Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 20. Februar 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/873 19. Wahlperiode 22.02.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Luise Amtsberg, Filiz Polat, Canan Bayram, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/652 – Evaluation des Pilotprojekts „Asylverfahrensberatung“ V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Eine unabhängige, unentgeltliche, fachlich qualifizierte und individuelle Asylverfahrensberatung vor der Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zeigt positive Ergebnisse in vielfacher Hinsicht. Das ist das Fazit des „Erfahrungsberichtes zum Pilotprojekt ‚Asylverfahrensberatung ‘“ (Stand: 7. September 2017). Dieses Pilotprojekt war vom 1. März 2017 bis zum 31. Mai 2017 an drei Standorten des BAMF (Gießen, Lebach und Bonn) durchgeführt worden. Die erwähnte Evaluation wiederum wurde vom Forschungszentrum des BAMF in Zusammenarbeit mit dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen Deutschland (UNHCR) und im Benehmen mit den Bundesländern Hessen Saarland und Nordrhein-Westfalen durchgeführt . Dieser Befund deckt sich mit den Erkenntnissen aus anderen europäische Staaten . So haben die Schweiz und die Niederlande ebenfalls sehr gute Erfahrungen mit einer solchen Asylverfahrensberatung im Vorfeld einer Anhörung gemacht (vgl. Schweizerisches Kompetenzzentrum für Menschenrechte: „Externe Evaluation der Testphase für die Neustrukturierung im Asylbereich: Beratung und Rechtsvertretung“, Bern, November 2015 und Thränhardt, D.: „Asylverfahren in den Niederlanden“, Gütersloh 2016). Der Evaluationsbericht von BAMF und UNHCR ist bislang vom Bundesministerium des Innern nicht veröffentlicht worden. Das verwundert, denn dessen Ergebnisse könnten für die Ausgestaltung möglicher „Aufnahme-, Entscheidungsund Rückführungseinrichtungen“ von Interesse sein. Die Evaluation des Pilotprojektes macht deutlich, dass durch den Aufbau einer flächendeckenden, unabhängigen, unentgeltlichen, fachlich qualifizierten und individuellen Asylverfahrensberatung es maßgeblich zur Qualitätssteigerung der Asylverfahren und Asylbescheide kommt und somit auch die Verwaltungsgerichte entlastet würden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/873 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass das BAMF und der UNHCR in ihrer Auswertung des „Pilotprojekts Asylverfahrensberatung“ gemeinsam festgestellt haben, dass eine Asylverfahrensberatung dazu führen kann, Personen frühzeitig zu identifizieren, die gemäß der EU-Aufnahmerichtlinie (2013/32/EU) als besonders schutzbedürftig anzusehen sind und dass eine Asylverfahrensberatung dann im Ergebnis dazu führt, dass diese besonders schutzbedürftigen Personen die ihnen unionsrechtlich zustehenden besonderen Verfahrensgarantien besser und frühzeitiger wahrnehmen können? Wenn ja, was folgt daraus für das weitere Vorgehen der Bundesregierung? Wenn nein, zu welcher anderen Feststellung sind das BAMF und der UNHCR diesbezüglich gelangt? 2. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass das BAMF und der UNHCR in ihrer Auswertung des „Pilotprojekts Asylverfahrensberatung“ gemeinsam festgestellt haben, dass eine Asylverfahrensberatung zu einer Verbesserung der Qualität des Asylverfahrens führt, indem sie dazu beiträgt, die Qualität der Sachvorträge von Asylsuchenden in den Anhörungen des BAMF zu verbessern , was wiederum die Möglichkeit des BAMF erhöht, zu einer schnellen , sachgerechten und einvernehmlichen Aufklärung der vielfältigen Sachverhaltsaspekte zu gelangen? Wenn ja, was folgt daraus für das weitere Vorgehen der Bundesregierung? Wenn nein, zu welcher anderen Feststellung sind das BAMF und der UNHCR diesbezüglich gelangt? 3. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass das BAMF und der UNHCR in ihrer Auswertung des „Pilotprojekts Asylverfahrensberatung“ gemeinsam festgestellt haben, dass eine Asylverfahrensberatung zu einer Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit und der Fairness der Asylverfahren führt, indem sie Asylsuchenden dabei hilft, ihre Rechte besser zu verstehen, das Asylverfahren als fair und transparent zu erleben, ihren gesetzlich vorgeschriebenen Mitwirkungspflichten besser nachzukommen , auf von vorneherein auf erkennbar aussichtslose Asylanträge zu verzichten (und sich damit frühzeitig um Alternativen zu bemühen), auch negative Asylentscheidungen besser zu akzeptieren bzw. auf wenig erfolgversprechende verwaltungsgerichtliche Klagen zu verzichten ? Wenn ja, was folgt daraus für das weitere Vorgehen der Bundesregierung? Wenn nein, zu welcher anderen Feststellung sind das BAMF und der UNHCR diesbezüglich gelangt? 4. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass das BAMF und der UNHCR in ihrer Auswertung des „Pilotprojekts Asylverfahrensberatung“ gemeinsam festgestellt haben, dass eine Asylverfahrensberatung zu einer deutlichen effektiveren Koordination und Zusammenarbeit aller relevanten Akteure (also den Asylsuchenden, dem BAMF, den Ankunftszentren und den Beratungsstellen /Wohlfahrtsverbänden) führt? Wenn ja, was folgt daraus für das weitere Vorgehen der Bundesregierung? Wenn nein, zu welcher anderen Feststellung sind das BAMF und der UNHCR diesbezüglich gelangt? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/873 5. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass das BAMF und der UNHCR in ihrer Auswertung des „Pilotprojekts Asylverfahrensberatung“ gemeinsam festgestellt haben, dass der angestrebte Erfolg einer Asylverfahrensberatung u. a. auch davon abhängt, dass eine Asylverfahrensberatung durch Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte fachlich angeleitet und unterstützt wird (so wie dies das Rechtsdienstleistungsgesetz vorsieht)? Wenn ja, was folgt daraus für das weitere Vorgehen der Bundesregierung? Wenn nein, zu welcher anderen Feststellung sind das BAMF und der UNHCR diesbezüglich gelangt? 6. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass das BAMF und der UNHCR in ihrer Auswertung des „Pilotprojekts Asylverfahrensberatung“ gemeinsam festgestellt haben, dass der angestrebte Erfolg einer Asylverfahrensberatung u. a. auch davon abhängt, dass eine Asylverfahrensberatung besser nicht durch das BAMF, sondern durch weisungsunabhängige, qualifizierte Träger aus der Freien Wohlfahrt durchgeführt wird? Wenn ja, was folgt daraus für das weitere Vorgehen der Bundesregierung? Wenn nein, zu welcher anderen Feststellung sind das BAMF und der UNHCR diesbezüglich gelangt? 7. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass das BAMF und der UNHCR in ihrer Auswertung des „Pilotprojekts Asylverfahrensberatung“ gemeinsam festgestellt haben, dass der angestrebte Erfolg einer Asylverfahrensberatung u. a. auch davon abhängt, dass eine Asylverfahrensberatung ergebnisoffen durchgeführt werden soll und dass hierbei Art und Umfang der Beratung primär von den Bedürfnissen und Wünschen der/des Schutzsuchenden abhängen – ihr/sein Wille und Wohl Mittelpunkt der Beratung stehen sollte? Wenn ja, was folgt daraus für das weitere Vorgehen der Bundesregierung? Wenn nein, zu welcher anderen Feststellung sind das BAMF und der UNHCR diesbezüglich gelangt? 8. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass das BAMF und der UNHCR in ihrer Auswertung des „Pilotprojekts Asylverfahrensberatung“ gemeinsam festgestellt haben, dass der angestrebte Erfolg einer Asylverfahrensberatung u. a. auch davon abhängt, dass eine Asylverfahrensberatung über individuelle Rechte und Pflichten, über Handlungsmöglichkeiten und Rechtsschutzmöglichkeiten informieren und dass Asylsuchende zur Anhörung begleitet werden sollten, wenn sie dies wünschen? Wenn ja, was folgt daraus für das weitere Vorgehen der Bundesregierung? Wenn nein, zu welcher anderen Feststellung sind das BAMF und der UNHCR diesbezüglich gelangt? 9. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass das BAMF und der UNHCR in ihrer Auswertung des „Pilotprojekts Asylverfahrensberatung“ gemeinsam festgestellt haben, dass der angestrebte Erfolg einer Asylverfahrensberatung u. a. auch davon abhängt, dass verlässliche personelle, organisatorische und finanzielle Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit eine Asylverfahrensberatung grundsätzlich jeder asylsuchenden Person offensteht? Wenn ja, was folgt daraus für das weitere Vorgehen der Bundesregierung? Wenn nein, zu welcher anderen Feststellung sind das BAMF und der UNHCR diesbezüglich gelangt? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/873 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 10. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass das BAMF und der UNHCR in ihrer Auswertung des „Pilotprojekts Asylverfahrensberatung“ gemeinsam festgestellt haben, dass der angestrebte Erfolg einer Asylverfahrensberatung u. a. auch davon abhängt, dass eine Asylverfahrensberatung möglichst vor einer (möglichen) Antragstellung, vor einer Anhörung erfolgen und ggf. erst bei möglichen Rechtsschutzmöglichkeiten nach Abschluss des Behördenverfahrens enden sollte? Wenn ja, was folgt daraus für das weitere Vorgehen der Bundesregierung? Wenn nein, zu welcher anderen Feststellung sind das BAMF und der UNHCR diesbezüglich gelangt? 11. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass das BAMF und der UNHCR in ihrer Auswertung des „Pilotprojekts Asylverfahrensberatung“ gemeinsam festgestellt haben, dass der angestrebte Erfolg einer Asylverfahrensberatung u. a. auch davon abhängt, dass die in der letzten Zeit zunehmend verdichtete Taktung der einzelnen Prozessschritte eines Asylverfahrens dahingehend entzerrt werden, dass Asylverfahrensberatungsangebote implementiert werden können – und sich darüber dann die antizipierten effizienzsteigernden Effekte einstellen können? Wenn ja, was folgt daraus für das weitere Vorgehen der Bundesregierung? Wenn nein, zu welcher anderen Feststellung sind das BAMF und der UNHCR diesbezüglich gelangt? 12. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass das BAMF und der UNHCR in ihrer Auswertung des „Pilotprojekts Asylverfahrensberatung“ gemeinsam festgestellt haben, dass der angestrebte Erfolg einer Asylverfahrensberatung u. a. auch davon abhängt, dass den spezifischen Bedürfnissen (potentiell) besonders schutzbedürftigen Personen auch und gerade mit Blick auf den Zugang und die Dauer einer Asylverfahrensberatung stärker als bisher berücksichtigt werden sollten? Wenn ja, was folgt daraus für das weitere Vorgehen der Bundesregierung? Wenn nein, zu welcher anderen Feststellung sind das BAMF und der UNHCR diesbezüglich gelangt? 13. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass das BAMF und der UNHCR in ihrer Auswertung des „Pilotprojekts Asylverfahrensberatung“ gemeinsam festgestellt haben, dass der angestrebte Erfolg einer Asylverfahrensberatung u. a. auch davon abhängt, dass eine Asylverfahrensberatung andere Beratungsangebote (wie die Rückkehr- bzw. die Sozialberatung) selber nicht durchführen, sondern darauf nur verweisen sollte? Wenn ja, was folgt daraus für das weitere Vorgehen der Bundesregierung? Wenn nein, zu welcher anderen Feststellung sind das BAMF und der UNHCR diesbezüglich gelangt? 14. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass das BAMF und der UNHCR in ihrer Auswertung des „Pilotprojekts Asylverfahrensberatung“ gemeinsam festgestellt haben, dass der angestrebte Erfolg einer Asylverfahrensberatung u. a. auch davon abhängt, dass eine sachgerechte Zahl von Sprachmittlerinnen und Sprachmittlern zur Verfügung stehen, um die Asylverfahrensberatung zu begleiten? Wenn ja, was folgt daraus für das weitere Vorgehen der Bundesregierung? Wenn nein, zu welcher anderen Feststellung sind das BAMF und der UNHCR diesbezüglich gelangt? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/873 15. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass das BAMF und der UNHCR in ihrer Auswertung des „Pilotprojekts Asylverfahrensberatung“ gemeinsam festgestellt haben, dass die angestrebte Qualitätssicherung u. a. auch davon abhängt, dass sich die Beraterinnen und Berater ständig fortbilden und dass die Asylverfahrensberatung fortlaufend extern evaluiert wird? Wenn ja, was folgt daraus für das weitere Vorgehen der Bundesregierung? Wenn nein, zu welcher anderen Feststellung sind das BAMF und der UNHCR diesbezüglich gelangt? Die Fragen 1 bis 15 werden gemeinsam beantwortet. Der Bericht wurde dem Bundesministerium des Innern als Entwurf zur Prüfung vorgelegt. Diese Prüfung ist noch nicht abgeschlossen. Wann der Meinungsbildungsprozess abgeschlossen sein wird, ist derzeit noch nicht absehbar. 16. Wie bewertet die Bundesregierung die Ergebnisse der Evaluation von Asylverfahrensberatungsmodellen in anderen europäischen Staaten, wie der Schweiz und der Niederlande? Die Bundesregierung hat die Evaluation der Asylverfahrensberatungsmodelle der Schweiz und der Niederlande zur Kenntnis genommen. Sie sieht keine Veranlassung zur Bewertung dieser Evaluationsberichte. 17. Wann beabsichtigt die Bundesregierung die Auswertung des „Pilotprojekts Asylverfahrensberatung“ zu veröffentlichen? Es wird auf die Antwort zu den Fragen 1 bis 15 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333