Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 20. Februar 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/871 19. Wahlperiode 22.02.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jutta Krellmann, Klaus Ernst, Fabio De Masi, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/420 – Kontrolle des Arbeitszeitgesetzes in Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Das Arbeitszeitgesetz ist aus Sicht der Fragesteller eines der zentralen Schutzgesetze für lohnabhängig Beschäftigte. Es begrenzt den Arbeitstag und garantiert die notwendige Erholung. Wie wichtig die Einhaltung der Vorschriften und Regelungen, die Arbeitszeit betreffend ist, zeigen verschiedene Studien (Initiative Gesundheit und Arbeit: iga.Report 31; Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: A. Wirtz et al. 2009: Lange Arbeitszeiten und Gesundheit etc.). Es besteht ein Zusammenhang zwischen der Zunahme von Arbeitsunfällen und der Dauer der Arbeitszeit. Auf diesen Umstand weist auch Prof. Dr. Dirk Windemuth, Leiter des Instituts für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, hin: „Wer mehr als acht Stunden am Tag arbeitet , lebt gefährlicher“ (www.dguv.de/de/mediencenter/hintergrund/arbeitszeit/ index.jsp). Die Fragesteller wollen sich mit der Kleinen Anfrage an die Bundesregierung einen Überblick darüber verschaffen, wie die Kontrollmechanismen in Bezug auf das Arbeitszeitgesetz angewendet werden und welche Informationen über Verstöße vorliegen. V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Für die Beantwortung der Fragen 1 bis 8 wurden Auskünfte bei den Ländern eingeholt . Die Aufsichtsbehörden der Länder sind für die Durchführung des Arbeitszeitgesetzes zuständig. Teilweise kann für die Antworten auf die von den Ländern übersandten Daten für den jährlichen Bericht „Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“ (SuGA) zurückgegriffen werden; größtenteils gehen die Fragen jedoch über die für den SuGA erfassten Daten hinaus. Für das Jahr 2017 liegen noch nicht in allen Ländern Zahlen vor. Teilweise sind keine Angaben für die Jahre 2008 und 2009 möglich. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/871 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Wie viel Personal steht den Aufsichtsbehörden nach Kenntnis der Bundesregierung für die Kontrolle des Arbeitszeitgesetzes zur Verfügung, und wie hat sich diese Zahl in den vergangenen zehn Jahren entwickelt (bitte nach Bundesländern , Geschlecht, Befristung mit und ohne Sachgrund, Vollzeit, Teilzeit differenzieren)? Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 17 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. „Arbeitszeiten in Deutschland“ auf Bundestagsdrucksache 18/9499 wird verwiesen. Für die Jahre 2010 bis 2015 sind in der nachfolgenden Tabelle die Daten aus dieser Antwort aufgeführt, soweit von den Ländern für diese Jahre keine anderen Zahlen übermittelt wurden. In den meisten Ländern ist keine feste Zuteilung von Personalkapazitäten für die speziellen Vollzugsaufgaben nach dem Arbeitszeitgesetz möglich, da das vorhandene Personal den Vollzug des gesamten Arbeitsschutzrechts abdeckt. Eine Aufschlüsselung nach den gewünschten Kriterien ist nicht möglich. Tabelle 1: Aufsichtsbeamte/-innen1) der Arbeitsschutzbehörden (Vollzeiteinheiten2)) Bundesland 2017 2016 2015 2014 2013 2012 2011 2010 2009 2008 Baden-Württemberg - 544 534 512 577 576 579 528 - - Bayern - 360 374 325 356 348 384 376 - - Berlin 102 98 105 96 102 95 104 Brandenburg 81 78 88 92 111 120 129 139 144 139 Bremen - 32 33 34 37 29 25 38 - - Hamburg 49 53 63 66 61 63 62 68 - - Hessen - 234 237 243 150 151 132 158 - - Mecklenburg-Vorpommern 73 84 86 87 83 79 82 87 96 109 Niedersachsen - 449 443 436 450 472 474 456 423 443 Nordrhein-Westfalen - 507 495 466 416 436 451 464 - - Rheinland-Pfalz - 172 169 169 184 186 192 188 177 - Saarland 18 18 18 15 17 18 28 28 - - Sachsen - 124 126 144 151 152 154 155 158 165 Sachsen-Anhalt 91 93 98 104 98 108 108 113 - - Schleswig-Holstein 44 44 45 45 46 29 28 33 34 35 Thüringen - 71 73 73 110 127 129 129 - - 1) Aufsichtsbeamte/-innen (AB) sind - unabhängig von ihrem Beschäftigungsstatus als Angestellte oder Beamte - diejenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer Arbeitsschutzbehörde, denen die Befugnis zum hoheitlichen Handeln (u. a. Anordnungsbefugnis) erteilt worden ist und die zum Vollzug der den Arbeitsschutzbehörden insgesamt übertragenen Aufgaben eingesetzt werden. 2) Vollzeiteinheiten sind Vollzeitbeschäftigte sowie entsprechend ihrer Arbeitszeit in Vollzeitarbeitsplätze umgerechnete Teilzeitbeschäftigte . 2. Wie viele Kontrollen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung durch die Aufsichtsbehörden zur Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes jährlich in den vergangenen zehn Jahren durchgeführt (bitte nach Bundesländern, Branchen und Größe der Betriebe aufschlüsseln)? Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 17 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. „Arbeitszeiten in Deutschland“ auf Bundestagsdrucksache 18/9499 wird verwiesen. Für die Jahre 2010 bis 2015 sind die Daten aus dieser Antwort aufgeführt, soweit von den Ländern für diese Jahre keine anderen Zahlen Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/871 übermittelt wurden. Eine Aufschlüsselung nach Branchen und Betriebsgrößen ist nicht möglich. Tabelle 2: Kontrollen der Arbeitsschutzbehörden zur Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes Bundesland 2017 2016 2015 2014 2013 2012 2011 2010 2009 2008 Baden-Württemberg - 1.072 1.159 1.333 1.440 1.319 1.765 1.440 - - Bayern - 6.328 7.100 7.546 8.690 9.847 9.114 9.410 6.657 6.038 Berlin 226 292 221 224 261 340 290 261 362 242 Brandenburg 2.473 2.755 2.936 3.288 4.364 4.853 5.350 4.364 7.119 7.556 Bremen - 152 165 160 151 245 204 218 198 320 Hamburg 512 575 613 530 488 416 450 488 - - Hessen - 1.267 1.398 1.958 2.250 1.613 1.253 1.298 1.409 1.376 Mecklenburg- Vorpommern - 461 313 259 181 196 219 223 466 749 Niedersachsen 733 1.019 1.104 1.113 1.057 1.023 1.186 1.469 1.408 1.600 Nordrhein-Westfalen 1.955 2.112 2.874 1.827 1.830 2.014 2.576 1.830 - - Rheinland-Pfalz 516 617 731 652 731 1.146 1.310 1.189 1.505 1.690 Saarland 57 56 145 68 191 424 476 191 - - Sachsen - 463 501 562 481 622 602 805 1.078 1.754 Sachsen-Anhalt 982 1.236 1.595 1.721 1.728 2.000 1.902 1.728 - - Schleswig-Holstein 262 259 295 373 539 595 600 539 1.374 1.042 Thüringen - 544 682 645 496 660 532 493 852 857 3. Welche Kontrolldichte erreichen die Aufsichtsbehörden nach Kenntnis der Bundesregierung bei den Prüfungen zur Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes (Zahl der Kontrollen im Verhältnis zur Zahl der Betriebe, für die eine Kontrollkompetenz besteht; bitte für die Jahre 2007 bis 2017 darstellen und auch nach Bundesländern differenzieren), und wie beurteilt die Bundesregierung diese Kontrolldichte? Nur wenige Länder können Angaben zur Kontrolldichte bei den Prüfungen zur Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes machen, da bei Betriebsprüfungen in der Regel mehrere Themenfelder aus dem Zuständigkeitsbereich der Aufsichtsbehörden im sozialen und technischen Arbeitsschutz kontrolliert werden. Bei den Ländern, die hierzu Angaben übermittelt haben, lag die Kontrolldichte im Jahr 2017 zwischen 0,5 und 3,4 Prozent. Die Kontrolle der Betriebe führen die Länder bzw. die Arbeitsschutzbehörden in eigener Zuständigkeit und Verantwortung durch. 4. Wie viele Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz konnten nach Kenntnis der Bundesregierung jährlich in den vergangenen zehn Jahren aufgedeckt werden (bitte nach Bundesländern, Branchen, Größe der Betriebe, hinsichtlich der Mindestvorgaben der §§ 3 bis 5, 9 und 11 und/oder der Aufzeichnungspflicht des § 16 Absatz 2 ArbZG aufschlüsseln)? Die Länder haben teilweise Zahlen zu Verstößen, teilweise zu Beanstandungen übermittelt. Im Rahmen einer Beanstandung bzw. eines Bußgeldverfahrens kann Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/871 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode eine Vielzahl von Verstößen festgestellt und geahndet werden. Eine Aufschlüsselung nach Branchen, Betriebsgrößen und Art der Verstöße ist nicht möglich. Tabelle 3: Beanstandungen/Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz Bundesland 2017 2016 2015 2014 2013 2012 2011 2010 2009 2008 Baden-Württemberg - 132 186 373 134 276 274 263 Bayern* - 3.849 4.310 3.583 4.203 4.310 5.036 3.951 3.737 2.388 Berlin 294 63 60 60 348 989 517 593 6.531 314 Brandenburg* 631 314 621 392 2350 409 464 380 422 538 Bremen - 18 24 20 26 33 39 41 31 29 Hamburg 262 107 124 255 102 70 92 74 - - Hessen - 914 875 1.701 674 616 771 1.849 444 635 Mecklenburg- Vorpommern - 55 60 33 134 18 36 162 104 195 Niedersachsen 599 467 310 257 316 186 308 360 199 368 Nordrhein-Westfalen 1.621 1.642 1.876 1.688 1.412 1.696 1.454 1.663 - - Rheinland-Pfalz 1.505 2.132 146 221 246 439 532 798 893 733 Saarland* 847 10 24 1 26 12 10 10 - - Sachsen* - 201 243 216 212 240 309 323 337 410 Sachsen-Anhalt* 422 163 1.058 376 230 1.595 1.668 553 - - Schleswig-Holstein - - 25 58 81 124 118 198 - - Thüringen* - 43 100 35 65 167 298 673 903 252 * Nach Länderangaben: Zahl der Verstöße 5. Wie viele dieser Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz führten nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2017 zu Freiheitsstrafen bzw. Geldstrafen (bitte auch die Entwicklung der letzten zehn Jahre darstellen sowie nach Bundesländern und Branchen sowie Betriebsgröße differenzieren)? Wie hoch war nach Kenntnis der Bundesregierung die Summe der Bußgelder insgesamt, und wie hat sie sich in den letzten zehn Jahren entwickelt (bitte nach Branchen aufschlüsseln)? Wie viele der Strafanzeigen zu Freiheits- und Geldstrafen führen, wird von den Arbeitsschutzbehörden in der Regel nicht erfasst. Auch eine spezielle Erfassung der Summe der Bußgelder bei Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz wird von den Ländern üblicherweise nicht durchgeführt. Tabelle 4 enthält die Anzahl der Verwarnungen, Bußgelder und Strafanzeigen bei Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/871 Tabelle 4: Verwarnungen, Bußgelder, Strafanzeigen bei Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz Bundesland 2017 2016 2015 2014 2013 2012 2011 2010 2009 2008 Baden-Württemberg - 51 77 80 61 105 59 38 - - Bayern - 122 172 113 109 172 112 82 98 70 Berlin 25 26 35 13 26 41 11 28 35 8 Brandenburg 26 35 23 53 54 32 40 32 21 22 Bremen - 9 14 13 7 8 8 7 6 7 Hamburg 21 28 33 20 1 4 16 11 - - Hessen - 46 63 78 79 91 60 91 56 25 Mecklenburg- Vorpommern - 8 14 6 7 0 4 4 2 0 Niedersachsen 52 62 57 44 58 44 72 28 29 35 Nordrhein-Westfalen 86 95 102 110 116 95 70 276 - - Rheinland-Pfalz 11 16 16 1 7 9 41 8 47 9 Saarland 20 5 22 12 10 4 2 1 - - Sachsen - 16 24 13 15 25 20 18 17 18 Sachsen-Anhalt 17 16 36 28 26 22 14 13 - - Schleswig-Holstein 8 6 15 19 23 3 3 1 4 0 Thüringen - 48 54 32 27 29 23 4 19 8 6. Wie viele Hinweise auf Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung, und in welchem Umfang wurde den Hinweisen nachgegangen (bitte für den Zeitraum von 2007 bis 2017 einzeln darstellen , bitte nach Bundesländern, Branchen und Größe der Betriebe differenzieren )? In der Regel sind die anlassbezogenen Kontrollen der Arbeitsschutzbehörden auf Hinweise zurückzuführen. Die Anzahl der Hinweise auf Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz wird jedoch nicht erfasst. 7. Sind die Möglichkeiten für Beschäftigte, den zuständigen Behörden anonym Hinweise über Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz zu geben, aus Sicht der Bundesregierung ausreichend? Jedem Beschäftigten steht es frei, den zuständigen Behörden Hinweise über Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz zu geben. Dies ist in keiner Weise beschränkt oder an eine bestimmte Form gebunden und kann auch ohne Angabe der persönlichen Daten des Beschäftigten erfolgen. 8. In welchen sechs Branchen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung die meisten Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz festgestellt, und wie hat sich die Zahl der Verstöße in diesen Branchen in den letzten zehn Jahren entwickelt ? Da die Länder Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz nicht nach Branchen erfassen , liegen entsprechende Daten nicht vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/871 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 9. Welche Tarifverträge und kirchlichen Regelungen sind der Bundesregierung bekannt, die Abweichungen nach § 7 Absatz 1 Nummer 1 ArbZG zulassen (bitte nach Branchen aufschlüsseln)? 10. Welche Tarifverträge und kirchlichen Regelungen sind der Bundesregierung bekannt, die Abweichungen nach § 7 Absatz 2a ArbZG zulassen (bitte nach Branchen aufschlüsseln)? Die Fragen 9 und 10 werden gemeinsam beantwortet. In der Tarifdatenbank des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales sind derzeit mehr als 70 000 gültige Tarifverträge registriert. Darunter sind rd. 30 000 Verbands- oder Flächentarifverträge. Eine Volltextrecherche bei den gültigen Verbands- oder Flächentarifverträgen mit Bezug zu „Arbeitszeit“ (z. B. Manteloder Arbeitszeittarifverträge) erbrachte zum Stichwort „Bereitschaft“ mehr als 1 300 betroffene Tarifverträge in fast allen Tarifbranchen. Eine differenzierte Auswertung würde eine aufwändige Einzelfallprüfung dieser Tarifverträge erfordern . Kirchliche Regelungen zu Arbeitsbedingungen werden im Tarifregister des BMAS nicht registriert. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333