Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 20. März 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/8707 19. Wahlperiode 22.03.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Omid Nouripour, Katharina Dröge, Jürgen Trittin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/8160 – Handel mit dem Iran und US-Sanktionen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Mai 2018 kündigte der US-amerikanische Präsident an, seine Regierung werde sich einseitig nicht länger an die Vereinbarungen des Nuklearabkommens (JCPOA) halten, das die USA, China, Russland, Frankreich, Großbritannien und Deutschland mit dem Iran im Jahr 2015 geschlossen hatten. Die anderen Partner bekundeten ihren Willen, sich weiter an das Abkommen zu halten. Die fragestellende Fraktion unterstützt eine Stärkung des globalen Nichtverbreitungsregimes für Nuklearwaffen durch die Aufrechterhaltung des JCPOA und den damit einhergehenden legalen Handel mit dem Iran. Nichtsdestoweniger setzt sie sich für eine klare Haltung der Bundesregierung und der europäischen Union gegenüber der verheerenden Menschenrechtslage im Land, der destabilisierenden Regionalpolitik des Iran, seiner Unterstützung für bewaffnete, extremistische und terroristische Gruppierungen und der wiederholten Drohungen gegen Israel ein. Der Fortbestand des JCPOA ist aus Sicht der Fragesteller durch die Auswirkungen der wieder in Kraft getretenen, extraterritorial angelegten Sanktionen der USA ernsthaft gefährdet. Sie erschweren es auch nichtamerikanischen Unternehmen , Geschäftsbeziehungen mit dem Iran zu unterhalten, da sie dadurch entweder ihren Zugang zum amerikanischen Markt verlieren oder sich in den USA direkt strafbar machen können. Zudem sind wichtige Dienstleistungen ebenfalls von den Sanktionen betroffen. Dadurch schwinden für den Iran die wirtschaftlichen Erleichterungen, die ihm aus dem JCPOA eigentlich erwachsen sollten, was staatsunabhängige, kleine und mittlere Unternehmen besonders zu spüren bekommen. Die Abwicklung des Zahlungsverkehrs für weiter bestehenden Handel stellt nach Auffassung der Fragesteller ein zentrales Problem für europäisch-iranische Geschäftsbeziehungen dar. Die meisten iranischen Banken wurden vom globalen Dienstleister für Zahlungsverkehrskommunikation SWIFT abgekoppelt, der die Grundlage für internationale Überweisungen bildet. Die Verantwortlichen des in Belgien ansässigen SWIFT-Unternehmens wurden durch die US-Regierung stark unter Druck gesetzt (www.heise.de/tp/features/SWIFT-Derlange -Arm-des-Donald-Trump-4194590.html?seite=all). Derzeit ist unklar, welche konkreten Risiken SWIFT veranlasst haben, gegen den selbst gesetzten Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8707 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Grundsatz seiner Leistungsneutralität zu verstoßen und iranischen Kunden, wahrscheinlich vertragswidrig, die Erbringung von SWIFT-Leistungen zu verweigern . Während der Bundesminister des Auswärtigen Heiko Maas deshalb die Einführung einer europäischen Alternative zum SWIFT-System forderte („Balancierte Partnerschaft“, Handelsblatt vom 22. August 2018), äußerte sich Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel skeptisch zu diesem Vorschlag (https://de.reuters.com/ article/deutschland-usa-zahlungsverkehr-idDEKCN1L71DV?il=0). Das Problem wird nach Ansicht der Fragesteller verschärft durch die geschäftspolitische Praxis vieler europäischer Banken, die Abwicklung jedweden Zahlungsverkehrs zu verweigern, wenn ein Iran-Bezug (auch nur indirekt) erkennbar ist. In Verhandlungen zwischen dem Iran und den anderen Partnern des Abkommens werden derzeit Möglichkeiten geprüft, wie das Abkommen trotz des US- Ausstiegs bewahrt werden kann. Dabei stehen Wege zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftsbeziehungen und zur Sicherstellung des iranischen Öl- und Gasexports im Mittelpunkt. Neben den allgemeinen Geschäftsbeziehungen gilt es in besonderem Maße, Wege zur Ermöglichung dezidiert von den Sanktionen ausgenommener Güter wie beispielsweise Lebensmittel, Medikamente und Medizintechnik sicherzustellen. Ein wichtiger Bestandteil der Bemühungen von europäischer Seite ist das „Special Purpose Vehicle“ (SPV) INSTEX (Instrument in Support of Trade Exchanges, Instrument zur Unterstützung von Handelsbeziehungen), ein Mechanismus , mit dessen Hilfe eine Verrechnung von Irangeschäften ohne Zahlungsverkehr in den Iran geschehen soll (www.zeit.de/politik/ausland/2019- 01/zweckgesellschaft-instex-iran-atom-abkommen-us-sanktionen-eu-laenderumgehun ). Die Einrichtung dieses Instituts war mit zahlreichen Schwierigkeiten behaftet. Bislang ist es nur für die Bezahlung humanitärer Güter angelegt. Es wäre aber aus Sicht der Fragesteller auch geeignet, andere legale Geschäfte mit dem Iran zu ermöglichen. Weiterhin wurde von der Europäischen Union das bereits 1996 erlassene „Blocking Statute“ (Verordnung (EU) Nr. 2271/1996) aktualisiert, das Unterlassungen oder Handlungen in der EU untersagt, mit denen die US-Iransanktionen befolgt werden. Die Vorschrift eröffnet nicht nur Rechtsansprüche für die geschützte Zielgruppe. Sie enthält zugleich eine öffentlich-rechtliche Beschränkung , die staatlich durchgesetzt werden soll. Entsprechende Pläne oder konkrete Maßnahmen seitens der Behörden zur Umsetzung dieser Beschränkung sind nach Einschätzung der Fragesteller jedoch nicht erkennbar, weder in Deutschland noch in anderen, für die Lösung des Problems relevanten EU-Staaten (z. B. Belgien wegen SWIFT). Derweil arbeiten andere Staaten – allen voran China –, deren Finanzsysteme weniger eng mit dem amerikanischen verwoben sind, an eigenen Zahlungskanälen mit dem Iran. Die Sanktionen betreffen aber auch iranische Unternehmen und Privatpersonen in Deutschland. Während der letzten Sanktionsrunde vor Abschluss des JCPOA kam es in Deutschland wiederholt zu Kündigungen von Konten und anderen Verträgen von Iranerinnen und Iranern (www.sueddeutsche.de/wirtschaft/ iraner-in-deutschland-unter-generalverdacht-1.1597605). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/8707 1. Welcher Anteil des derzeitigen Handels und der derzeitigen Investitionen ist nach Schätzung der Bundesregierung durch den Ausstieg der USA aus dem JCPOA gefährdet? Durch den Ausstieg der USA aus dem Joint Comprehensive Plan of Action (JCPoA) herrscht generell Verunsicherung. Europäische Geschäftsbanken sind derzeit bei sämtlichen Finanzierungen und Zahlungsabwicklungen mit Iran zurückhaltend . Das deutsch-iranische Handelsvolumen verringerte sich 2018 im Vergleich zum Vorjahr um 7 Prozent auf 3,15 Mrd. Euro. Die deutschen Exporte lagen bei 2,7 Mrd. Euro und sanken um 9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. 2. Hat sich die Bundesregierung bei den in dieser Hinsicht relevanten EU-Unternehmen um Informationen über den im JCPOA vereinbarten Verkauf von Luftfahrtgerät und -teilen bemüht? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, welche Erkenntnisse hat sie dabei gewonnen? Die Bundesregierung steht im regelmäßigen Kontakt zu Airbus. Das Unternehmen hat drei Flugzeuge an Iran geliefert, seit das JCPoA in Kraft ist. Nach dem Ausstieg der USA finden die unter dem JCPoA vorgesehenen Erleichterungen für die Lieferung ziviler Flugzeuge und Flugzeugteile keine Anwendung mehr, so dass entsprechende US-Genehmigungen für einen (Re-)Export nach Iran derzeit schwer zu bekommen sind. US-Exportkontrollrecht findet Anwendung, sobald ein Produkt mehr als 10 Prozent Inhalt aus den USA enthält. 3. In welchem Umfang finanzieren deutsche Kreditinstitute nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit weiterhin Iran-Geschäfte? Der Bundesregierung liegen hierzu keine konkreten Angaben der deutschen Kreditwirtschaft vor. Aufgrund der allgemeinen starken Zurückhaltung deutscher Kreditinstitute bereits im Vorfeld des Wiederauflebens der US-Sanktionen und nach Angaben von Unternehmen ergeben sich Anhaltspunkte für weiter rückläufiges Geschäft. 4. Wie schätzt die Bundesregierung den Einfluss des europäischen „Blocking Statute“ auf die Geschäftsentscheidungen deutscher Unternehmen im Iran ein? In den Leitlinien, die die EU-Kommission zur Auslegung der Blocking-Verordnung erlassen hat, findet sich in der Antwort zu Frage 5 der Hinweis, dass EU- Wirtschaftsteilnehmer frei entscheiden können, eine Geschäftstätigkeit in Iran aufzunehmen, fortzusetzen oder einzustellen und auf der Grundlage ihrer Bewertung der wirtschaftlichen Lage in einem Wirtschaftszweig tätig zu werden oder nicht. Die Blocking-Verordnung enthält demnach keine Pflicht zur Durchführung von Iran-Geschäft. Die Unternehmen bleiben in ihren Geschäftsentscheidungen grundsätzlich frei. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8707 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 5. Inwiefern wurde nach Kenntnis der Bundesregierung seit der letzten Auskunft der Bundesregierung (vgl. „Europas vergeblicher Kampf um den Irandeal “, Handelsblatt vom 29. Januar 2019) inzwischen vom Blocking Statute Gebrauch gemacht? Die Blocking-Verordnung ist als Verordnung im Sinne des Artikels 288 Absatz 2 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat, ohne dass es weiterer Umsetzungsakte bedarf. Die in Artikel 9 der Blocking-Verordnung vorgesehene Pflicht der Mitgliedstaaten, Sanktionen für den Fall einer Zuwiderhandlung gegen die Bestimmungen der Blocking-Verordnung festzulegen, hat Deutschland erfüllt . Verstöße gegen die Blocking-Verordnung werden in § 82 Absatz 2 der Außenwirtschaftsverordnung i. V. m. §§ 19 Absatz 4 Nummer 1 und Absatz 6 des Außenwirtschaftsgesetzes (AWG) als Ordnungswidrigkeit eingestuft. Es wurden bislang keine Fälle als Ordnungswidrigkeit geahndet. 6. Hat die Bundesregierung für die Entgegennahme und Weiterleitung von Unterrichtungen durch Unternehmen nach Artikel 2 der Verordnung (EU) Nr. 2271/1996 in Deutschland zuständige Behörden definiert? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, um welche Behörden handelt es sich? Unterrichtungen gemäß Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 2271/1996 werden über die Ständige Vertretung Deutschlands in Brüssel an das Auswärtige Amt und das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geleitet, die wiederum das Bundesministerium der Finanzen und im Einzelfall weitere zuständige Stellen einbinden. 7. Wie viele Unterrichtungen gemäß Artikel 2 der Verordnung (EU) Nr. 2271/ 1996 hat die EU-Kommission im Jahr 2018 bis zum 31. Dezember 2018 erhalten (bitte nach Ländern, und falls möglich, nach Branchen bzw. Wirtschaftszweigen aufschlüsseln)? Falls diese Informationen der Bundesregierung nicht vorliegen, warum nicht? Nach dem Kenntnisstand der Bundesregierung haben bis zum 31. Dezember 2018 sieben Unternehmen aus Deutschland die Europäische Kommission auf Basis von Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 2271/96 unterrichtet: Nr. Branche 1 Rohstoffe 2 Handel/Transport 3 Verkehr/Handel 4 Dienstleistungen 5 Rohstoffe 6 Finanzen 7 Finanzen Unterrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten werden von der EU-Kommission nicht an die Bundesregierung weitergegeben. Erkenntnisse hierüber liegen der Bundesregierung daher nicht vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/8707 8. Welche Behörden sind in Deutschland zuständig für die Prüfung von Unternehmen oder natürlichen Personen wegen möglicher Verstöße gegen das Befolgungsverbot nach Artikel 5 Absatz 1 Verordnung (EU) Nr. 2271/1996, insbesondere in Bezug auf Anbieter exportbegleitender Dienstleistungen wie beispielsweise Finanzinstitute (Zahlungsverkehr), Versicherungen, Transportdienstleister , sowie für Unternehmen und natürliche Personen generell unverzichtbare Dienstleistungen (kritische Infrastruktur) wie beispielsweise Telekommunikation, Energieversorgung und IT (Hardware und Dienstleistungen )? Der Zollverwaltung obliegt die Überwachung der Ein-, Aus- und Durchfuhr von Waren im Außenwirtschaftsverkehr sowie die Durchführung von Außenwirtschaftsprüfungen . Sofern im Rahmen dieser Tätigkeit Hinweise auf einen bußgeldbewehrten Verstoß gegen Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 2271/ 1996 anfallen, werden diese an das zuständige Hauptzollamt weitergeleitet. Die Hauptzollämter sind gemäß §§ 22 Absatz 3 Satz 1 AWG i. V. m. 36 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten für die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach dem deutschen Außenwirtschaftsrecht zuständig. Dieses Verfahren gilt entsprechend für andere Stellen der Bundesregierung/-verwaltung sowie für die Deutsche Bundesbank, sofern sich im Rahmen ihrer Zuständigkeit Verdachtsfälle auf Verstöße gegen Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 2271/1996 ergeben. 9. Wie viele Anträge auf Ausnahmegenehmigung nach Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 2271/1996 sind bis zum 31. Januar 2019 bei der EU- Kommission eingegangen (bitte nach Ländern und, falls möglich, Branchen bzw. Wirtschaftszweigen aufschlüsseln)? Bei der EU-Kommission sind nach dem Kenntnisstand der Bundesregierung bis zum 31. Januar 2019 13 Anträge auf Erteilung einer Genehmigung gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2271/96 eingegangen: Nr. Mitgliedstaat Branche 1 Vereinigtes Königreich Energie 2 Vereinigtes Königreich Energie 3 Frankreich Verkehr 4 Frankreich Verkehr 5 Frankreich Verkehr 6 Deutschland Finanzen 7 Deutschland Finanzen 8 Deutschland Maschinenbau 9 Luxemburg Finanzen 10 Luxemburg Finanzen 11 Niederlande Energie 12 Österreich Energie 13 Slowenien Energie Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8707 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 10. Warum ist nach Kenntnis der Bundesregierung nur ein Teil der einschlägigen US-Rechtsquellen zu den Iran-Sanktionen Teil des Blocking Statute (und beispielsweise nicht die Verwaltungsverordnungen der sekundären Finanzsanktionen unter Absatz 104 des Comprehensive Iran Sanctions, Accountability , and Divestment Act of 2010 – CISADA)? Nach Einschätzung der für die Aktivierung der Verordnung (EG) Nr. 2271/1996 zuständigen EU-Kommission verweist der Anhang der Verordnung auf sämtliche US-Sanktionen gegen Iran, die nach dem Ausstieg der USA aus dem JCPoA wieder eingeführt wurden (vgl. auch die Ausführungen im Leitfaden unter Nummer 7: „Im Anhang sind nun die die extraterritorialen US-Sanktionen aufgeführt, die von den USA im Rahmen des JCPoA aufgehoben oder nicht angewandt wurden und inzwischen wieder eingeführt wurden bzw. wieder eingeführt werden sollen.“). 11. Wann soll das Finanzvehikel INSTEX nach Kenntnis der Bundesregierung tatsächlich funktionsfähig sein, durch Einrichtung einer funktionsfähigen Bürostelle, einer personellen Basis und einer finanziellen Grundausstattung, und wie können die erlaubten Geschäfte, vor allem humanitäre Lieferungen, in der Zwischenzeit finanziert werden (vgl. „Die Angst vor Trumps Lieblingswaffe wirkt“, Die Rheinpfalz, 27. November 2018)? Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich arbeiten intensiv an der Operationalisierung von INSTEX, um Unterstützung von Handelsaustausch mit Iran durch das Vehikel so bald wie möglich anbieten zu können. INSTEX benötigt , um operabel zu sein, auch die Einrichtung einer iranischen Spiegelstruktur. Bei humanitären Lieferungen, die auch nach US-Recht erlaubt sind, liegt die Schwierigkeit primär in der allgemeinen Zurückhaltung bei Zahlungsabwicklungen mit Iran. Darüber hinaus ist die Bundesregierung im engen Dialog mit der deutschen Wirtschaft, dies gilt auch für den Bereich der humanitären Lieferungen . 12. Inwiefern werden neben den Mitgliedstaaten der EU nach derzeitigem Kenntnisstand der Bundesregierung auch Nicht-EU-Staaten am Finanzvehikel INSTEX beteiligt sein, bzw. inwiefern wird es die Möglichkeit geben, iranische Exporte in die EU mit iranischen Guthaben auf Konten in Drittstaaten wie China und Indien zu verrechnen? Über die Einbeziehung von Drittstaaten wird zu einem späteren Zeitpunkt entschieden . Der Fokus liegt derzeit darauf, INSTEX zu operationalisieren. 13. Inwiefern beabsichtigt die Bundesregierung oder nach Kenntnis der Bundesregierung die Europäische Union, die Einrichtung oder Erweiterung von INSTEX mit Bedingungen der Beendigung der Arbeit am ballistischen Raketenprogramm Irans zu verknüpfen? Die Bunderegierung ist entschlossen, den JCPoA zu bewahren und weiter umzusetzen , solange sich Iran vollständig an seine nukleartechnischen JCPoA-Verpflichtungen hält. Für die Bewahrung des JCPoA ist es auch wichtig, dass Iran vereinbarungsgemäß in den Genuss von Sanktionserleichterungen kommt und legitime Geschäftsbeziehungen und der Zahlungsverkehr mit Iran fortgeführt werden können. Um dies im aktuellen Kontext zu ermöglichen, werden die Arbeiten an INSTEX weitergeführt. Die Bundesregierung beabsichtigt derzeit nicht, die weiteren Arbeiten an der Operationalisierung von INSTEX mit Forderungen mit Blick auf das ballistische Raketenprogramm Irans zu verbinden. Sie äußert sich grundsätzlich nicht zu den Absichten der EU bzw. anderer Mitgliedstaaten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/8707 14. Welche Importe aus dem Iran sollen nach Kenntnis der Bundesregierung über INSTEX abgewickelt werden? INSTEX soll zunächst den Geschäftsbetrieb in den Sektoren Pharmazeutika, Medizinprodukte , Lebensmittel und Konsumgüter aufnehmen. 15. Inwiefern sieht das INSTEX vor, dass der Handel zwischen der EU und dem Iran in den betroffenen Wirtschaftsbereichen ausgeglichen sein muss, und wie soll mit möglichen Defiziten umgegangen werden? INSTEX befindet sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt in der Phase der Operationalisierung . Die Ausgestaltung des Geschäftsmodelles wird derzeit entwickelt. 16. Wie weit gediehen sind die Bemühungen der Bundesregierung, die von Bundesaußenminister Heiko Maas angekündigte europäische Alternative zum Finanztransaktionssystem SWIFT für Zahlungen in den Iran umzusetzen? SWIFT ist als Genossenschaft belgischen Rechts eine europäische Gesellschaft. Die Forderung eines alternativen europäischen Finanznachrichtensystems mit stärkerer Unabhängigkeit von den USA ist als politische Reaktion auf die kritisierte Instrumentalisierung von SWIFT durch die USA zu verstehen. Dies ist angesichts komplexer Anforderungen an Finanznachrichtensysteme im globalen Umfeld eine langfristige Option. 17. Welche anderen Möglichkeiten sieht die Bundesregierung neben INSTEX, um den Zahlungsverkehr für legitime Geschäftsbeziehungen deutscher und europäischer Unternehmen mit dem Iran sicherzustellen, und welche konkreten Maßnahmen hat sie bislang ergriffen, diese umzusetzen? Die Bundesregierung setzt sich für die Fortsetzung des Zahlungsverkehrs für legitime Geschäftsbeziehungen mit Iran auch unabhängig von INSTEX ein. Die Bereitstellung von Zahlungsdienstleistungen beruht jedoch maßgeblich auf den privatwirtschaftlichen Entscheidungen einzelner Finanzinstitute und Unternehmen unter Berücksichtigung individueller Umstände. Es wird auf die Antworten zu den Fragen 4 und 22 verwiesen. 18. Welche Strategie verfolgt die Bundesregierung allein oder gemeinsam mit ihren Partnern in der EU – unabhängig vom aktuellen Fall der Iransanktionen –, um das Finanzinformationssystem SWIFT unabhängiger gegen den politischen Druck einzelner Marktteilnehmer zu gestalten? Die Bundesregierung hat sich gemeinsam mit den E3-Partnern Frankreich und Vereinigtes Königreich gegen die Instrumentalisierung systemisch relevanter globaler Finanzeinrichtungen ausgesprochen und wird dies auch weiterhin verfolgen . Die Ausgestaltung von SWIFT als nicht staatlicher Dienstleistungseinrichtung ist Sache der beteiligten Institute. 19. Inwiefern sind der Bundesregierung Bestrebungen anderer Staaten zur Einrichtung von alternativen Finanzinformationssystemen zu SWIFT bekannt (vgl. „Einmal Flagge zeigen“, Die Zeit vom 11. Oktober 2018)? Der Bundesregierung sind Systeme in China und in der Russischen Föderation bekannt, die allerdings hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit und Nutzung nicht mit SWIFT vergleichbar sind. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8707 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 20. Inwiefern könnten beispielsweise chinesische Banken, die ihr Irangeschäft wieder aufgenommen haben (vgl. „Kollision mit der Wirklichkeit“, Handelsblatt vom 10. Dezember 2018), nach Einschätzung der Bundesregierung zur Abwicklung von Zahlungen aus Deutschland in den Iran genutzt werden? EU-Recht steht der Nutzung chinesischer Institute grundsätzlich nicht entgegen. Die Zwischenschaltung chinesischer Banken löst die Problematik der US-Sanktionen aber nicht, wenn Transfers über China als Umgehung von US-Sanktionen gegen Iran-Geschäft gesehen würden. Die US-Seite hat zudem bereits Maßnahmen gegen chinesische Institute im Zusammenhang mit Iran-Geschäft getroffen. 21. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über Schwierigkeiten deutscher Unternehmen, begleitende Dienstleistungen wie Versicherungen und Transporte für Geschäfte mit dem Iran zu nutzen, und inwiefern sieht sie politische Möglichkeiten, solche Schwierigkeiten zu beheben? Hierzu liegen der Bundesregierung keine umfassenden Erkenntnisse vor. Das Anbieten begleitender Dienstleistungen erfolgt ebenfalls abhängig von privatwirtschaftlichen Entscheidungen, die politischem Einfluss weitgehend entzogen sind. 22. Inwiefern könnten deutsche Banken nach Einschätzung der Bundesregierung durch das Kreditwesengesetz (KWG) rechtlich dazu gezwungen werden, Zahlungsdienstleistungen an den Iran zur Verfügung zu stellen? Es bestehen weder gesetzliche Kontrahierungszwänge zum Abschluss eines derartigen Zahlungsdiensterahmenvertrags noch aufsichtsrechtliche Verpflichtungen für Zahlungsdienstleistungen an Iran. Die Beurteilung, wie weit die Pflichten bei bestehenden Zahlungsdiensterahmenverträgen reichen, ist Sache der Zivilgerichte . 23. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, um in Deutschland lebende Iranerinnen und Iraner, besonders Studierende, und private Unterstützer von Familienangehörigen im Iran vor Schwierigkeiten im alltäglichen Zahlungsverkehr zu schützen, wie sie angesichts der Sanktionen vor dem Abschluss des JCPOA aufgetreten waren (vgl. „Generell verdächtig“, Süddeutsche Zeitung vom 12. Februar 2013)? Die Bundesregierung setzt sich für die Fortsetzung des Zahlungsverkehrs auch in Bezug auf Privatpersonen ein. Schwierigkeiten von Privatpersonen aufgrund der US-Sanktionen sind bislang nur in wenigen Einzelfällen bekannt geworden. Der genannte Artikel stammt aus einer Zeit, in der auch die EU Sanktionen gegen Iran verhängt hatte. 24. In welchem Umfang hat die Bundesregierung bislang Kenntnis von Beeinträchtigungen iranischer oder iranischstämmiger Menschen oder Unternehmen in Deutschland durch die Sanktionen? Die Bundesregierung hat Kenntnis über wenige Einzelfälle von Beeinträchtigungen iranischer oder iranischstämmiger Menschen oder Unternehmen in Deutschland durch die Sanktionen. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 21, 25 und 26 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/8707 25. Hat die Bundesregierung Kenntnis von schweren Beeinträchtigungen im Geschäftsbetrieb bzw. Insolvenzen deutscher Unternehmen in Folge der Iransanktionen, besonders durch Probleme beim Zahlungsverkehr (vgl. www.heise.de/ct/artikel/Kalter-Krieg-a-la-PayPal-1320630.html und www. spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/iran-deutsche-mittelstaendler-kommennicht -an-ihr-geld-a-1231128.html; bitte Einzelfälle auflisten)? Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat im Juni 2018 die Kontaktstelle Iran eingerichtet. Die dort eingegangenen Fragen betrafen insbesondere Probleme beim Zahlungsverkehr von Unternehmen in Deutschland mit Iran. Eine Bewertung, ob es sich dabei um schwere Beeinträchtigungen im Geschäftsbetrieb handelt, kann nicht vorgenommen werden. Insolvenzen wurden nicht bekannt. Weiter teilten die Firmen ihre Besorgnis bezüglich ihres USA-Geschäfts mit. 26. Wie vielen Firmen mit Verbindungen zum Iran wurden nach Kenntnis der Bundesregierung bis heute Anschlüsse der Deutschen Telekom gekündigt (vgl. „Telekom darf iranischen Banken nicht kündigen“, DER SPIEGEL, 1. Dezember 2018), und welchen Einfluss hat die Bundesregierung als bedeutender Anteilseigner der Deutschen Telekom auf diese Praxis? Nach Unternehmensauskunft hat die Telekom Deutschland GmbH 2018 in diesem Kontext die Vertragsbeziehungen zu insgesamt zehn Unternehmen gekündigt . Die Bundesregierung hat auf das operative Geschäft der Deutschen Telekom AG bzw. ihrer Tochtergesellschaft Telekom Deutschland GmbH keinen direkten Einfluss. 27. Welche weiteren Maßnahmen jenseits des Blocking Statutes (EU-VO 2271/ 1996) und des SPV ergreift die Bundesregierung alleine oder im Verbund mit ihren europäischen Partnern, um deutsche Unternehmen vor den Auswirkungen US-amerikanischer Sekundärsanktionen zu schützen? 29. Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung alleine oder im Verbund mit ihren europäischen Partnern, um deutsche Unternehmen vor den extraterritorialen Auswirkungen US-amerikanischer Primärsanktionen zu schützen , und inwiefern erwägt sie dabei auch, europäische Unternehmen bei Klagen gegen Strafmaßnahmen vor US-Gerichten zu unterstützen (vgl. www.swpberlin .org/fileadmin/contents/products/comments/2019C05_lom.pdf, S. 7 f)? 30. Inwiefern nimmt die Bundesregierung den Konflikt um das JCPOA zum Anlass , Maßnahmen zu ergreifen, um deutsche und europäische Unternehmen weniger angreifbar für extraterritorial konzipierte Sanktionen anderer Staaten zu machen? Die Fragen 27, 29 und 30 werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung lehnt gemeinsam mit ihren europäischen Partnern die Verhängung von Sekundärsanktionen prinzipiell ab und setzt sich im Dialog mit US- Stellen für ihre Streichung oder die Begrenzung darauf beruhender Schadenspotenziale ein. Die potentiellen nachteiligen, unmittelbaren Rechtsfolgen extraterritorialer US-Sanktionen treten ausschließlich im Hoheitsgebiet der USA ein. Demzufolge sind die rechtlichen Handlungsoptionen hiergegen begrenzt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/8707 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 28. Welche Maßnahmen schlägt die Bundesregierung vor, um es mittelfristig der Europäischen Investitionsbank (EIB) zu ermöglichen, europäische Beschlüsse zur Unterstützung europäischer Investitionen im Iran auch tatsächlich umzusetzen (bitte nach internen Maßnahmen der EIB selbst, sowie externen Maßnahmen zum Schutz der EIB vor den Auswirkungen extraterritorialer Sanktionen aufschlüsseln)? Rechtlich ist es der EIB bereits aufgrund der Kommissionsentscheidung vom 6. Juni 2018 zur Änderung von Anhang III der Entscheidung Nr. 466/2014/EU möglich, Beschlüsse zur Unterstützung europäischer Investitionen in Iran umzusetzen . Allerdings verpflichtet die Entscheidung die EIB nicht zur Zusammenarbeit mit Iran. 31. Hält die Bundesregierung an ihrer Auffassung fest, dass die Sanktionspraxis der Vereinigten Staaten in großen Teilen völkerrechtswidrig ist, und wenn ja, wie wird diese Auffassung im Regierungsdialog mit Partnern in der EU und den USA thematisiert? Eine Bewertung von Sanktionsmaßnahmen der USA ist nur im jeweiligen konkreten Einzelfall möglich. Grundsätzlich lehnt die Bundesregierung Sekundärsanktionen ab. Fragen der Sanktionspolitik sind regelmäßig Gegenstand des Dialogs mit Partnern in der EU und den USA. 32. Welche anderen Instrumente erwägt die Bundesregierung alleine oder im Verbund mit ihren europäischen Partnern, um legale Investitionen deutscher Unternehmen im Iran zu unterstützen? Die Bundesregierung kann im Rahmen ihrer Außenwirtschaftsförderung Direktinvestitionen deutscher Unternehmen in Iran durch Investitionsgarantien auf Grundlage des deutsch-iranischen Investitionsschutzvertrages vom 17. August 2002 (IFV) unterstützen. Voraussetzung für die Übernahme einer Investitionsgarantie des Bundes ist insbesondere, dass die Investition durch den IFV geschützt und dass sie förderungswürdig ist, d.h. positive Auswirkungen sowohl auf Deutschland als auch auf Iran hat. 33. Welche weiteren Maßnahmen plant die Bundesregierung alleine oder im Verbund mit ihren europäischen Partnern, um Anreize für den Verbleib des Iran im JCPOA zu setzen? Die Bemühungen der Bundesregierungen zielen darauf ab, die wirtschaftlichen Beziehungen mit Iran zu erhalten. Hierzu zählen der Aufbau von INSTEX und der konstante Dialog mit Unternehmen und Banken. Auch die Blocking-Verordnung wurde als politisches Signal in Richtung Iran aktualisiert. 34. Inwiefern hat der Iran wegen der Verhängung der US-Sanktionen nach Kenntnis der Bundesregierung bereits die mit dem JCPOA eingerichtete „Joint Commission“ angerufen? Die Wirtschaftsbeziehungen Irans und damit auch die Auswirkungen der US- Sanktionen werden auf den vierteljährlichen Sitzungen der Joint Commission regelmäßig thematisiert. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/8707 35. Welche Auswirkungen haben die Sanktionen nach Kenntnis der Bundesregierung bislang auf die Versorgung mit medizinischem Gerät und Medikamenten im Iran? Falls keine Erkenntnisse vorliegen, welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung , um Informationen darüber zu erhalten? Es ist eine Verschlechterung der Versorgungslage grundsätzlich zu beobachten. Die Lage wird von der Botschaft Teheran beobachtet, die mit allen relevanten Akteuren (inklusive VN-System) im kontinuierlichen Austausch steht. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333