, so dass sich aus Sicht der Fragesteller eine Nebentätigkeit für den Elterngeldempfänger kaum mehr lohnt? Elterngeld ist eine Einkommensersatzleistung, das heißt, es ersetzt nach der Geburt des Kindes wegfallendes Erwerbseinkommen (mit einer Ersatzrate von 65 Prozent). Arbeiten Eltern nach der Geburt in Teilzeit und beziehen parallel Elterngeld, reduziert sich ihr Einkommenswegfall im Vergleich zum Vollausstieg . Das Elterngeld ersetzt dann den Einkommenswegfall zwischen vorgeburtlichem und nachgeburtlichem Einkommen, mit der Folge, dass im Vergleich zum Vollausstieg weniger Elterngeld zusteht. Jede Familie kann für sich entscheiden, was sich für sie mehr „lohnt“ oder welche Elterngeldvariante mehr zu ihren Wünschen passt. Finanziell steht eine Familie mit Elterngeld und Teilzeiteinkommen regelmäßig besser da. Im angesprochenen Beispielsfall hat der oder die Elterngeldberechtigte ohne Teilzeiteinkommen ein Elterngeld von 920 Euro. Durch die Kombination aus Elterngeld und Teilzeiteinkommen stehen ihm oder ihr 1 220 Euro zur Verfügung. 2. Sieht die Bundesregierung in der Anrechnung des Nebenverdienstes das Ziel, den Elterngeldempfänger am Arbeitsmarkt weiter teilhaben zu lassen, in ausreichender Form erreicht? Das Elterngeld hilft Eltern von Neugeborenen, sich Zeit für ihr Kind zu nehmen, in dem es wegfallendes Erwerbseinkommen auffängt. Die flexible Rückkehr in den Beruf, auch schon während des Elterngeldbezugs, ist vielen jungen Müttern und Vätern ein Anliegen. Um diesem Anliegen gerecht zu werden, wurde im Jahr 2015 das ElterngeldPlus eingeführt, das den frühen Wiedereinstieg in Teilzeit noch stärker unterstützt. Eltern können ihren Elterngeldbezug strecken und damit in Summe regelmäßig mehr vom Elterngeld(Plus) profitieren. Der Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen der Regelungen zum ElterngeldPlus und zum Partnerschaftsbonus sowie zur Elternzeit hat gezeigt, dass 77 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer das ElterngeldPlus als „gute Sache“ bezeichnen. Besonders groß ist die Zustimmung unter jenen, die das ElterngeldPlus unter dem Aspekt nutzten, ihre eigene Erwerbstätigkeit besser verwirklichen zu können. 3. Wie viele Elterngeldempfänger hatten nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten zehn Jahren eine Nebentätigkeit (bitte nach Jahren aufschlüsseln )? Die Elterngeldstatistik weist nicht aus, ob während des Bezugszeitraums eine Erwerbstätigkeit ausgeübt wurde. Es ist jedoch aus der Statistik ersichtlich, bei wie vielen Personen sich das Einkommen nach der Geburt im Vergleich zum Einkommen vor der Geburt reduziert hat, so dass Rückschlüsse auf die Häufigkeit des Vorliegens von Einkommen und damit auf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit gezogen werden können. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/8449 Die Aufschlüsselung nach Jahren ist den nachfolgenden Tabellen zu entnehmen: Jahr Anzahl Elterngeldbeziehender mit reduziertem Einkommen nach der Geburt Beziehende insgesamt 2008 29 658 785 541 2009 28 591 784 047 2010 28 655 810 231 2011 33 094 800 173 2012 34 482 834 359 2013 39 821 874 578 2014 42 908 932 953 Quelle: Destatis, Statistik zum Elterngeld, Beendete Leistungsbezüge* Jahr Anzahl Elterngeldbeziehender mit reduziertem Einkommen nach der Geburt Beziehende insgesamt 2015 61 397 1 561 597 2016 70 765 1 640 118 2017 79 680 1 744 750 Quelle: Destatis, Statistik zum Elterngeld, Leistungsbezüge im Elterngeld** * Für die Jahre 2015 bis 2019 liegen (noch) keine Statistiken über die beendeten Leistungsbezüge vor. ** In den Statistiken über die Leistungsbezüge sind sowohl die im Zeitraum bezogenen, als auch die für den Zeitraum beantragten Leistungen enthalten. Daher ist die Anzahl der Gesamtbezüge deutlich höher und spätere tatsächliche Bezüge (in den Statistiken über die beendeten Leistungsbezüge aufgeführt) können deutlich abweichen. Für die Jahre 2018 und 2019 liegen (noch) keine Jahresstatistiken über die Leistungsbezüge vor. 4. Wie würde sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Nichtanrechnung des Nebenverdienstes auf das Elterngeld auf die Ausgaben für das Elterngeld auswirken? Für eine solche Nicht-Berücksichtigung von Einkommen während des Bezugs ist mit einer erheblichen Steigerung der Ausgaben für das Elterngeld zu rechnen, deren Umfang für die Bundesregierung nicht abzuschätzen ist. Es ist zu vermuten, dass die Einführung dieser Möglichkeit zu erheblichen Verhaltensanpassungen der Elterngeldbezieherinnen und -bezieher in nicht absehbarem Ausmaß führen würde. So wäre es etwa möglich, 30 Stunden zu arbeiten und zusätzlich zu dem entsprechenden Einkommen eine Elterngeldzahlung in Höhe von 65 bis 100 Prozent des Nettoeinkommens vor der Geburt zu erhalten, sodass insgesamt ein höheres Gesamteinkommen vorläge, als ohne Reduktion der Arbeitszeit. Das könnte es für den besserverdienenden Elternteil regelmäßig attraktiv machen, selbst das Elterngeld in Anspruch zu nehmen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8449 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 5. Wie viele Elterngeldempfänger erhielten in den letzten zehn Jahren den Höchstsatz von 1 800 Euro Elterngeld monatlich (bitte nach Jahren aufschlüsseln )? Die Aufschlüsselung ist den nachfolgenden Tabellen zu entnehmen: Jahr Anzahl Elterngeldbeziehender mit Bezug des Höchstsatzes (1.800 Euro) Beziehende insgesamt 2008 32 376 785 541 2009 39 616 784 047 2010 47 603 810 231 2011 50 414 800 173 2012 62 392 834 359 2013 68 154 874 578 2014 81 216 932 953 Quelle: Destatis, Beendete Leistungsbezüge* Jahr Anzahl Elterngeldbeziehender mit Voreinkommen von 2.770 Euro und mehr** Beziehende insgesamt 2015 143 399 1 561 597 2016 161 104 1 640 118 2017 183 828 1 744 750 Quelle: Destatis Leistungsbezüge im Elterngeld*** * Für die Jahre 2015 bis 2019 liegen (noch) keine Statistiken über die beendeten Leistungsbezüge vor. ** In den Statistiken zu den Leistungsbezügen im Elterngeld wird nicht abgebildet, wie viele Beziehende den Höchstbetrag von 1 800 Euro Elterngeld pro Monat erhalten. Hilfsweise wurde daher jeweils die Zahl der Beziehenden mit einem vorgeburtlichen Einkommen von 2 770 Euro oder mehr verwendet, das regelmäßig einen Anspruch auf den Elterngeld-Höchstbetrag auslöst. *** In den Statistiken über die Leistungsbezüge sind sowohl die im Zeitraum bezogenen, als auch die für den Zeitraum beantragten Leistungen enthalten. Daher ist die Anzahl der Gesamtbezüge deutlich höher und spätere tatsächliche Bezüge (in den Statistiken über die beendeten Leistungsbezüge aufgeführt) können deutlich abweichen. Für die Jahre 2018 und 2019 liegen (noch) keine Jahresstatistiken über die Leistungsbezüge vor. 6. Aus welchem Grund ist das Elterngeld auf 1 800 Euro monatlich beschränkt ? Das Elterngeld ist eine Leistung der öffentlichen Fürsorge. Der Berechnung des Elterngeldhöchstbetrags von 1 800 Euro liegt ein Netto-Einkommen von monatlich 2 770 Euro zugrunde. Bei diesem Betrag geht der Gesetzgeber mit Blick auf das Elterngeld davon aus, dass der existenzielle Bedarf abgedeckt ist. Der über 2 770 Euro hinaus gehende Teil des Netto-Einkommens wird daher nicht durch eine Leistung der öffentlichen Fürsorge abgesichert. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/8449 7. Wie viele Elterngeldempfänger erhielten nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten zehn Jahren den Mindestsatz von 300 Euro monatlich? Die Aufschlüsselung ist den nachfolgenden Tabellen zu entnehmen: Jahr Anzahl Elterngeldbeziehender mit Bezug Mindestbetrags (300 Euro) Beziehende insgesamt 2008 340 058 785 541 2009 314 567 784 047 2010 309 003 810 231 2011 278 441 800 173 2012 280 020 834 359 2013 274 528 874 578 2014 277 323 932 953 Quelle: Destatis Statistik zum Elterngeld, beendete Leistungsbezüge* Jahr Anzahl Elterngeldbeziehender mit Bezug des Mindestbetrags (300 Euro) Beziehende insgesamt 2015 459 845 1 561 597 2016 430 509 1 640 118 2017 418 039 1 744 750 Quelle: Destatis Statistik zum Elterngeld, Leistungsbezüge** * Für die Jahre 2015 bis 2019 liegen (noch) keine Statistiken über die beendeten Leistungsbezüge vor. ** In den Statistiken über die Leistungsbezüge sind sowohl die im Zeitraum bezogenen, als auch die für den Zeitraum beantragten Leistungen enthalten. Daher ist die Anzahl der Gesamtbezüge deutlich höher und spätere tatsächliche Bezüge (in den Statistiken über die beendeten Leistungsbezüge aufgeführt) können deutlich abweichen. Für die Jahre 2018 und 2019 liegen (noch) keine Jahresstatistiken über die Leistungsbezüge vor. 8. Hat sich nach Ansicht der Bundesregierung die Zahlung des Elterngeldes positiv auf die Geburtenrate in Deutschland ausgewirkt? Das Geburtenverhalten ist komplex und wird von vielen Faktoren beeinflusst. Effekte familienbezogener Maßnahmen lassen sich zudem eher in mittel- und langfristiger Perspektive nachweisen. Hier ist ein kohärentes Zusammenwirken mit anderen Politikbereichen (Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik) sowie mit gesellschaftlichen Wertvorstellungen wichtig. Eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf und eine gut ausgebaute Kinderbetreuung sind allerdings – und das zeigen international vergleichende Studien – die wichtigsten Voraussetzungen dafür, dass Paare sich für Kinder entscheiden können und dass Familienleben gelingen kann. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8449 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 9. Aus welchem Grund werden Einmalzahlungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld bei der Berechnung des Elterngeldes nicht berücksichtigt? Das Elterngeld beschränkt sich als Einkommensersatzleistung auf solche Einkünfte , die der Familie im Jahr vor der Geburt zur allgemeinen Lebensführung zur Verfügung standen. Einmalige Einnahmen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld werden nicht berücksichtigt, da solche Einnahmen die vorgeburtliche Lebenssituation der Familie nicht mit der gleichen Nachhaltigkeit wie das laufende Erwerbseinkommen prägen. Diese Rechtslage wurde mehrfach vom Bundessozialgericht bestätigt. 10. In welcher Größenordnung würden sich die Ausgaben für das Elterngeld erhöhen , wenn Einmalzahlungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld mit in die Berechnung für die Höhe des Elterngeldes mit einbezogen würden? Der Bundesregierung liegen die für eine entsprechende Kostenschätzung notwendigen Daten über die Höhe und Häufigkeit der angesprochenen Einmalzahlungen im Elterngeldbemessungszeitraum nicht vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333