Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 13. März 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/8484 19. Wahlperiode 18.03.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Dr. André Hahn, Gökay Akbulut, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/7729 – Situation von politischen Gefangenen in der Türkei V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In Gefängnissen in der Türkei befinden sich zehntausende Gefangene in Untersuchungs - oder Strafhaft, denen vielfach lediglich aufgrund von Meinungsäußerungen Propaganda oder Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen wird. Betroffen sind insbesondere (vermeintliche) Mitglieder sowie Unterstützerinnen und Unterstützer der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), radikal linker Organisationen sowie – insbesondere seit dem gescheiterten Putsch 2016 – zahlreiche Anhängerinnen und Anhänger der Gülen- Bewegung. Oppositionsparteien und Menschenrechtsorganisationen berichten von Misshandlungen der Inhaftierten sowie miserablen Haftumständen aufgrund der starken Überbelegung der Haftanstalten (www.fr.de/politik/tuerkeiunmenschliche -haftbedingungen-schlimmste-foltermethoden-a-1467480). Hunderte Mütter sind zusammen mit ihren Babys oder Kleinkindern inhaftiert (www.tagesspiegel.de/politik/tuerkei-jeden-tag-landet-ein-kind-im-gefaengnis/ 20256622.html). Neben regulären Haftanstalten existieren nach Informationen eines von Correctiv geleiteten internationalen Rechercheverbundes offenbar auch geheime Gefängnisse , in denen verschleppte Oppositionelle gefoltert werden. Laut einem internen Papier des Auswärtigen Amtes vom Februar 2017 liegen der Bundesregierung seit längerem Hinweise auf solche geheimen Folterstätten in der Türkei vor (https://web.de/magazine/politik/schwere-vorwuerfe-erdogan-entfuehrunggeheime -folter-politischer-gegner-33461430). Unter den in regulären Haftanstalten Inhaftierten befinden sich ehemalige Abgeordnete wie der letztjährige Präsidentschaftskandidat der HDP Selahattin Demirtas und die frühere HDP-Co-Vorsitzende Figen Yüksekdağ sowie Dutzende Bürgermeisterinnen und Bürgermeister von kurdischen Kommunen (https://anfdeutsch.com/aktuelles/fast-ein-drittel-aller-hdp-mitglieder-festgenommen- 3073; www.zdf.de/nachrichten/heute/prozess-gegen-demirtas-wird-fortgesetzt- 100.html). Auch zahlreiche Journalistinnen und Journalisten befinden sich in der Türkei aufgrund ihrer Tätigkeit in Haft (www.deutschlandfunk.de/kritische-journalistenin -der-tuerkei-der-druck-waechst.2907.de.html?dram:article_id=421472). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8484 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Für Proteste kurdischer Vereinigungen auch in der Bundesrepublik Deutschland sorgt regelmäßig die als „Isolation“ bezeichnete Haftsituation des zu lebenslanger Haft verurteilten und seit seiner Gefangenenahme vor 20 Jahren auf der Gefängnisinsel Imrali im Marmarameer inhaftierten PKK-Gründers und Vordenkers der kurdischen Befreiungsbewegung Abdullah Öcalan (https:// anfdeutsch.com/aktuelles/Oecalan-anwalt-bilmez-cpt-muss-nach-imrali-8240). Die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte Öcalans konnten ihren Mandanten seit sieben Jahren nicht mehr besuchen, Parlamentarierinnen und Parlamentarier seit Frühjahr 2015 nicht mehr. Lediglich sein Bruder durfte ihn im September 2016 und erneut im Januar 2019 für 15 Minuten besuchen, um sich von seinem Gesundheitszustand zu überzeugen. Öcalans Anwältinnen und Anwälte fordern, dass das Komitee zur Verhütung von Folter des Europarates (CPT) sich ein Bild von der Haftsituation Öcalans und seiner drei Mitgefangenen durch einen Besuch auf Imrali macht (https://anfdeutsch.com/aktuelles/ Oecalan-anwalt-bilmez-cpt-muss-nach-imrali-8240; www.welt.de/newsticker/ news1/article186971864/Justiz-Inhaftierter-PKK-Fuehrer-Oecalan-erhaelt-im- Gefaengnis-Besuch-von-seinem-Bruder.html). Auf die Mündliche Frage 26 des Abgeordneten Michel Brandt (Bundestagsfraktion DIE LINKE.) begrüßte die Bundesregierung die Forderung des CPT an die türkische Regierung, „Besuche von Verwandten und des Rechtsbeistandes zu ermöglichen und Beschränkungen des Umgangs der Häftlinge untereinander abzubauen“ (Plenarprotokoll 19/73, S. 8559/C, Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Mündliche Frage 26 des Abgeordneten Michel Brandt, http://dip21.bundestag. de/dip21/btp/19/19073.pdf). 1. Wie viele Gefängnisse gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung gegenwärtig in der Türkei (bitte nach Art des Gefängnisses, z. B. E-Typ, F-Typ, Frauengefängnis, Jugendhaftanstalt etc. differenzieren)? In der Türkei gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung insgesamt 389 Gefängnisse , die wie folgt differenziert sind: 288 Geschlossene Haftanstalten, 74 offene Haftanstalten, fünf Justizvollzugsanstalten für Jugendliche, neun geschlossene Frauenhaftanstalten, sechs offene Frauenhaftanstalten, sieben geschlossene Jugendhaftanstalten. a) Für wie viele Gefangene sind diese Gefängnisse nach Kenntnis der Bundesregierung insgesamt ausgelegt? Die Kapazität der Gefängnisse ist nach Angaben des türkischen Justizministeriums für 213 862 Personen ausgelegt. b) Wie viele Gefangene befinden sich nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit in Untersuchungs- oder Strafhaft, und inwieweit besteht eine Überbelegung von Haftanstalten? Die Zahl der Inhaftierten wurde am 20. November 2018 mit 260 144 angegeben, davon 57 710 Untersuchungshäftlinge. Erkenntnissen der deutschen Auslandsvertretungen zufolge sind zahlreiche Haftanstalten überbelegt, der Grad der Überbelegung unterscheidet sich zum Teil deutlich. Belegungszahlen zu den einzelnen Haftanstalten liegen der Bundesregierung nicht vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/8484 2. Welche Kenntnis aus welchen Quellen hat die Bundesregierung über die generelle humanitäre Situation von Untersuchungs- oder Strafgefangenen in der Türkei hinsichtlich Belegung, Größe und Ausstattung der Zellen, Ernährung , Zugang zu Büchern, Zeitungen, Radio, Fernsehen, Möglichkeiten der körperlichen Ertüchtigung, medizinischer Versorgung und ärztlicher Betreuung , Zahl der Mitgefangenen und Möglichkeit des Kontaktes zu diesen, Besuchsmöglichkeiten und generell Möglichkeiten der Kontaktaufnahme zur Außenwelt? Größe und Belegung der Zellen sind nach Art des Gefängnisses unterschiedlich. Zu den meisten Gefängnissen finden sich Angaben zur Zahl und Größe der Zellen auf den Internetseiten des türkischen Justizministeriums unter www.cte.adalet. gov.tr/. Gesprächen im Rahmen von Haftbesuchen bei deutschen und türkischen Häftlingen ist zu entnehmen, dass die meisten Zellen mit Doppelstockbetten, Matratzen, Tischen und Stühlen, WC, Duschen, Waschbecken und – jedenfalls die größeren Zellen – mit einer Spüle ausgestattet sind. Zu den Zellen gehört in der Regel ein Freilufthof, der tagsüber frei zugänglich ist. Die Insassen erhalten drei Mahlzeiten täglich. Sie haben eingeschränkt Zugang zu Büchern, Radio- und Fernsehen sowie Sportmöglichkeiten. Die Gefängnisse verfügen über einen Gefängnisarzt, der Untersuchungen durchführt , Medikamente verschreibt und über die Einschaltung externer Fachärzte oder Überweisung in ein Krankenhaus entscheidet. Entsprechend der Zellengröße bestimmt sich die Zahl der Mitgefangenen. Kontakt zu Insassen anderer Zellen ist von den örtlichen Gegebenheiten abhängig. Briefe können empfangen und versandt werden. Besuche durch einen Rechtsanwalt sind grundsätzlich unbegrenzt möglich. Einzelheiten finden sich in der Durchführungsverordnung zu den Artikeln 35, 62 und 70 des türkischen Strafvollzugsgesetzes unter www.mevzuat.gov.tr/Metin. Aspx?MevzuatKod=7.5.8344&MevzuatIliski=0. Die Regelungen zu Besuchen und Kontakt zu Personen außerhalb des Gefängnisses ist in der Besuchsverordnung in der Fassung vom 8. Dezember 2018 geregelt (www.mevzuat.gov.tr/ Metin.Aspx? MevzuatKod=7.5.8345&MevzuatIliski=0). 3. Welche Kenntnis aus welchen Quellen hat die Bundesregierung über Misshandlungen oder Folter von Gefangenen in türkischen Gefängnissen sowie in Gewahrsam von Polizei, Militär oder Geheimdiensten? Der Bundesregierung liegen nicht verifizierbare Berichte von Einzelpersonen und Nichtregierungs-organisationen (NRO) vor, die Vorwürfe von Folter- und Misshandlungen in türkischer Haft enthalten. Diese Berichte beziehen sich insbesondere auf die Zeit nach dem Putschversuch vom Juli 2016. Im Übrigen wird auf die als Verschlusssache eingestufte Antwort der Bundesregierung vom 16. Januar 2019 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Stephan Thomae verwiesen. a) Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse über eine Zunahme von Misshandlungs- oder Foltervorwürfen in den letzten Jahren? Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8484 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode b) Wie bewertet die Bundesregierung entsprechende Vorwürfe von Oppositionsparteien und Menschenrechtsorganisationen über Folter oder Misshandlungen in Haft (www.fr.de/politik/tuerkei-unmenschliche-haftbedingungenschlimmste -foltermethoden-a-1467480)? Die Bundesregierung nimmt Berichte über Misshandlungen in Haft sehr ernst und verfolgt das Thema mit großer Aufmerksamkeit. Hierzu steht sie unter anderem mit Vertreterinnen und Vertretern von NROen in regelmäßigem Kontakt. Die rechtstaatliche Behandlung der von Strafverfolgung Betroffenen spricht die Bundesregierung regelmäßig gegenüber der Türkei sowie in geeigneten internationalen Foren an. 4. Wie viele Personen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Zusammenhang mit dem gescheiterten Putsch von Juli 2016 in Untersuchungsoder Strafhaft genommen, wie viele davon sind zwischenzeitlich wieder freigekommen , und gegen wie viele wurde bereits ein Prozess mit welchem Ergebnis geführt? Im Zusammenhang mit dem gescheiterten Putsch von Juli 2016 wurden laut Verlautbarungen staatlicher Stellen und Presseberichten mehr als 125 000 Menschen vorläufig festgenommen. Aus der Haft wurden bis heute mehr als 53 000 Menschen entlassen. Nach dem Putschversuch wurden 289 Verfahren gegen mutmaßliche Putschisten begonnen, Ende 2018 waren 239 Gerichtsverfahren in erster Instanz abgeschlossen. Neben Verfahren wegen mutmaßlicher aktiver Beteiligung am Putschversuch gibt es weitere Verfahren wegen Unterstützung und Mitgliedschaft einer terroristischen Vereinigung. Genaue Zahlen zu abgeschlossenen Verfahren und der Anzahl der Verurteilten bzw. Angeklagten liegen der Bundesregierung nicht vor. Der türkische Justizminister Abdülhamit Gül hat nach Medienangaben Anfang Januar 2019 die Zahl der in Verbindung mit der Gülen-Bewegung inhaftierten bzw. in Untersuchungshaft befindlichen Personen mit 31 088 angegeben. 5. Wie viele Mitglieder der oppositionellen Demokratischen Partei der Völker (HDP) wurden nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2015 aufgrund welcher politisch einzuordnenden strafrechtlichen Vorwürfe festgenommen oder inhaftiert, und wie viele befinden sich derzeit in Untersuchungs- oder Strafhaft? Nach Auskunft der HDP („Halkların Demokratik Partisi“ – Demokratische Partei der Völker) befinden sich gegenwärtig mehr als 5 000 Mitglieder und Sympathisanten der Partei wegen unterschiedlicher Vorwürfe in Haft. Die Bundesregierung verfügt hierzu über keine eigenen Erkenntnisse. 6. Wie viele Abgeordnete welcher Parteien wurden nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2015 in der Türkei nach Aufhebung ihrer Immunität unter welchen Vorwürfen festgenommen oder inhaftiert? Nach Aufhebung ihrer Immunität wurden 26 HDP-Abgeordnete vorläufig festgenommen , für zwölf Abgeordnete wurde Untersuchungshaft angeordnet. Ein Abgeordneter der CHP (Cumhuriyet Halk Partisi – Republikanische Volkspartei) war inhaftiert. Zum großen Teil lauten die Strafvorwürfe „Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation“ oder „Propaganda für eine terroristische Organisation“. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/8484 a) Wie lange dauert bzw. dauerte die Inhaftierung jeweils an? b) In wie vielen Fällen gab es bereits eine Anklage oder einen Prozess, und wie ging dieser aus? Der Bundesregierung liegen keine näheren Erkenntnisse vor. c) Wie viele ehemalige oder aktuelle Abgeordnete welcher Parteien befinden sich gegenwärtig in Untersuchungs- oder Strafhaft? Aktuell befinden sich zehn ehemalige HDP-Abgeordnete in Haft. d) Wie bewertet die Bundesregierung generell die Inhaftierung von Abgeordneten in der Türkei? Das justizielle Vorgehen gegen Teile der demokratisch legitimierten Opposition verfolgt die Bundesregierung mit größter Aufmerksamkeit und Sorge. Sie greift das Thema nachdrücklich gegenüber der türkischen Regierung und in geeigneten internationalen Foren auf. In diesem Zusammenhang wird auch auf die Erklärung der Beauftragten der Bundesregierung für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, Dr. Bärbel Kofler vom 11. Dezember 2018 verwiesen (www.auswaertiges-amt. de/de/newsroom/kofler-demirtas-strafverfahren/2168962). 7. Wie viele Bürgermeisterinnen und Bürgermeister von welchen Parteien und aus welchen Städten wurden nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2015 in der Türkei unter welchen Vorwürfen festgenommen oder inhaftiert? Seit dem Jahr 2015 wurden nach Kenntnis der Bundesregierung 90 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie weitere kommunale Wahlbeamte festgenommen . a) Wie lange dauert bzw. dauerte die Inhaftierung jeweils an? b) In wie vielen Fällen gab es bereits eine Anklage oder einen Prozess und wie ging dieser aus? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse vor. c) Wie viele ehemalige oder derzeitige Bürgermeisterinnen und Bürgermeister befinden sich gegenwärtig in Untersuchungs- oder Strafhaft? Nach Kenntnis der Bundesregierung befinden sich 40 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie weitere kommunale Wahlbeamte weiterhin in Haft. d) In wie vielen Fällen wurden die inhaftierten Bürgermeisterinnen und Bürgermeister per Dekret für abgesetzt erklärt und durch staatliche Zwangsverwalter ersetzt? Nach Kenntnis der Bundesregierung wurden 94 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie weitere kommunale Wahlbeamte der HDP und der DBP (Demokratik Bölgeler Partisi – Demokratische Partei der Regionen) sowie neun Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der AKP (Adalet ve Kalkınma Partisi – Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung), drei Bürgermeister der MHP (Milliyetçi Hareket Partisi – Partei der Nationalistischen Bewegung) und zwei CHP-Bürgermeister ihres Amtes enthoben. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8484 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode e) Wie bewertet die Bundesregierung generell die Inhaftierung gewählter Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie ihre Absetzung und Ersetzung durch staatliche Zwangsverwalter in der Türkei? Es wird auf Antwort zu Frage 6d verwiesen. 8. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über die Haftsituation des früheren Co-Vorsitzenden und Abgeordneten sowie Präsidentschaftskandidaten der oppositionellen Demokratischen Partei der Völker (HDP) Selahattin Demirtas? Selahattin Demirtas darf Besuch von Angehörigen und Anwälten erhalten. Der Bundesregierung sind keine Gesundheits- oder Haftbedingungsbeschwerden bekannt . a) Wie bewertet die Bundesregierung die Fortdauer der Haft von Demirtas angesichts eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom November 2018, wonach die Dauer der Haft ungerechtfertigt sei (www.zeit.de/politik/ausland/2018-12/oppositionspolitikertuerkei -selahattin-demirtas-kurde-dhp-urteil-haft)? b) Inwieweit, wann und wie hat sich die Bundesregierung gegenüber der Türkei bislang für eine Freilassung von Selahattin Demirtas eingesetzt? Falls nein, inwieweit, wann und wie beabsichtigt die Bundesregierung sich für seine Freilassung einzusetzen? 9. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über die Haftsituation der früheren HDP-Co-Vorsitzenden und Abgeordneten Figen Yüksekdağ, und inwieweit , wann und in welcher Form hat sie sich bislang für eine Freilassung der Politikerin eingesetzt? Falls nein, inwieweit, wann und wie beabsichtigt die Bundesregierung sich für ihre Freilassung einzusetzen? Die Fragen 8a bis 9 werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung setzt sich nachdrücklich und auf unterschiedlichen Ebenen dafür ein, dass den von Strafverfolgung betroffenen Vertretern der Opposition ein Verfahren nach rechtstaatlichen, den internationalen Verpflichtungen der Türkei entsprechenden Kriterien zuteil wird. Zu diesem Zwecke nehmen auch Vertreterinnen und Vertreter der deutschen Auslandsvertretungen in der Türkei regelmäßig als Prozessbeobachter an Gerichtsverhandlungen gegen Betroffene teil. Die Bundesregierung verweist ferner auf die in der Antwort zu Frage 6d genannte Stellungnahme der Beauftragten der Bundesregierung für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, die sich insbesondere mit dem Verfahren gegen Selahattin Demirtas auseinandersetzt. Frau Yüksekdag darf nach Kenntnis der Bundesregierung Besuch von Angehörigen und Anwälten erhalten. Gesundheits- oder Haftbedingungsbeschwerden sind der Bundesregierung nicht bekannt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/8484 10. Wie viele Journalistinnen und Journalisten sowie Medienbeschäftigte befinden sich derzeit nach Kenntnis der Bundesregierung aufgrund ihrer journalistischen Tätigkeit in der Türkei in Untersuchungs- oder Strafhaft, und wie bewertet die Bundesregierung generell eine solche Inhaftierung von Medienbeschäftigten in der Türkei? Zur Anzahl der aufgrund ihrer journalistischen Tätigkeit in der Türkei inhaftierten Journalistinnen und Journalisten machen NROen unterschiedliche Angaben. Nach der türkischen „Platform for independent journalism“ (P24) sind gegenwärtig 159 Journalistinnen und Journalisten in Haft. Die Zahlen anderer NROen liegen teilweise deutlich darunter. Die Bundesregierung setzt sich gegenüber der türkischen Regierung sowie multilateral mit großem Nachdruck für die Wahrung der Pressefreiheit ein. Die Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention sind für alle Unterzeichnerstaaten , darunter auch die Türkei, in gleichem Maße verbindlich. 11. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Haftsituation von Abdullah Öcalan? a) Inwieweit und auf welchem Wege informiert sich die Bundesregierung über die Haftsituation von Abdullah Öcalan? b) Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über den Gesundheitszustand von Abdullah Öcalan? c) Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über die Haftbedingungen von Abdullah Öcalan (Größe und Ausstattung der Zelle, Ernährung, Zugang zu Büchern, Zeitungen, Radio, Fernsehen, Möglichkeiten der körperlichen Ertüchtigung, medizinische Versorgung und ärztliche Betreuung, Zahl der Mitgefangenen und Möglichkeit des Kontaktes zu diesen, Besuchsmöglichkeiten sowie die Möglichkeiten, Briefe, Faxe oder Telefonanrufe zu empfangen oder zu versenden und generell Möglichkeiten der Kontaktaufnahme zur Außenwelt)? Die Fragen 11 bis 11c werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung verweist auf die Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Michael Brandt (Plenarprotokoll Nr. 19/73 vom 16. Januar 2019). Zu den Haftbedingungen des Gründers der Terrororganisation PKK (Partiya Karkerên Kurdistanê – Arbeiterpartei Kurdistans), Abdullah Öcalan hat die Bundesregierung keine eigenen Erkenntnisse. d) Wann konnten die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte von Abdullah Öcalan nach Kenntnis der Bundesregierung letztmalig ihren Mandaten persönlich treffen, und was ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Grund dafür, dass seitdem keine Anwaltsbesuche mehr bei Abdullah Öcalan stattfanden? Ein persönliches Treffen der Rechtsbeistände mit Abdullah Öcalan fand nach Kenntnis der Bundesregierung zuletzt am 27. Juli 2011 statt. Die Bundesregierung verfügt über keine eigenen Erkenntnisse über die Gründe ausbleibender Treffen mit den Rechtsbeiständen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8484 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode e) Inwieweit und auf welchem Weg haben die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte von Abdullah Öcalan nach Kenntnis der Bundesregierung Kontakt zu ihrem Mandanten? Der Bundesregierung sind keine weiteren Kommunikationswege zwischen Abdullah Öcalan und seinen Anwälten bekannt. f) Wann fanden nach Kenntnis der Bundesregierung die letzten Besuche von Verwandten von Abdullah Öcalan auf Imrali statt? Am 12. Januar 2019. g) Wann fand nach Kenntnis der Bundesregierung letztmalig ein Besuch von Abgeordneten der Großen Nationalversammlung der Türkei bei Abdullah Öcalan statt? Am 5. April 2015. h) Wann fand nach Kenntnis der Bundesregierung letztmalig ein Besuch des Komitees zur Verhütung von Folter des Europarates (CPT) auf Imrali statt, und wie beurteilt das CPT die Haftsituation von Abdullah Öcalan und seinen Mitgefangenen? Das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) besuchte das Hochsicherheitsgefängnis İmralı zuletzt im April 2016. Der Bericht zu diesem Besuch ist im Internet unter www.coe.int/de/web/portal/-/anti-torture-committee-publishes-report-onimral -prison-turkey abrufbar. i) Setzt sich die Bundesregierung für einen erneuten Besuch des CPT in Imrali ein? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht? j) Was konkret hat die Bundesregierung unternommen oder was gedenkt sie zu unternehmen, um der von ihr begrüßten Forderung des CPT gegenüber der türkischen Regierung Nachdruck zu verleihen, „Besuche von Verwandten und des Rechtsbeistandes [von Abdullah Öcalan] zu ermöglichen und Beschränkungen des Umgangs der Häftlinge untereinander abzubauen “ (73. Sitzung des Deutschen Bundestages am 16. Januar 2019, Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Mündliche Frage 26 des Abgeordneten Michel Brandt, http://dip21.bundestag.de/dip21/btp/ 19/19073.pdf)? Die Fragen 11i und 11j werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung setzt sich grundsätzlich dafür ein, dass die Vorgaben des Europarates von allen Mitgliedstaaten Beachtung finden. Im Übrigen legt das unabhängige Anti-Folter-Komitee des Europarates seine Agenda eigenständig fest. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/8484 k) Hält die Bundesregierung es für gerechtfertigt, die Haftbedingungen von Abdullah Öcalan als Isolationshaft zu bezeichnen? Wenn nein, warum nicht? l) Inwieweit teilt die Bundesregierung die Auffassung von Menschenrechtsorganisationen , dass es sich bei Isolationshaft um eine Form von Folter bzw. um „weiße Folter“ handelt (http://political-prisoners.net/item/4959- rotlicht-isolationshaft.html)? m) Inwieweit hält die Bundesregierung es für gerechtfertigt, die Haftbedingungen von Abdullah Öcalan als eine Form von Folter gemäß den Kriterien der UN-Menschenrechtskonvention zu bezeichnen? Die Fragen 11k bis 11m werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung nimmt keine rechtliche Bewertung von Haftbedingungen im Ausland vor und verweist zu Einzelheiten der Haft von Abdullah Öcalan auf den Bericht des Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) (vgl. Antwort zu Frage 11h). n) Inwieweit sieht die Bundesregierung in den Haftbedingungen von Abdullah Öcalan ein Hindernis im Hinblick auf einen Friedensprozess in der Türkei ? Für die Bundesregierung ist hier kein direkter Zusammenhang erkennbar. 12. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Existenz geheimer bzw. inoffizieller Gefängnisse für festgenommene oder verschleppte Oppositionelle und Terrorverdächtige in der Türkei (https://web.de/magazine/ politik/schwere-vorwuerfe-erdogan-entfuehrung-geheime-folter-politischergegner -33461430)? a) Welche Behörden betreiben nach Kenntnis der Bundesregierung solche inoffiziellen Gefängnisse in der Türkei? b) Wie viele solcher Gefängnisse gibt es, und wo befinden sich diese? c) Welche und wie viele Personen werden nach Kenntnis der Bundesregierung in solchen Gefängnissen jeweils seit wann festgehalten? d) Inwieweit kommt es in solchen Gefängnissen zu Misshandlungen oder Folter von dort festgehaltenen Personen? Die Fragen 12 bis 12d werden aufgrund sachlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Es wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Stephan Thomae auf Bundestagsdrucksache 7341 vom 25. Januar 2019 verwiesen. Darüber hinausgehende Erkenntnisse liegen der Bundesregierung nicht vor. e) Treffen Medienberichte zu, wonach dem Auswärtigen Amt mindestens seit Februar 2017 Informationen über die Existenz solcher Geheimgefängnisse und dort erfolgter Misshandlungen von Gefangenen vorliegen (https://web.de/magazine/politik/schwere-vorwuerfe-erdogan-entfuehrunggeheime -folter-politischer-gegner-33461430), und wenn ja, um welche Informationen im Einzelnen und aus welchen Quellen handelt es sich? Die Bundesregierung verweist auf den dem Bundestag vorliegenden Asyllagebericht . Darüber hinausgehende Erkenntnisse liegen der Bundesregierung nicht vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8484 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode f) Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der möglichen Existenz von geheimen Gefängnissen und möglicher Folter von Oppositionellen oder Terrorverdächtigen hinsichtlich ihrer Zusammenarbeit mit türkischen Sicherheitsbehörden? Es wird auf die Antwort zu Frage 3b verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333