Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 19. März 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/8631 19. Wahlperiode 21.03.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Jürgen Braun und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/7792 – Mittelausgabe und Erfassung bei zur Fahndung ausgeschriebenen Flüchtigen und nicht auffindbaren Personen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Aus der Antwort der Bundesregierung (Bundestagsdrucksache 19/4388) auf die Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (Bundestagsdrucksache 19/4111) ergibt sich nach Medienberichten (vgl. https://juergenfritz.com/2018/09/27/polizeifahndung- 450-000-auslaender/), dass – was von vorsichtigen Schätzungen von Sicherheitsbehörden bestätigt worden sein soll – ca. 450 000 Ausländer zur Fahndung ausgeschrieben sind, weil sie entweder festgenommen werden sollen oder aber ihr Aufenthaltsort unbekannt ist. In diesem Zusammenhang steht die Frage im Raum, wie diese Personen ihren Unterhalt in Deutschland sichern können und ob gegebenenfalls staatliche Leistungen mangels behördlicher Koordinierung oder aus anderen Gründen trotz der offenen Fahndungen zur Anweisung kommen . V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Kleine Anfrage enthält sowohl Fragen zu zur Fahndung ausgeschriebenen Ausländern, als auch Fragen zu anerkannten Schutzsuchenden und Asylbewerbern . Der Fragenzusammenhang könnte fälschlicherweise so missverstanden werden, dass es sich bei den zur Fahndung ausgeschriebenen Ausländern weitestgehend um anerkannte Schutzsuchende und Asylbewerber handelt; diese Annahme widerspricht jedoch dem statistischen Datenmaterial. Die Bundesregierung weist daher darauf hin, dass die Mehrzahl der zur Fahndung ausgeschriebenen Ausländer nicht den Personengruppen anerkannte Schutzsuchende oder Asylbewerbern unterfällt. Vielmehr handelt es sich bei dem Großteil der zur Fahndung ausgeschriebenen Ausländer um Unionsbürger. Welche unterhaltssichernden Leistungen Ausländer in Deutschland beziehen können, richtet sich danach, ob sie dem Regime des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) oder dem Sozialgesetzbuch (SGB) II oder SGB XII unterfallen. Die hohe Zahl der Fahndungsausschreibungen ist darauf zurückzuführen, dass sich darunter auch Personen befinden , für die INPOL-Fahndungen aufgrund von Interpol-Fahndungsersuchen anderer Staaten bzw. SIS-Fahndungen anderer Staaten bestehen, die keinen Bezug Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8631 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode zu Deutschland haben. Hierzu wird auf die Vorbemerkung der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/4388 vom 19. September 2018 verwiesen. 1. Erfolgen nach Kenntnis der Bundesregierung Fahndungsmeldungen an die auszahlenden Stellen, wenn Flüchtlinge bzw. Asylbewerber unbekannt verzogen sind bzw. ihr Aufenthaltsort nicht ermittelbar ist? Falls ja, wie und von welchen Behörden wird dieses Verfahren durchgeführt ? Falls nein, warum werden die entsprechenden Behörden und Stellen nicht über Fahndungsmaßnahmen informiert? Auf die Antwort zu Frage 5 wird verwiesen. 2. Wie werden nach Kenntnis der Bundesregierung Zahlungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bzw. sonstige soziale Hilfszahlungen für den Fall einer Fahndung zentral gestoppt bzw. gesperrt? Falls ja, in wie vielen Fällen ist dies geschehen (bitte nach den jeweiligen Behörden und den jeweiligen Bundesländern aufschlüsseln)? Falls nein, warum nicht, und wie erfolgt die weitere Auszahlung, wenn doch nach der Person oder dem Aufenthaltsort gefahndet wird, und wie kann sichergestellt werden, dass nur Berechtigte, also Personen, die nicht zur Fahndung ausgeschrieben sind, Geldleistungen erhalten? Für Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG gilt Folgendes: Die Umsetzung des AsylbLG erfolgt durch die Länder. Eine zentrale „Sperrung“ für den Fall einer Ausschreibung zur Fahndung erfolgt nicht. § 3 Absatz 6 AsylbLG sieht allerdings vor, dass Grundleistungen nach dem AsylbLG ohnehin nur längstens einen Monat im Voraus erbracht werden dürfen und den Leistungsberechtigten oder einem volljährigen berechtigten Mitglied des Haushalts persönlich ausgehändigt werden sollen. Der tatsächliche Aufenthalt im Bundesgebiet ist zudem Leistungsvoraussetzung (§ 1 Absatz 1 AsylbLG). Die Leistungsberechtigten trifft insofern die Darlegungs - und Beweislast. Ferner ist gemäß § 90 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) und § 8 Absatz 2a des Asylgesetzes (AsylG) geregelt, dass die mit der Ausführung dieser Gesetze betrauten Behörden Umstände und Maßnahmen nach diesen Gesetzen, deren Kenntnis für Leistungen nach dem AsylbLG erforderlich ist, den nach § 10 AsylbLG zuständigen Behörden mitteilen. Zur Anzahl der Fälle liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Für Leistungen nach dem SGB gilt Folgendes: Aufgrund der im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und im Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) vorgesehenen Anspruchsvoraussetzungen dürften die Jobcenter beziehungsweise die Sozialhilfeträger von der hier angesprochenen Fallgestaltung kaum betroffen sein. Denn Ausländerinnen und Ausländer sind von den Leistungen nach dem SGB II oder dem SGB XII ausgenommen, wenn sie kein Aufenthaltsrecht haben (§ 7 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe a SGB II, 23 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 SGB XII). Dies ist der Fall, wenn die zur Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/8631 Fahndung ausgeschriebenen Ausländer ausreisepflichtig sind. Ebenfalls ausgenommen sind nach dem AsylbLG Leistungsberechtigte (§ 7 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 SGB II, § 23 Absatz 2 SGB XII). Sofern im Einzelfall keiner dieser Leistungsausschlüsse einschlägig ist, erhalten jedenfalls Personen keine Leistungen nach dem SGB II, die sich ohne Zustimmung außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs aufhalten (§ 7 Absatz 4a SGB II), wovon bei zur Fahndung ausgeschriebenen Ausländern auszugehen ist. Ähnliches gilt auch für das SGB XII: Hält sich ein Ausländer entgegen einer räumlichen Beschränkung im Bundesgebiet auf oder wählt er seinen Wohnsitz entgegen einer Wohnsitzauflage oder einer Wohnsitzregelung nach § 12a des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) im Bundesgebiet, darf der für den Aufenthaltsort örtlich zuständige Träger nur die nach den Umständen des Einzelfalls gebotene Leistung erbringen. 3. Wie viele von den Gesuchten sind klar identifizierbar, d. h. durch entsprechende Herkunftsnachweise und Feststellungen körperlicher Identifizierungsmerkmale , wie Fingerabdrücke, Passbilder etc.? In wie vielen Fällen sind bei den zur Fahndung ausgeschriebenen Personen, die Herkunft und Identität und das tatsächliche Alter unklar? In wie vielen Fällen beruhen die bekannten Daten nur auf den eigenen Angaben der Gesuchten? Zum Stichtag 15. März 2019 sind 306 855 ausländische Staatsangehörige zur Fahndung ausgeschrieben, bei denen eine erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt wurde. Bei 17 693 ausländischen Staatsangehörigen, nach denen gefahndet wird, wurde keine erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt. Darüber hinausgehende Erkenntnisse liegen der Bundesregierung nicht vor. 4. In wie vielen Fällen werden nach Kenntnis der Bundesregierung Leistungen insgesamt an nur unvollständig registrierte bzw. nicht überprüfte Personenkreise ausgegeben? Für Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG gilt Folgendes: Die Umsetzung des AsylbLG erfolgt durch die Länder. Dies schließt im Rahmen der Erstregistrierung und Verwaltung auch die Identitätsprüfung ein. Den nach § 10 AsylbLG zuständigen Behörden werden zur Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme von Leistungen vorliegen, gemäß § 18a des Gesetzes über das Ausländerzentralregister (AZRG) auf Ersuchen die Grunddaten und die in § 18a AZRG genannten Daten übermittelt. Zu den Details wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. Zur Anzahl der Fälle liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. In Bezug auf die Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII wird auf die Ausführungen zu Frage 2 verwiesen. Im Übrigen erfolgt im Rahmen der Beantragung von SGB II-Leistungen grundsätzlich eine Identitätsprüfung. Aus dem Ausländerzentralregister werden zudem auch den Jobcentern auf Ersuchen Daten über Ausländer, die keine freizügigkeitsberechtigten Unionsbürger sind, übermittelt (vgl. § 18b AZRG – siehe Antwort zu Frage 6). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8631 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 5. Inwieweit findet eine Vernetzung zwischen Bundes- und Landespolizeibehörden sowie dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie deren nachgeordneten Behörden statt? Gibt es einen regelmäßigen Datenaustausch über die zur Fahndung ausgeschriebenen Personen und über den jeweiligen Verfahrensstand? Wird dieser zentral verwaltet – etwa in einem eigenen Register? Falls nein, warum ist eine solche Vernetzung bisher nicht aufgebaut worden? Falls ja, in wie vielen Fällen (prozentual) werden solche Daten tatsächlich abgefragt bzw. ausgetauscht? Mit § 73 Absatz 1a AufenthG wurde die Möglichkeit der Konsultation zentraler Behörden im Asylverfahren (AsylKon) geschaffen. Alle Asylbewerber sowie diejenigen Ausländer, die unerlaubt eingereist sind oder sich unerlaubt im Bundesgebiet aufhalten, werden bei der Erstregistrierung sowie bei der Änderung ihrer Personalien durch den Abgleich mit den Datenbanken der in dieser Vorschrift genannten Bundessicherheitsbehörden überprüft. Dabei können in Bezug auf den o. g. Personenkreis durch diese Behörden Fahndungen festgestellt und in eigener Zuständigkeit mit den zuständigen Behörden die notwendigen Maßnahmen veranlasst werden. Fahndungsnotierungen aus dem polizeilichen Informationssystem INPOL werden auch im Ausländerzentralregister (AZR) gespeichert (§ 2 Absatz 2 Nummer 5, 6 AZRG) und können von dort den Behörden, die Entscheidungen im asyl- und aufenthaltsrechtlichen Verfahren treffen, eingesehen werden. Während von den Polizeibehörden INPOL genutzt wird, dienen die im AZR gespeicherten Ausschreibungen zur Festnahme oder Aufenthaltsermittlung der Berücksichtigung relevanter Informationen im asyl- und aufenthaltsrechtlichen Verfahren, auch in der Zusammenarbeit dieser Behörden insbesondere mit den Polizeibehörden. Darüber hinaus erfolgt im Rahmen des geltenden Rechts zwischen den am asylund aufenthaltsrechtlichen Verfahren beteiligten Behörden eine übergreifende Zusammenarbeit, durch die der Informationsaustausch über die Bereitstellung von Informationen in den Dateisystemen hinaus gewährleistet wird. 6. Wird nach Kenntnis der Bundesregierung behördenintern überprüft, ob regelmäßige Bezieher von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder anderer sozialer Hilfsleistungen diese mit verschiedenen Identitäten an mehreren Stellen, d. h. in mehreren Kommunen, aber auch in mehreren Bundesländern , mehrfach beziehen? Falls ja, werden hierbei personenbezogene Merkmale wie Fingerabdrücke und Identität sowie Altersangaben verglichen? Falls nein, warum nicht? Die AsylbLG-Träger sind verpflichtet, die Identität des Leistungsberechtigten z. B. durch Abgleich der alphanumerischen Daten sowie des Lichtbildes auf dem Ankunftsnachweis mit dem Ausländerzentralregister zu prüfen, um einen unberechtigten Bezug von Leistungen auszuschließen. Zudem ermächtigt die am 27. Februar 2019 in Kraft getretene Neuregelung in § 11 Absatz 3a AsylbLG die Leistungsbehörden zwecks weiterer Aufklärung, zusätzlich Fingerabdrücke abzunehmen und mittels FAST-ID (bundesweites Verfahren) mit den dazu im Ausländerzentralregister gespeicherten Daten abzugleichen. Auf diese Weise kann die Leistungsbehörde sicher feststellen, ob die nachfragende Person mit dem Inhaber des vorgelegten Identitätsnachweises identisch ist. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/8631 Doppelzahlungen durch unterschiedliche AsylbLG-Träger werden durch die Zuweisungen und Wohnsitzauflagen für Leistungsberechtigte verhindert, die aus ihren ausländerrechtlichen Bescheinigungen erkennbar sind. In Bezug auf die Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Im Übrigen muss sich jeder Antragstellende bei der Antragstellung in den Jobcentern durch ein Ausweisdokument, ein Ausweisersatzdokument oder eine andere amtliche Ersatzbescheinigung ausweisen. Bei Drittstaatsangehörigen ist zusätzlich die Vorlage des Aufenthaltstitels bzw. einer Fiktionsbescheinigung erforderlich. Daneben können die Bundesagentur für Arbeit und die für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Stellen die gemeinsamen Einrichtungen zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben Daten aus dem Kerndatensatz abrufen (§ 18b AZRG). Dabei handelt es sich neben den Personengrunddaten unter anderem um Informationen zum Asylverfahren, zum aufenthaltsrechtlichen Status, zu den für oder gegen einen Ausländer getroffenen aufenthaltsrechtlichen Entscheidungen, zur Anschrift im Bundesgebiet oder zu abweichenden Namensschreibweisen , anderen Namen, Aliaspersonalien und Angaben zum Ausweispapier . Zudem erfolgt bei Beziehern der Grundsicherung für Arbeitsuchende regelmäßig vierteljährlich ein Datenabgleich, um Leistungsmissbrauch (z. B. Mehrfachbezug bei verschiedenen Trägern) auszuschließen bzw. aufzudecken (vgl. § 52 SGB II). Eine Übermittlung oder Erhebung von Fingerabdrücken zur Identitätsfeststellung ist gesetzlich nicht vorgesehen. Für den Bezug von Leistungen nach dem SGB XII sind gültige Personaldokumente und gegebenenfalls eine Meldebestätigung vorzulegen. Diese werden vom Sozialhilfeträger überprüft. Für Leistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XII ist der gewöhnliche Aufenthalt maßgeblich. Es ist also ein Nachweis des Leistungsberechtigten über den Wohnsitz erforderlich. Für Leistungen nach dem Dritten Kapitel SGB XII ist der tatsächliche Aufenthalt maßgeblich, damit ist grundsätzlich kein Nachweis des Leistungsberechtigten erforderlich. 7. Wie ist der derzeitige Stand beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im Hinblick auf die digitale Erfassung von Flüchtlingen und Asylbewerbern und der Abgleich der Außenstellen untereinander, um sicherzustellen , dass keine Mehrfachregistrierung mit verschiedenen Identitäten erfolgen kann? Erkennungsdienstliche Behandlungen mit dem Ziel, Mehrfachidentitäten im Asylverfahren zu erkennen und auszuschließen, nimmt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bereits seit den 1990er Jahren vor. Das Verfahren wurde im Rahmen der Digitalisierung des Asylverfahrens ab 2015 schrittweise verbessert, sodass Mehrfachidentitäten bei Abgabe von Fingerabdrücken im Asylverfahren erkannt und ausgeschlossen werden können. Seit dem Jahr 2016 gibt es zudem bundesweit das sog. Kerndatensystem, über das neben allen BAMF-Außenstellen auch andere am Asylverfahren beteiligte Behörden biometrische Daten abrufen können. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8631 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 8. Sind solche Missbräuche festgestellt worden? Falls ja, wie viele Fälle sind bislang – aufgeschlüsselt nach Bundesländern und Jahren sowie aufgeschlüsselt nach Nationalität, Geschlecht und Alter – bekannt? Falls nein, wie kann ausgeschlossen werden, dass nicht doch Missbräuche stattgefunden haben? Eine statistische Erfassung im Sinne der Fragestellung findet nicht statt. 9. Welche Kontrollmöglichkeiten wurden eingeführt, und welche Kontrollen wurden tatsächlich veranlasst, um Mehrfachidentitäten, falsche Herkunftsund Altersangaben zu überprüfen? Falls ja, in welchem Zeitraum? Falls nein, wie erklärt sich die Bundesregierung die Diskrepanz zwischen den behaupteten hunderttausendfachen Rechtsbrüchen und den tatsächlich festgestellten nur etwas mehr als 100 fehlerhaften Verfahren (www.t-online. de/nachrichten/id_84340954/nur-165-grobe-verstoesse-bei-ueberpruefungvon -bamf-aussenstelle.html)? Das BAMF hat im Jahr 2017 eine Reihe IT-unterstützter Verfahren zur Unterstützung der Identitäts- und Herkunftsklärung erprobt und in das Asylverfahren übernommen . Diese IT-Tools umfassen den biometrischen Lichtbildabgleich, die elektronische Dialekterkennung und die einheitliche Namenstransliteration, vgl. § 16 Absatz 1, Absatz 1a AsylG. Bei Personen, die bei der Antragstellung keine Identitätsdokumente vorlegen, werden zudem mobile Datenträger ausgelesen. Durch den Einsatz der IT-Tools können zusätzliche Informationen gewonnenen und Asylentscheidungen so auf eine noch breitere Grundlage gestellt werden. Sie sind jedoch nie ausschließliche Quelle für die Klärung der Identität. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. 10. In wie vielen Fällen wurden nach den derzeit verfügbaren Daten prozentual seit 2015, d. h. seit dem Beginn der Flüchtlingswelle, Personalien der Eingereisten digital erfasst sowie entsprechende persönliche Merkmale wie Fingerabdrücke genommen? 11. In wie vielen Fällen wurde dies bisher nicht umgesetzt? In wie vielen Fällen beruhen die Daten ausschließlich auf den Angaben des Migranten? Die Fragen 10 und 11 werden gemeinsam beantwortet. Die Angaben können der beigefügten Tabelle entnommen werden. Soweit Personaldokumente vorgelegt werden konnten, wurden diese in allen Fällen digital erfasst . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/8631 Vorlage von Identitätspapieren* durch Erstantragsteller im Alter ab 18 Jahren Zeitraum 01.01.2018 – 31.12.2018 Staatsangehörigkeiten Anzahl der Erstantragssteller Anzahl der Antragssteller mit Identitätspapieren Anzahl der Antragssteller ohne Identitätspapiere Anteil der Antragssteller ohne Identitätspapiere Gesamt 83.633 38.311 45.322 54,2% darunter: Syrien 14.576 11.781 2.795 19,2% Irak 7.350 4.974 2.376 32,3% Iran 8.317 4.012 4.305 51,8% Nigeria 6.377 212 6.165 96,7% Türkei 6.951 5.544 1.407 20,2% Afghanistan 4.101 580 3.521 85,9% Eritrea 2.646 348 2.298 86,8% Somalia 2.413 85 2.328 96,5% Ungeklärt 1.867 959 908 48,6% Russische Föderation 1.944 1.096 848 43,6% Georgien 2.567 1.423 1.144 44,6% Guinea 1.992 27 1.965 98,6% Pakistan 1.578 173 1.405 89,0% Albanien 1.154 664 490 42,5% Aserbaidschan 975 599 376 38,6% * Pass, Passersatz, Personalausweis 12. Werden Verstöße gegen Meldeauflagen oder Aufenthaltsauflagen zentral erfasst und registriert? Verstöße gegen Meldeauflagen oder Aufenthaltsauflagen werden nicht zentral erfasst und registriert. 13. Falls ja, haben solche Verstöße finanzielle Auswirkungen? Falls nein, warum nicht? Gemäß § 11 Absatz 2 AsylbLG darf Leistungsberechtigten, die sich in Teilen der Bundesrepublik Deutschland einer asyl- oder ausländerrechtlichen Beschränkung zuwider aufhalten, von der für den tatsächlichen Aufenthaltsort zuständigen Behörde regelmäßig nur eine Reisebeihilfe für die Reise zu ihrem rechtmäßigen Aufenthaltsort gewährt werden. Im Übrigen kann die Verletzung von Meldeauflagen im Einzelfall zu Leistungseinschränkungen nach § 2 Absatz 1 2. Halbsatz AsylbLG führen, z. B., wenn Leistungsberechtigte dadurch die Dauer ihres Aufenthalts rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Dann verbleiben die Leistungsberechtigten dauerhaft im Grundleistungsbezug. Ferner ist im Einzelfall zu prüfen, ob und mit welcher Rechtsfolge Verstöße gegen Meldeauflagen oder Aufenthaltsauflagen Anspruchseinschränkungen gemäß § 1a AsylbLG nach sich ziehen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8631 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Verstöße gegen aufenthaltsrechtliche Verpflichtungen, wie Meldeauflagen oder Aufenthaltsauflagen, sind keine Pflichtenverletzungen im Sinne des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) und können damit keine Minderungen nach den §§ 31 ff. SGB II begründen. Das SGB XII kennt grundsätzlich keine Sanktionen. 14. Für den Fall, dass finanzielle Leistungskürzungen stattfinden, wie hoch sind diese? Auf die Antwort zu Frage 13 wird verwiesen. 15. Falls Aufenthaltsauflagen, Meldeauflagen usw. verletzt wurden oder der Geflüchtete bzw. Asylbewerber seinen Aufenthaltsort unbekannt verlassen hat, werden die auszahlenden Behörden vom BAMF auf diesen Umstand aufmerksam gemacht? Falls ja, mit welchen weiteren Konsequenzen? Falls nein, warum nicht? Das BAMF informiert die jeweils zuständige Ausländerbehörde, wenn Bescheide nicht zugestellt werden können. Ein vorsätzlicher oder fahrlässiger Verstoß gegen eine Wohnsitzauflage nach § 12 Absatz 2 Satz 2, §12a Absatz 1 Satz 1, Absatz 2, 3 oder 4 Satz 1 oder § 61 Absatz 1c AufenthG stellt zudem eine Ordnungswidrigkeit dar (§ 98 Absatz 3 Nummer 2, 2a und 3b AufenthG). Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 13 verwiesen. 16. Wie viel Personal wird nach Kenntnis der Bundesregierung für die Fahndung von zur Festnahme ausgeschriebenen bzw. zur Feststellung des Aufenthaltsortes ausgeschriebenen Personen in den einzelnen Bundesländern (bitte nach Personalzahl und Bundesländern aufschlüsseln) sowie durch die Bundespolizei aufgewandt, um einen Fahndungserfolg herbeizuführen? Wie hoch ist die Erfolgsquote? Wie hoch sind die Kosten? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. Grundsätzlich sind alle Angehörigen der Polizeien von Bund und Ländern auch mit Fahndungsaufgaben befasst. 17. Welche Staatsangehörigkeiten weisen die Gesuchten nach Kenntnis der Bundesregierung auf (bitte nach Bundesländern und nach Prozentzahlen aufschlüsseln )? Wie hoch ist hierbei der prozentuale Anteil von Männern, Frauen und Minderjährigen (bitte ebenfalls nach Bundesländern und Jahren aufschlüsseln)? Zum Stichtag 15. März 2019 sind in INPOL-Zentral 478 548 ausländische Staatsangehörige zur Festnahme und/oder Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben. Darunter befinden sich 34 310 ausländische Staatsangehörige, die sowohl zur Festnahme als auch Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben sind. Der Anteil von Männern beträgt 84 Prozent, von Frauen 16 Prozent und von Minderjährigen (unter 18 Jahre) 2,4 Prozent. Unter den insgesamt 197 Nationalitäten sind am häufigsten folgende vertreten: Rumänien (39 944), Polen (26 799), Albanien (21 567), Serbien (20 242) und Türkei (19 056). Die Frage wurde soweit Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/8631 beantwortet, wie die erfragten Antworten aus INPOL-Zentral statistisch auswertbar sind. Es kann auch nur zum Gesamtbestand in INPOL-Zentral Stellung genommen werden und nicht differenziert nach einzelnen Bundesländern. 18. Welchen Nationalitäten gehören die zur Festnahme wegen begangener Delikte ausgeschriebenen Personen an (bitte nach Alter, Staatsangehörigkeit und Geschlecht aufschlüsseln)? Zum Stichtag 15. März 2019 sind in INPOL-Zentral 243 296 ausländische Staatsangehörige zur Festnahme ausgeschrieben. Den Festnahmeausschreibungen dieser Personen liegen unterschiedliche Anlässe, wie bspw. Straftat, Strafvollstreckung , Unterbringung, Ausweisung, Abschiebung, Zurückschiebung, Gefahrenabwehr oder entwichener Strafgefangener, zu Grunde. Unter den insgesamt 191 Nationalitäten sind am häufigsten folgende vertreten: Rumänien (15 302), Albanien (13 582), Türkei (12 897), Polen (12 896) und Serbien (12 141). Der Anteil von Männern beträgt 85 Prozent, von Frauen 15 Prozent und von Minderjährigen (unter 18 Jahre) 1,5 Prozent. Unter den zur Festnahme ausgeschriebenen ausländischen Staatsangehörigen befinden sich 122 855 ausländische Staatsangehörige, welche mit dem Ziel der Ausweisung , Abschiebung oder Zurückschiebung gesucht werden. Unter den insgesamt 175 Nationalitäten sind am häufigsten folgende vertreten: Albanien (10 378), Serbien (8 729), Kosovo (7 132) Türkei (6 549) und Mazedonien (5 248). Der Anteil von Männern beträgt 81 Prozent, von Frauen 19 Prozent und von Minderjährigen (unter 18 Jahre) 2,8 Prozent. Die Frage wurde soweit beantwortet, wie die erfragten Antworten aus INPOL- Zentral statistisch auswertbar sind. 19. Welcher Nationalität gehören die zur Bestimmung des Aufenthaltsortes zur Fahndung ausgeschriebenen Personen an (bitte ebenfalls nach Staatsangehörigkeit , Alter und Geschlecht aufschlüsseln)? Zum Stichtag 15. März 2019 sind in INPOL-Zentral 269 562 ausländische Staatsangehörige zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben. Den Ausschreibungen zur Aufenthaltsermittlung dieser Personen liegen ebenfalls unterschiedliche Anlässe, wie bspw. Straftat, Strafvollstreckung, vermisst oder Gefahrenabwehr, zu Grunde. Unter den insgesamt 190 Nationalitäten sind am häufigsten folgende vertreten: Rumänien (27 461), Polen (15 482), Afghanistan (12 033), Albanien (8 444), Bulgarien (8 273) und Serbien (7 688).Der Anteil von Männern beträgt 84 Prozent, von Frauen 16 Prozent und von Minderjährigen (unter 18 Jahre) 3 Prozent. Unter den zur Aufenthaltsermittlung ausgeschriebenen 269 562 ausländischen Staatsangehörigen befinden sich 64 273 ausländische Staatsangehörige, welche wegen Verstoßes gegen das Asylgesetz gesucht werden. Unter den insgesamt 160 Nationalitäten sind am häufigsten folgende vertreten: Afghanistan (7 980), Pakistan (5 388), Syrien (3 676), Irak (3 671) und Algerien (3 333). Der Anteil von Männern beträgt 85 Prozent, von Frauen 15 Prozent und von Minderjährige (unter 18 Jahre) 5 Prozent. Die Frage wurde soweit beantwortet, wie die erfragten Antworten aus INPOL- Zentral statistisch auswertbar sind. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333