Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 19. Februar 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/848 19. Wahlperiode 21.02.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Helin Evrim Sommer, Christine Buchholz, Michael Leutert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/510 – Aktueller Stand sowie Perspektiven der humanitären Hilfe und Entwicklungspolitik in Syrien V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Krieg in und um Syrien ist eine der größten humanitären Katastrophen der Gegenwart. Nach Angaben der Deutschen Welthungerhilfe e. V. wurden seit Kriegsbeginn mehr als 400 000 Menschen getötet. Zirka 11,5 Millionen Menschen sind inner- und außerhalb Syriens auf der Flucht. In Syrien sind fast 14 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Knapp sieben Millionen Menschen können sich nicht selbst ernähren und müssen dringend mit Nahrungsmitteln versorgt werden (vgl. www.welthungerhilfe.de/fileadmin/ user_upload/Ueber_uns/Vereinsprofil/Zahlen_und_Fakten/Jahresbericht_2016/ JB2016_Webversion.pdf, S. 15, abgerufen am 12. Dezember 2017). Hinzu kommt die dramatische Lage von besonders verwundbaren Personengruppen wie Voll- oder Halbwaisen sowie von über einer Million Kindern mit Traumata, die dringend eine fachgerechte medizinische und psychosoziale Behandlung benötigen . Demgegenüber ist die humanitäre Hilfe der Vereinten Nationen (VN) für Syrien unterfinanziert. Der Deckungsgrad des von den VN für das Jahr 2017 koordinierten humanitären Hilfsplans betrug mit Stand vom 19. April 2017 lediglich erst 14 Prozent (vgl. Vorbemerkung der Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache 18/12276). Die Bundesregierung verfolgt nach eigener Aussage bei der Umsetzung ihrer humanitären Nothilfemaßnahmen wie auch bei ihrer strukturbildenden, mittelund langfristigen Unterstützung einen „Whole of Syria“-Ansatz. Demnach gilt es, humanitäre Hilfe ausschließlich rein bedarfsorientiert und auf der Grundlage humanitärer Prinzipien zu leisten, unabhängig davon, welche jeweilige Konfliktpartei die politische oder militärische Kontrolle in einem bestimmten Gebiet ausübt (vgl. Antwort zu Frage 3 auf Bundestagsdrucksache 18/12276). Der aus Sicht der Fragesteller an sich zielführende und begrüßenswerte Ansatz stößt unter den konkreten Kriegsbedingungen in Syrien jedoch häufig an seine Grenzen. Insbesondere kampflinien- und grenzüberschreitende Hilfe gemäß der VN-Resolution 2332 verlangt belastbare Vereinbarungen zwischen den sich vor Ort Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/848 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode bekämpfenden, bewaffneten Konfliktparteien über die Einstellung der Kampfhandlungen , den freien Zugang und Sicherheitsgarantien für ziviles humanitäres Hilfspersonal u. a. m. So müssen sich die mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichneten freiwilligen Helferinnen und Helfer des Syrischen Zivilschutzes Difaʼ al-Madani (sogenannte Weißhelme) bei ihrer oft hochriskanten, lebensrettenden Ersten Hilfe für durch Bombardements verletzte und verschüttete Zivilistinnen und Zivilisten mit den örtlichen Strukturen der zivilen Selbstverwaltung in den von der bewaffneten Opposition militärisch kontrollierten Gebieten koordinieren (vgl. Antwort zu den Fragen 11 bis 15 auf Bundestagsdrucksache 18/12276). Wegen der von der EU gegen die Arabische Republik Syrien verhängten Sanktionen ist die Erbringung von humanitärer Hilfe an die Einhaltung von engen Auflagen und Genehmigungsverfahren geknüpft. Nach Auffassung der Fragesteller wird damit der Zugang für die unter der Kontrolle der syrischen Regierung lebende Zivilbevölkerung zu humanitärer Hilfe aus den EU-Staaten deutlich erschwert bzw. blockiert. Das NATO-, OSZE- und Europaratsmitglied Türkei ist im Rahmen der von ihm angeführten „Euphrates Shield Operation“ (ESO) gegen den Willen der Regierung in Damaskus auf dem völkerrechtlichen Territorium der Arabischen Republik Syrien militärisch aktiv (vgl. Antwort zu Frage 4 auf Bundestagsdrucksache 18/12455). Das Operationsziel des ESO-Einsatzes war bzw. ist es, im Bündnis mit islamistischen Oppositionsmilizen – darunter auch die salafistischdschihadistische Miliz „Ahrar al-Sham“ (vgl. www.spiegel.de/politik/ausland/ tuerkei-kaempft-in-syrien-mit-terroristen-und-nutzt-leopard-panzer-a-113091 3.html, abgerufen am 20. Dezember 2017) – zwar zeitweilig auch den sogenannten Islamischen Staat zu bekämpfen, aber insbesondere „das Entstehen eines zusammenhängenden Gebietes unter dem Einfluss der kurdischen Miliz PYD/YPG entlang der türkischen Südgrenze zu verhindern“ (Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 11 auf Bundestagsdrucksache 18/10827). Ankara will die kurdischen Selbstverwaltungskantone in Nordsyrien /Rojava (Westkurdistan) möglichst weitgehend schwächen und praktiziert zu diesem Zweck ein umfassendes Wirtschaftsembargo, das sich bis auf seltene Ausnahmen auch auf humanitäre Hilfsgüter und Maßnahmen der Entwicklungsunterstützung erstreckt. Angesichts dessen stellen sich den Unterzeichnern die Fragen, wie die Bundesregierung ihre humanitären Hilfsmaßnahmen und entwicklungspolitische Unterstützung mit dem ganzheitlichen Syrien-Ansatz in Übereinstimmung bringen will und wie die diesbezüglichen Perspektiven für Syrien angesichts der unvermindert notleidenden Zivilbevölkerung in dem kriegszerstörten Land aussehen. In Anbetracht des Umfangs der Kleinen Anfrage erklären sich die Fragesteller vorab mit der Verlängerung der Beantwortungsfrist einverstanden, sofern dies erforderlich sein sollte. 1. Welche Maßnahmen hat die geschäftsführende Bundesregierung getroffen bzw. wird sie ggf. noch treffen, um die Kontinuität der humanitären Hilfe und entwicklungspolitischen Unterstützung in den von kriegerischen Konflikten betroffenen Staaten wie Syrien angesichts der bisherigen Verzögerungen bei der Bildung einer neuen Bundesregierung sowie vor dem Hintergrund von möglichen Änderungen in der politischen Lagebeurteilung abzusichern (bitte erläutern)? Zur Wahrung der Kontinuität humanitärer Hilfe, insbesondere in lang anhaltenden Krisensituationen wie in Syrien, fördert die Bundesregierung bereits seit Jahren verstärkt mehrjährige Projekte bzw. Programme. Durch planvollen Einsatz zugewiesener Verpflichtungsermächtigungen konnten in Syrien und den Flüchtlingsaufnahmeländern der Region bereits humanitäre Hilfsmaßnahmen in Höhe von knapp 200 Mio. Euro für 2018 zugesagt werden. Für laufende Maßnahmen, Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/848 darunter solche des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), gilt, dass diese auch während der vorläufigen Haushaltsführung fortgesetzt werden können. Die Bundesregierung steht zudem in regelmäßigem Austausch mit anderen Geberstaaten, den zuständigen Agenturen der Vereinten Nationen sowie den Partnern der internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung und humanitär tätigen Nichtregierungsorganisationen zur Entwicklung und Analyse der politischen und humanitären Lage, um gegebenenfalls eine bedarfsgerechte Anpassung laufender Maßnahmen sicherzustellen. 2. Wie sehen zum gegenwärtigen Zeitpunkt die weiteren mittelfristigen Finanzbedarfsplanungen der Bundesregierung bei der humanitären Hilfe und den Maßnahmen der strukturbildenden Unterstützung für Syrien aus, und welche Schwerpunktbereiche will die Bundesregierung hierbei künftig priorisieren (bitte erläutern)? Schwerpunkte und Ziele der humanitären Förderung der Bundesregierung in Syrien bleiben vor allem der Ausbau des humanitären Zugangs zu belagerten und schwer erreichbaren Gebieten, der Schutz der Zivilbevölkerung sowie die Sicherstellung einer humanitären Grundversorgung für Menschen in Not. Ferner setzt die Bundesregierung zur Resilienzstärkung der Bevölkerung und zur Stabilisierung von Oppositionsgebieten in Syrien schwerpunktmäßig Vorhaben in lebenswichtigen Bereichen wie Gesundheit, Bildung, Kinderschutz, Landwirtschaft und Ernährungssicherung, Wasser/Abwasser, Abfallentsorgung, Stärkung der Zivilgesellschaft, Förderung kommunaler Verwaltungsstrukturen in Oppositionsgebieten („local councils“), Beschäftigungsförderung und beruflicher Bildung um. Über die zukünftige mittelfristige Finanzplanung und eine mögliche Änderung von thematischen Schwerpunkten entscheidet zu gegebener Zeit die neue Bundesregierung. Des Weiteren wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 3. Welcher Deckungsgrad wurde nach Kenntnis der Bundesregierung beim von den VN koordinierten humanitären Hilfsplan für Syrien im Jahr 2017 letztlich erreicht, und welche Mittel sind davon bereits wofür verausgabt (bitte möglichst nach Schwerpunkbereichen und Gesamtsumme auflisten)? Der von den Vereinten Nationen koordinierte humanitäre Hilfsplan für Syrien („Humanitarian Response Plan“ – HRP 2017) war zu Ende 2017 zu 51,6 Prozent (Zusagen 1,73 Mrd. US-Dollar von 3,35 Mrd. US-Dollar) gedeckt. Für eine Liste der im Rahmen des HRP 2017 finanzierten humanitären Hilfsmaßnahmen wird auf das Erfassungssystem der Geberzusagen („Financial Tracking System“) des Büros der Vereinten Nationen für Humanitäre Hilfe (OCHA) verwiesen. Die laufend aktualisierte Übersicht findet sich unter folgendem Link: https://fts. unocha.org/appeals /526/summary. 4. In welchem Umfang konnte nach Kenntnis der Bundesregierung seit Beginn des Syrien-Kriegs 2011 kampflinien- und grenzüberschreitende Hilfe gemäß der VN-Resolution 2332 bzw. deren Vorgängerresolutionen für die notleidende syrische Zivilbevölkerung durchgeführt werden, und worin bestanden die Schwerpunkte der geleisteten Hilfe (bitte möglichst pro Jahr, Schwerpunktbereich und Gesamtumfang auflisten)? Grenzüberschreitende Hilfe: Unter der Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen 2 165 (2014) und den Nachfolgeresolutionen 2 191 (2014), 2 258 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/848 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode (2015) und 2 332 (2016) wurden seit dem 14. Juli 2014 bis einschließlich Dezember 2017 insgesamt 18 154 LKW-Ladungen mit Hilfsgütern über die autorisierten Grenzübergange in der Türkei (14 357) und in Jordanien (3 797) nach Syrien gebracht . Die Schwerpunkte der geleisteten Hilfe waren Gesundheit, Unterkunft, Wasser/Sanitäres („WASH“) und Ernährung. Kampflinienüberschreitende Hilfe: Auf Grundlage der Münchner Vereinbarung der Syrienkontaktgruppe vom 16. Februar 2016 konnten im Jahr 2016 insgesamt 43,1 Prozent der Menschen in belagerten und 20,9 Prozent der Menschen in schwer erreichbaren Gebieten mindestens einmal mit humanitären Hilfslieferungen erreicht werden. Im monatlichen Durchschnitt wurden 2016 21,3 Prozent der Menschen in belagerten Gebieten mit humanitärer Hilfe erreicht. Im Jahr 2017 konnten insgesamt 69,1 Prozent der Menschen in belagerten und 17,1 Prozent der Menschen in schwer erreichbaren Gebieten mindestens einmal mit humanitären Hilfslieferungen versorgt werden. Im monatlichen Durchschnitt wurden 2017 nur noch 9,1 Prozent der Menschen in belagerten Gebieten mit humanitärer Hilfe erreicht . Dieser Rückgang ist vor allem mit den deutlich gestiegenen Zugangsverweigerungen des syrischen Regimes zu erklären. 5. In welchem Umfang wurden nach Kenntnis der Bundesregierung seit der Verabschiedung der EU-Sanktionen gegen Syrien Ausnahmegenehmigungen für humanitäre Zwecke erteilt, worin bestanden die Schwerpunkte der genehmigten Hilfe, und welche Schwerpunktregionen wurden damit versorgt (bitte möglichst pro Jahr, Schwerpunktbereich, Region/Ort und Gesamtumfang auflisten)? Seit Verabschiedung der EU-Sanktionen gegen Syrien wurde 2015 für humanitäre Zwecke eine Ausnahmegenehmigung im Bereich Finanzen erteilt. Sie betraf Treibstoffbeschaffungen für ein überregionales Projekt sowie für weitere Projekte in den Regierungsbezirken Aleppo und Hama (Stromversorgung und Abfallbeseitigung ). Der Gesamtumfang der Genehmigung belief sich auf 872 640 Euro. 6. Über welche aktuelle Finanzausstattung verfügt nach Kenntnis der Bundesregierung das auf der EU-Ebene eingerichtete European Social Safety Net (ESSN), und werden seitens der Bundesregierung oder von anderen EU-Partnern derzeit Überlegungen verfolgt, die bisherige Unterstützung des ESSN für Geflüchtete in der Türkei künftig auf weitere Anrainerstaaten Syriens mit hohen Bevölkerungsanteilen von Geflüchteten bzw. von besonders vulnerablen Personengruppen auszudehnen, und welche Voraussetzungen müssten hierfür ggf. erfüllt sein (bitte erläutern)? Die derzeitige finanzielle Ausstattung des „European Social Safety Net Programms “ (ESSN) liegt bei 998 Mio. Euro. Über das ESSN werden derzeit etwa 1,1 Millionen Flüchtlinge in der Türkei unterstützt. Da das ESSN aus Mitteln der EU-Türkei-Flüchtlingsfazilität finanziert wird, ist die Möglichkeit einer Ausweitung dieses Instruments auf andere Staaten nicht gegeben. Flüchtlinge in weiteren Anrainerstaaten Syriens und der Region (insbesondere Ägypten, Irak, Jordanien und Libanon) erhalten im Rahmen anderer humanitärer Hilfsprogramme ähnliche Unterstützung. 7. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung die aktuelle Situation bezüglich der Ernährungssicherheit der Zivilbevölkerung in Syrien? Gegenwärtig sind über 13 Millionen Menschen in Syrien auf humanitäre Hilfe angewiesen, insbesondere rund drei Millionen Menschen in schwer erreichbaren Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/848 und über 400 000 Menschen in belagerten Gebieten. Laut dem „Humanitarian Needs Overview“ (HNO) der Vereinten Nationen sind in Syrien rund 6,5 Millionen Menschen von akuter Nahrungsmittelunsicherheit betroffen und vier Millionen Menschen von Nahrungsmittelunsicherheit bedroht. Insgesamt sind 10,5 Millionen Menschen in Syrien auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen. a) Wie viele Menschen in den von der syrischen Regierung und bewaffneten loyalistischen Gruppierungen (z. B. Tiger Forces, Hisbollah-Miliz) kontrollierten Gebieten sind nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit auf die Versorgung mit Nahrungsmitteln angewiesen, von Unterernährung betroffen bzw. vom Verhungern bedroht (bitte ggf. auch Schätzungen)? b) Wie viele Menschen in den von der bewaffneten syrischen Opposition militärisch kontrollierten Gebieten sind nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit auf die Versorgung mit Nahrungsmitteln angewiesen, von Unterernährung betroffen bzw. vom Verhungern bedroht (bitte ggf. auch Schätzungen)? c) Wie viele Menschen in der von der Türkei und den mit ihr verbündeten syrischen Oppositionsmilizen militärisch kontrollierten Operationszone des ESO-Einsatzes sind nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit auf die Versorgung mit Nahrungsmitteln angewiesen, von Unterernährung betroffen bzw. vom Verhungern bedroht (bitte ggf. auch Schätzungen)? d) Wie viele Menschen in den von der kurdischen Selbstverwaltung in Rojava /Nordsyrien bzw. den „Syrian Democratic Forces“ (SDF) militärisch kontrollierten Gebieten sind nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit auf die Versorgung mit Nahrungsmitteln angewiesen, von Unterernährung betroffen bzw. vom Verhungern bedroht (bitte ggf. auch Schätzungen )? Die Fragen 7a bis 7d werden zusammengefasst beantwortet. Die Erhebung humanitärer Bedarfe erfolgt unabhängig von politischer bzw. militärischer Kontrolle in den jeweiligen Gebieten. Zu Angaben der Verteilung der auf Nahrungsmittelhilfe angewiesenen Bevölkerung auf die einzelnen Provinzen wird auf den “Humanitarian Needs Overview“ (HNO) der Vereinten Nationen verwiesen, der im Internet unter folgendem Link abrufbar ist: https://reliefweb. int/report/syrian-arab-republic/2018-humanitarian-needs-overview-syrian-arabrepublic -enar. 8. Welche Städte oder Regionen werden aktuell nach Kenntnis der Bundesregierung immer noch von wem belagert, und wie ist es um die Ernährungssicherheit der dort eingeschlossenen Zivilbevölkerung bestellt? Nach Kenntnis der Bundesregierung werden mit Stand vom Januar 2018 noch immer die Region Ost-Ghouta (ca. 400 000 Menschen) sowie das Palästinensercamp Yarmouk (ca. 8 000 bis 10 000 Menschen) vom syrischen Regime sowie die Städte Foah und Kefrayah (insg. ca. 8 000 Menschen) von regimefeindlichen bewaffneten Gruppen belagert. Der kommerzielle Warenverkehr nach Ost-Ghouta unterliegt vom syrischen Regime regelmäßig neu auszustellenden Handelsgenehmigungen. Nach dem letzten VN-Konvoi nach Ost-Ghouta im November 2017 wurden knapp drei Monate lang keine Genehmigungen mehr durch das syrische Regime erteilt. Am 14. Februar 2018 konnte erstmals wieder ein kleiner Hilfskonvoi den Ort Naschabijah mit Hilfsgütern für 7 200 Menschen erreichen. Auch die Einfuhr von Treibstoffen Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/848 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode wird vom syrischen Regime unterbunden. Den seltenen humanitären Konvois werden von Vertretern des syrischen Regimes regelmäßig Medikamente und medizinische Ausrüstungsgegenstände entnommen. Die Ernährungssituation in Ost-Ghouta ist aufgrund der Blockade katastrophal, die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln ist sehr gering. Nahrungsmittelpreise liegen weit über dem nationalen Durchschnitt; das „World Food Programme“ (WFP) erwartet auch 2018 anhaltend hohe Nahrungsmittelpreise in Ost-Ghouta. Es kommt dort zum Verzehr von Tierfutter oder dem Auslassen von Mahlzeiten. Im Rahmen eines Blitz-Screenings bei Durchführung des vorletzten VN-Konvois Mitte November 2017 wurde festgestellt, dass 12 Prozent der unter fünfjährigen Kinder von schwerer akuter Unterernährung betroffen sind und 36 Prozent von chronischer Unterernährung. Die nah beieinander liegenden Ortschaften Foah und Kefraya werden gelegentlich durch das syrische Regime und Iran über Luftabwürfe mit Lebensmitteln und Gütern des täglichen Bedarfs versorgt, weshalb die dortige Versorgungslage trotz Belagerung als rudimentär gesichert anzusehen ist. Zur Lage im Camp Yarmouk wird auf die Antwort zu Frage 13 verwiesen. 9. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die von den Teilnehmern des „Astana-Formats“ (Russland, Iran, Türkei) vereinbarte Einrichtung von Deeskalationszonen innerhalb Syriens auf die Versorgungssituation der in den betreffenden Gebieten lebenden Zivilbevölkerung mit Nahrungsmitteln und anderen humanitären Hilfsgütern ausgewirkt? Trotz der Einrichtung der Deeskalationszonen dauern die Kampfhandlungen insbesondere in Ost-Ghouta, Idlib und Nord-Homs an. Verbesserungen hinsichtlich des humanitären Zugangs wurden nicht erreicht; in einigen Gebieten der Deeskalationszonen hat sich die humanitäre Lage sogar weiter verschlechtert. Neu aufgekommene Binnenflüchtlingsströme haben in Idlib zu einer Verknappung der dort verfügbaren Ressourcen zur Unterbringung und Versorgung der neuen Binnenvertriebenen geführt. Besonders katastrophal stellt sich die Situation in Ost-Ghouta dar: Andauernde Kampfhandlungen, die vollständige Belagerung durch das syrische Regime, die Schließung des letzten kommerziellen Checkpoints im September 2017 und die Schließung von Schmuggeltunneln haben in den letzten Monaten zu einer drastischen Verschlechterung der humanitären Lage geführt. In der Deeskalationszone Südwestsyrien (umfasst Teile der südsyrischen Provinzen Dara’a und Qunaitra) hat sich nach Ausrufung der Deeskalationszone die dortige wirtschaftliche, humanitäre und Versorgungslage verbessert. 10. Welche internationalen Hilfsorganisationen haben nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit einen direkten humanitären Zugang zu den Deeskalationszonen innerhalb Syriens bzw. sind ggf. in der Lage, durch die Zusammenarbeit mit vorhandenen lokalen Verwaltungsstrukturen bzw. vor Ort aktiven Projektpartnern die dort lebende Zivilbevölkerung effektiv mit humanitären Hilfsgütern zu erreichen? Der Bundesregierung liegt keine Gesamtliste der internationalen Hilfsorganisationen vor, die Zugang zu den Deeskalationszonen haben. Sowohl die Vereinten Nationen als auch eine Reihe internationaler Nichtregierungsorganisationen sowie bilaterale Geber setzen ihre Maßnahmen im Regelfall über lokale Part- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/848 nerstrukturen um. Grundsätzlich ist der humanitäre Zugang zu den Deeskalationszonen aufgrund der aktuellen Sicherheitslage und administrativer Hürden stark eingeschränkt. Nach der Bundesregierung vorliegenden Informationen engagieren sich verschiedene türkische Hilfsorganisationen in der nordsyrischen Deeskalationszone Idlib im zivilen und humanitären Bereich, unter anderem die Nichtregierungsorganisation „Humanitarian Relief Foundation“ (IHH) und der Türkische Rote Halbmond. Der Zugang zur Deeskalationszone in Südwest-Syrien wird von den jordanischen Behörden ermöglicht und kontrolliert. Die Zusammenarbeit innerhalb dieser Deeskalationszone mit den lokalen Verwaltungsstrukturen ist zumeist sehr gut, die Bedürfnisse der Zivilbevölkerung übersteigen jedoch deutlich die finanziellen Ressourcen. 11. Wie viele Menschen in der stark zerstörten Großstadt Aleppo und ihrem Umfeld sind nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell weiterhin dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen, in welchem Umfang konnten bislang elementare Infrastrukturen der öffentlichen Daseinsvorsorge (Trinkwasserversorgung , Abwasser- und Abfallentsorgung, Wohnunterkünfte, Gesundheitszentren , Bildungseinrichtungen etc.) weiter rehabilitiert werden (vgl. Antworten zu den Fragen 6, 9 und 10 auf Bundestagsdrucksache 18/12276), und mit welchen finanziellen Mitteln hat sich die Bundesregierung durch die Förderung von entsprechenden Rehabilitationsmaßnahmen von internationalen Hilfs- bzw. Partnerorganisationen zum gegenwärtigen Zeitpunkt daran beteiligt (bitte möglichst nach Schwerpunktsektor und Gesamtsumme auflisten )? Außer rudimentären Aufräum- und Wiederinstandsetzungsarbeiten finden in Aleppo -Stadt, abgesehen von der symbolträchtigen Altstadt, keine größeren Wiederaufbauprojekte statt. Die Strom- und Wasserversorgung hat sich seit Dezember 2016 besonders in den westlichen Stadtteilen von Aleppo verbessert, liegt aber im stark zerstörten Osten der Stadt weitestgehend brach. Gleiches gilt für staatliche Dienstleistungen wie die Müllabfuhr, die aufgrund geringerer Schäden in West-Aleppo besser funktionieren als in Ost-Aleppo. Die humanitäre Lage in West-Aleppo hat sich soweit verbessert, dass zahlreiche frühere Bewohner zurückgekehrt sind. Laut „Humanitarian Needs Overview“ (HNO) 2018 sind in der Provinz Aleppo insgesamt 2,25 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen, davon 380 000 Menschen akut. Gemäß der Kategorisierung der Vereinten Nationen kommen bei den akut auf humanitäre Hilfe angewiesenen Menschen mehrere, sich gegenseitig verstärkende Vulnerabilitätskriterien zusammen, insbesondere eingeschränkter Zugang, eine hohe Zahl neu Vertriebener, andauernde Kampfhandlungen und eine unzureichende Versorgung mit Trinkwasser und Nahrungsmitteln . Im Rahmen der humanitären Hilfe fördert die Bundesregierung derzeit Maßnahmen humanitärer Nichtregierungsorganisationen in Nordwest-Syrien in Höhe von rund 17 Mio. Euro mit Fokus auf Nahrungsmittelhilfe und Gesundheitsversorgung . Die landesweiten Programme von WFP, des Hochkommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) und des Internationalen Kommitees vom Roten Kreuz (IKRK), die auch Unterstützung für die betroffenen Menschen in der Provinz Aleppo leisten, werden von der Bundesregierung im laufenden Jahr mit bislang insgesamt rund 72 Mio. Euro gefördert. Mit Mitteln der strukturbildenden Übergangshilfe werden durch die Bundesregierung in der Stadt Aleppo und ihrer Umgebung derzeit entsprechend der von den Vereinten Nationen identifizierten Bedarfe Maßnahmen zur Wasserversorgung Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/848 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode und Abwasserentsorgung (0,25 Mio. Euro), zu Bildung (3,9 Mio. Euro) sowie zur Trümmer- und Abfallbeseitigung (1,7 Mio. Euro) über das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) und das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) unterstützt. Außerdem werden laufende Maßnahmen über Nichtregierungsorganisationen in von der Opposition gehaltenen Gebieten der Provinz Aleppo in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Ernährungssicherung, Wasserversorgung und Beschäftigungsförderung in Höhe von rund zehn Mio. Euro gefördert. 12. Wie sehen die aktuellen Pläne der Bundesregierung zur etwaigen Verlängerung der für Aleppo Stadt und Provinz bislang geförderten Maßnahmen für das Jahr 2018 aus, und inwieweit haben nach Kenntnis der Bundesregierung humanitäre Nichtregierungsorganisationen inzwischen Zugang zu den Hilfebedürftigen in Aleppo? Die im Rahmen der humanitären Hilfe geförderten Maßnahmen der Vereinten Nationen, der internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung sowie humanitärer Nichtregierungs-organisationen in der Provinz Aleppo sind mehrjährig und werden 2018 weiterhin den aktuellen humanitären Bedarfen entsprechend umgesetzt. Teile der Provinz Aleppo sind von den Vereinten Nationen als schwer erreichbare Gebiete eingestuft. Humanitärer Zugang zu diesen Gebieten ist nur eingeschränkt möglich. Die Vorhaben der strukturbildenden Übergangshilfe sind mehrjährig und laufen nach jetzigem Stand auch 2018 weiter. Seit der vollständigen Eroberung Ost-Aleppos durch syrische Streit- und Sicherheitskräfte im Dezember 2016 haben verschiedene nationale und internationale Nichtregierungs- und Hilfsorganisationen Zugang zu Hilfsbedürftigen in Aleppo. 13. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung die aktuelle humanitäre Situation in dem vom sogenannten Islamischen Staat militärisch kontrollierten Damaszener Außenbezirk Mukhayyam al-Yarmuk (vgl. https://syriancivil warmap.com/, abgerufen am 20. Dezember 2017), und wie hoch ist die Anzahl der dort ausharrenden Zivilistinnen und Zivilisten sowie der verschanzten IS-Kämpfer (bitte ggf. auch Schätzungen)? In Syrien befinden sich nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) rund 56 600 palästinensische Flüchtlinge in belagerten oder schwer erreichbaren Gebieten, wozu auch Yarmouk (belagert) und die angrenzenden Bezirke (Yelda, Babilla, Beit Sahem ) zählen. Die Angaben zur Bevölkerungsanzahl in Yarmouk schwanken zwischen 8 000 (Quelle: „Siege Watch“) und 9 800 Personen (Quelle: VN-Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA)). Angaben zur Anzahl von Kämpfern liegen der Bundesregierung nicht vor. Die humanitäre Lage in Yarmouk wird durch verschiedene Beobachter als schlecht eingeschätzt. Die Blockade des Camps dauert inzwischen rund vier Jahre an; die letzte offizielle Hilfslieferung durch UNRWA erfolgte im Mai 2016. Akute Bedarfe sind insbesondere in den Bereichen Nahrungsmittelversorgung, „WASH“ (Wasser, Abwasser, Hygiene), Gesundheitsversorgung, Bildung und „Protection“/Schutz gegeben. Die Bundesregierung unterstützt seit 2015 ein Projekt zur Nahrungsmittelversorgung von rund 12 000 palästinensischen Flüchtlingen in Syrien in Yarmouk sowie in Yelda, Babilla und Beit Sahem. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/848 14. In welchem Umfang sind nach Kenntnis der Bundesregierung in welchen Regionen innerhalb Syriens bislang geeignete Behandlungszentren für Traumaerkrankungen vorhanden, und welche zusätzlichen Behandlungskapazitäten werden nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell benötigt, um insbesondere auf das Schwerste traumatisierten Kindern Zugang zu medizinischer und psychosozialer Hilfe zu verschaffen? Der Bereich psychologische Betreuung und Traumabewältigung ist in Syrien deutlich unterversorgt. Der aktuelle HNO der Vereinten Nationen bezeichnet den Bedarf als signifikant, insbesondere in urbanen Gebieten mit Kampfhandlungen. Der Bedarf für psychologische Betreuung wird im HNO im Sektor Schutz („Protection “) erfasst; 97 Prozent der untersuchten Gegenden meldeten mindestens ein Problem in diesem Sektor (dazu zählen beispielsweise geschlechtsspezifische Gewalt , Gewalt gegenüber Kindern, fehlende Dokumente wie Pässe, Geburtsurkunden ). Von den rund 111 allgemeinen öffentlichen Krankenhäusern und 1 800 Gesundheitszentren sind laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) mehr als 50 Prozent geschlossen oder nur teilweise funktionstüchtig. Nach Angaben des WHO „Health Clusters Turkey Hub“ (Stand: 3. Quartal 2017) sind nur 20 Prozent der Gesundheitseinrichtungen in von Oppositions-gruppen gehaltenen Gebieten in der Lage, ambulante psychische Gesundheitsversorgung zu leisten. Öffentlich zugänglichen Informationen zufolge übernimmt die unabhängige Organisation „Syrian Association for Mental Health“ die Behandlung von traumatisierten Menschen in ganz Syrien, sowohl von Erwachsenen als auch von Kindern. Darüber hinaus dürften vorrangig Nichtregierungsorganisationen (NROs) psychologische Hilfe und Unterstützungsarbeit leisten. Informationen darüber, in welchem Umfang und in welchen Regionen sich derzeit geeignete Behandlungszentren für Traumaerkrankungen befinden, liegen der Bundesregierung nicht vor. Auch ist nicht bekannt, wie groß der Umfang der aktuell zusätzlich benötigten Behandlungskapazitäten ist, um vor allem schwer traumatisierten Kindern einen Zugang zu medizinischer und psychosozialer Hilfe zu gewährleisten. 15. Wie viele Ärztinnen und Ärzte, Psychologinnen und Psychologen sowie Krankenpflegerinnen und Krankenpfleger stehen nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit für die medizinische Betreuung von besonders vulnerablen Personengruppen zur Verfügung, und wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der tatsächliche Bedarf an spezifisch geschultem, medizinischem Fachpersonal in diesem Bereich? Öffentlich zugänglichen Informationen zufolge sollen in Syrien auf 10 000 Bewohner circa 39 medizinische Fachkräfte kommen. Diese Zahl umfasst sowohl Ärzte, Psychologen als auch Pflegepersonal (WHO – „World Health Statistics“, Stand: 2017). Darüber hinaus unterstützt das medizinische Personal von Nichtregierungsorganisationen die Betreuung von vulnerablen Personengruppen. Konkrete Zahlen liegen hierzu jedoch nicht vor. Den tatsächlichen Bedarf an spezifisch geschultem medizinischem Fachpersonal kann die Bundesregierung nicht benennen, sie geht aber davon aus, dass er mit dem vorhandenen medizinischen Fachpersonal kaum gedeckt werden kann. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/848 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 16. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung die aktuelle Situation bei den Zugangsmöglichkeiten der syrischen Zivilbevölkerung zur stationären und medikamentösen Behandlung von schweren chronischen Krankheiten wie Tumorerkrankungen, HIV/AIDS, Tuberkulose und anderen schweren Infektionskrankheiten , Stoffwechselkrankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen sowie für Dialysepatientinnen und Dialysepatienten, und in welchen Regionen innerhalb Syriens bestehen nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit die größten diesbezüglichen Versorgungsengpässe? Eine genaue Übersicht über die Zugangsmöglichkeiten der syrischen Bevölkerung zur Behandlung chronischer Krankheiten liegt der Bundesregierung nicht vor. Aktuell dürften die Zugangsmöglichkeiten der syrischen Bevölkerung zu stationären und ambulanten Behandlungen der genannten Erkrankungen aufgrund von zerstörter medizinischer Infrastruktur, fehlenden medizinischen und pharmazeutischen Gütern bzw. Verbrauchsmaterialien sowie ärztlich-medizinischem Fachkräftemangel stark eingeschränkt sein. Besonders große Probleme bestehen aktuell in den oppositionellen Gebieten (v. a. Idlib, Qunaitra) und der vom syrischen Regime belagerten Region Ost-Ghouta. In Ost-Ghouta warten fast 1 000 Menschen aus dringenden gesundheitlichen Gründen auf die Evakuierung in Krankenhäuser in Damaskus, die vom syrischen Regime jedoch weiterhin verweigert wird. Nach Angaben des WHO “Health Clusters Turkey Hub” (Stand: 3. Quartal 2017) können Herz-Kreislauferkrankungen und Diabetes in etwa 75 Prozent der Gesundheitseinrichtungen in von Oppositionsgruppen gehaltenen Gebieten behandelt werden. HIV-Tests und entsprechende Beratung werden hingegen nur in 13 Prozent der Einrichtungen angeboten. 17. Welche internationalen Nichtregierungsaktionen aus dem Gesundheitssektor sind nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell in Syrien aktiv? Der Bundesregierung liegt keine Gesamtliste der im medizinischen Sektor in Syrien tätigen Nichtregierungsorganisationen vor. 2018 sind im Rahmen des Hilfsplans der Vereinten Nationen für Syrien rund 143 Projekte im Gesundheitsbereich in ganz Syrien vorgesehen. a) Welche internationalen Nichtregierungsorganisationen sind nach Kenntnis der Bundesregierung im Bereich der medizinischen Grundversorgung, Notfallchirurgie und Erstversorgung von Schwerstverletzten und Traumatisierten in den von der syrischen Regierung und bewaffneten loyalistischen Gruppierungen (z. B. Tiger Forces, Hisbollah-Miliz) militärisch kontrollierten Gebieten tätig, und wie funktioniert nach Kenntnis der Bundesregierung die Zusammenarbeit mit den staatlichen Behörden? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/848 b) Welche internationalen Nichtregierungsorganisationen sind nach Kenntnis der Bundesregierung im Bereich der medizinischen Grundversorgung, Notfallchirurgie und Erstversorgung von Schwerstverletzten und Traumatisierten in den von der bewaffneten syrischen Opposition militärisch kontrollierten Gebieten tätig, und wie funktioniert nach Kenntnis der Bundesregierung die Zusammenarbeit mit den ggf. dort noch vorhandenen bzw. neu geschaffenen zivilen Verwaltungsstrukturen? Nach Angaben des WHO „Health Clusters Turkey Hub“, der die Aktivitäten internationaler Nichtregierungsorganisationen im Gesundheitssektor in von der Opposition kontrollierten Gebieten koordiniert, führen 14 internationale und 41 lokale Nichtregierungsorganisationen über den „Turkey Hub“ grenzüberschreitende Aktivitäten im Gesundheitsbereich durch, die beim „Health Cluster“ registriert sind. Nach Angaben des WHO „Health Clusters“ in Amman, der die Aktivitäten internationaler Nichtregierungsorganisationen im Gesundheitssektor in der von der Opposition kontrollierten Deeskalationszone in Südwest-Syrien koordiniert, führen mindestens zwölf Organisationen (Organisationen der Vereinten Nationen sowie internationale und nationale Nichtregierungsorganisationen) über den „Amman Hub“ grenzüberschreitende Aktivitäten im Gesundheitsbereich durch, die beim „Health Cluster“ registriert sind. Die Zusammenarbeit im Bereich Gesundheit mit den lokalen Verwaltungsstrukturen in der Deeskalationszone in Südwest- Syrien wird von WHO-Vertretern in Amman als sehr gut beschrieben. Ein Vertreter der Gesundheitsbehörde („Health Directorate“) der Provinz Dara’a nimmt regelmäßig an den Treffen des „Health Clusters“ teil. Neben dem VN-geführten „offiziellen“ Grenzübergang gibt es noch einen zweiten inoffiziellen Grenzübergang nach Südwest-Syrien, der von einer Nichtregierungsorganisation geführt wird. Schätzungen zufolge nutzen rund zehn im Bereich Gesundheitsversorgung tätige Organisationen diesen Grenzübergang für ihre Hilfslieferungen. c) Welche internationalen bzw. auch türkischen Nichtregierungsorganisationen sind nach Kenntnis der Bundesregierung im Bereich der medizinischen Grundversorgung, Notfallchirurgie und Erstversorgung von Schwerstverletzten und Traumatisierten in der von den türkischen Streitkräften und den verbündeten syrischen Oppositionsmilizen militärisch kontrollierten Operationszone des ESO-Einsatzes tätig, und wie funktioniert nach Kenntnis der Bundesregierung die Zusammenarbeit mit den ggf. dort noch vorhandenen bzw. neu geschaffenen zivilen Verwaltungsstrukturen ? Der Bundesregierung vorliegenden Informationen zufolge hat die Türkei im Zuge der Militäroperation „Schutzschild Euphrat“ begonnen, den Aufbau der zivilen Infrastruktur – etwa im Bereich der Strom-, Trinkwasser- und Gesundheitsversorgung – im Operationsraum zu befördern. Daran beteiligt sich unter anderem der Türkische Rote Halbmond. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/848 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode d) Welche internationalen Nichtregierungsorganisationen sind nach Kenntnis der Bundesregierung im Bereich der medizinischen Grundversorgung, Notfallchirurgie und Erstversorgung von Schwerstverletzten und Traumatisierten in den von der kurdischen Selbstverwaltung in Rojava/Nordsyrien bzw. den SDF militärisch kontrollierten Gebieten tätig, und wie funktioniert nach Kenntnis der Bundesregierung die Zusammenarbeit mit den ggf. dort noch vorhandenen bzw. neu geschaffenen zivilen Verwaltungsstrukturen ? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. 18. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der aktuelle Sachstand bei der Zusammenarbeit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH mit Krankenhäusern und Gesundheitsstationen in den syrischen Provinzen Idlib, Hama, Aleppo, Latakia und Da’raa (vgl. Antwort zu Frage 18 auf Bundestagsdrucksache 18/12276)? Derzeit kooperiert die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) mit Krankenhäusern und Gesundheitsstationen in den syrischen Provinzen Idlib, Aleppo, Da’raa sowie Damaskus Land. Die Kooperation erfolgt über Nichtregierungsorganisationen . 19. Über wie viele freiwillige Helferinnen und Helfer verfügt nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell der Syrische Zivilschutz (Weißhelme), und welches sind die gegenwärtigen Schwerpunkregionen innerhalb Syriens, in denen sie lebensrettende Erste Hilfe leisten? Der Syrische Zivilschutz verfügt nach Kenntnis der Bundesregierung über 3 207 freiwillige Helfer, die in von der Opposition kontrollierten Gebieten tätig sind. 20. In welchem finanziellen Umfang beabsichtigt die geschäftsführende Bundesregierung , die Arbeit des Syrischen Zivilschutzes im Jahr 2018 weiter zu unterstützen? Über eine mögliche Förderung des Syrischen Zivilschutzes im Jahr 2018 wird nach Ende der vorläufigen Haushaltsführung und Beschlussfassung über den Bundeshaushalt 2018 entschieden. 21. In welchem Ausmaß wurden nach Kenntnis der Bundesregierung bislang Helferinnen und Helfer des Syrischen Zivilschutzes von welchen militärischen Konfliktparteien angegriffen, getötet, verwundet oder gefangen genommen , und wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Einrichtung von Deeskalationszonen innerhalb Syriens auf die Arbeitsmöglichkeiten des Syrischen Zivilschutzes ausgewirkt? Nach Kenntnis der Bundesregierung wurden bislang 211 Helfer des Syrischen Zivilschutzes getötet und mehr als 700 verletzt; öffentlich zugänglichen Informationen zufolge unter anderem durch Luftangriffe des syrischen Regimes und seiner Verbündeten, die auch gegen Ersthelfer geführt werden (sogenannte „Doppelschläge “), sowie durch Übergriffe von Terroristen des sogenannten „Islamischen Staates“ (IS). Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 13 – Drucksache 19/848 22. Wie sind nach Kenntnis der Bundesregierung die in den Einsatzgebieten des Syrischen Zivilschutzes militärisch präsenten, bewaffneten syrischen Oppositionsgruppen nach den von der Bundesregierung in der Antwort zu Frage 21d auf Bundestagsdrucksache 18/12455 dargelegten Unterscheidungsmerkmalen zu charakterisieren (bitte erläutern)? Der Syrische Zivilschutz war bzw. ist in Gebieten aktiv, in denen regimefeindliche bewaffnete Gruppierungen aller dargelegten Kategorien (Unterscheidungsmerkmale ) präsent waren bzw. sind. 23. In welchem Umfang hat die Bundesregierung bislang Stabilisierungsmaßnahmen zur Förderung des politischen Prozesses bzw. zugunsten von politischen Akteuren in welchen Schwerpunktregionen innerhalb Syriens ergriffen , wer sind die Empfänger von bisherigen Stabilisierungsmaßnahmen, nach welchen Kriterien wurden diese von der Bundesregierung als förderungswürdig ausgewählt, und in welcher Weise wird die Zweckbestimmung der geleisteten politischen Stabilisierungsmaßnahmen überprüft (bitte erläutern sowie möglichst pro Jahr, Schwerpunktbereich, Empfänger und Gesamtsumme auflisten)? Die Bundesregierung fördert den politischen Prozess durch Unterstützung der Friedensgespräche unter Ägide der Vereinten Nationen in Genf mittels der Projekte „Unterstützung der syrischen Opposition im Verhandlungs- und Transitionsprozess “ und „Syria Peace Process Support Initiative“ seit 2016 mit insgesamt 7,6 Mio. Euro und einer Direktunterstützung an die Vereinten Nationen in Höhe von 1,8 Mio. Euro. Zwischen 2011 und 2015 hat die Bundesregierung das Sekretariat zur Unterstützung der Arbeitsgruppe „Wirtschaftliche Erholung und Entwicklung “ im Rahmen der „Gruppe der Freunde des Syrischen Volkes“ mit insgesamt 6,6 Mio. Euro gefördert. Innerhalb Syriens werden keine Stabilisierungsmaßnahmen durchgeführt, die politischen Akteuren zugutekommen. Stabilisierungsmaßnahmen richten sich an zivile Verwaltungsstrukturen, zivilgesellschaftliche Organisationen und die notleidende Bevölkerung. Die Auswahl der Maßnahmen erfolgt auf Grundlage des Förderkonzepts für Projekte zur Unterstützung von internationalen Maßnahmen auf den Gebieten Krisenprävention , Friedenserhaltung und Konfliktbewältigung durch das Auswärtige Amt bzw. auf Basis des BMZ-Strategiepapiers „Entwicklung für Frieden und Sicherheit. Entwicklungspolitisches Engagement im Kontext von Konflikt, Fragilität und Gewalt“ für die Maßnahmen des BMZ. Sie werden durch die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) umgesetzt. Über die Einhaltung der Zweckbestimmung der Stabilisierungsmaßnahmen legen Projektpartner mit der Vorlage von Zwischen- und Abschlussberichten Rechenschaft ab. Diese werden von der Bundesregierung geprüft. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/848 – 14 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 24. Mit welchen konkreten Maßnahmen wird die Bundesregierung die fast vier Millionen Menschen unterstützen, die laut dem aktuellen „Humanitarian Needs Overview“ der VN in den Provinzen Aleppo, Rakka, Hassakeh und Deir-ez-Zor – die nach der Befreiung der östlich des Euphrats gelegenen Gebiete von der Terrorherrschaft des sogenannten Islamischen Staats von der kurdischen Selbstverwaltung in Rojava/Nordsyrien bzw. den SDF kontrolliert werden − derzeit auf humanitäre Hilfe angewiesen sind und unter denen sich über 1,4 Millionen Menschen sogar in einer akuten humanitären Notlage befinden sollen (vgl. https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/ 2018_syr_hno_english.pdf, S. 7, abgerufen am 20. Dezember 2017), und durch wen bzw. welche internationalen Hilfs- und Nichtregierungsorganisationen wird nach Kenntnis der Bundesregierung die Zivilbevölkerung dort ggf. bereits humanitär unterstützt? Die Bundesregierung fördert die landesweiten humanitären Hilfsprogramme des WFP, des UNHCR sowie des IKRK. Im Dezember 2017 konnte WFP in den Provinzen Aleppo, Raqqa, Hassakeh und Deir-ez-Zor rund 320 000 besonders bedürftige Menschen mit Nahrungsmitteln versorgen. Zudem fördert die Bundesregierung humanitäre Hilfsmaßnahmen einer Nichtregierungsorganisation in den Provinzen Raqqa und Hassakeh, siehe auch Antwort zu Frage 28. Sowohl nationale als auch internationale Hilfsorganisationen haben prinzipiell Zugang zu den von der kurdischen PYD (Partiya Yekitiya Demokrat/Partei der Demokratischen Union) dominierten Gebieten Nordostsyriens und unterstützen insbesondere dort befindliche Flüchtlinge humanitär. Zusätzlich unterstützt auch die PYD Teile der Bevölkerung beispielsweise mit verbilligtem Treibstoff. Der Zugang für humanitäre Hilfsorganisationen ist jedoch durch die anhaltend schwierige Sicherheitslage, die Kontamination mit Sprengfallen und Munitionsrückständen sowie administrative Hindernisse erheblich erschwert. 25. In welchem Umfang hält nach Kenntnis der Bundesregierung der NATO- Partner Türkei weiterhin an seiner bisherigen Embargopolitik gegen die kurdische Selbstverwaltung in Rojava/Nordsyrien fest, in welchem Ausmaß hat die Türkei nach Kenntnis der Bundesregierung in der Vergangenheit ggf. Ausnahmen für humanitäre Hilfe und für strukturbildende technische Hilfe über ihre Grenze zugelassen, und wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung die aktuelle Situation an der türkisch-syrischen Grenze in Bezug auf die Durchlässigkeit für den humanitären Güterverkehr in die kurdischen Selbstverwaltungskantone (bitte erläutern)? Nach Kenntnis der Bundesregierung sind in der Türkei registrierte humanitäre Nichtregierungsorganisationen grundsätzlich weiterhin in der Lage, auch im Norden Syriens Unterstützungsleistungen umzusetzen. Zugleich bleibt der humanitäre Zugang zu einzelnen Gebieten im Norden Syriens erschwert. Die direkten Grenzübergänge zu Gebieten, die unter Kontrolle der PYD stehen, sind nach Kenntnis der Bundesregierung von türkischer Seite für den regulären Grenzverkehr weiterhin geschlossen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 15 – Drucksache 19/848 26. Welche humanitären Zugänge sind nach Kenntnis der Bundesregierung insbesondere in den am westlichsten gelegenen, kurdischen Selbstverwaltungskanton Afrin vorhanden, – der nahezu vollständig von den türkischen Streitkräften und bewaffneten syrischen Oppositionsmilizen, darunter auch islamistisch -dschihadistische Milizen wie „Ahrar al-Sham“ und „Hayat Tahrir al-Sham, eingekreist ist – (vgl. https://syriancivilwarmap.com/, abgerufen am 18. Dezember 2017), wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung die derzeitige humanitäre Situation der dort lebenden Zivilbevölkerung, und welche internationalen Hilfs- und Nichtregierungsorganisationen sind dort tätig bzw. über Partnerorganisationen vor Ort ggf. in der Lage, die Zivilbevölkerung humanitär zu versorgen (bitte erläutern)? Laut Erfassung im Rahmen des HNO leben etwa 320 000 Menschen in Afrin, darunter 125 000 Binnenvertriebene. Seit Beginn der türkischen Militäroperation am 20. Januar 2018 sind nach Angaben der Vereinten Nationen bislang 15 000 Menschen innerhalb der Region Afrin und aus Afrin in Richtung vom Regime gehaltener Gebiete, besonders in den kurdisch kontrollierten Stadtteil Aleppos , Sheikh Maqsoud, geflüchtet. Diesen Angaben zufolge sind inzwischen die Übergänge aus Afrin in die vom Regime kontrollierten Gebiete von den lokalen Behörden geschlossen worden. In der Gegenrichtung ist eine Einreise für Personen nach Afrin weiterhin über einen Übergang nordwestlich von Aleppo-Stadt möglich. Aufgrund der Kampfhandlungen und geschlossenen Zugänge nach Afrin ist der kommerzielle Verkehr nach Afrin stark eingeschränkt und es mussten zahlreiche Geschäfte schließen. Der Zugang für humanitäre Hilfsorganisationen ist erheblich eingeschränkt. Gleichwohl bemühen sich die Vereinten Nationen und das IKRK um humanitären Zugang von Damaskus aus. Die Vereinten Nationen haben Vorbereitungen für die Bereitstellung von Soforthilfe für Schutzsuchende in Afrin getroffen, zudem sind die VN-Agenturen in Aleppo Stadt auf die Ankunft von Binnenflüchtlingen in der Provinz Aleppo vorbereitet. Die türkischen Behörden sehen Flüchtlingscamps in der Nähe der Grenzübergänge Bab-al-Hawa und Bab-al-Salam für eine mögliche Aufnahme Schutzsuchender vor. 27. Hat nach Kenntnis der Bundesregierung – ggf. auch aus Quellen nachrichtendienstlicher Herkunft – die Türkei den Einmarsch ihrer Streitkräfte vor einigen Monaten in die südlich des kurdischen Selbstverwaltungskantons Afrin in der Provinz Idlib geschaffene Pufferzone mit der dort zuvor militärisch präsenten, islamistisch-dschihadistischen Miliz „Hayat Tahrir al- Sham“ bzw. mit anderen bewaffneten syrischen Oppositionsgruppen abgestimmt (vgl. https://syriancivilwarmap.com/, abgerufen am 18. Dezember 2017), mit welchen eigenen Kräften und Waffensystemen sind die türkischen Streitkräfte derzeit dort vertreten, und in welchem Umfang halten sich nach Kenntnis der Bundesregierung ggf. dort immer noch Kämpfer von „Hayat Tahrir al-Sham“ oder von anderen bewaffneten syrischen Oppositionsgruppen auf bzw. koordinieren möglicherweise sogar ihre militärischen Aktivitäten mit den türkischen Streitkräften (bitte erläutern)? Die Beantwortung der Frage kann aus Gründen des Staatswohls nicht offen erfolgen . Arbeitsmethoden und Vorgehensweisen der Nachrichtendienste des Bundes sind im Hinblick auf die künftige Erfüllung des gesetzlichen Auftrags aus § 1 Absatz 2 des Gesetzes über den Bundesnachrichtendienst (BNDG) besonders schutzwürdig. Ebenso schutzbedürftig sind in diesem besonderen Einzelfall Einzelheiten zu der nachrichtendienstlichen Erkenntnislage. Eine Veröffentlichung von Einzelheiten betreffend solche Erkenntnisse würde zu einer wesentlichen Schwächung der dem BND zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Infor- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/848 – 16 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode mationsgewinnung führen. Dies würde für die Auftragserfüllung des Bundesnachrichtendienstes erhebliche Nachteile zur Folge haben. Sie kann für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland schädlich sein. Deshalb sind die entsprechenden Informationen als Verschlusssache gemäß der VSA mit dem VS-Grad „VS – Vertraulich“ eingestuft und werden in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt.* 28. In welchem Umfang hat sich die Bundesregierung an der von den VN koordinierten humanitären Hilfe für Syrien bislang beteiligt, welche Mittel sind davon nach Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen des Whole-of-Syria- Ansatzes auch in die von der kurdischen Selbstverwaltung in Rojava/Nordsyrien bzw. den SDF kontrollierten Gebieten geflossen, und welche Projekte von welchen humanitären Nichtregierungsorganisationen, die in den von den SDF kontrollierten Regionen bereits aktiv sind, werden aktuell von der Bundesregierung finanziell gefördert (bitte möglichst pro Jahr, Schwerpunktbereich , Projektpartner und Gesamtsumme auflisten)? Die Bundesregierung leistet humanitäre Hilfe auf Grundlage des humanitären Bedarfs und in Übereinstimmung mit den humanitären Prinzipien, unabhängig von der politisch-militärischen Kontrolle in den jeweiligen Gebieten. Seit 2012 hat die Bundesregierung rund 950 Mio. Euro für Maßnahmen der humanitären Hilfe in Syrien zur Verfügung gestellt. Da diese Mittel auch die substanziellen Förderungen der landesweit tätigen Hilfsprogramme der Vereinten Nationen und des IKRK enthalten, ist eine Aufteilung auf einzelne Provinzen nicht möglich. Seit September 2017 fördert die Bundesregierung das Projekt einer Nichtregierungsorganisation in den Provinzen Raqqa und Hassakeh mit rund 0,7 Mio. Euro. Schwerpunkt sind Nahrungsmittelhilfe und die Verteilung von Hygienepaketen an rund 3 700 Familien. Darüber hinaus unterstützt die Bundesregierung den „Whole of Syria“-Ansatz durch Maßnahmen, die im VN-Hilfsaufruf für Syrien im sogenannten Resilienzfenster erfasst sind. Dazu zählen vor allem erste Rehabilitationsmaßnahmen von Infrastruktur in den Sektoren Gesundheit und Wasserversorgung, die Verbesserung des Zugangs zu Bildung und die Schaffung einfacher Beschäftigungs-möglichkeiten zur Sicherung des Lebensunterhalts. Insgesamt hat sie dafür bisher 104,7 Mio. Euro bereitgestellt. Knapp zehn Mio. Euro werden davon bisher in von der kurdischen Selbstverwaltung kontrollierten Gebieten umgesetzt. 29. Welche strukturbildenden, technischen Unterstützungsmaßnahmen wurden bislang mit finanzieller Beteiligung der Bundesregierung in den von der kurdischen Selbstverwaltung in Rojava/Nordsyrien bzw. von den SDF kontrollierten Gebieten realisiert, um zentrale Infrastrukturen (Trinkwasserversorgung , Abwasserentsorgung, Stromversorgung, Verkehrswege, Wohnunterkünfte , Gesundheitszentren und Bildungseinrichtungen etc.) zu rehabilitieren (bitte möglichst nach Schwerpunktbereich und Gesamtsumme auflisten )? Auf die Antwort zu Frage 28 wird verwiesen. * Das Auswärtige Amt hat die Antwort als „VS – Vertraulich“ eingestuft. Die Antwort ist in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 17 – Drucksache 19/848 30. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung die aktuelle humanitäre Situation der Zivilbevölkerung in der stark zerstörten Stadt Rakka, die mit Unterstützung der internationalen Anti-IS-Koalition nach verlustreichen monatelangen Kämpfen Mitte Oktober 2017 durch die kurdisch geführten SDF endgültig von der Terrorherrschaft des sogenannten Islamischen Staats befreit werden konnte, welche Mittel hat die Bundesregierung seit der Rückeroberung der Stadt für die Versorgung der Zivilbevölkerung bereitgestellt bzw. wird sie ggf. noch bereitstellen, und welche humanitären und entwicklungspolitischen Projekte wurden seither in Rakka realisiert bzw. sollen dort künftig realisiert werden (bitte nach Schwerpunktbereich und Gesamtsumme auflisten )? Die humanitäre Situation in Raqqa Stadt ist wegen explosiver Kampfmittelrückstände und der starken Zerstörung im gesamten Stadtgebiet extrem besorgniserregend . Zwischen dem 20. Oktober 2017 und dem 3. Januar 2018 sind VN-Berichten zufolge 220 Zivilisten durch explosive Kampfmittelrückstände ums Leben gekommen, zahlreiche weitere Menschen wurden verletzt. Der humanitäre Zugang ist durch die Gefahrenlage in Raqqa nur sehr eingeschränkt möglich, es gibt keine verlässlichen Angaben zur Anzahl der nach Raqqa zurückgekehrten Zivilisten. Schätzungen der „REACH“-Initiative zufolge halten sich 20 000 bis 25 000 Familien in Raqqa auf. Die Trinkwasserversorgung ist weiterhin unzureichend , der Zugang zu medizinischer Versorgung ist stark eingeschränkt. Problematisch gestalten sich für die lokale Bevölkerung auch die hohen Preise für Alltagswaren und ungenügende Arbeitsmöglichkeiten. Der konfliktbedingte Ausfall des Strom- und Wassernetzes wird rudimentär über Stromgeneratoren und Tankwagen kompensiert. Aufgrund fehlender Finanzmittel, Baumaterialien und qualifizierter Arbeitskräfte können bislang nur provisorische Aufräum- und Wiederinstandsetzungsarbeiten des Strom- und Wassernetzes vorgenommen werden, etwa durch den „Raqqa Civil Council“. Die Bundesregierung teilt die Einschätzung der Vereinten Nationen und humanitären Nichtregierungsorganisationen, dass eine sichere Rückkehr nach Raqqa zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich ist und humanitäre Hilfsmaßnahmen keine Anreize zur vorzeitigen Rückkehr in unsichere Stadtgebiete bieten dürfen. Bevor die Grundvoraussetzung für humanitäre Hilfe in Raqqa Stadt erfüllt ist – eine stabile Sicherheitslage, einschließlich der Kennzeichnung und Räumung durch Kampfmittelrückstände kontaminierter Bereiche – sind humanitäre Interventionen auf einzelne Hilfslieferungen lokaler Nichtregierungsorganisationen beschränkt . Die Versorgung der aus Raqqa geflohenen Menschen in den umliegenden Gebieten ist daher bis zur Herstellung einer stabilen Grundlage für humanitäre Hilfe weiterhin prioritär. Des Weiteren wird auf die Antwort zu Frage 24 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/848 – 18 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 31. Welcher aktuelle Bedarf besteht nach Kenntnis der Bundesregierung bei der humanitären Minen- und Kampfmittelräumung insbesondere in den von der Terrorherrschaft des sogenannten Islamischen Staats befreiten Gebieten Syriens , und in welchem finanziellen Umfang hat sich die Bundesregierung aufgrund welcher vertraglichen Vereinbarung bereits über hierauf spezialisierte Durchführungsorganisationen in den befreiten Territorien unter Kontrolle der SDF daran beteiligt, bzw. mit welchen finanziellen Mittel wird sie sich künftig weiter daran beteiligen (vgl. https://deutsche-wirtschaftsnachrichten .de/2017/11/19/deutschland-finanziert-minen-raeumung-syrien/, abgerufen am 20. Dezember 2017)? Nach Einschätzung des Dienstes für Antiminenprogramme der Vereinten Nationen (UNMAS) ist der Bedarf für die Minen-, Kampfmittel- und Sprengfallenräumung in Syrien enorm. Besonders in den vom sogenannten „Islamischen Staat“ (IS) befreiten Gebieten ist die Kontamination mit improvisierten Landminen und Sprengfallen groß. Dies schränkt die Arbeit humanitärer Akteure ein und behindert die sichere Rückkehr von Vertriebenen. Aktuell schätzt UNMAS den Finanzierungsbedarf in diesem Bereich allein für 2018 auf rund 50 Mio. US-Dollar. Die Bundesregierung unterstützt die Arbeit von UNMAS in Syrien mit 3,15 Mio. Euro (Projektlaufzeit: 1. Dezember 2017 bis 31. Dezember 2019). Ziele der deutschen Förderung im Rahmen des humanitären Minenräumens sind die Erfassung und Kartographierung der bestehenden Kontamination sowie die effiziente Koordinierung des Minenräumsektors in ganz Syrien („Whole of Syria “-Ansatz). Die im Bezugsartikel genannte Maßnahme zur Räumung von Sprengfallen in Raqqa wird aus Mitteln der Krisenprävention, Friedenserhaltung und Konfliktbewältigung finanziert und fällt nicht unter humanitäre Minen- und Kampfmittelräumung . 32. In welchem Umfang und durch wen erhält nach Kenntnis der Bundesregierung die mit mutmaßlicher technischer Unterstützung der kurdischen Volksverteidigungseinheiten „YPG“ (Yekîneyên Parastina Gel) 2016 gegründete Minenräumungsorganisation „Rojava Mine Cleaning Organisation“ (RMCO) aktuell Unterstützung bei der Ausbildung von Fachpersonal zur Sprengfallenentschärfung (vgl. https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/ 2017/11/19/deutschland-finanziert-minen-raeumung-syrien/, abgerufen am 20. Dezember 2017), und betrachtet die Bundesregierung die RMCO als einen künftigen Kooperationspartner für die humanitäre Minen- und Kampfmittelräumung in den besonders schwer kontaminierten Gebieten, die derzeit von den SDF kontrolliert werden (bitte erläutern)? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse zur Ausbildung des Personals der „Rojava Mine Cleaning Organisation“ (RMCO) vor. Partner der Bundesregierung beim humanitären Minen- und Kampfmittelräumen sind ausschließlich international anerkannte und in diesem Bereich tätige Nichtregierungs -organisationen, die Organisationen der Vereinten Nationen (v. a. UN- MAS) und die Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung. Eine direkte Förderung von RMCO ist nicht geplant. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 19 – Drucksache 19/848 33. Betrachtet die Bundesregierung die von den kurdischen Volksverteidigungseinheiten „YPG“ geführten SDF weiterhin als Partner im Rahmen der internationalen Anti-IS-Koalition, an der Deutschland beteiligt ist (vgl. Antwort zu Frage 31 auf Bundestagsdrucksache 18/12455), und wird sich die Bundesregierung angesichts dessen bei ihren Bemühungen für eine politische Verhandlungslösung im Syrien-Konflikt künftig dafür einsetzen, dass auch die politischen Vertreterinnen und Vertreter der kurdischen Selbstverwaltung in Rojava/Nordsyrien direkt in den Friedensprozess einbezogen werden (bitte begründen)? Die „Syrian Democratic Forces“ (SDF) sind weiterhin ein wichtiger Partner der Anti-IS-Koalition im Kampf gegen „IS“ in Syrien. Die Bundesregierung setzt sich weiter dafür ein, dass im Rahmen des Genfer Prozesses eine nachhaltige Friedenslösung für Syrien gefunden wird, die alle Bevölkerungsgruppen umfasst und zusammenführt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333