Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 19. März 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/8623 19. Wahlperiode 21.03.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Axel Gehrke, Dr. Robby Schlund, Paul Viktor Podolay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/8117 – Gesundheitsleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r § 4 Absatz 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) regelt die medizinische Versorgung von nur vorübergehend in Deutschland lebenden Ausländern im Krankheitsfall. Nach dem Wortlaut und dem gesetzgeberischen Ziel der Norm ist dabei lediglich ein Leistungsumfang auf niedrigem Niveau bzw. eine auf das Notwendige eingeschränkte Grundversorgung vorgesehen (Frerichs in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 4 AsylbLG Rn. 19 f.; Bundestagsdrucksache 12/4451, S. 9). Ergänzt wird die Vorschrift durch § 6 AsylbLG, der eine Öffnungsklausel darstellt und im Einzelfall sonstige Leistungen zulässt, wenn diese beispielsweise zur Sicherung der Gesundheit unerlässlich sind. Laut der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages (WD 6 - 3000 - 066/16, S. 9 f.) soll diese Regelung verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das Asylbewerberleistungsgesetz Rechnung tragen. Derartige verfassungsrechtliche Bedenken wurden u. a. vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG v. 18. Juli 2012 – 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 –, juris) und vom Landessozialgericht Hessen (Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 11. Juli 2018 – L 4 AY 9/18 B ER –, juris) erörtert, wobei das Hessische Landessozialgericht im Leitsatz auf eine weite Auslegung der Tatbestandsmerkmale – Unerlässlichkeit und Sicherung der Gesundheit – hinweist. 1. Worin bestehen aus Sicht der Bundesregierung, in Anbetracht der in der Vorbemerkung der Fragesteller skizzierten Rechtsprechung, tatsächliche Unterschiede zwischen der medizinischen „Normalversorgung“ und der auf das Notwendige eingeschränkten Grundversorgung, die gesetzlich nach §§ 4 und 6 AsylbLG für vorübergehend in Deutschland lebende Ausländer beabsichtigt und festgelegt ist? Im Regelfall besteht nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in den ersten 15 Monaten des Aufenthalts bei Krankheit nur ein Anspruch auf Leistungen zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände (§ 4 Absatz 1 AsylbLG). Chronische Erkrankungen, deren Behandlungen längerfristig angelegt sind und daher regelmäßig nicht in Deutschland abgeschlossen werden können, Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8623 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode sollten nach der Gesetzesbegründung zu § 4 Absatz 1 AsylbLG hingegen regelmäßig keine Leistungspflicht nach dieser Norm auslösen (vgl. Bundestagsdrucksache 12/4451, S. 9). Der Anspruch nach § 4 Absatz 1 AsylbLG umfasst die erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen . Zur Verhütung und Früherkennung von Krankheiten werden Schutzimpfungen und die medizinisch gebotenen Vorsorgeuntersuchungen erbracht. Nach § 4 Absatz 2 AsylbLG sind werdenden Müttern und Wöchnerinnen ärztliche und pflegerische Hilfe und Betreuung, Hebammenhilfe, Arznei-, Verband- und Heilmittel zu gewähren. Wenn eine Leistung nicht nach § 4 Absatz 1 oder Absatz 2 AsylbLG zu erbringen ist, kann sie im Einzelfall nach § 6 Absatz 1 AsylbLG in Betracht kommen. Nach dieser Ermessensregelung können sonstige Leistungen insbesondere gewährt werden, wenn sie im Einzelfall zur Sicherung des Lebensunterhalts oder der Gesundheit unerlässlich oder zur Deckung der besonderen Bedürfnisse von Kindern geboten sind. Im Einzelfall kann das Ermessen der Leistungsbehörden nach dem AsylbLG z. B. aus europarechtlichen oder verfassungsrechtlichen Gründen „auf Null“ reduziert sein. Ferner wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/3366 verwiesen. 2. In welcher Höhe wurden nach Kenntnis der Bundesregierung jeweils in den Jahren 2017 und 2018 Ausgaben aufgrund der Inanspruchnahme medizinischer Leistungen (§§ 4 und 6 AsylbLG) getätigt (Ausgaben bitte nach jeweiliger Versorgungsleistung sowie nach Staatsbürgerschaft des Empfängers aufschlüsseln)? Im Jahr 2017 wurden für Leistungen nach § 4 AsylbLG 862,4 Mio. Euro und für Leistungen nach § 6 AsylbLG 68,8 Mio. Euro ausgegeben, davon 31,2 Mio. Euro in Form von Sachleistungen und 37,6 Mio. Euro in Form von Geldleistungen. Da die amtliche Asylbewerberleistungsstatistik Ausgaben lediglich nach gewährten Hilfearten erfasst, sind diese nicht bestimmten Personengruppen zuzuordnen, wie z. B. Empfängern von Leistungen nach §§ 4 und 6 AsylbLG aufgeschlüsselt nach Staatsbürgerschaft. Daten für das Jahr 2018 liegen noch nicht vor. 3. In wie vielen gerichtlich erfassten Fällen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung jeweils in den Jahren 2017 und 2018 medizinische Leistungen unter dem Aspekt der eingeschränkten Grundversorgung abgelehnt? Die amtliche Asylbewerberleistungsstatik erfasst nur gewährte, nicht aber abgelehnte Leistungen, daher liegen der Bundesregierung hierzu keine Informationen vor. Für die Ausführung des AsylbLG sind die Länder zuständig. 4. In wie vielen Fällen gab es nach Kenntnis der Bundesregierung jeweils in den Jahren 2017 und 2018 aufgrund der Verweigerung von medizinischen Behandlungen, die über dem gesetzlich definierten Niveau (§§ 4 und 6 AsylbLG) hätten erfolgen sollen, rechtliche Konsequenzen für Ärzte, und mit welchen Rechtsfolgen? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Informationen vor. Für die Ausführung des AsylbLG sind die Länder zuständig. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/8623 5. Über welche Angebote können sich Ärzte über den rechtssicheren Umfang der Behandlung von nur vorübergehend in Deutschland lebenden Ausländern informieren? Die Ärztinnen und Ärzte können sich insbesondere bei der für sie zuständigen Landesärztekammer und den Kassenärztlichen Vereinigungen informieren. Erforderlichenfalls ist vor der Behandlung eine Kostenzusage einzuholen. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass die Länder für die Ausführung des AsylbLG zuständig sind. Nach Kenntnis der Bundesregierung haben die Länder in Zusammenarbeit mit den Kassenärztlichen Vereinigungen Handreichungen zu Fragen der gesundheitlichen Versorgung von Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG erarbeitet. Darüber hinaus werden den Ärztinnen und Ärzten weitere Informationen durch die Kassenärztlichen Vereinigungen zur Verfügung gestellt. 6. Wie hoch waren nach Kenntnis der Bundesregierung jeweils in den Jahren 2017 und 2018 die in Frage 4 erwähnten Rechtsverfolgungskosten, die der Steuerzahler zu tragen hatte? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Informationen vor. Für die Ausführung des AsylbLG sind die Länder zuständig. 7. Welcher gesetzgeberische Handlungsbedarf wird seitens der Bundesregierung dahingehend gesehen, die Rechtsgrundlage für Zuzahlungen nach dem AsylbLG unter dem Gesichtspunkt anzupassen, dass Versicherte, insbesondere auch Bezieher von ALG II, bis zur Belastungsgrenze (§ 62 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – SGB V) Zuzahlungen für medizinische Leistungen leisten müssen, während das AsylbLG (ausgenommen Leistungsberechtigte nach § 2 AsylbLG) keine Zuzahlungen vorsieht, bzw. wird Handlungsbedarf dahingehend gesehen, entsprechend der Zuzahlungsbefreiung nach dem AsylbLG, zumindest auch ALG-II-Empfänger von Zuzahlungen für medizinische Leistungen zu befreien? Die Leistungssätze für die Grundleistungen nach § 3 AsylbLG werden – wie die Regelbedarfe im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) – auf der Grundlage des Statistikmodells der Einkommens - und Verbrauchsstichprobe (EVS) ermittelt. Der Regelbedarf im SGB II wird in Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufen entsprechend § 28 SGB XII in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a und 40 SGB XII in Verbindung mit der im jeweiligen Jahr geltenden Regelbedarfsstufen -Fortschreibungsverordnung anerkannt. Anders als bei den Regelbedarfen wird bei der Bemessung der Höhe der Grundleistungen nach § 3 AsylbLG der im Rahmen der Sonderauswertung der EVS ausgewiesene Bedarf für Eigenanteile im Bereich der Gesundheitspflege (Abteilung 6) nicht berücksichtigt. Die Höhe der Leistungen nach § 3 AsylbLG wurde insoweit entsprechend niedriger als im SGB II und SGB XII festgesetzt. Dadurch wird dem Umstand Rechnung getragen, dass Empfängerinnen und Empfänger von Grundleistungen nach § 3 AsylbLG keine Zuzahlungen für Leistungen bei Krankheit nach dem AsylbLG zu leisten haben. Insoweit wird auf die Gesetzesbegründung zum Gesetz zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes und des Sozialgerichtsgesetzes vom 10. Dezember 2014 auf Bundestagsdrucksache 18/2592, S. 24 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333